Betrieb & Gewerkschaft
UGT bestätigt sich gegenüber PSOE


von
Ralf Streck
06/05

trend
onlinezeitung

Die Reform des Arbeitsmarkts und des Rentensystems im Sinne der Arbeitnehmer, sind die Ziel der spanischen Arbeiterunion (UGT) in den nächsten Jahren. Dass die zweitgrößte spanische Gewerkschaft, die den regierenden Sozialisten (PSOE) nahe steht, sich nicht zu deren Transmissionsriemen für unpopuläre Maßnahmen machen lassen will, hat die UGT auf ihrem 39. Kongress bestätigt.

Nach der Wiederwahl vor einer Woche hatte deren Chef Cándido Méndez erklärt: „Wir haben die Position der UGT bestätigt, die ihre Politik nicht an die jeweilige Regierung anpassen wird“. Mit Blick auf den sozialistischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero fügte er an: „Haben Sie etwas anderes erwartet“. Méndez erhielt den Beistand von 583 Delegierten, das waren 78 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Zustimmung für seine Politik fiel etwas geringer aus, als bei den 79,37 Prozent die er noch 2002 unter der konservativen Volkspartei (PP) erhielt. Weitgehend erhalten bleibt die alte Führung. Nur drei neue Gesichter ziehen ins Präsidium ein. Die Geschlechterparität in der 12köpfigen Führung wurde gewahrt.

Angesichts der Spannungen zwischen der PSOE und der UGT versuchte Zapatero die Gewerkschaft von seiner Politik zu überzeugen und stand den Delegierten Rede und Antwort. Erneut versicherte er, ohne deren Zustimmung werde es keine Reform des Rentensystems oder des Arbeitsmarkts geben.

Zapatero ist demütig, nachdem ihm im März in den sogenannten „Sozialpaktgesprächen“ die UGT und die großen Arbeiterkommissionen (CCOO) die Brocken vor die Füße geworfen hatten. Die Regierung hatte von der UGT mehr Entgegenkommen erwartet und sich fast die Forderungen der Arbeitgeber zu eigen gemacht. Statt Abhilfe für den verbreiteten Missbrauch mit Zeit- und Kettenverträgen, nur noch acht Prozent der Verträge werden unbefristet geschlossen, setzte Zapatero auf eine Verbilligung und Vereinfachung von Kündigungen. Auch die Ausweitung der Probezeit, in der ohne Begründung und Entschädigung gekündigt werden kann und eine Absenkung des Unternehmeranteils an der Sozialversicherung, brachten die Gewerkschaften auf die Palme.

Statt einer Verabschiedung der Arbeitsmarktreform bis zum Sommer, steht die Regierung Zapatero nun wieder am Anfang. Bisher zeichnet sich ab, dass Zapatero der UGT entgegen kommt und eine Verteuerung der Sozialversicherung für befristete Verträge ins Auge fasst, um den Kündigungsschutz lockern zu können.

Zugespitzt ist die Lage auch bei der Rentenreform. Wegen der Überalterung der spanischen Gesellschaft, dringt die EU auf eine Reform zur langfristigen Sicherung des Systems. Doch die UGT will nicht zulassen, dass der Zeitraum zur Endberechnung der Rentenhöhe erweitert wird, weil das eine Absenkung der ohnehin meist niedrigen Renten zur Folge hätte. Derzeit werden die letzten 15 Jahre herangezogen. Die UGT will statt dessen, dass der früher obligatorische Militärdienst angerechnet wird. Das würde vielen Rentner mit Minimalrenten eine Verbesserung bringen. Auch fordert die UGT, den Koeffizient zur Rentenabsenkung für Frühpensionierungen zu streichen. Das stoße „frontal“ mit der Regierungspolitik und der Tendenz in der EU zusammen, die Lebensarbeitszeit zu erhöhen, antwortete die Regierung auf eine Anfrage im Parlament.

Mit ihrer Haltung hat die UGT ihre Stellung gegenüber den großen CCOO ausgebaut.. Die früher von der Kommunistischen Partei (PCE) kontrollierten und von einer Führungskrise und Skandalen geschüttelte Gewerkschaft hat die UGT längst rechts überholt. Die UGT bietet sich internen CCOO- Kritikern als Alternative an. Vor allem die umstrittene Neuwahl des CCOO-Chefs Jose Maria Fidalgo, von Teilen der Gewerkschaft als „Schiebung“ bezeichnet, hat die Gewerkschaft wieder geschwächt.

Mehrfach stand die CCOO unter Fidalgo am Abgrund. Mit der rechtsradikalen PP-Regierung hatte sie 2001 ein Rentenabkommen unterzeichnet und die Aktionseinheit mit der UGT gebrochen. Vor zwei Jahren ließ sie die im Regen stehen, nachdem gemeinsam ein Generalstreik gegen die illegale Beteiligung Spaniens am Irak-Krieg 2003 vorbereitet worden war. Kurz vor dem Termin blies Fidalgo zum Rückzug und erklärte plötzlich, der Streik könnte sogar „illegal“ sein.

Editorische Anmerkungen

Der Text erschien am - 16.06.2005 bei INDYMEDIA, verfasst wurde er bereits vom Autor in  Donostia am 13.05.2005