»Wir befinden uns im Jahre 18
nach der Selbstauflösung des sozialistischen Lagers. Die ganze
Welt ist vom Imperialismus besetzt. Die ganze Welt? Nein! Eine
von unbeugsamen Revolutionären bevölkerte Karibikinsel hört
nicht auf, dem Kapitalismus Widerstand zu leisten.« - So oder so
ähnlich müsste die Einleitung zu diesem Bericht wohl lauten,
wenn wir uns in Asterix-Manier an das Thema Cuba heranwagen
würden. Und man darf wohl sagen, das
Thema Cuba, schließlich handelt es sich
bei diesem Land nicht nur um irgendeine unbedeutende
Karibikinsel unter vielen, sondern um den
(wenn man von solch ideologischen Unfällen
wie Nordkorea einmal absieht) letzten Hort des real
existierenden Sozialismus.
Dies, und natürlich das
subtropische Klima, die karibischen Strände und die
paradiesischen Naturlandschaften waren die Gründe, weshalb ich
mich schon länger mit dieser Insel beschäftigte und mir dieses
Land auch einmal mit eigenen Augen besehen wollte. Denn über
unsere bürgerlichen Medien etwas über Cuba zu erfahren, dass
auch nur annähernd den tatsächlichen Verhältnissen dort
entspricht, ist sehr schwierig. So findet man vielleicht noch
auf Arte die ein oder andere Dokumentation, welche um wirkliche
Objektivität bemüht ist. Die meisten Berichte jedoch bedienen
sich der selben antikommunistischen Klischees, wie die
Propagandaschlachten des kalten Krieges. Fernab von illusionären
Träumereien vom »sozialistischen Paradies« und auch fernab der
flachen Sprüche vom »Castro-Regime«, hat mich die Wahrheit über
dieses Land interessiert. Warum gilt Cuba heute bei uns als
Vorzeigebeispiel einer Diktatur? Warum investieren die USA jedes
Jahr Millionen Dollar in Geheimdienstarbeit gegen diesen kleinen
Karibikstaat? Warum wird über Cuba so viel, wie über kein
anderes karibisches Land berichtet? Und warum wird - trotz dem
offiziellen Ende des kalten Krieges - das Embargo gegen das
wirtschaftlich unbedeutende Cuba weiterhin aufrechterhalten?
Irgendetwas konnte da nicht stimmen. Es war höchste Zeit für
mich, dieses Land zu besuchen.
Als ich dann schließlich meine Eltern, die ohnehin schon immer
mal in die Karibik wollten, nach längeren Diskussionen
überzeugen konnte, war die Reise bald für 2009 fest gebucht. Vom
21. Mai bis zum 3. Juni durchquerten wir mit einem Mietwagen die
Insel. Von Havanna über Matanzas, Santa Clara, Trinidad,
Cienfuegos wieder zurück nach Havanna (um nur einige Städte zu
nennen), sahen wir in diesen zwei Wochen jede Menge von Land und
Leuten. Viele der vorher gefassten Urteile musste ich
korrigieren, einiges hat sich allerdings auch bestätigt. Klar
war für mich nur: Wenn es irgendwo noch eine gelebte Alternative
zum Kapitalismus gibt, dann auf Cuba.
Meine ersten Impressionen von diesem Land stammen noch aus dem
Flugzeug. Schlaftrunken sah ich aus dem Fenster die ersten
Umrisse der Insel, kurz darauf den Flughafen »José Martí«,
benannt nach dem cubanischen Freiheitskämpfer und
Nationalhelden, welcher bereits im 19. Jahrhundert für die
Unabhängigkeit seines Landes kämpfte. Am Flughafen selbst
mussten zuerst einige Formalitäten geklärt werden, bevor wir
nach Kontrolle unseres Passes durch eine freundliche Zollbeamtin
an unser Gepäck kamen. Was mir zuerst schon im Flughafengebäude
auffiel: Irgend etwas fehlte. Achja, die Werbung! Es gab keine
Werbung. Nirgends waren die ansonsten so allgegenwärtigen
Dauerberieselungen, die zugeklebten Wände, die Coca-Cola Plakate
zu sehen. Sehr angenehm. Noch am Flughafen trafen wir auf eine
freundliche Dame namens Clothilde, von der cubanischen
Reiseagentur. Da sie in der DDR studiert hatte, sprach sie
fließend Deutsch und half uns, an einen Mietwagen zu kommen. Mit
Blick auf mein Lenin T-Shirt lautete ihr erster Kommentar: »Mit
diesem T-Shirt wirst du hier sehr viele Freunde finden.« Ironie?
Nein, tatsächlich: Schon 10 Minuten später bekundete der Beamte
beim Umtauschschalter von Euro in die cubanische konvertible
Währung (CUC), auf Englisch seine Sympathie für den Herrn Lenin.
Da sich das mit dem Mietwagen doch noch etwas länger hinzog,
blieb mir genug Zeit um mit Clothilde ins Gespräch zu kommen.
