Stichwort Irland & die EU
Das irische NEIN zum EU-Vertrag ist ein Sieg für die europäische ArbeiterInnenklasse! Für eine europaweite Kampagne der ArbeiterInnen- und Sozialforumsbewegung gegen den EU-Vertrag!

06/08

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Stellungnahme der Liga für die 5. Internationale (LFI, die Liga der Sozialistischen Revolution ist die österreichische Sektion der LFI)


1. Die Volkabstimmung in Irland über den EU-Vertrag endete mit einem klaren und eindeutigen NEIN. Mehr als 53% der AbstimmungsteilnehmerInnen – vor allem viele ArbeiterInnen und Bauern – stimmten gegen den EU-Vertrag. Dieses Ergebnis ist ein großartiger Erfolg für die europäische ArbeiterInnenklasse und alle Gegner des EU-Vertrages. Denn dieser Vertrag hat – wie die Liga für die 5. Internationale und zahlreiche andere fortschrittliche Organisationen widerholt betont haben – die Stärkung des EU-Imperialismus zum Ziel. Der Vertrag bedeutet mehr neoliberalen Sozialabbau, mehr Militarismus und weniger Demokratie für die breite Masse der Bevölkerung in Europa. Deswegen stößt der EU-Vertrag auf breite Ablehnung in ganz Europa, deswegen hat die irische Bevölkerung gegen ihn gestimmt und deswegen jubeln alle fortschrittlichen Organisationen über das Volksabstimmungsergebnis.

2. Das Abstimmungsergebnis ist ein schwerer politischer Schlag für die herrschende Klasse der imperialistischen EU. Nach der Ablehnung der EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden 2005 tat die EU-Bourgeoisie alles in ihrer Macht stehende, um die Neuauflage der EU-Verfassung über die nationalen Parlamente durchzupushen und die Bevölkerung von diesem Entscheidungsprozeß auszuschließen. Nur in einem Land – Irland – mußte der EU-Vertrag einer Volksabstimmung unterzogen werden … und wurde durch die Bevölkerung klar abgelehnt. Dies zeigt die enorme Kluft zwischen der herrschenden Elite im bürgerlich-„demokratischen“ Europa und der breiten Masse der Bevölkerung. Es ist gegenwärtig unklar, wie die herrschenden Kreise in der EU auf diese Niederlage reagieren werden. Aber unabhängig davon, ob sie mit bürokratischen Manövern das Ergebnis zu ignorieren versuchen oder Irland zu einer Wiederholung der Abstimmung zwingen: der politische Schaden, nämlich der gewaltige Verlust an demokratischer Legitimität für die Herausbildung eines neoliberalen, imperialistischen EU-Staatsapparates und seine Politik ist nicht wettzumachen.

3. Die Niederlage für den EU-Vertrag beim irischen Referendum und die breite Ablehnung in der ArbeiterInnenklasse Europas unterstreicht auch die tiefe Kluft zwischen dem Proletariat einerseits und der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie und den neoliberalisierten sozialdemokratischen Parteien Europas, die allesamt den EU-Vertrag unterstützen. Die reformistische Bürokratie ist auf das engste mit den kapitalistischen Staatsapparaten und Machtzirkeln der EU verwoben. Dies zeigt einmal mehr mit aller Deutlichkeit, warum die ArbeiterInnenklasse eine völlig andere, eine revolutionäre Kampfperspektive braucht. Wir brauchen dringender denn je Basisbewegungen in den Gewerkschaften gegen die Bürokratie, die eine radikale Demokratisierung der Gewerkschaften und eine Hinwendung zu einer klassenkämpferischen Politik erzwingen. Wir brauchen neue Parteien der ArbeiterInnenklasse, die mit den Methoden des Klassenkampfes – Demonstrationen und Streiks in den Betrieben und Ausbildungsstätten – gegen Sozial- und Bildungsabbau sowie Militarismus und Rassismus kämpfen und die diese Fragen mit der Perspektive der sozialistischen Revolution und dem Aufbau der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa verbinden.

