Die Reform des Arbeitsmarkts und
des Rentensystems im Sinne der Arbeitnehmer, sind die Ziel der
spanischen Arbeiterunion (UGT) in den nächsten Jahren. Dass die
zweitgrößte spanische Gewerkschaft, die den regierenden Sozialisten
(PSOE) nahe steht, sich nicht zu deren Transmissionsriemen für
unpopuläre Maßnahmen machen lassen will, hat die UGT auf ihrem 39.
Kongress bestätigt.
Nach der Wiederwahl vor einer Woche
hatte deren Chef Cándido Méndez erklärt: „Wir haben die Position der
UGT bestätigt, die ihre Politik nicht an die jeweilige Regierung
anpassen wird“. Mit Blick auf den sozialistischen Regierungschef
José Luis Rodríguez Zapatero fügte er an: „Haben Sie etwas anderes
erwartet“. Méndez erhielt den Beistand von 583 Delegierten, das
waren 78 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Zustimmung für seine
Politik fiel etwas geringer aus, als bei den 79,37 Prozent die er
noch 2002 unter der konservativen Volkspartei (PP) erhielt.
Weitgehend erhalten bleibt die alte Führung. Nur drei neue Gesichter
ziehen ins Präsidium ein. Die Geschlechterparität in der 12köpfigen
Führung wurde gewahrt.
Angesichts der Spannungen zwischen der PSOE und der UGT versuchte
Zapatero die Gewerkschaft von seiner Politik zu überzeugen und stand
den Delegierten Rede und Antwort. Erneut versicherte er, ohne deren
Zustimmung werde es keine Reform des Rentensystems oder des
Arbeitsmarkts geben.
Zapatero ist demütig, nachdem ihm im März in den sogenannten
„Sozialpaktgesprächen“ die UGT und die großen Arbeiterkommissionen (CCOO)
die Brocken vor die Füße geworfen hatten. Die Regierung hatte von
der UGT mehr Entgegenkommen erwartet und sich fast die Forderungen
der Arbeitgeber zu eigen gemacht. Statt Abhilfe für den verbreiteten
Missbrauch mit Zeit- und Kettenverträgen, nur noch acht Prozent der
Verträge werden unbefristet geschlossen, setzte Zapatero auf eine
Verbilligung und Vereinfachung von Kündigungen. Auch die Ausweitung
der Probezeit, in der ohne Begründung und Entschädigung gekündigt
werden kann und eine Absenkung des Unternehmeranteils an der
Sozialversicherung, brachten die Gewerkschaften auf die Palme.
Statt einer Verabschiedung der Arbeitsmarktreform bis zum Sommer,
steht die Regierung Zapatero nun wieder am Anfang. Bisher zeichnet
sich ab, dass Zapatero der UGT entgegen kommt und eine Verteuerung
der Sozialversicherung für befristete Verträge ins Auge fasst, um
den Kündigungsschutz lockern zu können.
Zugespitzt ist die Lage auch bei der Rentenreform. Wegen der
Überalterung der spanischen Gesellschaft, dringt die EU auf eine
Reform zur langfristigen Sicherung des Systems. Doch die UGT will
nicht zulassen, dass der Zeitraum zur Endberechnung der Rentenhöhe
erweitert wird, weil das eine Absenkung der ohnehin meist niedrigen
Renten zur Folge hätte. Derzeit werden die letzten 15 Jahre
herangezogen. Die UGT will statt dessen, dass der früher
obligatorische Militärdienst angerechnet wird. Das würde vielen
Rentner mit Minimalrenten eine Verbesserung bringen. Auch fordert
die UGT, den Koeffizient zur Rentenabsenkung für Frühpensionierungen
zu streichen. Das stoße „frontal“ mit der Regierungspolitik und der
Tendenz in der EU zusammen, die Lebensarbeitszeit zu erhöhen,
antwortete die Regierung auf eine Anfrage im Parlament.
Mit ihrer Haltung hat die UGT ihre Stellung gegenüber den großen
CCOO ausgebaut.. Die früher von der Kommunistischen Partei (PCE)
kontrollierten und von einer Führungskrise und Skandalen
geschüttelte Gewerkschaft hat die UGT längst rechts überholt. Die
UGT bietet sich internen CCOO- Kritikern als Alternative an. Vor
allem die umstrittene Neuwahl des CCOO-Chefs Jose Maria Fidalgo, von
Teilen der Gewerkschaft als „Schiebung“ bezeichnet, hat die
Gewerkschaft wieder geschwächt.
Mehrfach stand die CCOO unter Fidalgo am Abgrund. Mit der
rechtsradikalen PP-Regierung hatte sie 2001 ein Rentenabkommen
unterzeichnet und die Aktionseinheit mit der UGT gebrochen. Vor zwei
Jahren ließ sie die im Regen stehen, nachdem gemeinsam ein
Generalstreik gegen die illegale Beteiligung Spaniens am Irak-Krieg
2003 vorbereitet worden war. Kurz vor dem Termin blies Fidalgo zum
Rückzug und erklärte plötzlich, der Streik könnte sogar „illegal“
sein.
Editorische
Anmerkungen
Der Text erschien am
- 16.06.2005 bei INDYMEDIA,
verfasst wurde er bereits vom Autor in
Donostia am 13.05.2005
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