Sie war eine stämmige Dame von etwa sechzig Jahren, und kennt
die Revolution von Beginn an. Meine ersten Fragen gingen gleich
ins politisch brisante, Thema Wahlpflicht in Cuba. »Wenn die
Leute bei euch sagen, wenn man in Cuba nicht zur Wahl geht
verliert man seinen Arbeitsplatz oder bekommt Repressionen, ist
das eine Lüge. Wer bis 12 Uhr nicht zur Wahl geht, bei dem
klingeln die Pioniere und sagen ›Hey, willst du nicht wählen
gehen?‹ - das ist aber alles.«
Auch beim Thema Opposition fand Clothilde klare Worte: »Die
meisten Cubaner mögen diese Oppositionellen nicht. Die ›Frauen
in weiß‹, und wie sie alle heißen. Die wollen nur Geld von den
Amerikanern für sich kassieren. Wenn sie wirklich für das Volk
kämpfen, dann sollen sie doch in die Berge, wie Che, und die
Leute überzeugen, anstatt sich bei den USA anzubiedern.«
Clothildes Gesicht legte sich in nachdenkliche Falten, man sah
ihr deutlich an, dass es ihr ernst war. Auf dem Weg zum Hotel
unterhielten wir uns noch etwas über die aktuelle Situation in
Cuba, die »Periodo especial«, die Sonderperiode, welche nach der
Auflösung der Sowjetunion und dem Verlust fast aller
Handelspartner eintrat. Die schwierige ökonomische Situation,
das Transportproblem, das Wohnungsproblem und all die andren
Probleme sind häufige Gesprächsthemen der Cubaner, die bei der
Kritik kein Blatt vor den Mund nehmen. Unterwegs konnte ich am
Straßenrand die zahlreichen politischen Schilder bestaunen: »Defendiendo
el socialismo«, die Verteidigung des Sozialismus, oder »Hasta la
victoria siempre«, ein Zitat von Che, »Vorwärts bis zum Sieg«,
war auf ihnen zu lesen. Abends im Hotel ging ich recht früh zu
Bett. Schön, gut, also. Die Worte einer Revolutionärin. Mal
sehen, was der cubanische Alltag mir davon bestätigen kann.
Am nächsten Tag gingen wir durch die Straßen Havannas. Und auch
hier fehlte überraschenderweise die Werbung. Kein Burger King,
kein McDonalds, keine BILD-Zeitung. Nirgends. Die Stadt kam so
in ihrer vollen Pracht zur Geltung, statt aufdringlicher
Leuchtreklame sah man an den Häuserfassaden lediglich
handgemalte Bilder über die Revolution, oder hin und wieder ein
Zitat Fidel Castros. Allgegenwärtig war neben den alten Häusern
aus der Kolonialzeit und den politischen Schildern allerdings
auch die schwierige ökonomische Situation der Menschen. Viele
nutzten diese jedoch aus, um sich an naiven Touristen zu
bereichern. Mit seltsamen Tricks und Betteleien wollen diese den
einfältigen Touristen suggerieren, es würde ihnen an
Grundnahrungsmitteln mangeln. Doch das passt nicht ganz in ein
Land, in dem es an jeder Ecke billige Speisen und Getränke zu
kaufen gibt, und wo jeder Einwohner durch die sogenannte
Libretta, eine Rationierungskarte, alle notwendigen Güter und
Lebensmittel zugeteilt bekommt. Es mangelt zwar an vielem, aber
Hunger leiden muss in Cuba keiner, das konnte mir bisher jeder
meiner Freunde dort versichern. Viele dieser Leute nutzen daher
die zusätzliche Einkommensquelle um sich teure Luxusartikel wie
Adidas-Turnschuhe und dergleichen zu kaufen. Aber das sind nun
wirklich keine überlebenswichtigen Güter. Überhaupt hatte ich in
meiner ganzen Zeit in Cuba durchgehend den Eindruck von einer
trotz aller Dispropriationen grundsätzlich intakten
Gesellschaft, ohne extreme Armut und ohne ein wie auch immer
geartetes Bonzentum. Es herrschte ein reges Stadtleben, mit
Autos, Einkaufstüten, mit Kindern die Eis essen, Erwachsenen die
Karten spielen und Rum trinken, alten Leuten die auf Parkbänken
Zeitung lesen und Zigarre rauchen, manchmal mit dem Enkel auf
dem Schoß, manchmal mit Hund. Wenn man sich die Kolonialen
Villas besieht, die trotz ihres teilweise schlechten Zustandes
nichts von ihrer jahrhunderte alten Würde eingebüßt haben, wie
diese heute von Arbeiterfamilien bewohnt werden, wenn man die
amerikanischen Luxuskarossen sieht, wie diese heute von
Arbeitern gefahren werden, dann merkt man auch, dass man sich
tatsächlich in einem sozialistischen Land befindet. Am stärksten
kam dieser Eindruck zu Tage, als wir in Havanna eine Führung in
einer Zigarrenfabrik machten. Dort herrschten gänzlich andere
Verhältnisse, als man es bei uns gewohnt ist. Die Arbeiter
wirkten allesamt locker, gelöst, als ob sie diese Arbeit am
liebsten täten. In dem riesigen Saal, in dem an die 400 Arbeiter
auf Werkbänken Zigarren in verschiedenen Qualitäten drehen,
läuft im Hintergrund Techno-Musik. Ganz am Ende hängt ein
Plakat: »Zum 50. Jahrestag der Revolution: Lasst uns mehr und
effizienter produzieren!«, davor der Tisch des Vorlesers. Jeden
morgen wird dort zuerst eine halbe Stunde aus der Granma, der
größten cubanischen Tageszeitung, vorgelesen. Danach geht man zu
einem Buch über, das die Arbeiter sich ausgesucht haben. Aktuell
liest man »Sakrileg« von Dan Brown. Der Vorleser wechselt dabei
gelegentlich und bekommt die Zeit als Vorleser voll bezahlt.
