Wenn schon die private
Finanzwirtschaft auf Rechnung der ganzen Gesellschaft arbeitet
und ohne die Krücken des Staates nicht überleben kann, liegt es
nahe, dass der Staat dauerhaft reale Eigentümerrechte wahrnehmen
wird, statt wie jetzt darauf zu verzichten. Das wäre eine
schwere Niederlage des Privateigentums. „Der Hingriff des
Staates ist ein Armutszeugnis für die Finanzbranche
und ein Schlag für die beste aller Lebensformen,
die Soziale Marktwirtschaft mit freiem
Unternehmertum" (FAZ
13.10.2008).Aber auch dauerhaftes Staatseigentum an Banken
wäre keine Lösung, da es Staatseigentum an Kapital ist und
dessen Verwertung nach wie vor im Mittelpunkt der
Geschäftstätigkeit stehen würde. Die Umwandlung von privatem in
staatliches Eigentum wäre nur eine Umwandlung von Privatkapital
in Staatskapital, in Kapital unter Verfügung der Agentur des
Gesamtkapitals. Das Grundproblem ist die Kapitaleigenschaft der
Finanzmittel. Das Grundproblem ist der außerhalb der
Kreditinstitute erzeugte Kapitalüberschuss, der, wenn er nach
seiner krisenbedingten
Vernichtung wieder überquillt, sich erneut auf riskante Anlagen
stürzen muss. Da die Banken, ob staatlich oder privat, das ihnen
von kapitalistischen Unternehmen zur Verfügung gestellte Geld,
als Kapital verwerten müssen, wird sich erneut eine Finanzkrise,
eine Überproduktion von Kapital entwickeln. Die Landesbanken, im
Besitz von kommunalen Sparkassen und Bundesländern, haben
Verluste in Höhe von dutzenden Milliarden eingefahren, weil sie
als Konzerne des Staatskapitals wie die Privatbanken auch ihre
gesunkenen Renditen mit waghalsigen Spekulationsgeschäften
aufpäppeln wollten. Eine Kopie der Landesbanken auf Bundesebene
brauchen wir nicht.
Mit der Verstaatlichung der Banken wird ihre Bilanzsumme
letztlich Teil des staatlichen Haushalts, d.h. die in den
Bilanzen schlummernden Risiken und die zu erwartenden Verluste
werden direkt aus einem privaten zu einem staatlichen Risiko
bzw. Verlust. Das ist deutlich an den Banken zu sehen, die schon
staatlich sind. Die Bayerische Landesbank und andere
Landesbanken bieten das Modell. Sie aufrechtzuerhalten, erzeugt
einen gewaltigen Zuschussbedarf durch die jeweiligen
Landesregierungen und die kommunalen Sparkassen.
Kreditversorgung - öffentliches
Gut?
Es besteht die Hoffnung, dass eine Verstaatlichung bzw.
Vergesellschaftung des Finanzwesens die Finanzgeschäfte zu einem
öffentlichen Gut jenseits der Kapitalverwertung könnte. Ein
verstaatlichtes Bankwesen auf der Grundlage einer Ökonomie, in
der nach wie vor die sachlichen Bedingungen von Produktion,
Handel und Transport in privater Hand sind, ist aber nach wie
vor Teil dieser kapitalistischen Ökonomie, von der es abhängt.
Zinsen als Haupteinnahmequelle der Banken wären nach wie vor
Teil des Mehrwerts bzw. von Teil von anderen Einkommen, die im
Prozess der Mehrwertproduktion anfallen (Löhne, Steuern usw.).
Banken müssten also am Florieren der Kapitalverwertung
interessiert sein, von der sie leben. Sie können ihren
kapitalistischen Charakter nicht abstreifen. Das Kapital
durchläuft in seinem Reproduktionsprozess verschiedene Stadien.
Eines davon ist seine zeitweise oder dauerhafte Verwandlung in
Geldkapital, die Grundlage des kapitalistischen Bankwesens.
Geldkapital ist immer Eigentum seiner Besitzer, nie öffentliches
Gut. Es wird von seinen Besitzern nur zur Verfügung gestellt,
wenn es Zinsen abwirft, die wiederum aus dem Prozess der
Kapitalverwertung stammen. Das Kapital in seiner Form als
Geldkapital seines kapitalistischen Charakters zu entkleiden,
während es in allen anderen Formen weiterbesteht, ist eine
irrwitzige Vorstellung.
