Das Thema, über das wir einige Worte
verlieren sollen lautet Krise, Klassenzusammensetzung und die
Perspektiven des Klassenkampfes. (....)
Einige Genossen werden über den gegenwärtigen Aufschwung des Kampfes
der Arbeiter in Deutschland sprechen. Ich wurde gebeten etwas zur
Situation der Arbeiterklasse in England und Italien zu sagen. Es
steht außer Frage, dass die herrschende Klasse dazu übergeht weitere
Kürzungen der Reallöhne und der Renten durchzuführen, dass sie die
Arbeitszeit erhöhen will und es keinen Zweifel gibt, dass sich
Sektoren der Arbeiterklasse heftig dagegen gewehrt haben. Im Juli
dieses Jahres haben unsere Genossen von Battalgia Comunista
über den Streik der Straßenbahnarbeiter und den Streik in
der Fabrik von Melfi berichtet. Bei dem Streik der Mailänder
Verkehrsbetriebe im Dezember 2003 haben die Arbeiter die Kontrolle
der wichtigsten drei Gewerkschaftsverbände durchbrochen und ihren
Kampf eigenständig geführt, indem sie in verschiedenen Depots ohne
die Gewerkschaftsbürokraten Massenversammlungen organisierten und
das legale Regelwerk zu Kontrolle industrieller Kämpfe ignorierten.
In Melfi gab es über drei Wochen einen Arbeitskampf mit Blockaden,
Streiks und Streikpostenketten. Aus beiden Streiks kann die gleiche
Lehre gezogen werden, dass eine Gruppe von Arbeitern egal wie
energisch und militant sie auch kämpft, als einzelne isolierte
Sektion der Klasse von den Kapitalisten relativ leicht gezügelt
werden kann. So endete der Streik der Mailänder Verkehrsbetriebe mit
einer nationalen Vereinbarung der Gewerkschaften aller
Transportarbeiter, die noch schlechtere Arbeitsverträge bescherte
als zuvor. Dennoch hat dies nicht das Anschwellen von Streiks in
ganz Europa gestoppt. Unser Magazin in England, Revolutionary
Perspectives, hat dieses Jahr über verschieden Streiks in
jeder Ausgabe berichtet. Dies ist das erste Mal, wo uns das seit
Jahren möglich war. Einige dieser Streiks, wie der der
Montagearbeiter im neuen Wembly Stadion sind mit den Gewerkschaften
frontal zusammengestoßen, die in diesem Fall Streikbrecher einsetzte
und damit auch durchkam. In vielen anderen Streiks haben die
Gewerkschaften ihr übliches Spiel getrieben, indem sie sich an die
Spitze setzten um den Streik einzudämmen. (So ähnlich wie beim
Streik bei Opel). In einem Artikel mit dem Titel „Das Gespenst
des Streiks geht um in Europa" haben wir detailliert über
Streiks in Portugal, Frankreich Österreich und besonders Italien
berichtet, die im wesentlichen von Busfahrern, Eisenbahnern und
Flugbediensteten geführt wurden. In unserer letzten Ausgabe
berichteten wir über die Streiks gegen die Agenda 2010 in
Deutschland.
In England ist das Aufkommen von so vielen Streiks ermutigend. Im
Vergleich zur europäischen Arbeiterklasse wurden die englischen
Arbeiter am härtesten und am frühsten durch die kapitalistischen
Krisenprogramme angegriffen. Die Bourgeoisie hat über Jahrzehnte die
englische Arbeiterklasse für die Krise zahlen lassen, indem sie die
Inflation benutze um die Reallöhne zu kürzen. Aber die
Arbeiterklasse hat dieses jedes Mal bekämpft und erst als der IWF
1977 intervenierte und tiefere Einschnitte forderte, ging die
britische herrschende Klasse dazu über, Arbeitsplätze abzubauen. Die
Labourregierung hat in den Jahren 1977-1979 1 Million Arbeitsplätze
abgebaut, die Arbeitslosigkeit befördert und eine massive
Streikwelle im Winter 1978/79 provoziert, den sog „Winter der
Unzufriedenheit". 1979 kam dann die Konservative Partei an die
Regierung und realisierte das von der Labourregierung eingeleitete
Programm der Arbeitsplatzvernichtung. Allerdings musste sie dabei
Branche für Branche vorgehen. Sie nahm sich 1980 die Stahlarbeiter
vor und nach einem 13-wöchigen Streik mussten die Stahlarbeiter
feststellen, dass es
härter ist um Arbeitsplätze zu kämpfen als um Lohnerhöhungen.