Nachmittags läuft dann meist Musik. Nach Dienstschluss kann sich
jeder Arbeiter täglich 3 Zigarren seiner Wahl mit nach Hause
nehmen. Während der Arbeit, darf ebenfalls geraucht werden. Auf
Betriebskosten, versteht sich.
Neben der kostenlosen Mittagskantine dürfte aber ein
herausragenderes Merkmal die demokratische Mitbestimmung im
Betrieb sein: Jede Woche hält die Belegschaft dort eine Sitzung
und diskutiert über die Probleme im Betrieb, aber auch über die
Probleme des Landes. Ich selbst wurde Zeuge, wie solche
Sitzungen abliefen und man nach heftiger Diskussion zu einer
Entscheidung kam. Dabei folgt die Betriebsversammlung nicht
weltfremden, starren Regeln, sondern wird von den Arbeitern
selbst ausgestaltet. Es wird über alles gesprochen: Von den
Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und Löhnen, bis zum Buch für
nächste Woche hat die Belegschaft überall die volle
Einflussnahme auf ihren Betrieb. Jeder Vorsitzende wird
demokratisch gewählt und ist der Belegschaft
rechenschaftspflichtig. Im Falle von Amtsmissbrauch kann er
sofort abberufen werden, was auch hin und wieder vorkommen soll.
Die junge Arbeiterin führte uns durch den gesamten Betrieb und
erklärte jeden Produktionsschritt, vom frischen Tabakblatt bis
zur fertigen Cigarre. Auch die Emanzipation hat sich scheinbar
in der Ökonomie gut durchgesetzt: Die Führungsebene des Betriebs
besteht fast durchweg aus Frauen. Darunter sind viele Schwarze
und Mulattinnen. Von Rassismus keine Spur. Soviel also zur
innerbetrieblichen Demokratie, die in Cuba doch sehr stark
entwickelt ist. Mit der, verfassungsmäßig festgeschriebenen,
Maximalarbeitszeit von 8 Stunden pro Tag und den hervorragenden
Arbeits- und Mitbestimmungsbedingungen, hat sich die cubanische
Arbeiterklasse doch einiges erkämpft, wovon man hierzulande
höchstens träumen kann. Trotzdem: Die Löhne sind immer noch viel
zu niedrig, auch wenn das Ende der Sonderperiode bereits
absehbar ist.
Am nächsten Morgen trafen wir auf unseren Freund Lazaro, ein
schmächtiger Mann in den Vierzigern, mit kräftigen Gesichtszügen
und sonnengebräunter Haut, der eher an einen Spanier denn an
einen Cubaner erinnert und den ich durch Zufall vor einigen
Jahren kennen lernte, da er Informatiker ist. Er hat uns einen
Tag durch Havanna geführt und wir haben erstmals den normalen
cubanischen Alltag kennen gelernt. Statt Auto fuhren wir Bus,
statt im Restaurant aßen wir im Imbiss für Cubaner, statt des
Tourismusbüros besuchten wir Lazaros Freunde zu Hause. Die
Straßen von Havanna sind voll von Leuten unterschiedlicher
Hautfarbe und unterschiedlichen Alters. Überall wimmelt es von
Pionieren, welche Nachmittags die Schule verlassen und die man
dann häufig noch bei gemeinsamen Aktivitäten oder Ausflügen
antrifft. Havanna hat eine wundervolle Altstadt, die noch aus
dem 18. Jahrhundert stammt und leider am verfallen ist. Wenn man
aber denkt, dies sei beispielhaft für Cuba, begeht man einen
Fehler: Interessanterweise sind in allen anderen cubanischen
Städten die Häuser wesentlich besser in Schuss. Für Havanna kam
erst in letzter Zeit genügend Geld zusammen, so dass ein
Sanierungsprogramm beschlossen werden konnte. Überall sahen wir
bereits, wie gestrichen wurde, wie hier und dort neu gefließt
oder komplett renoviert wurde. Es tat sich schon einiges. Auch
das Transportproblem geht einer Lösung entgegen: Seit einigen
Jahren verkehren in Havanna Busse aus Nordkorea und China, die
zwar stets überfüllt, dafür aber auch pünktlich, billig und
zuverlässig alle Cubaner von A nach B bringen.
