"The Frutiger family [used by the
Bundeswehr] is neither strictly geometric nor humanistic
in construction; its forms are designed so that
each individual character is quickly and easily
recognized. Such distinctness makes it good for signage
and display work."
, doch plakatives Aburteilen per
Verdrehung der Affirmation ist immer altbacken
anbiedernd an den Gegenstand der
taktischen Verballhornung. Die Faust aufs
Intellektuelle. Termingerecht scheint
ein Bürgertum auf sich selbst zu erkennen, wenn
es Rituale erkennt, wo Ritualisierungen gefeiert
werden, wie im "Le sacre du printemps" <Opfer des
Frühlings> (1913, Igor Strawinsky), das mit
dem "TAM Tam Tam Tam TAM Tam Tam"-usw.-Rhythmus
vor hundert Jahren archaische
Vorahnung und Abwehr des Krieges (à la Theodor W. Adorno
in Philosophie der neuen Musik)
gewesen sein mag. Heavy Metal für die besitzende
Klasse der Hochmoderne. Der Topos einer
ICH-müden Gesellschaft, sprich einer politisch
hilflosen aber besitzenden Schicht, die sich
bedienen lässt und in der zum Zweiten
Dreißigjährigen Krieg verklärten Epoche ihre Zügel bald
anderen überlässt, lastet wie eine schräge
Erinnerung, dass kulturellem Getriebe und seinem in es
inkorporierten Societybending ein indifferentes
"vielleicht kommt ja noch was" (Margarita Tsomou
über Lady Gaga) exactement genügen. Wenn Coco
Chanels oder Karl Lagerfelds sich pudern,
bedeutet das die kognitive Enteignung von
Dienstmädchen im frühen 20. Jahrhundert, die ihre
privaten nach Lohnarbeit riechenden Träume
vielleicht nicht einmal am "No 5" ausrichteten. Opfer
werden nicht bloß erbracht, sie werden züchtig
produziert.
"Opfa(er)haltung"
Ich. Dufte. Deutschland.
Wenn bei Protesten gegen Auftritte von
"Die Big Band der Bundeswehr" Demonstranten aus dem
Publikum der Big Band heraus angegriffen werden,
kann das heißen, dass Bedarf und die Kritik an
diesen 'falschen' Bedürfnissen nicht
zusammengehen können.
Eine Lektion in Sachen Identifikation
und Swing und Rock und Latin, den vielleicht wichtigsten
musikalischen Feldern der Wehr, neben "Es steht
ein Haus im Kosovo" (Gunter Gabriel) und dem
"Fanfarenstoß (Franz List). Aber vielleicht auch
eine Lektion für Kritik, die semantische
Grenzenlinien dort zieht, wo die sich über-alles
verbindenden Netzwerke
‒
die in Wirklichkeit nie
bloße 'deleuzianische' Verbindungen sondern auch
disjunktive Ausschlusswerke sind
‒
Symboliken und Bedeutungen miteinander-schließt
und anschlussfähig macht. Wo antiautoritäre
Zeichenoperationalistinnen in der An-Wendung
aller Genres das gegen-kategoriale Heil suchen.
Was wäre an dieser Stelle an Gegensound drin?
Krieg sei kein Wunschkonzert, gerät schnell in
sein Gegenteil von Argument des Destruktiven.
Denn er i s t , auf der Bühne, mit seinen
Repräsentanten und bei der Truppenbetreuung, und
für die Entsagten und Aufsteiger-Willigen als
Beruf, das Konzert bestimmter Wünsche. Diese sind
nicht dieselben der Avantgarden, welche sich
mühsam oder mit Dissidenten-Bonus aus der
normativen Kakophonie ihrer akademischen
Lehre in die Studios der
Mäzenaten-Institutionen retteten. Was also an der
Schnittstelle von Tönen und
realer Politik? Gegensound oder übernehmen? Für Jacques
Attali (Mitterand, Sarkozy) und den
deutschen Kanzler Gerhard Schröder war weit weit
nach 1968 klar: Die politische Ökonomie der
Musik spielt im Zentrum der ... und nicht in der
kursierenden ... Macht (Michel Foucault)
‒
Erhöhung der Arbeitszeiten, Senkung der Löhne,
Einsparungen im Sozialbereich.
Das Produktionsmittel-Versprechen des massentauglichen
Spurgeräts auf die 'freie' (freilich an
den Apparatus gebundene) Organisierung
musikalischen Materials im Austausch fürs
Normalarbeitverhältnis, hält Walter Benjamins
Massenkunstprophetie (Kunstwerkaufsatz) evtl.
nicht stand. Kompensiert sich hier Ohnmächtigkeit
im nahtlosen ("Electro Harmonix 2880 Super
Multitrack Looper") oder auch gebrochenen
Ritornell (Force Inc. Schule) der 'demokratisierten'
Maschine (Roland TR-606 und TB-303) nur weil
diese Entfremdung reproduziert? "Die Menschen
sind alle so herzlich" (Rainer Schaller,
Geschäftsführer der "Loveparade" 2008,
http://www.stern.de/lifestyle/leute/loveparade-highway-to-matsch-631703-video.html).
Der Umschlag der Ästhetik des
Politischen ins Therapeutische. Das Politische der
Ästhetik und der Sinne steht
außen vor.
