BRD-Klassenwirklichkeit
Die Altersarmut ist in Deutschland vom Kapital erwünscht - ungeschminkt.

von Reinhold Schramm

06/11

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Die Fakten zeigen, dass das Armutsrisiko für die Gesamtbevölkerung in den letzten zehn Jahren anstieg. Seit dem Jahr 2000 sinken die von der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ausgezahlten individuellen Beträge für Neurentner. Wer heute in Rente geht, erhält im Schnitt sieben Prozent weniger als vor zehn Jahren. Gleichzeitig beziehen immer mehr Menschen im Alter gesetzliche Grundsicherung - analog der reduzierten so genannten „Sozialhilfe“ bzw. dem heutigen (- in der Öffentlichkeit stets noch uneingestandenen -) offenen Hartz-IV-Strafvollzug.

Seit 2003 die (- geringe -) sogenannte „Grundsicherung“ im Alter eingeführt wurde, ist die Zahl der Bezieher deutlich gestiegen. Ein Fakt für die Wissenschaft ist: In den letzten beiden Berichtsjahren sind Anzeichen für eine Zunahme der Altersarmut in Deutschland zu beobachten. 

Alleinlebende Personen im Rentenalter sind häufiger von Einkommensarmut bedroht als die Gesamtbevölkerung. Darunter finden sich überdurchschnittlich häufig Frauen. Trotz der sinkenden Auszahlungsbeträge stellt eine Rente der GRV (noch) weiterhin die wichtigste Form der Alterssicherung dar. - Der Anteil der privaten Rentenzahlungen ist nach wie vor gering und je nach Einkommenshöhe sehr unterschiedlich. - Abgefedert werden die sinkenden GRV-Zahlbeträge durch einen Entwicklungstrend: Immer mehr alte Menschen leben in Paarhaushalten und können damit eventuelle individuelle Einkommensdefizite besser (im Alltagsleben) ausgleichen.  

Für die große Bevölkerungsmehrheit - circa 80 Prozent - stellt die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) den zentralen Pfeiler ihrer Alterssicherung dar. - Im Verlauf der letzten zehn Jahre zeigt sich, dass die Höhe der durchschnittlichen monatlichen Zahlbeträge bei Bestandsrentnern in Ostdeutschland mit rund 1.000 Euro durchweg um 50 Euro höher ausfällt als in Westdeutschland. Zurückzuführen ist das auf die durchgehenden Erwerbsbiographien in der DDR und die Anrechnungen nach der so genannten „Wiedervereinigung“. (Zugleich erklärt dies auch die reale gesellschaftspolitische Anpassung der ostdeutschen Bevölkerungsmehrheit - und die primär wirtschaften und opportunistischen Gründe der „Wiedervereinigung“- einschließlich der großen Mehrheit von vormals SED, DDR-Staatssicherheit, Blockparteien und -uneingestandener wirtschaftspolitischer- „Bürgerbewegung“. R.S.) 

In Ostdeutschland und Westdeutschland fallen die Zahlbeträge für die Gruppe der Neurentner durchweg geringer aus als für Bestandsrentner, da sich die Erwerbsbiographien in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert haben. So führen längere Ausbildungszeiten, Arbeitslosigkeit und/oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu niedrigeren Anwartschaften in der GRV - und damit zu geringeren Altersrenten.

Lagen im Jahr 1999 die Neurentner in Westdeutschland nur knapp 70 Euro hinter den Bestandsrentnern und in Ostdeutschland nur knapp 120 Euro, beträgt nun rund 150 (West) und 220 (Ost) der Rentenabstand.  

Aktuell beläuft sich die Höhe des Zahlbetrags bei einer Neurente in Westdeutschland nur noch auf 820 Euro und in Ostdeutschland nur noch auf 800 Euro. - Damit liegt „die durchschnittliche Rente“ bei Männern, die eine Rente neu bezogen haben, nur noch wenig über dem Niveau der gesetzlichen Grundsicherung im Alter, - analog der „Sozialhilfe“ bzw. „Hartz-IV“.  

Insgesamt liegt das Rentenniveau der Frauen deutlich niedriger als bei den Männern. So bezogen Bestandsrentnerinnen im Jahr 2009 in Westdeutschland eine Versichertenrente von „durchschnittlich“ 500 Euro pro Monat - und Bestandsrentnerinnen in Ostdeutschland von 700 Euro.  

In den vergangenen Jahren sinken zudem die Zahlbeträge durch den Bezug einer Rente vor der Regelaltersgrenze und den damit (gesellschaftspolitisch BDA-Lobby-erwünschten) verbundenen Abschlägen. - Im Jahr 2009 mussten bei Versichertenrenten 65 Prozent der männlichen Neurentner in Ostdeutschland und 50 Prozent in Westdeutschland Rentenabschläge ‘unfreiwillig’ in Kauf nehmen. (Eine Umkehr der Rentenentwicklung - nach unten. Massenarbeitslosigkeit und ‘erwünschte’ höhere Niedriglohnbeschäftigung in Ostdeutschland. R.S.) - Die „durchschnittliche“ Höhe der Rentenabschläge summierte sich auf 100 Euro pro Monat. - Bei Rentnerinnen in Ostdeutschland machte der Anteil derer, die mit Abschlägen in die Rente gegangen sind, sogar 82 Prozent aus - in Westdeutschland lag dieser Wert (noch vorläufig) bei 52 Prozent.  

Berücksichtigt man zusätzlich die Inflation, so ist zwischen 1999 und 2009 der Realwert des „durchschnittlichen“ Zahlbetrags einer GRV-Rente für Männer um rund 12 Prozent gesunken. Bei den extrem geringen Altersrenten für Frauen beläuft sich der Realwertverlust auf fünf Prozent in Westdeutschland und zwei Prozent in Ostdeutschland. (Die „durchschnittlichen“ GRV-Renten für Frauen liegen weit unterhalb der „Sozialhilfe“ bzw. der geringen gesetzlichen „Grundsicherung“. R.S.)      

(Ein modifizierter Quellenauszug. Bitte stets im Originaltext lesen.)  

Quelle vgl.: Zur Entwicklung der Altersarmut in Deutschland.
Von Jan Goebel und Markus M. Grabka. In: DIW-Wochenbericht Nr. 25.2011.
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.375488.de/11-25-1.pdf
 

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.