Marx’ Theorie
vom tendenziellen Fall der Zinsrate

(Kapital 3.: 493 - 535)

von Wal Buchenberg
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Auf diesen Abschnitt des „Kapitals“ trifft in besonderem Maße zu, was F. Engels als Herausgeber des 3. Bandes im Vorwort über den ganzen fünften Abschnitt (zinstragendes Kapital) sagt:
„Die Hauptschwierigkeit machte Abschnitt 5, der auch den verwickeltsten Gegenstand des ganzen Buches behandelt. Und gerade hier war Marx in der Ausarbeitung von einem der erwähnten schweren Krankheitsanfälle überrascht worden. Hier liegt also nicht ein fertiger Entwurf vor, nicht einmal ein Schema, dessen Umrisse auszufüllen wären, sondern nur ein Ansatz von Ausarbeitung, der mehr als einmal in einen ungeordneten Haufen von Notizen, Bemerkungen, Materialien in Auszugsform ausläuft.
Ich versuchte anfangs, diesen Abschnitt, wie es mir mit dem ersten einigermaßen gelungen war, durch Ausfüllung der Lücken und Ausarbeitung der nur angedeuteten Bruchstücke zu vervollständigen, so dass er wenigstens annähernd das alles bot, was der Verfasser zu geben beabsichtigt hatte. Ich habe dies wenigstens dreimal versucht, bin aber jedes Mal gescheitert... Endlich sah ich ein, dass es auf diesem Weg nicht ging....
Mir blieb nichts anderes übrig, als ... mich auf möglichste Ordnung des Vorhandenen zu beschränken, nur die notdürftigsten Ergänzungen zu machen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 12f.
Bei der speziellen Fragestellung der Akkumulation von Geldkapital und ihr Einfluss auf den Zinsfuß kann ich jedoch in der Textsammlung von F. Engels keine Ordnung entdecken. Rein äußerlich drückt sich die fehlende Ordnung schon darin aus, dass Engels die Behandlung dieses Themas auf fünf Kapitel verteilt hat.
Aus dem bisher von K. Marx Entwickelten habe ich daher folgende Übersicht zusammengestellt:
„Die Verwandlung von Geld in leihbares Geldkapital ist eine viel einfachere Geschichte als die Verwandlung von Geld in produktives Kapital.
Aber wir haben hier zweierlei zu unterscheiden:
1. die bloße Verwandlung von Geld in Leihkapital;
2. die Verwandlung von Kapital oder Revenue in Geld, das in Leihkapital verwandelt wird. Es ist bloß der letztere Punkt, der eine, mit der wirklichen Akkumulation des industriellen Kapitals zusammenhängende, positive Akkumulation des Leihkapitals einschließen kann.“ K. Marx, Kapital 3. : 511.
A: Angebot an Geldkapital
„Wir haben im vorigen Abschnitt (Kapitel 19., Das Geldhandlungskapital)  gesehen, wie sich die Aufbewahrung der Reservefonds der Geschäftsleute, die technischen Operationen des Geldeinnehmens und Auszahlens, der internationalen Zahlungen, und damit der Barrenhandel, in den Händen der Geldhändler konzentriert.
Im Anschluss an diesen Geldhandel entwickelt sich die andere Seite des Kreditwesens, die Verwaltung des zinstragenden Kapitals oder des Geldkapitals, als besondere Funktion der Geldhändler. Das Borgen und Verleihen des Geldes wird ihr besonderes Geschäft. Sie treten als Vermittler zwischen den wirklichen Verleiher und den Borger von Geldkapital.
Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen Massen zu konzentrieren, so dass statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals.
Andererseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen.
Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der anderen die Zentralisation der Borger dar.
Ihr Profit besteht im allgemeinen darin, dass sie zu niedrigeren Zinsen borgt, als sie ausleiht.“ K. Marx, Kapital 3. S. 415f.
„Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu.
Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital. Dadurch wird der Reservefonds der Handelswelt, weil als gemeinschaftlicher konzentriert, auf das nötige Minimum beschränkt, und ein Teil des Geldkapitals, der sonst als Reservefonds schlummern würde, wird ausgeliehen...
Zweitens bildet sich ihr verleihbares Kapital aus den Depositen der Geldkapitalisten, die ihnen das Ausleihen derselben überlassen.
Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht...
Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.“ K. Marx, Kapital 3. S. 416.
Im Einzelnen:
1) Verwandlung von Geld in Leihkapital (relative Akkumulation von Leihkapital)
Eine bestimmte Gesamtgeldmenge an Zirkulations- und Zahlungsmitteln ist nötig, um die Warenmetamorphosen sowohl zur produktiven wie individuellen Konsumtion zu bewerkstelligen.
„Nach den für die einfache Warenzirkulation entwickelten Gesetzen (Buch I, Kap. III, Das Geld oder die Warenzirkulation) muss die Masse des im Lande vorhandenen Metallgelds nicht nur hinreichen, um die Waren zu zirkulieren. Sie muss hinreichen für die Schwankungen des Geldumlaufs, die teils entspringen aus Fluktuationen in der Geschwindigkeit der Zirkulation, teils aus dem Preiswechsel der Waren, teils aus den verschiedenen und wechselnden Proportionen, worin das Geld als Zahlungsmittel oder als eigentliches Zirkulationsmittel fungiert.
Das Verhältnis, worin die vorhandene Geldmasse sich in Schatz und umlaufendes Geld spaltet, wechselt beständig, aber die Masse des Geldes ist stets gleich der Summe des als Schatz und als umlaufendes Geld vorhandenen Gelds.“ K. Marx, Kapital 2.: 327.
Soweit diese Geldmenge als Zirkulations- und Zahlungsmittel nötig ist, kann sie nicht gleichzeitig verliehen bzw. als Leihkapital benutzt werden. Die verleihbare Geldmenge ist also von der umlaufenden Geldmenge zu unterscheiden:
„Die Masse des Leihkapitals ist übrigens durchaus verschieden von der Quantität der Zirkulation. Unter Quantität der Zirkulation verstehen wir hier die Summe aller in einem Lande befindlichen, zirkulierenden Banknoten und alles Hartgeldes, inkl. der Barren von Edelmetallen. Ein Teil dieser Quantität bildet die ihrer Größe nach stets wechselnde Reserve der Banken.“ K. Marx, Kapital 3. : 515.
„Sonst wirkt die absolute Masse der Zirkulation nicht auf den Zinsfuß, da sie - Ökonomie und Geschwindigkeit des Umlaufs als konstant vorausgesetzt - erstens bestimmt ist durch die Preise der Waren und die Masse der Transaktionen... und endlich durch den Stand des Kredits, während sie keineswegs umgekehrt den letzteren bestimmt und da zweitens Warenpreise und Zins in keinem notwendigen Zusammenhang stehen.... Seit den Goldentdeckungen hat sich der Geldumlauf in ganz Europa expandiert, der Zinsfuß stieg. Der Zinsfuß hängt also nicht von der Menge des umlaufenden Geldes ab." K. Marx, Kapital 3. : 546.
Für Störungen und plötzliche Wertveränderungen der Waren muss jedoch eine bestimmte Menge dieser umlaufenden Gelder auf Vorrat liegen. Diese Umlaufsreserve kann durch die Banken in Leihkapital verwandelt werden. Damit werden Umlaufsmittel in Anlagemittel bzw. umlaufende Gelder in Leihkapital verwandelt. Die Menge dieser als Leihkapital  verfügbaren Gelder wird innerhalb der vorhandenen Gesamtgeldmenge allein durch den Überschuss über die notwendigen Umlaufsmittel gebildet und unterliegt keinerlei Gesetzmäßigkeiten.
„Diese Schatzbildung ... unterstellt in keiner Weise zusätzlichen Edelmetallreichtum, sondern nur veränderte Funktion von bisher umlaufendem Geld.