Am Ende des Streiks wurde British Steel innerhalb von wenigen
Wochen dezimiert und ein Prozess der Privatisierung eingeleitet.
Dann nahm sich Thatcher die Bergarbeiter vor. Nach einem ersten
fehlgeschlagenen Versuch entwickelte die Toryre-gierung den sog.
Ridleyplan und bereitete sich auf einen langen Streik vor. Hierbei
handelte es sich um die vielleicht ausgefeilteste Militärstrategie,
die jemals von einer Regierung im Klassenkampf entwickelt wurde:
Kraftwerke wurden auf Öl umgestellt, Lagerhallen für Kohlevorräte
wurden in Rekordniveau angelegt, Kohleimporte aus Polen wurden
gesteigert. Der Transport der Kohle wurde von der Schiene genommen
und kleinen privaten Transportunternehmen übertragen. Dann wurden
als Provokation im Februar Entlassungen angekündigt, als der größte
Teil des Winters vorbei war. Angesichts dieses Manövers glichen die
Arbeifer Löwen, die von Eseln angeführt wurden. Die Losung der
Bergarbeitergewerkschaft „Coal not Dole" („Kohle statt Almosen")
war ein Desaster, die den Kampf sofort isolierte. Zu viele
Bergarbeiter, die individuelle Initiative zeigten, taten dies im
Rahmen der Gewerkschaft und nicht im Sinne eines übergreifenden
Kampfes. Es gab zahlreiche Momente, in denen die Hafenarbeiter und
die Stahlarbeiter aktiv wurden, um das Kräfteverhältnis zu ändern,
aber jedes Mal argumentierten die Gewerkschaften dafür alles auf die
jeweilige Branche zu begrenzen. Faktisch war das ein Kampf der
Arbeiterklasse nicht nur in England, sondern der gesamten zentralen
kapitalistischen Ökonomien. Der Bergarbeiterstreik dauerte 13
Monate, aber die Niederlage hinterließ tiefe Spuren. Innerhalb von 5
Jahren gingen 1 Million Jobs verloren und mit ihnen viele andere in
anderen Branchen wie beim Schiffbau und in der Druckindustrie.
Krise und Restrukturierung
Was ist nun unser Bezugsrahmen um zu verstehen, was in den
letzten dreißig Jahren passiert ist. Zunächst wurde das ganze durch
die Wirtschaftskrise bestimmt. Diese Krise entwickelte sich Ende der
60er Anfang der 70er Jahre. Die Krise war nicht das Produkt des
steigenden Ölpreises, des Vietnamkrieges, der Sättigung der Märkte
oder gar der Abwertung des US-Dollar. Diese Phänomene müssen
vielmehr vor dem Hintergrund der Probleme der Akkumulation gesehen
werden, die durch den tendenziellen Fall der Profitrate
hervorgerufen wurden. Dies geschieht im Kapitalismus in Form von
Zyklen und in der imperialistischen Phase müssen wir davon drei
unterscheiden: Die ersten beiden endeten im Ersten und Zweiten
Weltkrieg, aber die gegenwärtige Krise ist noch nicht überstanden.
Aufgrund des hohen Grades nationaler und internationaler staatlicher
Verwaltung der Weltwirtschaft konnten Tendenzen hin zu einem
schnellen Zusammenbruch (wie wir ihn bei der statischen weniger
anpassungsfähigen Sowjetökonomie gesehen
haben) abgeschwächt werden. Stattdessen haben wir 30 Jahre Krise
und Stagnation, in der verschiedenen Gegentendenzen wirksam wurden.