Generell sind die Cubaner jedoch ein sehr gemütliches Volk, was
sich gerade auch beim Straßenalltag wiederspiegelt: Man stellt
sich hinten an und wartet eben, wenn der Bus sehr voll ist. Von
der bei uns so üblichen Hektik, ist in Cuba nichts zu spüren. An
jenem Tag besuchten wir auch das Revolutionsmuseum. Dort wird
die Geschichte Cubas, von den ersten Unabhängigkeitskämpfen aus
indianischen Zeiten bis zur Gegenwart beleuchtet. Die größte
Zäsur in der neueren cubanischen Geschichte war zweifellos die
Revolution von 1959, an dem sich das cubanische Volk vom
verhaßten Batista-Regime, einer Handlangerregierung der USA,
befreite. Fortan wurde unter der Präsidentschaft Fidel Castros
der Sozialismus aufgebaut. Trotz Handelsembargo durch die USA
und Wirtschaftssabotage durch den CIA, hat sich Cuba so einen,
gemessen mit der restlichen Karibik und den meisten Ländern
Lateinamerikas, extrem hohen Lebensstandard mit wegweisendem
Gesundheits- und Bildungssystem aufgebaut. Nach 1990 jedoch kam
die oben erwähnte Sonderperiode, die zu schwerwiegenden
ökonomischen Problemen führte und immer noch führt. Erst seit
etwa 10 Jahren wird es merklich besser in Cuba, das schlimmste
scheint überstanden. Dazu ist allerdings im Revolutionsmuseum
noch keine Ausstellung vorhanden. Man findet aber viele
Fahrzeuge aus der Revolution, und, in einem Glasgebäude auch die
Granma, jene Yacht, mit der Fidel Castro, Che Guevara und 80
weitere Revolutionäre 1956 in Cuba ankamen und damit den Auftakt
zur Revolution gaben.
Auch konnte ich in Havanna die Funktionsweise eines CDR
beobachten. Die CDRs heißen auf spanisch »Comités de Defensa de
la Revolución« (Komitees zur Verteidigung der Revolution) und
sind in jedem Wohnblock vorhanden. Etwa 90% der Cubaner über 14
Jahren sind Mitglied in den Komitees, deren Aufgabe es wörtlich
ist, eben die Revolution zu verteidigen. Praktisch heißt das,
für Sicherheit und Ordnung im Block zu sorgen, sowie an
demokratischen Entscheidungen teilzunehmen, sich aktiv an der
Politik zu beteiligen. Im cubanischen Rätesystem sind die CDR
damit die unterste Ebene der Basisdemokratie und dort wird meist
am heftigsten Diskutiert. Oft werden anschließend Anträge
weitergegeben, auf die man sich erst nach heftiger Diskussion
einigen konnte. Moment, war da gerade das Wort »Demokratie« zu
hören? In der Tat! Auch wenn so manch bornierter Kleinbürger,
der sich jeden Abend die FAZ mit ins Bett nimmt, den Begriff
Demokratie in Zusammenhang mit Cuba als »Absurd« bezeichnen
würde - ein Cubaner kann darüber nur lachen, denn es gibt sie
tatsächlich dort, die sozialistische Demokratie. Vollkommen
offen redet man über die Probleme des Landes, wählt Abgeordnete
und Räte die jederzeit abberufen werden können und
veröffentlicht Resolutionen. Dabei sind die Cubaner wesentlich
partizipierter als das hier in Deutschland der Fall ist: Mit
Wahlbeteiligungen von weit über 90% (wählen darf man in Cuba
übrigens schon ab 16) und einer Mitgliederbasis in den CDRs von
über 7 Millionen lässt sich auch Demokratie leben. Nur im
Unterschied zu uns werden die Arbeiter nicht an der Ausübung
ihrer Rechte mangels finanziellen Mitteln gehindert, sondern
aktiv gefördert, indem jeder Massenorganisation ein
umfangreiches Budget zur Verfügung steht. Zwar gibt es in den
oberen Ebenen auch eine Menge Parteifilz, doch hört man den
Cubanern zu, so merkt man, dass sie zwar stets über ihre
Situation klagen, dafür aber nie »den bösen Sozialismus«
verantwortlich machen, sondern etwas dagegen unternehmen: Sie
gehen zu den Sitzungen, gehen zur Wahl, lassen sich wählen,
schlagen Lösungen vor - und nicht selten entsteht dabei eine
kontroverse Diskussion. Überhaupt sind die Cubaner sehr
»diskussionswütig«, was man nicht nur in den CDRs, sondern auch
anhand der heftigen Debatten auf der Straße und zu Hause
mitbekommt.
Dabei wird keinem einfach das Wort genommen, der etwas
»unliebsames« sagt, im Gegenteil, ich erlebte die Cubaner als
ein sehr aufgeschlossenes und tolerantes Volk, das fast
geschlossen hinter seiner Regierung steht, aber auch andere
Ansichten gelten lässt. Beim Kapitalismus allerdings werden die
Gesichter ernster, denn den will dort niemand mehr.