Eben fungierte es als Zirkulationsmittel, jetzt fungiert es als Schatz, als sich bildendes, virtuelles neues Geldkapital.“ K. Marx, Kapital 2.: 493. „Dieser Schatz ist beständig fließend, ergießt sich beständig in die Zirkulation und kehrt beständig aus ihr zurück.“ K. Marx, Kapital 3. S. 331.
Indem die Banken die Verwendung der Umlaufsmitteln ökonomisieren, vermindern sie die Menge der für die Zirkulation nötigen Umlaufsmitteln. Durch Verringerung der für die Zirkulation nötigen Geldmenge wird automatisch das freigesetzte Geld in potentielles Geldkapital verwandelt, das Anlage sucht.
Hier wird nicht Geldkapital absolut geschaffen, sondern vorhandene Zirkulationsmittel erspart und in Anlagemittel, also Leihkapital verwandelt. Es handelt sich nur um eine relative Vermehrung des Leihkapitals.
Falls dann Störungen, d.h. Liquiditätsschwierigkeiten, auftreten und die Geldmenge an Zirkulations- und Zahlungsmitteln nicht ausreicht, dann muss potentielles oder wirkliches Geldkapital wieder in Zirkulations- und Zahlungsmitteln rückverwandelt werden.
„Eine Ausweitung des Geldkapitals, die daraus entsteht, dass infolge der Ausbreitung des Bankwesens... das, was früher Privatschatz oder Münzreserve war, sich für bestimmte Zeit oder immer in leihbares Kapital verwandelt, drückt ebenso wenig ein Wachsen des produktiven Kapitals aus wie die wachsenden Depositen bei den Londoner Aktienbanken, sobald diese anfingen, Zinsen zu zahlen.
Solange die Produktionsleiter dieselbe bleibt, bewirkt diese Expansion nur Reichlichkeit des leihbaren Geldkapitals gegenüber dem produktiven. Daher niedriger Zinsfuß.“ K. Marx, Kapital 3. : 505.
„Wir haben ... gesehen, dass eine Akkumulation des Leihkapitals stattfinden kann, ohne alle wirkliche Akkumulation, durch bloß technische Mittel, wie Ausdehnung und Konzentration des Bankwesens, Ersparung der Zirkulationsreserve oder auch der Reservefonds von Zahlungsmitteln der Privaten, die dadurch immer für kurze Zeiten in Leihkapital verwandelt werden.... Die Masse des leihbaren Geldkapitals... wächst so in der Tat ganz unabhängig von der wirklichen Akkumulation.“ K. Marx, Kapital 3. : 512.
 2. Verwandlung von Kapital oder Revenue in Leihkapital (absolute Akkumulation von Leih- oder Geldkapital)
„Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. ... Zweitens bildet sich ihr verleihbares Kapital aus den Depositen der Geldkapitalisten, die ihnen das Ausleihen derselben überlassen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 416.
„Verwandlung von Kapital oder Revenue in Geld, das in Leihkapital verwandelt wird. Es ist bloß dieser Punkt, der eine, mit der wirklichen Akkumulation des industriellen Kapitals zusammenhängende, positive Akkumulation des Leihkapitals einschließen kann.“ K. Marx, Kapital 3. : 511.
„Was die Geldakkumulation der übrigen Klassen von Kapitalisten anbetrifft, so sehn wir ab von dem Teil, der in zinstragenden Papieren angelegt wird und in dieser Form akkumuliert.
Wir betrachten bloß den Teil, der als leihbares Geldkapital auf den Markt geworfen wird.
Wir haben hier erstens den Teil des Profits, der nicht als Revenue verausgabt, sondern zur Akkumulation bestimmt wird, wofür aber die industriellen Kapitalisten zunächst keine Verwendung in ihrem eigenen Geschäft haben. Unmittelbar existiert dieser Profit im Warenkapital, von dessen Wert er einen Teil ausmacht, und wird mit diesem in Geld realisiert. Wird er nun nicht... rückverwandelt in die Produktionselemente des Warenkapitals, so muss er eine Zeitlang in Form des Geldes verharren. Diese Masse steigt mit der Masse des Kapitals selbst, auch bei abnehmender Profitrate.