Sie haben den weiteren Fall der Profitrate aufgehalten (und in
einigen Sektoren sogar ansteigen lassen, aber nichts davon war
ausreichend um eine neue Runde der Akkumulation einzuleiten.).
Stattdessen hat der Kapitalismus auf verschiedenen Ebenen
Entwicklungen und Methoden hervorgerufen, um die Verwertungskrise
aufzubrechen. Im Wesentlichen zielt die Politik und Strategie auf
eine Ausdehnung der Ausbeutung des Weltproletariats sowohl in
relativer wie absoluter Hinsicht ab. Die wichtigsten Methoden, mit
denen der Kapitalismus der Krise begegnete, waren:
1) Die Intensivierung raffinierter Finanzkontrollen auf
internationaler Ebene
2) Die grundlegende Umstrukturierung von Produktionsanlagen
(inklusive der mikroelektronischen Revolution), die einen
dramatischen Anstieg der Produktivität ( relativen Ausbeutung)
ermöglichte
3) Der Abbau von vielen Arbeitsplätzen in der Schwerindustrie
aber auch in anderen Bereichen (z.B. der Druckindustrie) durch die
Einführung neuer Technologien
4) Direkte und indirekte Lohnkürzungen und Verschlechterung der
Arbeitsbedingungen.
Ich habe nicht die Zeit ins Detail zugehen aber sehen wir uns
kurz die Umstrukturierung an. In der Umstrukturierung der Betriebe
zeigten sich die ersten konkreten Ausläufer der mikroelektronischen
Revolution. Durch sie alleine konnte der tendenzielle Fall der
Profitrate nicht effektiv bekämpft werden. Hinzu kam die
Modifikation der Arbeitsorganisation, die verschiedenen Hierarchien
und Aufgaben, die mit den neuen Arbeitsprozessen und der Anwendung
neuer Produktionsinstrumente zusammenhängen. Auch dies war noch
nicht ausreichend, um den Fall der Profitrate aufzuhalten, bzw. auf
das Niveau der durchschnittlichen Profitrate vor 1970 zu bringen.
Dies führte zu einer dritten Phase von Antikrisenprogrammen, die
besonders auf den direkten Angriff auf das Lohnniveau abzielten. Die
sog. neoliberale Politik die von der Bourgeoisie anstelle des
Keynesianismus und der direkten Intervention und Verwaltung des
Staates betrieben wird, führt, dort wo es sie gibt, zu einem Angriff
auf die indirekte Löhne in Form von Pensionszahlungen, Bildungs- und
Gesundheitsaufgaben und überall zu einem direkten Angriff auf Löhne
und Gehälter. Dies erscheint als eine Rückkehr zum Manchestertum
(einer Vermehrung des absoluten Mehrwerts, wo der Erlangung des
relativen Mehrwerts Grenzen gesetzt sind.) Dies ist vielleicht der
bemerkenswerteste Aspekt der gegenwärtigen Krise des
Akkumulationszyklus. Es ist die letzte Phase des Versuchs, das
variable Kapital weiter zu reduzieren, und dies der Dreh- und
Angelpunkt der Streiks, die wir in den letzten achtzehn Monaten
gesehen haben. Z.B. haben allein in dieser Woche
20 000 schlecht bezahlte Arbeiter des Öffentlichen Dienstes
für einen Streik gegen die Kürzungen ihrer Renten gestimmt.