Später trafen wir noch unseren Freund Arristides, ein etwas
älterer schwarzer Herr, der früher bei der Presseagentur
gearbeitet hat. Seine Frau war in der östereichischen Botschaft
tätig, daher kann er gut Deutsch. Auch er weiß sehr wohl um die
Probleme seines Landes, traut seinen Landsleuten allerdings auch
zu, eine Lösung zu finden. Das Gespräch war leider nur sehr
kurz, da er noch einen Termin hatte.
Abends gingen wir in eine kleine Kneipe im Zentrum von Havanna.
Lazaro erzählte uns das neueste aus der cubanischen Medizin.
Anscheinend gibt es jetzt auch eine Impfung gegen Lungekrebs.
»Und die funktioniert?«, frage ich misstrauisch. »Ja, natürlich.
Jeder Raucher hier hat die.« Hm, wenn er meint. Erstmals
bemerkte ich dort auch, dass es tatsächlich nur zwei große
Biermarken in Cuba gibt: Buckanero und Crystal. Während Crystal
eher einem leichten Bier entspricht, erinnert Buckanero mit
seinem würzigen Geschmack stark an das in Deutschland populäre
»Rothaus«, und erreicht dieses sogar fast in der Qualität.
Entsprechend teilt sich die cubanische Bevölkerung in eine
Buckanero- und eine Crystal-Fraktion. Sehr oft wird man von
Cubanern gefragt, welches der beiden Biere man denn nun
bevorzugt, und hört oft, wie sich zwei ältere Cubaner über die
Stärken und Schwächen von Crystal und Buckanero unterhalten,
während sie auf einer Parkbank sitzen und Rum trinken. Ein
herrliches Schauspiel. Beim Gespräch mit Lazaro erfuhr ich auch
ein amüsantes Detail: Seit einigen Jahren werden die
Fünfjahrpläne des Landes mit der deutschen Software SAP
verwirklicht, die sonst eher von Großunternehmen wie VW oder
dergleichen verwendet wird. Nun denn, warum sollte man in Cuba
nicht auch up-to-date sein?
Am nächsten Tag besuchten wir Pinar del Rio, das Tabaktal, wo
angeblich der beste Tabak der Welt wachsen soll. Kurz vor
Anbruch der Reise gingen wir noch bei Lazaros Schwester einen
Kaffee trinken, der selbstgemacht einfach am besten schmeckt.
Dabei fiel mir zum wiederholten Male auf: Auch wenn das Haus von
außen noch so heruntergekommen und unscheinbar wirkt, drinnen
herrscht das Leben und alles sieht ordentlich und gut gepflegt
aus. Auch wenn man sich manchmal fragt, wie die Cubaner es
schaffen, aber irgendwie findet man dann doch eine Stereoanlage
von Sony, einen Fernseher und eine Waschmaschine von Miele im
Haus herumstehen. Nach der kurzen Pause allerdings machten wir
uns sogleich auf den Weg. Umgeben von malerischen Landschaften
zierten vor allem Königspalmen und kleine Dörfer das Bild am
Straßenrand, dazwischen anstatt Verkehrsschildern immer wieder
der Schriftzug »¡Viva la Revolution!«. Dass die Revolution auf
schlecht beschilderten und löchrigen Straßen selbst in das
hinterwäldlerischste Bergdorf vorgedrungen ist, merkt man
allerdings nicht zuletzt daran, dass man auch bei einer
Ansammlung von 20 kleinen Hütten, überall Stromversorgung, eine
Schule sowie eine kleine Ärztestation sieht. Manchmal ist sogar
dort noch eine Bibliothek anzutreffen. Die Schulen haben ebenso
alle Internetanschluss, da seit einigen Jahren das Thema »PC und
Internet« ab der ersten Klasse auf dem Lehrplan steht. Dass das
ebenso für eine kleine Dorfschule gilt, davon konnte ich mich
selbst überzeugen, als ich mich freundlicherweise in einer
solchen einmal umsehen durfte. Neben Bänken, Stühlen, Tafel und
jeder Menge Bücher, standen zwei PC’s in dem Klassenzimmer.
Lazaro konnte mir bestätigen, dass das in Cuba eher die Regel
als die Ausnahme ist.
Nachdem wir unsere Reise nach Pinar del Rio mit dem Besuch eines
Tabakbauern abgeschlossen hatten, machten wir uns Tags darauf
auf ins nahe gelegene Matanzas. Dort traf ich auf meinen Freund
Yosvany, den ich letztes Jahr in Deutschland kennen lernte, als
er über die Situation in Cuba referierte. Er ist Mitglied des
Parlaments von Matanzas und dort für die Auslandskontakte seiner
Provinz zuständig. Eigentlich ist er jedoch Arzt und hat einen
Doktor in Epidemiologie. Bei den letzten Wahlen wurde er mit 98%
der Stimmen ins Parlament gewählt. Weil er so jung ist, und
trotz seiner dunklen Hautfarbe, denn in Rassismus sei in Cuba
kein Thema, meint er. Nachmittags kommt er mich mit seinem
Dienstwagen, einem 20 Jahre alten »Lada Nova«, einer 60-PS
»Luxuskarosse« wie sie auch viele Arbeiter besitzen, besuchen.