Der Teil, der als Revenue verausgabt werden soll, wird nach und nach verzehrt, bildet aber in der Zwischenzeit als Depositum Leihkapital beim Bankier. Also selbst das Wachsen des als Revenue verausgabten Teils des Profits drückt sich aus in einer allmählichen, sich beständig wiederholenden Akkumulation von Leihkapital. Und ebenso der andere Teil, der zur Akkumulation bestimmt ist.
Mit der Entwicklung des Kreditwesens und seiner Organisation drückt sich also das Steigen der Revenue, d.h. der Konsumtion der industriellen und kommerziellen Kapitalisten aus als Akkumulation von Leihkapital.
Und dies gilt von allen Revenuen, soweit sie nach und nach verzehrt werden, also von Grundrente, Arbeitslohn in seinen höheren Formen, Einnahme der unproduktiven Klassen etc.
Sie alle nehmen für eine gewisse Zeit die Form der Geldrevenue an und sind daher verwandelbar in Depositen und damit in Leihkapital.“  K. Marx, Kapital 3. : 519f.
Gleichzeitig muss aber der Kapitalist (wie in Band 2 des Kapitals entwickelt, Schätze für verschiedene Zwecke anlegen. Wobei der wichtigste Grund für Schatzbildung - neben den Rücklagen für den eigenen Konsum -  die Rücklagen für Akkumulation in konstantes Kapital sind.
„Die zweite Form des Schatzes ist nun die von brachliegendem, augenblicklich unbeschäftigtem Kapital in Geldform, wozu auch neu akkumuliertes, noch nicht angelegtes Geldkapital gehört.“ K. Marx, Kapital 3. S. 331.
„Da die Proportionen, worin der Produktionsprozess erweiterbar, nicht willkürlich, sondern technisch vorgeschrieben sind, so kann der realisierte Mehrwert, obgleich zur Kapitalisierung bestimmt, oft erst durch die Wiederholung verschiedener Kreisläufe zu dem Umfang heranwachsen (muss also bis dahin aufgehäuft werden), worin er wirklich als zuschüssiges Kapital fungieren ... kann.
Der Mehrwert erstarrt also zum Schatz und bildet in dieser Form latentes Geldkapital.“ K. Marx, Kapital 2.: 82f.
„Der Schatz ist nur Bildung von Geldkapital, einstweilen in latenter Form, bestimmt, als produktives Kapital zu fungieren.“ K. Marx, Kapital 2.: 350.
„Was nun den anderen Teil des Profits angeht, der nicht bestimmt ist, als Revenue konsumiert zu werden, so verwandelt er sich nur in Geldkapital, wenn nicht unmittelbar anwendbar zur Erweiterung des Geschäfts in der Produktionssphäre, worin er gemacht ist.
Dies kann aus zwei Gründen herrühren. Entweder weil diese Sphäre mit Kapital gesättigt ist. Oder weil die Akkumulation, um als Kapital fungieren zu können, erst einen gewissen Umfang erreicht haben muss...
Sie verwandelt sich also zunächst in leihbares Geldkapital und dient zur Erweiterung der Produktion in anderen Sphären. ...
Stößt aber diese neue Akkumulation in ihrer Anwendung auf Schwierigkeiten, auf Mangel an Anlagesphären, findet also Überfüllung der Produktionszweige und Überangebot von Leihkapital statt, so beweist diese Überfülle des leihbaren Kapitals nichts als die Schranken der kapitalistischen Produktion.“ K. Marx, Kapital 3. : 523.
3. Verwandlung von Ersparnissen aller Klassen in Leihkapital:
„Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. ... Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht...
Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.“ K. Marx, Kapital 3. S. 416.
“Dasselbe Geld, das die Revenue repräsentiert, das als bloßer Vermittler der Konsumtion dient, verwandelt sich regelmäßig für eine Zeitlang in leihbares Geldkapital.“ K. Marx, Kapital 3. S. 521.
