Repression & Widerstand unter Hartz IV
Fakten  zur sozialen Ausgrenzung und Benachteiligung in Deutschland

von Reinhold Schramm

06/11

trend
onlinezeitung

In Deutschland waren im Jahr 2009 rund 13 % der Bevölkerung materiell depriviert, 5 % erheblich. In den nordeuropäischen Ländern gibt es mit 1 bis 2 % nur einen geringen Anteil an der Bevölkerung mit Erfahrungen von erheblicher materieller Entbehrung. In Ungarn, Lettland, Rumänien und Bulgarien ist fast die Hälfte der Bevölkerung materiell depriviert und über 20 % leiden unter erheblicher materieller Entbehrung. .    

Den höchsten Anteil von erheblich materiell deprivierten Menschen in Deutschland gab es in der Gruppe der Haushalte von Alleinerziehenden. Der Indikator lag hier bei 21 %. Auch rund 10 Prozent der Personen aus Einpersonenhaushalten gehörte zu den materiell Benachteiligten. Personen aus Hausbalten von zwei Erwachsenen mit Kind (oder mehreren Kindern) oder ohne Kind waren dagegen deutlich seltener von (materieller) Entbehrung betroffen. Hier waren es 4 % bzw. 2 %.   

In Deutschland lebten im Jahr 2009 fast 11 % der Personen in Erwerbslosenhaushalten (Erwerbsbeteiligung unter 20 %), von denen jeder zweite Haushalt mindestens drei von neun Merkmalen für materielle Deprivation aufwies. Bei Personen aus Haushalten mit höherer Erwerbsbeteiligung war nur jede zehnte Person materiell depriviert.    

Bei Personen aus Erwerbslosenhaushalten, die mindestens vier von neun Merkmalen für materielle Deprivation aufweisen, liegt die Quote für die Messung der erheblichen materiellen Entbehrung bei 28 %, während sie bei Personen aus Erwerbstätigenhaushalten nur knapp 4 % betrug.  

Aus dem Fazit: Personen aus Haushalten von Alleinerziehenden haben das mit Abstand größte Deprivationsrisiko. Sie müssen am häufigsten und im größten Umfang auf persönliche Grundbedürfnisse verzichten. (Bezahlte) Erwerbsbeteiligung* stellt einen bedeutenden Einflussfaktor für das Ausmaß der materiellen Deprivation dar. Personen aus Erwerbslosenhaushalten sind überdurchschnittlich von materieller Entbehrung betroffen.    

Etwa 22 % der Haushalte mit Kindern müssen aus finanziellen Gründen auf eine Woche Urlaub im Jahr verzichten. Mehr als 20 % der Mieterhaushalte haben Probleme im Bereich Wohnen und Wohnumfeld.  

Quelle vgl.: Wirtschaftsrechnungen. Wer muss worauf verzichten? Einschätzungen zur Wohn- und Lebenssituation der privaten Haushalte. Ergebnisse aus der Erhebung LEBEN IN EUROPA 2009. Von Dipl.-Sozialwissenschaftlerin Urszula Sikorski, Dipl.-Soziologin Birgit Kuchler. / Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2011. http://www.destatis.de/   

Anmerkung: „Deprivation“ bezeichnet allgemein den Zustand der Entbehrung, des Entzuges, des Verlustes oder der Isolation sowie das Gefühl einer Benachteiligung. In der Soziologie bezeichnet „Soziale Deprivation“ jede Form von sozialer Ausgrenzung, welche staatfinden kann durch Zugehörigkeit zu einer sozialen Randgruppe und/oder Armut. „Objektive Deprivation“ ist die anhand von Standards (zum Beispiel Einkommensverteilung) messbare materielle Benachteiligung. Eine Benachteiligung in der Ausstattung mit Chancen und Mitteln, die erforderlich sind, um eine bestimmte gesellschaftlich akzeptierte Position aufrechterhalten zu können und damit eine gesellschaftliche Existenz zu sichern. siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Deprivation  

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.