Unter dem Gewicht der Krise sehen wir, wie die Proletarisierung
der Bevölkerung zunimmt anstatt abzunehmen. In einigen Industrien
hat die Teilung in Verwaltungsaufgaben und operativen Funktionen
dazu geführt, dass alle Aufgaben von einer Person an einem Computer
erledigt werden, die dafür ein gewöhnliches Angestelltengehalt
bezieht. Frühere hoch qualifizierte Arbeiten werden zunehmend von
weniger qualifizierten Leuten mit den gleichen Anforderungen aber
weniger Entlohnung durchgeführt. Dies geschieht weitgehend im Herzen
des Systems aber auch in der Peripherie. In den metro-politanen
Gegenden wie in Europa tendiert dies zu einem Ansteigen des
relativen Mehrwerts (d.h. immer weniger Lohnarbeiter produzieren
einen immer größeren Warenwert). In der Peripherie ist die absolute
Ausbeutung unvorstellbar angesichts von Arbeitern, die 14 Stunden
pro Tag für Hungerlöhne arbeiten. In China fungieren allein 120
Millionen ehemaliger Bauern als Armee von Erwerbslosen, die
sicherstellt, dass Arbeit gleichzeitig billig, ausdehnungsfähig und
flexibel ist. In denjenigen Gebieten, wo Arbeit billig ist erhält
sich die traditionelle fordistische Arbeitsorganisation. Der
Hauptunterschied zwischen den Proletariern in den Zentren und denen
in den sog. „unterentwickelten Ländern" ist der, dass in der
Vergangenheit die Kämpfe der Arbeiter die Kapitalisten dazu
gezwungen haben ein Sozialsystem zu schaffen, welches in Form des
Sozialstaates einige Zugeständnisse macht, um zu verhindern, dass
Ärger in Raserei umschlägt. Die Versuche, den Sozialstaat zu
demontieren (die Steuererleichterungen für die Mittelklasse und die
Bourgeoisie) waren nur partiell erfolgreich, weil nicht nur die
Kapitalisten einsehen müssen, dass sie Unzufriedenheit befrieden
müssen, und dass es notwendig ist, einen Teil der Arbeiterklasse von
den weitgehend nutzlosen Waren, die dieses System ausspuckt,
konsumieren zu lassen.
Die kommunistische Perspektive
Marxisten versuchen die gegenwärtigen Erscheinungen zu verstehen,
aber wir sind keine Wahrsager, die in Kristallkugeln gucken. In der
Tat ist die Geschichte der mutigen Vorhersagen von Marx und Lenin
keine besonders glückliche. Was wir statt-dessen tun müssen, ist
ausgehend von der gegenwärtigen Situation eine Perspektive für
unsere Aktivität und die bewussten Teile der Arbeiterklasse zu
entwickeln. Die Arbeiterklasse befindet sich heute in einer extrem
schwierigen Situation, die folgendes erfordert:
1) Die Wiedererlangung eines Bewusstseins als Klasse, die sich
von der Bourgeoisie und interklassistischen bürgerlichen
Vorstellungen der Zivilgesellschaft unterscheidet. Dies muss durch
ein Erkennen ihrer neuen Klassenzusammensetzung einhergehen.
2) Das Wiedererlangen des Vertrauens in ihre eigene Kraft -
eine Kraft die nach wie vor besteht, weil die Arbeiterklasse die
Quelle des Mehrwerts, die Quelle der kapitalistischen Profite
darstellt.
3) Die Entwicklung neuer Formen der Organisation zu ihrer
eigenen Verteidigung als absolute Notwendigkeit und Voraussetzung
für einen revolutionären Gegenangriff.