„Die Entwicklung des Kreditsystems und die damit beständig wachsende, durch die Bankiers vermittelte Verfügung der Industriellen und Kaufleute über alle Geldersparnisse aller Klassen der Gesellschaft und die fortschreitende Konzentration dieser Ersparnisse zu den Massen, worin sie als Geldkapital wirken können, muss ebenfalls auf den Zinsfuß drücken.“ K. Marx, Kapital 3. S. 374. Denn: „Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht.“ K. Marx, Kapital 3.416.
„Endlich wird Akkumulation von Geldkapital bewirkt durch die Anzahl von Leuten, die ihr Schäfchen ins trockene gebracht und die sich von der Reproduktion zurückziehen.
Je mehr Profite im Lauf des industriellen Zyklus gemacht worden, desto größer ihre Anzahl. Hier drückt die Akkumulation des leihbaren Geldkapitals einerseits wirkliche Akkumulation aus (ihrem relativen Umfang nach); andererseits bloß den Umfang der Verwandlung industrieller Kapitalisten in bloße Geldkapitalisten.“ K. Marx, Kapital 3. : 522f.
„Was die Akkumulation des Geldkapitals aus Grundrente, Arbeitslohn etc. angeht, so ist es überflüssig, hier darauf einzugehen. Nur dies Moment ist hervorzuheben, dass das Geschäft des wirklichen Sparens und Entsagens ..., soweit es Elemente der Akkumulation liefert, durch die Teilung der Arbeit im Fortschritt der kapitalistischen Produktion denen überlassen wird, die das Minimum solcher Elemente beziehen und oft genug noch ihr Erspartes verlieren, wie die Arbeiter bei Bankrotten von Banken.
Einerseits wird das Kapital des industriellen Kapitalisten nicht von ihm selbst ‚erspart‘, sondern im Verhältnis zur Größe seines Kapitals verfügt er über fremde Ersparungen;
andererseits macht der Geldkapitalist die fremden Ersparungen zu seinem Kapital und den Kredit, den sich die reproduktiven Kapitalisten untereinander geben und den ihnen das Publikum gibt, zu seiner privaten Bereicherungsquelle.
Die letzte Illusion des kapitalistischen Systems, als ob Kapital der Sprössling eigener Arbeit und Ersparung wäre, geht damit in die Brüche. Nicht nur besteht der Profit in Aneignung fremder Arbeit, sondern das Kapital, womit diese fremde Arbeit in Bewegung gesetzt und ausgebeutet wird, besteht aus fremdem Eigentum, das der Geldkapitalist dem industriellen Kapitalisten zur Verfügung stellt und wofür er diesen seinerseits ausbeutet.“ K. Marx, Kapital 3. : 524.
„Man begreift das Vergnügen, wenn innerhalb des Kreditwesens alle diese potentiellen Kapitale durch ihre Konzentration in Händen von Banken usw. zu disponiblem Kapital, Leihkapital, Geldkapital werden, und zwar nicht mehr zu passivem und als Zukunftsmusik, sondern zu aktivem, wucherndem.“ K. Marx, Kapital 2.: 489.
4. Schaffung von fiktivem Kapital:
Die Akkumulation von Kapital als einzige wirkliche Quelle des Geldkapitals wird künstlich und zeitweilig ergänzt durch den Kredit und durch Spekulation, die eine vermutete Höhe dieser Umwandlung von produzierten Waren in Geld (W’ - G’) vorwegnehmen, und daher Geld auf den Markt werfen, bevor die Waren produziert sind, deren Wert (und Mehrwert) dieses Geld repräsentiert.
„Die Entwicklung des Kreditwesens und die ungeheure Konzentration des Geld verleihenden Geschäfts in den Händen großer Banken muss also an und für sich schon die Akkumulation des leihbaren Kapitals beschleunigen als eine von der wirklichen Akkumulation verschiedene Form. Diese rasche Entwicklung des Leihkapitals ist daher ein Resultat der wirklichen Akkumulation...“ K. Marx, Kapital 3. : 519.
