Elsässer, halt’s Maul
oder It’s liberation, stupid!


von Harry Waibel

06/09

trend
onlinezeitung

Die neuesten Schmierereien des J. Elsässer hat B. Schmid in der trend onlinezeitung 06/09 be­reits klar und deutlich analysiert und in Grund und Boden kritisiert [1]. Diese Texte von Elsässer bedeuten eine Zu­spitzung im anhaltenden Prozess seiner politischen Verelendung, also seiner Entwicklung zu einem rot-braunen Demagogen stalinistischer Provenienz. Lange Zeit wollte ich mich zu sei­nen autoritären, nationalistischen und anti-semitischen Positionen öffentlich nicht äußern. In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre haben wir in Freiburg zusammen poli­tisch gekämpft und nach dem was ich nun von ihm weiß, sind wir Zeuge seiner rasanten Ver­änderung vom leninistischen Kader zum stalinistischen Mob.

Und nun outet er sich als Anhänger von Ahmadinedschad, dem er zur gewonnen Wahl gratu­liert und zu diesem für ihn freudigen Anlass will er sich mit Slivovitz besaufen. Wie es eben so seine barbarische Ausdrucksweise ist, schüttet er Kübel von Dreck und Jauche über De­monstranten im Iran aus, denunziert sie als Ferngesteuerte, als vom US-Imperialismus Ge­kaufte und er geht über Leichen, wenn er die protestierenden und demonstrierenden Frauen und Männer als „Discomiezen“, „Drogenjunkies“ und „Strichjungen des Finanzkapitals“ ver­höhnt, von denen der „eine(n) oder andere(n) in einen Darkroom befördert“ worden sei?! Kamen da alle wieder unversehrt und lebendig raus?

Elsässers Entwicklung zum nationalistischen Demagogen beginnt mit seinem Buch „Angriff der Heuschrecken“, veröffentlich im Januar 2007 im Pahl-Rugenstein-Verlag, dessen Titel er vom Parteivorsitzenden der SPD, Franz Müntefering, übernahm, der ab 2004 diesen Ver­gleich mit Tieren po­pularisierte. 2006 veröffentlichten die, dem Finanzkapital nahestehenden Autoren Seifert und Voth ein Buch, dass ebenfalls den Tiervergleich im Titel führt: „Invasion der Heuschrecken“. Diese Tiermetapher von den „Heuschrecken“ die angeblich die deutsche Volkswirtschaft be­drohen, beinhaltet Vernichtungswünsche wie sie bereits vor 60 und mehr Jahren in die­sem Land schon einmal von führenden Politikern und Publizisten verbreitet wur­den. El­sässer lässt es also an einer sensiblen und reflexiven Bewusstseinslage mangeln und so wird die Auseinandersetzung mit ihm auch geführt werden müssen. Er hat sich zu einem fa­schistoiden Demagogen entwickelt, er verheizt Demonstranten für seine vordergründigen In­teressen, wo immer sie auftreten, wenn es ihm nur in seinen sektiere­rischen und stalinisti­schen Schädel passt. Wie finanziert er eigentlich diesen Mist?

Er wollte schon „albanische Zuhälter“ abschieben lassen, er nimmt keine Rücksicht auf An­gehö­rige sexueller Minderheiten und er outet sich ebenfalls als stalinistischer Haudrauf, wenn er Linksradikale als Kriminelle denunziert, die er zur Strafe in einem Bergwerk Uran abbauen lassen will oder denen er Schneeschippen in Sibirien androht, weil sie gegen Sachen Gewalt anwenden. Er spielt sich als Biedermann auf und ist doch selbst voller Gewaltphantasien, für die er nötig Opfer und Täter braucht. Wenn ihm und einem anderen anti-zionistischem Schmierfink angedroht wird, die Fresse zu polieren, dann kann man sagen, dass diese Art noch etwas kleinteilig Humanes mit sich trägt. Elsässers Phantasien der Minderwertigkeit brauchen zwanghaft die Überhöhung, die er in diesem Fall im Habermaschen „Linksfaschis­mus“ findet, der sich zu allem hin noch für seine missglückte Formulierung längst ent­schul­digt hat.

Von Elsässer wird man eine solche Geste nicht erwarten können, also: Elsässer halt’s Maul!