Rituale sind oft auch Zeremonien der
Selbstvergewisserung und Schließung der Rede eigener
Ideologie. Der Kultus um die akkumulativen
Alleinunterhalterlooper, stapelnde Geräte wie
Performer, zeigt, sie rappen gerne über "effects
of sound", in sich kreisende Beats der
"Negermusik", die uns resonatorisch zum Tanzen
anregen. Das Medium Tanzen ist aber fertig
akkulturiert, wobei die Umwelt und nicht nur das
Individuum nun erzogen wurde, deren Spielfeld
das urbane Gebiet der Aussagen wurde. Auf dem
Firmenareal einer Mitmach-T.A.Z. des einzelnen
Kapitals trifft Adornos Befund, Überbau und
Unterbau seien in eins (Phil. d. n. Mus., S. 124), etwas
weitergedacht, vielleicht zu. Die Auswürfe des
kulturellen Apparats sind von der Warenproduktion
nicht nur erfasst, die Warenproduktion bedarf der
Kultur als stetiger Vermittlerin des Unmittelbaren
und Konsumtion-Produktion verschmelzen
scheinhaft.
Verhalten, die Domäne der Seele im
Sozialen, muss notwendig kaufbar werden. Kultur ist Form
in Form von Ware und klangwolkige
Verunsichtbarmachung der Kluft zwischen Publikum und
Produktion. Und dieses dynamische Schaniergebilde
oder Repository muss auch dieses Signum
vergsprächsrunden. Die lichtdurchflutete
Produktionshalle (Fagus-Werk, Walter Gropius), das
Glashütchen auf dem Dach des Parlamentgebäudes.
In Mobys Video der frühen 00er Jahre mit
dem Jungen, der nicht tanzen kann, jedoch alle
Mittel der üblichen Theatralisierung zur Verfügung
hat (Feuer-, Wasser-, Windmaschine) wird Moby
selbst vom provinziellen Möchtegernkollegen
zum Gedrängten gemacht und das Auto, stereotypes
Objekt des Protesthasses, brennt ungeplant.
Der clownesk opportunistische und verbal
hypersozialmobile "Reggie Watts Live at the BMW
Guggenheim Lab" hat das Kindchenschema der
Befriedung, kann singen. Und die negativierende
Human Noisebox, deren 3 oder 4 oder mehr Spuren
seemlessless keine
Vergemeinschaftung klingen lässt
und keine Stimmen-Imitation vokaler Perkussion der
Disziplinierungsdisziplin.
Klang (zu) denken oder Klangdenken in
der macht-dekonstruktiven Form reicht mitunter
universitär aus, wenn vielleicht
nicht mal, was linker Rap genannt werden kann, das
Narrativ aufbringt, über die
Körperpolitiken und am Style hinaus antikapitalistisch
zu agieren. Auch nicht, wenn Freies
Musizieren das eigene Zwanghafte unbewussten
Improvisierens als emanzipatorisch auffasst, und
der gleiche Flow als Erfahrungsschatz zur Fitness
der Arbeitswelt dazugehört, wo jede kleine
Befreiung inkludierbar ist, wie jede noch
arbeitsfähige Demente per Musik on Demand.
Man hat schon immer "In the mood" (Glenn Miller)
gespielt und war schon immer befreit. Die
Schrifttype (Frutiger) der Bundeswehr kehrt hier
auch wieder, aber kursiv, also flott und
unterhaltsam. Der Stand der Armee wird diesen
Sommer wieder Schall und Militär gutgelaunt
vortragen, als sei es ein Tag der offenen Tür in
der Kaserne oder die Zukunft auf dem
Recruiting-Videomonitor im Hamburger-Restaurant. Adornos
Jazz, des Musikkritikers Zumba; nicht Jazz
jenseits des glorifizierenden Marsches oder
post-militärkapellig. Blutspritzer auf der Showuniform
und Aufklärung der Kinder an Kriegsgerät, eine
Re-Injektion des Realen und der Waffenrock
tragenden Tradition, würden daran nur an den
Realismus erinnern, auf den verschiebend,
verdrängend vorbereitet werden soll, während das
Vorgestellte aus dem direkt Wirkenden einfach
rockt. Die Bewegungen werden auf die Bedürfnisse
der Teilnehmer abgestellt, die Bedürfnisse der
Teilnehmer werden auf die Bewegungen abgestellt.
Das Kapital liest Marx und Hegel. Ein Ende
der neu-liberalen Kontrollgesellschaftsthese, wo
auf softes Kommando umgestellt wird. "Keine
Werbung für den Krieg!" (Die Linke) greift
pazifistisch kurz, weil moralisches Raunen übers
Kanonenfutter der strukturellen Analyse der
Funktionen der neuen deutschen Hegemonialarmee
als Grundlage für Widerstand vorgezogen wird.
Am 17.06.2013 spielt die Big Band der
Bundeswehr in Kassel. "Im Bundeswehrzelt auf der
Karlswiese gibt es Köstlichkeiten aus der
Feldküche, umrahmt von einem abwechslungsreichen
Bühnenprogramm. Die Ausstellung befindet sich im
BuGa-Gelände, unweit der Landesausstellung,
und zeigt das vielfältige Aufgabenspektrum der
Bundeswehr." (Hessentag) Auf dem Hessentag
2012 in Wetzlar (Hessen) standen an den Jets der
Luftwaffe Kinder schlange. Dazu trägt das
aktuelle Coolness-Credo der objektiven Offenheit
in der Armee bei: Kein Held sein, den
gefährlichen Job machen. Der kälteste Mai seit
... . Einer der Täter des Brandanschlags am 29.
Mai 1993 in Solingen stammt aus einer
linksliberalen Familie in einer Stadt voller
Ressentiments.
Ali Emas
Editorische Hinweise
Wir erhielten den Text vom Autor
für diese Ausgabe.
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