(Vergleiche dazu die bisherigen Abschnitte zum Kredit, 3.413 - 3.480, und zum fiktiven Kapital, 3.481 - 3.492.)
5. Unfreiwillige Kapitalbildung:
„Es sind nun noch einige besondere Formen der Akkumulation von Geldkapital anzuführen. Es wird Kapital freigesetzt, z.B. durch Fall im Preis der Produktionselemente, Rohstoffe etc.
Kann der Industrielle nicht unmittelbar seinen Reproduktionsprozess ausdehnen, so wird ein Teil seines Geldkapitals als überschüssig aus dem Kreislauf ausgestoßen und verwandelt sich in leihbares Geldkapital.
Zweitens aber wird Kapital in Geldform freigesetzt, namentlich beim Kaufmann, sobald Unterbrechungen im Geschäft eintreten. Hat der Kaufmann ein Reihe von Geschäften erledigt und kann infolge solcher Unterbrechungen die neue Reihe erst später beginnen, so repräsentiert das realisierte Geld für ihn nur Schatz, überschüssiges Kapital. Aber zugleich stellt es unmittelbar Akkumulation von leihbarem Geldkapital dar. Im ersten Fall drückt die Akkumulation des Geldkapitals Wiederholung des Reproduktionsprozesses unter günstigeren Bedingungen aus... Im andern Fall dagegen bloße Unterbrechung des Flusses der Transaktionen. Aber in beiden Fällen verwandelt es sich in leihbares Geldkapital, stellt Akkumulation desselben dar..., obgleich es hier Beförderung, dort Hemmung des wirklichen Akkumulationsprozesses ausdrückt.“ K. Marx, Kapital 3. : 522.
6. Selbstvermehrung des vorhandenen Geldkapitals (Akkumulation des Geldkapitals als Geldkapital):
„Allen Profit aber, den die Geldkapitalisten machen und den sie in Kapital rückverwandeln, verwandeln sie zunächst in leihbares Geldkapital.
Die Akkumulation des letzteren, als unterschieden von der wirklichen Akkumulation, obgleich ihr Sprössling, folgt also schon, wenn wir nur die Geldkapitalisten, Bankiers etc. selbst betrachten, als Akkumulation dieser besonderen Klasse von Kapitalisten. Und sie muss wachsen mit jeder Ausdehnung des Kreditwesens, wie es die wirkliche Erweiterung des Reproduktionsprozesses begleitet.“ K. Marx, Kapital 3. : 519.
„Die Akkumulation aller Geld verleihenden Kapitalisten geschieht selbstredend stets unmittelbar in der Geldform, während wir gesehen haben, dass die wirkliche Akkumulation der industriellen Kapitalisten in der Regel durch Vermehrung der Elemente des reproduktiven Kapitals selbst sich vollzieht.“ K. Marx, Kapital 3. : 518.
„Die Entwicklung des Kreditwesens und die ungeheure Konzentration des Geld verleihenden Geschäfts in den Händen großer Banken muss also an und für sich schon die Akkumulation des leihbaren Kapitals beschleunigen als eine von der wirklichen Akkumulation verschiedene Form. Diese rasche Entwicklung des Leihkapitals ist daher ein Resultat der wirklichen Akkumulation, denn sie ist die Folge der Entwicklung des Reproduktionsprozesses, und der Profit, der die Akkumulationsquelle dieser Geldkapitalisten bildet, ist nur ein Abzug von dem Mehrwert, den die Reproduktiven herausschlagen (zugleich Aneignung eines Teils des Zinses von fremden Einsparungen).
Das Leihkapital akkumuliert auf Kosten zugleich der Industriellen und Kommerziellen.“ K. Marx, Kapital 3. : 519.