Das Bewusstsein einer Klassenidentität ist etwas anderes als voll
entwickeltes Klassenbewusstsein, auch wenn es eine Vorraussetzung
dafür ist. Die Selbsterkennung der Arbeiter als einer Klasse, die
sich von der Bourgeoisie unterscheidet und der Bourgeoisie entgegen
gesetzte Interessen hat, ist nicht das Produkt einer mechanischen
Widerspiegelung der Bedingungen im Bereich der
Produktionsverhältnisse, es ist ein subjektives Element, welches zu
kollektiven Kämpfen führt, Kämpfen mit meist defensivem Charakter
und auch defensiven Forderungen und Zielrichtungen. Es ist etwas,
das während der 70er Jahre und 80er Jahre im Proletariat vieler
metropolitaner Länder vorherrschte. Aber heute fehlt dieses
Bewusstsein in dramatischer Weise. Es ging durch die durch
kapitalistische Sachzwänge bestimmten dramatischen Ereignisse und
die oben schon erwähnten ideologischen Rahmenbedingungen verloren,
und es muss wiederentwickelt werden. Dies ist eine grundlegende
Ausgangsbedingung für die Wiedergewinnung des Vertrauens des
Proletariats in seine eigene Kraft. Jahre bürgerlicher ideologischer
Kampagnen über das Ende des Klassenkampfes, das Ende der Klassen,
die dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgten, haben tiefe Spuren
hinterlassen und es wird Zeit brauchen diese zu überwinden. Für
Marxisten ist klar, dass die Rolle kommunistischer Avantgarden in
dem Prozess der Bewusstwerdung der Klasse alles andere als unwichtig
ist. Aber nur auf einer materiellen Grundlage, auf der Basis der
Produktionsverhältnisse, oder allgemeiner formuliert der sozialen
Beziehungen, kann die Klasse sich als solche wieder manifestieren,
wie uns einige Aufschwünge des Klassenkampfes gezeigt haben, die,
auch wenn sie isoliert und episodisch sind, auch in der heutigen
Zeit vorkommen (z.B. Argentinien). Es ist die Aufgabe revolutionärer
Avantgarden diese Momente zu analysieren und zu verstehen, sich
einzuschalten, um die Ideen und das Programm des revolutionären
Proletariats zu propagieren. Ein wesentliches Grundelement dieser
Ideen und dieses Programms ist, dass eine organisierte und
organisierende Kraft notwendig ist, die in der Lage ist, die Klasse
zum Sieg zu führen, eine Kraft, die das einzige reale Instrument für
die Widererlangung entwickelten Klassenbewusstseins ist. Auch wenn
die Arbeiterklasse ihre eigenen embryonalen Kampforgane
hervorbringen wird, werden diese sich mit jedem Kampf entwickeln
oder verschwinden. Die Aufgabe der Partei ist eine andere. Neben
ihrer Arbeit im Bereich der Klärung,
der Schulung und der Propaganda muss sie sich mit den aktuellen
Kämpfen verbinden und ihnen vorangehen. In diesem Sinne muss sie
Wege finden Gruppen von Arbeitern zusammenzubringen und die
Erfahrungen jeder Kampfphase in die nächste zu tragen. In der Phase
des Fordismus, wo 20 000 Arbeiter in einer Fabrik konzentriert
waren, bestand unsere Antwort in der Bildung von Fabrikgruppen.
Diese setzten sich aus Parteimitgliedern und Nichtmitgliedern
zusammen, die darin übereinstimmten, den Kampf in den Händen der
Arbeiter zu lassen, außerhalb des Einflusses der
Gewerkschaftsapparate. Wenn ein Kampf zu Ende war, wurden Versuche
unternommen jeden Arbeiter durch Diskussionen und Zeitungsverkäufe
einzubinden. Heute allerdings müssen wir angesichts der Tatsache,
dass viele Produktionseinheiten kleiner sind (aber dennoch viele
Arbeiter in denselben Gegenden wohnen) einen Rahmen entwickeln, der
es uns erlaubt, der gegenwärtigen Realität gerecht zu werden und die
Perspektive des Kampfes durch die Entwicklung territorialer Gruppen
zu verallgemeinern. Die Aufteilung der Arbeiterklasse auf
verschiedene Arbeitsstätten verändert radikal die Bedingungen, unter
denen sich neue Kampfwellen entwickeln können. Genauso wie es
notwendig ist, die Gewerkschaften als erste Bastionen der
Konterrevolution zu bekämpfen und zu überwinden, kann das
Proletariat nicht mehr darauf setzten seinen Kampf von großen
konzentrierten Industrieanlagen aus zu führen. Besonders nicht in
den kapitalistischen Metropolen wo es möglich war Produktionsanlagen
eines Sektors oder die gesamten Produktion auszulagern, wie es in
der Geschichte der Arbeiterbewegung oft geschehen ist. Die einzig
verbliebene Möglichkeit besteht darin, die Kämpfe von einer
territorialen Ebene aus zu führen und die Kräfte dort zu
konzentrieren. In gewisser Hinsicht werden die territorialen
Komitees wie die Fabrikgruppen funktionieren; allerdings werden sie
Arbeiter verschiedener Kietze entweder auf der Basis gemeinsamer
Belange oder den Möglichkeiten des gemeinsamern Kampfes vereinigen.
