Stichwort RAF

(aus der diskussion stammheim.
anfang mai 76)

thema: Oktoberrevolution - 3. internationale
06/07

trend
onlinezeitung

wir haben gesagt 

die Oktoberrevolution bestimmte die Struktur des reaktionären Prozesses im westen, das heisst die entwicklung des kapitals wurde nun ein explizit politischer prozess bezogen auf den inter­nationalen Zusammenhang zwischen revolution und imperialismus. – 

zweitens: sie erzeugte schliesslich im langwierigen und schmerz­vollen prozess der sowjetischen akkumulation die militärisch-poli­tische demarkationslinie ost-west – 

die dritte linie, die in ihr ihren revolutionären ausgangspunkt nahm, sind die befreiungskämpfe der Völker der dritten weit da­durch, dass sie sich in der durch die Oktoberrevolution organi­sierten dritten internationale selbst internationalistisch organi­sieren konnten und das heisst: ihren kämpf auf das politische niveau bringen, das proletarische politik braucht, um wirk­sam werden zu können – 

das war eine der zentralen thesen von lenin für die Organisierung des weltrevolutionären prozesses auf dem ersten (oder zweiten? -steht in dem scheusslichen kominternbuch, das wir haben - sieh mal nach oder gib's rüber, wenn du's hast - naja, sonst vergess ich das wieder, verd.) kongress der dritten internationale, dass die revolution sich vom ersten moment auf politischem niveau des konterrevolutionären prozesses bewegen muss, dass sie ohne das niveau der konterrevolution in ihrer initiative zu antizi­pieren, ihre niederlage antizipiert, anders gesagt: scheitern muss

Verteidigung der machteroberung in einem land - Oktoberrevolution und Organisierung des weltrevolutionären prozesses waren für lenin eine sache. 

obwohl, wenn man schon von lenin spricht, man dieser figur der russischen revolution nicht gerecht wird, ohne zu sagen, dass ein wesentliches moment in lenins internationalismusbegriff sein be­griff von revolutionärer moral war, dh. er verstand unter dem volk dienen exakt: dem Weltproletariat dienen und meinte damit nicht etwa nur seine person, sondern er bestimmte von diesem Stand­punkt aus den innerstaatlichen prozess in russland vor und nach der Oktoberrevolution als instrument des weltrevolutionä­ren prozesses - 'ihm untergeordnet', funktional, wir erwähnen das hier am rand, weil sich immer noch ein grosser teil der national bornierten linken auf lenin beruft und lenin-zitate ja auch in der hetze der revisionistischen linken gegen den internationalismus der raf eine rolle spielen, die aversion, die inzwischen in ihrem Wunschdenken mindestens von der nichtrevisionistischen linken gegen lenin entwickelt worden ist, hat mit dem, was lenin tatsäch­lich gemacht und wofür er in der internationalen kommunistischen bewegung gekämpft hat - proletarischen internationalismus - kaum was zu tun. 

dazu gehören natürlich auch die geschichtsklitterungen der marx-engels-ausgabe des moskauer instituts der Wissenschaften -aber wie gesagt - das nur nebenbei - uns interessiert hier nicht die theoretische rezeption von lenin, sondern der reale prozess, der durch die Oktoberrevolution und die dritte internationale ein­geleitet worden ist. 

die marxorthodoxie war und ist muss man schon sagen heute noch weiss. so spielt heute noch in ihrer kritik und ihren analysen der politik der dritten internationale ihre bewusste funktion für die entwicklung der antikolonialen revolutionen in ost-asien keine rolle, (täte sie es, müsste sie übrigens auch ihr stalinbild relativieren, denn in der kolonialfrage war Stalin leninist bis ultra-links und was sie sich nicht gefallen Hesse, wäre die gleichsetzung von Stalin und hitler. naja - streichen ja wohl, oder rüberziehen zur kritik an der ml und die Identität von antikommunismus und ihrer politik gegen den Sozialimperialismus analysieren, die ferkel berufen sich auf Stalin - oder wie oder was? - naja g! sag mal - oder: Stalinismus und Chinas aussenpolitik.) 

schlesinger sagt 'für den machtpolitischen rückhalt, die die russiche revolution den kolonialrevolntionen geben konnte und aus gründen der blassen Selbsterhaltung geben müsste, war es gleichgültig wie man die russische revolution selbst einschätzte' und 'die frage einer Isolierung der revolution war für die kolonial-länder nicht mehr relevant, da eine Unterstützung durch die Sowje­tunion ja schon gegeben war.' 