4. Was wir jedoch nicht brauchen und wovor die die Liga für die 5. Internationale warnt, sind die selbstgefälligen Illusionen, die nun von den sozial-demokratisierten Ex-Stalinisten der Europäischen Linkspartei (Rifundazione in Italien, PCF in Frankreich, Linkspartei in Deutschland, KPÖ in Österreich, Synaspismos in Grichenland, die Vereinigte Linke in Spanien etc.), der kleinbürgerlich-reformistischen ATTAC-Führung oder der links-nationalistischen Sinn Fein in Irland verbreitet werden. In ihrer Presseaussendung vom 13.6. tritt die ELP-Vizepräsidentin Graziella Mascia für keine einzige Aktion, keine einzige Mobilisierung gegen die herrschenden Kreise der EU ein (von denen die ELP ja auch „zufälligerweise“ mit großzügigen Subventionen bedacht wird), sondern spricht sich nebulos für einen „neuen demokratischen Prozeß“ aus (wer soll den etwa organisieren? Die EU?!) sowie eine EU-weite Volksabstimmung (bei der die Herrschenden natürlich bessere Karten haben, da sie über die EU-Strukturen viel besser vernetzt sind als die Gegner des EU-Vertrages). ATTAC fordert natürlich ebensowenig einen europaweiten Kampf auf der Straße und den Betrieben, sondern fordert nebulos die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung (wiederum: soll dies die EU organisieren oder kann – und unserer Meinung nach muß – dies nicht vielmehr nur das Ergebnis einer breiten Kampf- und Aufstandsbewegung auf der Straße und den Betrieben sein?!).

5. Ebenso warnen wir aber auch vor den rückwärtsgewandten, national-bornierten Linken, die einen Austritt aus der EU fordern. Sie verstehen nicht, daß der Kampf für unsere Rechte, für unsere Zukunft, für den Sozialismus nicht mit nationalem Schulterschluß, sondern nur durch den internationalen Zusammenschluß der ArbeiterInnen in der Tat geführt werden kann. Nein, wir brauchen keine Appelle an die Herrschenden, keine „konstruktiven Vorschläge“ wie die EU besser regiert werden kann und keinen Patriotismus mit linken Anstrich. Wir brauchen den Kampf der ArbeiterInnenklasse, der Jugend und der MigrantInnen auf der Straße und im Betrieb gegen den EU-Vertrag, die Preissteigerungen, den Sozial- und Bildungsabbau, gegen den Rassismus und Pogrome gegen MigrantInnen und gegen den imperialistischen Krieg verbunden mit der internationalistischen Perspektive des sozialistischen Europas.

6. Als unmittelbar nächste Schritte schlägt die Liga für die 5. Internationale der ArbeiterInnenbewegung und der Sozialforumsbewegung folgendes vor:

  • Wiederbelebung der fortschrittlichen NEIN-Kampagne gegen den EU-Vertrag in allen Ländern Europas! Wir fordern ein sofortiges Ende des EU-Reformvertrages und in jenen Ländern, wo die Regierung an dem Vertrag festhält, die Abhaltung von Volksabstimmungen!
  • Für den Aufbau von lokalen Aktionskomitees in Betrieben, Schulen, Universitäten und Stadtteilen ein und den Aufbau einer europa-weiten Koordination! Kämpferische GewerkschafterInnen müssen versuchen, Einzelgewerkschaften für den Kampf gegen den EU-Vertrag zu gewinnen!
  • Das kommende Treffen des Europäischen Sozialforums in Malmö im September 2008 muß einen Plan für eine europaweite Aktionskampagne gegen den EU-Vertrag entwickeln!
  • Verbindung des Kampfes gegen den EU-Vertrag mit den aktuellen Protestbewegungen in Europa gegen Pensionsreformen, Gesundheits- und Bildungsreformen sowie gegen Preisteuerungen! Die Kapitalistenklasse ist für diese Angriffe auf unsere Rechte verantwortlich, daher gilt: Ein Feind – ein Kampf!
  • Für europaweite Demonstrationen, Streiks und Straßenblockaden gegen den EU-Vertrag!
  • Für den Rückzug aller Truppen aus EU-Staaten aus den Ländern, an deren Besatzung sie sich beteiligen (Irak, Afghanistan, Libanon, Tschad etc.)!

2008-06-15

Internationales Sekretariat der Liga für die 5. Internationale
 

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir vom Internationales Sekretariat der Liga für die 5. Internationale. Erstveröffentlicht wurde er auf der LSR-Website