Kommunistische Fabrikgruppen und territoriale Komitees
charakterisieren sich durch
1) Die Denunziation aller Ausprägungen und Tendenzen der
pseudolinken bürgerlichen Ideologie (die Gewerkschaften
eingeschlossen), die immer unter den Arbeitermassen existieren.
Dieses Tendenzen und Strömungen müssen mit den von der Partei
erarbeiteten und verteidigten Positionen konfrontiert werden.
2) Die kritische Klärung aller Zielsetzungen des Kampfes, die
nur durch die revolutionäre Machteroberung und die Überwindung des
kapitalistischen Systems realisierbar sind.
3) Die Betonung der proletarischen Solidarität und die
Vereinigung der Kämpfe auf internationalem Niveau, Einheit und
Solidarität mit den immigrierten Proletariern jedes
Landes, gegen Ausbeutung und Arbeitslosigkeit (...)
Diese Organismen würden natürlich mehr Militante für die Partei
gewinnen, allerdings nur nachdem diese das Programm vollständig
akzeptiert haben. Gleichzeitig würden wir die Mitgliedschaft dieser
Gruppen ausweiten, insbesondere in Zeiten intensivierter Kämpfe, um
das kommunistische Programm tiefer in der Klasse zu verankern. Der
Kapitalismus kann solange funktionieren, wie wir als Klasse dies
zulassen, und wir sind nicht der Meinung, dass es die Aufgabe der
Kommunisten ist einfach nur zu predigen, sondern zu handeln.
Zusammenfassung
Wie ich schon am Anfang sagte, ist das Aufkommen so vieler
Streiks in vielerlei Hinsicht ermutigend. Kürzlich haben wir
Kontakte zu jungen Arbeitern in der Antikriegsbewegung und auch
anderswo gemacht, die sich davon angezogen fühlten, was die
kommunistische Linke zu sagen hat. Der Stein des Anstoßes war, dass
sie jahrelang dem Sirenengeheul derjenigen zugehört hatten, die
sagten, dass die Arbeiterklasse nicht existiere. Wenn wir uns
umschauen stellen wir fest, dass die meisten Mitglieder unserer
Strömung sich vielleicht an den Bergarbeiterstreik erinnern können,
an dem sich viele beteiligten und versuchten ihn auszudehnen. Bei
einigen von uns geht das noch weiter zurück zum Mai 68, dem heißen
Herbst 1969 in Italien oder den Bergarbeiter- und
Elektrizitätsarbeiterstreiks von 1972 und 1974. Für eine neue
Generation haben die Lügen der bürgerlichen Kommentatoren, der sog.
Autonomen, der „No Globals", dass die Klasse nicht mehr wichtig sei
oder nicht mehr existiere eine gewisse Ausstrahlungskraft, wenn es
keine nennenswerte Aktion der Klasse gibt, auf die man sich beziehen
kann. Marx sagte zwei wichtige Dinge über Streiks: Ohne sie ist die
Arbeiterklasse auf eine Ansammlung armer Teufel reduziert und selbst
mit Streiks wird es keinen automatischen und spontanen Weg für ein
neues Klassenbewusstsein geben. Doch auch ganz ohne sie kann es kein
Feld für die heutige kommunistische Arbeit in ihnen geben, gibt es
keine Hoffnung auf eine politische Massenbewegung der Zukunft, die
nur eine wirklich antikapitalistische Bewegung sein kann. In diesem
Sinne sind die letzten Streiks in Europa ein überfälliger Beweis
dafür, dass die Arbeiterklasse immer noch mit uns ist, und die beste
Hoffnung für die Menschheit verkörpert.