Soviel also zum Parteibonzentum. Wir erzählten ihm lange von
unseren bisherigen Erlebnissen, wie man uns schon ein paar mal
hinters Licht geführt hat um ein paar CUC abzustauben und wie
uns die Naturlandschaften an der Küste gefallen haben. Da
Yosvany sehr gut Englisch kann, fiel mir das Gespräch nicht
schwer. Natürlich erfragte ich auch einige politische
Informationen. Als die drei größten Probleme in seiner Provinz,
aber auch im ganzen Land, sah Yosvany die schlechte
wirtschaftliche Lage, die Korrpution und die interne
Administration. »Wir haben kein sehr großes Problem mit der
Korruption, aber es ist ein Problem und es ist notwendig, etwas
dagegen zu unternehmen.« sagt Yosvany und sieht dabei auch
bisher erreichtes: »In der Sonderperiode kamen eine Reihe von
Schwierigkeiten auf uns zu, viele davon dauern bis heute an.
Jedoch können wir das Transportproblem für viele Provinzen als
gelöst betrachten. Auch beim Wohnungsbau machen wir
Fortschritte. Aber was wir in der Zukunft brauchen ist vor allem
eines: Mehr Entwicklung.«
So nannte er auch die nächsten Ziele der Regierung: »In den
nächsten Jahren haben wir einige große Dinge zu meistern: Wir
müssen die Wirtschaft stärken, uns dabei aber gleichzeitig vor
dem Kapitalismus verteidigen, den Sozialismus wahren und
erhalten. Außerdem werden wir weiterhin alles versuchen, die 5
cubanischen Agenten zu befreien, die zu Unrecht in den USA nun
seit über 10 Jahren festgehalten werden.« Ich sagte ihm: »Das
hört sich ja schön an, den Sozialismus verteidigen, aber wie
wollt ihr das anstellen?«. Er entgegnete mir sovuerän: »Zuerst
ist es wichtig, die Bildung und das Gesundheitssystem zu
verteidigen, indem wir diesen beiden Einrichtungen weiterhin
einen hohen Stellenwert beimessen. Desweiteren werden wir in
Zukunft höhere Investitionen in Kultur, Sport und die
Wirtschaftsentwicklung der volkseigenen Betriebe zur Überwindung
der Sonderperiode tätigen. Wir werden dabei keine
Privatisierungen zulassen. Wir sind nicht China und wir sind
nicht Vietnam. Hier wird die Revolution verteidigt, hier bleiben
wir beim Sozialismus, denn das ist unser Land, und 90 Prozent
der Cubaner stehen fest zum Sozialismus und zu ihrer nationalen
Souveränität die nur durch diesen gewährleistet werden kann.«
Nun denn, möge es ihnen gelingen. Wir machten uns Tags darauf
auf den langen Weg nach Santa Clara. Zwischendurch waren wir
einige Zeit in der Kleinstadt Placeta unterwegs. Hier, etwas auf
dem Land, waren die Menschen noch nicht so sehr vom Tourismus
»beansprucht« (fast könnte man sagen verdorben) wie in Havanna.
Man bekam schon mit ein paar Brocken Spanisch eine freundliche
Antwort und die Händler auf den Märkten gaben lieber zu viel als
zu wenig fürs Geld. Überhaupt sind die Leute auf dem Land
wesentlich offenherziger und ehrlicher als in den Metropolen.
Charakteristisch für cubanische Städte ist dabei der im
kolonialen Stil gehaltene Stadtpark, ein Quadrat in der Mitte
der Stadt, auf dem oftmals eine Statue von José Martí steht. An
den Häusern dahinter findet sich dann meist noch ein riesiges
Plakat mit einem Zitat von Che Guevara. Dort kann man dann
Nachmittags alte Männer auf den Bänken beobachten, die Zeitung
oder ein Buch lesen oder einfach nur den Pioniergruppen zusehen,
die dann oft in der Stadt unterwegs sind.
In Santa Clara schließlich besichtigten wir das Mausoleum von
Che Guevara. Eine gespenstische Stille umgab den riesigen Platz
vor dem Denkmal, die nur durch das von großen
Stadiumslautsprechern wiedergegebene Lied »Commandante Che
Guevara« durchbrochen wurde. Das Denkmal selbst war phänomenal,
einem großen Mann wie Ernesto absolut würdig. Im inneren befand
sich das (kostenlose) Museum und gegenüber die Grabkammer des
Che, wo auch die Urnen seiner Kampfgefährten aus Bolivien zu
finden waren. Man achtete streng darauf, dass nirgends
photographiert wurde. Als wir uns wieder zurück zum Auto
begaben, durchbrach plötzlich ein heftiges Tropengewitter die
Ruhe. Es schüttete wie aus Eimern und der Wind warf einige
Palmen auf die Straße, wie wir später bemerkten. Uns blieb
nichts übrig, als im Auto zu warten.
Tags darauf gingen wir für einige Tage nach Cienfuegos. Die
meiste Zeit verbrachten wir dort am Strand, den wir uns mit den
Cubanern teilten. Denn in Cuba sind seit der Revolution alle
Strände, ebenso wie die Fabriken, Grundstücke, etc. volkseigen.