Es wird ab sofort nicht mehr möglich sein ihn als „unbequemen Linken“ zu bezeichnen, der von Linken insgesamt wegen seiner intellektuellen Brillanz oder so nicht wohl gelitten sei. Doch die Sache ist wahrscheinlich noch schlimmer. Nicht, dass es schon genügt wieder ein­mal ei­nem Überläufer bei seiner Hinwendung zur faschistischen Rechten zu beobachten, so denke ich doch, dass die Szene und das Milieu, in dem Elsässer als Journalist sich bisher wie ein Fisch im Wasser bewegen konnte, z. B. junge Welt oder Neues Deutschland, die ihn jah­relang beschäftigt und finanziert hat. Liest man in diesen Zeitungen zum Thema Israel und Anti-Semitismus, so wird einem klar, dass dort entsprechende anti-zionistische Be­wertungen durch Journalisten oder durch Vertreter der Partei Die Linke vorgenommen werden, aus denen anti-semitische Vorurteilsstrukturen und –inhalte sichtbar werden. Auch anhand der heftig ge­führten wissenschaftlichen und publizistischen Diskussionen über Anti-Semitismus und Ras­sismus als Teil der Geschichte der DDR, wo Mitglieder und Vertreter der Partei Die Linke je­der Form von Erkenntnis dieser komplexen Problematik rundweg verweigern. Ihre bisher er­folgreichen Bemühungen die DDR nachträglich zu einem von Anti-Semitismus- und Rassis­mus-freien Gebiet zu erklären korrespondieren sozusagen harmonisch mit anti-zionistischen Einschätzungen und Bewertungen von Mitglie­dern der Partei Die Linke. Diese informelle Gruppe versteckt, genauso wie es in der DDR üblich war, ihre anti-semitischen Potentiale hinter dem Konstrukt des Anti-Zionismus, der als rassistische Ideolo­gie zur Unterdrückung bzw. Ausrottung der palästinensischen Araber phantasiert wird. In der Regel wird dieses Kon­strukt als Ausdruck des US-Imperialismus gebrandmarkt, was dem ganzen einen Anstrich von Theorie geben soll. Diese Linie, sie beginnt in den 1950er Jahren mit der Politik der SED ge­genüber Israel und den arabischen Staaten[2], verführt dann in der Gegenwart anti-semitische Schreiberlinge, wie El­sässer einer ist, zu einer Nähe zu den Feinden des US-Imperialismus, wie es z. B. mit dem Iran oder Venezuela der Fall ist.[3] Dieser kruden Melange, die in Wahr­heit aus seinen Minder­wertigkeitskomplexen gespeist wird, redet der ehemalige Linksradikale El­sässer das Wort. Ich halte ich die Auseinandersetzung mit ihm für lohnenswert, weil wir an ihm sehen können welche Formen der Korruption auch möglich sind und, dass erscheint mir notwendig, weil seine demagogische Hetze von Teilen der Partei Die Linke und von anderen linken Gruppen durchaus geteilt wird.[4] Dazu kommt, dass er mit seiner im Aufbau befindli­chen Organisation „Volks­initiative“ ein Medium bekommen kann, mit dem er seine Ergüsse verbreiten kann. Und es wird schließlich erst dann zu einer Neu-Konstituie­rung einer gesell­schaftsrelevanten radikalen und revolutionären Linken der internationalen Arbeiterbewegung geben, wenn insgesamt die reformistische und stalinistische Praxis in Ge­schichte und Gegen­wart radikaler Kritik unterzogen sein wird.[5]


Fußnoten

[1] Bernard Schmidt: Herr Else und der Kotzkü(l)bel zum Iran. Rot-braunes und Stalino-Pack vereint für Thekratendiktatur und gegen Aufrührer, in: www.trend.infopartisan.net/trd0609/t530609.html.

[2] Harry Waibel: Kritik des Anti-Faschismus der SED, in: http://www.stiftung-sozialgeschichte.de/; Kritik des Anti-Semitismus in der DDR, in: http://www.redok.de/content/view/395/40/

[3] Vgl. die Auseinandersetzungen um den ehemaligen Kandidaten der Partei Die Linke für die OB-Wahl in Duisburg, der dazu aufrufen wollte, israelische Waren zu boykottieren, gleich der Parole der deutschen Faschisten im NS-Deutschland.

[4] Vgl. die Äußerungen von Diether Dehm, MdB der Partei Die Linke, der Demonstranten am 28. März in Frankfurt/M., weil sie auf den Chef der Partei Die Linke O. Lafontaine, Eier geworfen hatten, als „militante fanatisierte Anhänger von israelischer Regierung und Geheimdienst“ denunziert hat.

[5] Harry Waibel: Für einen emanzipatorischen Anti-Faschismus, in: http://www.trend.infopartisan.net/trd1007/t181007.html

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir direkt vom Autor zur Veröffentlichung.