wenn heute brandt über die sozialistische internationale das kon­terrevolutionäre projekt der Sozialdemokratie - ihr entwicklungsprojekt als projekt der Unterwerfung der Staaten des us-staatensystems unter das entwicklungsmodell des us-kapitals, kapitalinvestitionen um den preis der aufgabe nationaler Souveränität - dh. konkret im fall griechenland, türkei, Spanien, portugal, bindung an die nato, im fall Jugoslawien annäherung an die nato - organi­siert, ist daran zu erinnern, dass diese partei ihre wurzeln in der zweiten internationale hat, deren votum in der kolonialfrage eindeutig und immer rassistisch, chauvinistisch, immer das votum für die imperialistische ausbeutung, gegen die befreiung der völker der dritten internationale war. 

und es ist die revisionistische linke, die sich auf lenin beruft, ebenso die anti-revisionistische linke, die lenin ablehnt, daran zu erinnern, dass lenins imperialismustheorie, seine theorie von der funktion des Staates nach der eroberung der macht durch das Proletariat gegen die Sozialdemokratie, gegen die zimmerwalder konferenz, gegen die 2. internationale entwickelt worden ist -vom Standpunkt des Weltproletariats, indem lenin eindeutig partei für die befreiungsbewegungen der dritten weit gegen den imperialismus war. 

und nicht eine abstrakt-theoretische position, von der aus oder für die er gekämpft hätte, sondern das Zentrum aller fragestellungen von lenin ist die Organisation der insurrektion im globalen rah­men, also die Organisierung des bewaffneten kampfes gegen den imperialismus. es ist dreckiges, kleines opportunitätskakül, das lenins schrift über den linksradikalismus zu seiner hauptschrift gemacht hat - es ist eine schrift gegen den linkskommunismus, der heute seine karikatur in der sponti-linken hat, für die die internationale dimension des revolutionären kampfes genausowe­nig existiert wie für alle anderen sekten oder anders gesagt: wie ist es möglich, dass sich ein kbw-linkereher in portugal, indem er dort in einer landwirtschaftlichen kommune arbeitet, erschiessen lässt, bzw. in lebensgefahr begibt, als hier aus der Illegalität gegen das System, das inzwischen auch in portugal wieder auf arbeiter schiessen kann, zu kämpfen - nach dem, was in chile mit der Präzision eines uhrwerks gelaufen und abgelaufen ist? 

die dritte internationale hat die kommunistischen parteien als operatoren des bewaffneten kampfes, schliesslich der bauernrevo-lutionen in China und indochina organisiert, die kommunistischen Parteien koreas und indonesiens sind im schütz der ki* dazu ge­kommen, die antikoloniale revolution zu organisieren, während die kommunistischen parteien lateinamerikas als produkte eurozentrierter intellektueller die lateinamerikanische basis, die indiobevölkerung nicht erreicht haben.

die dritte internationale - das ist das wesentliche - war anti-weiss, sodass wenn man sich heute fragt, woher die Sowjetunion ihr prestige in der dritten weit - ausser dass sie es natürlich aus den Waffenlieferungen an die befreiungsbewegungen hat - nimmt, das die geschichtliche linie ist, an die sie anknüpfen kann und anknüpft. 

der chinesische versuch anfang der 60iger jahre, den sinosowjetischen konflikt als konflikt zwischen weissem kommunismus und dem kommunismus der schwarzen, gelben, roten usw. bevölkerung in lateinamerika, afrika und asien zu entwickeln war muss man im rückblick sagen der versuch, die starke tradition der dritten internationale für china zu usurpieren, um sie abzuwürgen -

insofern die chinesische aussenpolitik genau nicht die farbigen befreiungsbewegungen gegen den imperialismus organisiert, son­dern neutralisiert bis hin zur Unterstützung reaktionärer regimes wie das von frau bandaraneike auf Ceylon (sri lanka) gegen die befreiungsbewegungen, die von der reaktion 'guevaristen' genannt werden, für deren Vernichtung die counterguerilla guerilla-ausrüstungen - hubschrauber usw. - geliefert hat. 

naja - mal sehn, das stück hier geht ev. zusammen mit nem stück zu ml usw. - wo dann noch mehr zur chinesischen aussenpo­litik zu sagen ist – 

also da gibt's doch zwei linien: erstens - die drei entwicklungsmodelle: das chinesische, das die unabhängigen Staaten in der nord-süd-front neutralisiert und so für die politik des imperialismus wirksam wird – 

das sowjetische: aufbau der schwerindustrie/ungleichzeitigkeit/ Unterstützung des bewaffneten kampfes – 

das sozialdemokratische: Wirtschaftshilfe plus counterguerilla. 

nee - anders: das chinesische entwicklungsmodell, das neutrali­siert, das sowjetische, das den antiimperialistischen kämpf unter­stützt, das sozialdemokratische, das die konterrevolution organi­siert - schliesslich den weissen kommunismus 

mal sehn.

 

Editorische Anmerkungen

Der interne Text wurde veröffentlicht als Text 6 in: texte RAF, Lund, Schweden 1977, hrg. von Internationales Komitee zur Verteidigung politischer Gefangener in Westeuropa - Sektion BRD, Stuttgart. S.35ff

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