Es gibt keinen Strand, der explizit für Touristen wäre, so dass
man oft einen geparkten Lada und eine cubanische Familie am
Strand beim baden beobachten kann. Wir trafen dort auf drei
Arbeiter aus Cienfuegos. Ich nutzte natürlich die Gelegenheit um
wieder etwas mehr über die Situation in Cuba zu erfahren, denn
alle drei sprachen einigermaßen Englisch. Eric beispielsweise,
war Busfahrer. Sein Lohn beträgt etwa 400 Peso National und
einige CUC pro Monat. Zwar kann man sich dank Preisen wie 7 Peso
pro Zigarettenschachtel, 1 Peso für Kino bzw. Theatereintritt
und 5 Peso für ein Eis doch einiges kaufen, alle Luxusgüter sind
jedoch nur in CUC zu bezahlen, an denen es stets mangelt. (1€ =
24 CUC). Er beschwert sich über die Doppelwährung: »Seit wir die
Doppelwährung haben, also seit der Sonderperiode, können wir uns
nichts mehr kaufen. Das Geld ist äußerst knapp und es reicht
gerade für das nötigste.«
Auch sein Freund José, ein Fabrikarbeiter, sieht das ähnlich:
»Es ist schon schwer, wenn man eine Familie hat in Cuba. Man
muss hart arbeiten, aber letzten Endes kommt doch nichts dabei
heraus. Und die Rationen auf der Libretta sind viel zu wenig, es
reicht hinten und vorne nicht.«
Er fährt fort: »Meine kleine Tochter kriegt für die Schule viel
vom Staat gezahlt, aber es ist halt doch nicht genug. Manchmal
reicht es nicht einmal mehr für neue Klamotten oder Seife. Aber
so ist es nunmal bei uns. Früher war das anders, aber heute ist
es nicht mehr so wie damals.«
»Und woran liegts?«, frage ich. Eric antwortet mir: »Das ist die
Sonderperiode. Und auch ganz oben in der Partei gibt es viel
Korruption. Da gibt es einige Funktionäre die das Material nur
für sich verwenden und verkaufen, was für die Renovation der
Städte geplant ist.«
José unterbricht ihn: »Wobei hier in Cienfuegos nach dem
Hurrican gleich Eingaben geschrieben wurden, und dann wurde auch
alles repariert.« Eric fährt fort: »Ja, hier schon, aber nicht
überall ging das gut. Jedenfalls läuft einiges schief und es ist
nicht leicht hier zu leben.« - »Naja«, frage ich, »und was ist
mit Fidel? Was haltet ihr von dem?« José meint: »Fidel ist gut,
wir Cubaner lieben Fidel. Aber Fidel ist nicht überall. Er hat
viele Minister, und die sind nicht alle so gut.« Eric pflichtet
ihm bei: »Fidel ist ein guter Mann, aber da oben gibt es viele
die das ausnutzen. Und auch Raúl ist nicht der beste, er kommt
dafür zu sehr aus dem Militärischen.« - »Und was wollt ihr, was
ist die Alternative? Zurück zum Kapitalismus?« - »Nein!« meint
José »Ich bin Kommunist, und ich stehe zu unserem System hier.
Auch wenn einiges schief läuft, letzten Endes bleibt uns nichts
anderes übrig.« Eric pflichtet ihm bei: »Absolut, niemand will
hier wieder zurück zum Kapitalismus. Der Sozialismus ist für uns
hier das beste. Im Kapitalismus würden wir verhungern, wie in
Haiti.« - »Ihr seid also Kommunisten?« frage ich. Alle drei
nicken mit einem stolzen Lächeln im Gesicht. »Und die Demokratie
in Cuba, wie seht ihr das, bei uns heißt es, Cuba sei eine
Diktatur. Wie erlebt ihr das?« Eric antwortet: »Die Wahlen hier
sind echt. Und auch sonst können wir durch die CDR großen
Einfluss nehmen. Ich habe das sichere Gefühl, dass man hier als
Arbeiter was zu sagen hat und ernst genommen wird. Man kann hier
viel mitbestimmen, auch als einfacher Mann.«
José pflichtet ihm bei: »Demokratie? Auf jeden Fall. Man muss
sich gut überlegen wen man wählt, sonst hat man, bis man ihn
abberufen hat, einige Zeit den falschen am Hals.« José lacht.
Sein Gesicht drückt etwas zuversichtliches aus: »Hier in Cuba
hat das Volk das sagen, auch wenn das Leben schwer ist.«
Abschließend zitiere ich noch ein Schild, dass ich am
Straßenrand las: »Con Fidel y Raúl - ¡Venceremos!« - »Mit Fidel
und Raul werden wir siegen!« Die drei Arbeiter zeigen sich
sichtlich erfreut. Selbst der dritte im Bunde, der kein Englisch
kann und bisher nur freundlich nickte, sagt jetzt laut: »Si!