7. Geldzufluss aus dem Ausland:
„Außer diesen ... Fällen kann Akkumulation von Geldkapital entstehen durch außergewöhnlichen Goldzufluss, wie 1852 und 1853 infolge der australischen und kalifornischen neuen Goldminen. Solches Gold wurde in der Bank von England deponiert. Die Depositoren nahmen Noten dagegen, die sie nicht wieder direkt bei Bankiers deponierten. Dadurch wurde das zirkulierende Mittel außergewöhnlich vermehrt.“ K. Marx, Kapital 3. : 518.

Resümee: Das Geldkapital vermehrt sich also durch:
1) Umwandlung von Umlaufsmittel in Anlagemittel (Verwandlung von Geld in Geldkapital durch Geldersparung);
2) Schatzbildung der Kapitalisten;
3) Schatzbildung aller Klassen;
4) Schaffung von fiktivem Kapital;
5) Unfreiwillige Kapitalbildung (Preisverfall, Stockungen und Beschleunigungen im Umschlag des Kaufmannskapitals);
6) die Selbstvermehrung des Geldkapitals aus dem Zins;
7) Geld- bzw. Kapitalzufluss aus dem Ausland.

B: Nachfrage nach Geldkapital:
1) Nachfrager nach Leihkapital sind in erster Linie die kommerziellen und industriellen Kapitalisten.
“Man hat gesehen, dass, obgleich eine von der Ware absolut verschiedene Kategorie, das zinstragende Kapital, zur Ware eigener Art ... wird... Die Geldkapitalisten führen diese Ware zu, und die fungierenden Kapitalisten kaufen sie, bilden die Nachfrage dafür.“ K. Marx, Kapital 3.: 378.
„Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozess, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze angetrieben wird, und zwar deshalb angetrieben wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehen als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert.“ K. Marx, Kapital 3. S. 457.
Diese Nachfrage der Kapitalisten nach Geldkapital ist aber konjunkturabhängig:
“Wenn man die Umschlagszyklen betrachtet, worin sich die moderne Industrie bewegt - Zustand der Ruhe, wachsende Belebung, Prosperität, Überproduktion, Krach, Stagnation, Zustand der Ruhe etc. - Zyklen, deren weitere Analyse außerhalb unserer Betrachtung fällt -, so wird man finden, dass meist niedriger Stand des Zinses den Perioden der Prosperität oder des Extraprofits entspricht, Steigen des Zinses der Scheide zwischen der Prosperität und ihrem Umschlag, Maximum des Zinses bis zur äußersten Wucherhöhe aber der Krisis. ... Allerdings kann andererseits niedriger Zins mit Stockung, und mäßig steigender Zins mit wachsender Belebung zusammengehen.
Der Zinsfuß erreicht seine äußerste Höhe während der Krisen, wo geborgt werden muss, um zu zahlen, was es auch koste. Es ist dies zugleich, da dem Steigen des Zinses ein Fallen im Preis der Wertpapiere entspricht, eine sehr artige Gelegenheit für Leute mit disponiblem Geldkapital, um sich zu Spottpreisen solcher zinstragenden Papiere zu bemächtigen....“ K. Marx, Kapital 3.: 372 - 373.

2) Wichtiger Nachfrager nach Leihkapital ist auch der Staat:
Durch die Staatsanleihen werden Steuereinnahmen benutzt, nicht um gesellschaftlichen Bedarf zu befriedigen, sondern um Zinsen und Leihkapital an die Geldkapitalisten zurückzuzahlen. Öffentliche Gelder werden damit reprivatisiert. Hier wird Leihkapital auch zu einer zusätzlichen und absoluten Quelle von Geldkapital.
Steigen der Staatsschulden vermindert die Menge des Anlage suchenden Geldes, Sinken oder Stagnieren der Staatsschulden vermindert dessen Abfluss und vermehrt durch Zinszahlungen das Anlage suchende Geld.
„Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt ... weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.“ K. Marx, Kapital 3. : 494.
C: Der Zinssatz als Resultat von Angebot und Nachfrage:

„Es ist in der Tat nur die Trennung der Kapitalisten in Geldkapitalisten und industrielle Kapitalisten, die einen Teil des Profits in Zins verwandelt, die überhaupt die Kategorie des Zinses schafft; und es ist nur die Konkurrenz zwischen diesen beiden Sorten Kapitalisten, die den Zinsfuß schafft.“ K. Marx, Kapital 3. S. 383.