Vergesellschaftung statt Verstaatlichung?
„Die Banken müssen vergesellschaftet werden. Nicht
verstaatlich/' (ISW 2008, 53). Für das ISW ist es eine „Pluralität
von demokratischen Kräften", die aus Vertretungen der
jeweiligen Belegschaft, aus gewerkschaftlichen Organen,
Arbeitsloseninitiativen, sozialen
Bewegungen aller Dimensionen, Sozialforen, kommunalen
Einrichtungen, Verbraucherorganisationen usw. bestehen, „die
den Anspruch erheben können und müssten, bei den substantiellen
Entscheidungen der Banken
mitzureden" (ebda.). Das wären alle Entscheidungen, für wen
und für was Geld ausgegeben werden sollte. Auf welcher Grundlage
sollen diese gesellschaftlichen Kräfte ihren Einfluss ausüben,
wenn sie selbst keine Eigentümer sind, sondern nur „mitreden"
sollen? Mitreden bzw. erweiterte Mitbestimmung hat mit
Vergesellschaftung gar nichts zu tun. Es liegt im Belieben der
jetzigen Eigentümer der Banken, wen sie mitreden lassen. Die
angesprochenen gesellschaftlichen Kräfte haben meist auch gar
nicht den Anspruch, bei der Kreditvergabe der Banken mitreden zu
wollen. Sie erheben auch nicht den Anspruch, Eigentümer sein und
als Repräsentanten der Gesellschaft die Bankgeschäfte leiten zu
wollen.
Bliebe also nur die Verstaatlichung durch den jetzigen Staat
als Basis eines größeren Einflusses gesellschaftlicher Kräfte.
Die Verstaatlichung wäre dann Voraussetzung einer
Vergesellschaftung. Der gesellschaftliche Einfluss soll z.B. in
einem Lenkungsausschuss bestehen, der die Kreditpolitik der
verstaatlichen Großbanken festlegt. In ihm sollen
Gewerkschaften, Verbraucherverbände, Regional- und
Bundespolitik, Umweltverbände, IHK sowie Klein- und
Mittelbetriebe vertreten sein. „In einem solchen Ausschuss
manifestiert sich der über die reine Eigentumsübertragung
hinausgehende Charakter der Vergesellschaftung (Horst Arenz,
Verstaatlichung oder Vergesellschaftung, junge weit 09.02.2009).
Arenz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter eines MdB der
Linkspartei. Nur auf dem Boden des staatskapitalistischen
Eigentums kann sich ein Teil der Gesellschaft einbilden, dass
ihr Einfluss einer wirklichen Vergesellschaftung entspricht. Es
handelt sich letztlich um die Ausdehnung der Mitbestimmung auf
das Finanzwesen, in einer sozialpartnerschaftlichen
Grundkonstruktion von Kapital, Lohnarbeit und Staat.
Vergesellschaftung in Form von sozialpartnerschaftlicher
Mitbestimmung hat mit wirklicher Vergesellschaftung nichts zu
tun.
Verstaatlichung wäre nur dann die Vorstufe einer wirklichen
Vergesellschaftung, wenn dieser Staat im Gegensatz zum jetzigen
ein Staat der Mehrheit und die ökonomische Basis nicht mehr die
Verwertung von Kapital durch die private Aneignung unbezahlter
Arbeit der Lohnabhängigen wäre. Die bestehende Krise zeigt auf,
dass die gegenwärtigen Eigentums- und Produktionsverhältnisse in
wachsendem Maße zum Hindernis der Entwicklung werden. Eine
wirkliche Vergesellschaftung setzt voraus, dass die Gesamtheit
der Produzenten im Besitz der gesamten Mittel der Produktion des
gesellschaftlichen Reichtums sind. Sie setzt also völlig andere
Eigentumsverhältnisse voraus und eine Produktionsweise, in der
die massenhafte Vernichtung und Vergeudung des Reichtums der
Gesellschaft nicht mehr zum Standard gehört, weil der Reichtum
keine Kapitaleigenschaft mehr hätte.