Venceremos! Con Fidel!«
Mit diesen Worten verabschiede ich mich dann auch von den
Dreien, denn schon bald geht es für uns weiter nach Trinidad.
Dort angekommen treffe ich zum ersten mal einige Pioniere die
etwas Englisch können. Der Junge war gerade einmal 10 Jahre alt,
sein Englisch war dafür aber bemerkenswert gut. Er lernt es seit
3 Jahren. Bei den Pionieren gefällt es ihm sehr gut, vor allem
dass er alles bei den Ausflügen vom Staat bezahlt bekommt.
»Meine Eltern haben nicht so viel Geld.« sagt er, doch die
Schule macht ihm Spaß: »Nachmittags machen wir oft noch andere
Sachen, z.B. Brot backen oder etwas basteln.« Wir verabschieden
uns, wie es bei den Pionieren in Cuba so üblich ist: »¡Seremos
como el Che!« - Wir wollen so sein wie Che! Der Junge schien
überrascht, aber strahlte übers ganze Gesicht. Auch zum Thema
Religionsfreiheit machte ich eine überraschende Entdeckung: Eine
alte Zeugin Jehovas, Bibliotheksangestellte, saß dort in aller
Öffentlichkeit auf dem Stuhl und liest »Erwachet«. Während der
deutsche Philister schon das heranstürmen der Polizei erwartet,
sitzt sie dort in aller Ruhe in der Bibliothek, liest, hält sich
keineswegs versteckt und niemand schenkt ihr deswegen größere
Beachtung.
Auf dem Weg von Trinidad nach Santa Maria, einem kleinen Ort an
der Küste, nördlich von Havanna, fallen mir, als wir auf der
sowjetischen Autobahn unterwegs sind, die Schilder der
Energierevolution auf. Ich erfuhr erst im Nachhinein was es
genau damit auf sich hat: Die grundlegende Umstellung auf
Energiesparlampen, weniger Stromverbrauch und eine ökologischere
Energieerzeugung in ganz Cuba durch neue Wind- und
Solarkraftwerke. Eine sehr feine Sache, die auf dem Land schon
erste Früchte trägt, dort konnte ich nämlich auf vielen Dächern
die Montage von Solarzellen beobachten.
Angekommen in Santa Maria, nehmen wir noch den bestellten Rum
und die Cigarren entgegen und besuchen Lazaro in seinem Büro.
Dort benutzt man übrigens vornehmlich Linux auf den Computern.
Doch das war auch gleichzeitig der letzte Tag, kurz darauf
fuhren wir wieder zum Flughafen »José Martí«. Einen letzten
Blick noch, und schon bald verschwand die kleine Insel aus den
Fenstern des Flugzeugs. Eine kleine Insel, die mich mit
gemischten Gefühlen zurücklässt. Denn einerseits sehen wir
stabile Versorgungssituation, eine partizipierte, gebildete
Bevölkerung, ein hervorragendes Gesundheits- und Bildungssystem,
eine entwickelte sozialistische Gesellschaft und eine
hochentwickelte Demokratie die der unsrigen Haushoch überlegen
ist. Und dennoch: Die wirtschaftlichen Probleme sind gravierend.
Die Cubaner führen ein hartes Leben, auch wenn es wohl leichter
als das vieler anderer Menschen in den Entwicklungsländern sein
dürfte, ist es doch sehr entbehrungsreich. Es mangelt an vielem
und das Embargo verschärft diese Probleme noch weiter. Es ist
leicht, unter diesen Umständen gegen Cuba zu sein, zu sagen
»Guck doch mal, wie die Leben und schau mal was wir hier alles
haben.« Das ist der leichteste Weg, der ganz vergisst, dass Cuba
nicht Deutschland, die Karibik nicht Mitteleuropa und das
Embargo nicht die EU ist. Und es ist auch sehr leicht, Fidel
Castro und den Sozialismus zu verurteilen, wenn man seine
Informationen ausschließlich aus unseren tendenziösen Medien
bezieht, die ein ganz klares Interesse an der Dämonisierung des
Sozialismus im allgemeinen und Cubas im besonderen haben. Viel
schwieriger ist es, selbst dort hinzufahren, die Leute kennen zu
lernen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Ich habe dies getan
und ich habe größten Respekt gewonnen vor dem cubanischen Volk
und seiner Geschichte. Ich habe gesehen, dass Sozialismus und
Demokratie zusammengehören, trotz aller Probleme. Und ich kann
den Cubanern für ihre Zukunft nur wünschen, dass sie weiterhin
das kleine gallische Dorf bleiben, sie sich treu bleiben, ihren
Werten und Idealen verbunden, die wirtschaftlichen Probleme
lösen können und die Revolution noch weitere 50 Jahre den
Frieden und den Sozialismus sichern wird. Trotz Embargo, trotz
CIA, trotz USA, und trotz unserer Medien, die nicht Müde werden,
das Schreckgespenst vom »bösen Sozialismus« an die Wand zu
malen, sobald der Name Cuba fällt.
Editorische
Anmerkungen
Der Text erschien bei Indymedia am 13.6. 2009.
Wir spiegelten von dort.
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