“Was aber die beständig schwankende Marktrate des Zinses betrifft, so ist sie in jedem Moment als fixe Größe gegeben, wie der Marktpreis der Waren, weil auf dem Geldmarkt beständig alles leihbare Kapital als Gesamtmasse dem fungierenden Kapital gegenübersteht, also das Verhältnis des Angebots von leihbarem Kapital auf der einen Seite, die Nachfrage darnach auf der anderen den jedesmaligen Marktstand des Zinses entscheidet.
Dies ist um so mehr der Fall, je mehr die Entwicklung und damit verbundene Konzentration des Kreditwesens dem leihbaren Kapital einen allgemein gesellschaftlichen Charakter gibt, und es auf einmal, gleichzeitig auf den Geldmarkt wirft.“ K. Marx, Kapital 3.: 379.

1) Zinsrate als Prognosewert:  Anders als der Verwertungsgrad des individuellen oder gesellschaftlichen Kapitals, der sich immer erst im Nachhinein herausstellt, wenn der Kreislauf G - W - G abgeschlossen ist, wird die Zinsrate im Vorhinein festgelegt und soll also für eine künftige Kapitalanlage gelten.
Die Zinsrate muss also künftige Entwicklung vorwegnehmen. Daher beeinflusst nicht erst das wirkliche Auftreten der obigen Faktoren oder die wirkliche Zu- oder Abnahme der Anlagemittel in Relation zu den Anlagemöglichkeiten die Zinsrate, sondern schon die bloße Erwartung einer kommenden Veränderung.
2) Tendenzieller Fall der Zinsrate:
„Da wir aber gesehen haben, dass die Profitrate im Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung eine Tendenz zum Fallen hat und daher auch der Zinsfuß, soweit er durch die Profitrate geregelt wird;
dass ferner, auch abgesehen von der Profitrate, der Zinsfuß eine Tendenz zum Fallen hat, infolge des Wachstums des verleihbaren Geldkapitals.....“ K. Marx, Kapital 3. : 637.
„Es existiert aber auch eine Tendenz zum Fallen des Zinsfußes, ganz unabhängig von den Schwankungen der Profitrate. Und zwar aus zwei Hauptursachen:
I. ...‘Denn, wie ein Volk fortschreitet in der Entwicklung des Reichtums, entsteht und wächst immer mehr eine Klasse von Leuten, die durch die Arbeiten ihrer Vorfahren sich im Besitz von Fonds befinden, von deren bloßem Zins sie leben können.
Viele, auch die in der Jugend und Mannheit aktiv im Geschäft beteiligt, ziehen sich zurück, um im Alter ruhig vom Zins der akkumulierten Summen zu leben.
Diese beiden Klassen haben eine Tendenz, mit dem wachsenden Reichtum des Landes sich zu vermehren... Im Verhältnis wie die Klasse der Rentiers wächst, wächst auch die der Kapitalverleiher, den sie sind beides dieselben.‘ (Ramsay, a.a.O.)“ K. Marx, Kapital 3. S. 373f.
„II. Die Entwicklung des Kreditsystems und die damit beständig wachsende, durch die Bankiers vermittelte, Verfügung der Industriellen und Kaufleute über alle Geldersparnisse aller Klassen der Gesellschaft und die fortschreitende Konzentration dieser Ersparnisse zu den Massen, worin sie als Geldkapital wirken können, muss ebenfalls auf den Zinsfuß drücken.“ K. Marx, Kapital 3. S. 374.

Aus: „Kurzfassung aller drei Kapitalbände in den Worten von Karl Marx“.
Die einzelnen Abschnitte dieser Kapital-Kurzfassung erscheinen täglich oder in kurzen Abschnitten in www.marx-forum.de .
Wal Buchenberg, 30.05.2001.