Am 30.
April fand in Stuttgart der Beginn des AfD
Bundesparteitag statt. Dagegen regte sich
erfreulicher Weise verschiedener Widerstand. Für
diese Aktionen war bundesweit mobilisiert worden,
auch aus Hamburg, Berlin, München, Mannheim usw.
waren Gruppen gekommen. Und natürlich ist die
Metropolregion Stuttgart selbst einer der größten
Ballungsräume und hat eigentlich auch von sich aus
ein großes Potential zum mobilisieren. Vor diesem
Hintergrund nehmen sich die Proteste in Größe und
Wirkung allerdings sehr Bescheiden aus.
Verschiedene Organisationen und Bündnisse hatten mit
verschiedenen Aktionen und Zielen in die Region
Stuttgart gerufen, darunter die Kampagne
„Nationalismus ist keine Alternative". Sie rief dazu
auf den „AfD Parteitag zu verhindern".
Dementsprechend wurde versucht den Verkehr auf der
Autobahn 8 und der Bundesstraße 27 zu stören.
Außerdem versuchte man über die Felder von hinten an
das Tagungsgebäude bei der Messe Stuttgart heran zu
kommen, musste jedoch, das eigene und
das Leben anderer
Menschen gefährdend und die Autobahn zu Fuß
überquerend flüchteten.
Vor dem Tagungsgebäude des AfD Parteitages, das in
der Gemeinde Leinfelden - .Echterdingen im Kreis
Esslingen liegt, versuchte unter anderem die
Interventionistische Linke (IL), ebenfalls mit dem
Ziel den „AfD Parteitag zu verhindern", zu
demonstrieren. Auch diese Aktion scheiterte schnell
an natürlich überlegenen Polizeikräften, insgesamt
sollen mehrere Hundert Demonstranten rund um das
Tagungsgebäude ?Stuttgarter Messe" festgenommen
worden sein.
Am Nachmittag gab es eine als „Großdemonstration"
konzipierte Demo in Stuttgart, die von Die Linke, der
SAV und weiteren Organisationen sowie auch den
bereits genannten getragen wurde. Diese Demonstration
war natürlich notwendig und erfreulich, blieb jedoch
von der Teilnehmerzahl und der Wirkung her weit
hinter den Erwartungen zurück. Der Autor schätzt nach
vorliegenden Bildern, Videos
und Berichten eine Teilnehmerzahl in Stuttgart sowie
Leinfelden - Echterdingen von insgesamt 1500.
Hier ist erheblich mehr Potential vorhanden wie
Protestaktionen im März gegen die AfD in der 16
Tausend Einwohner Stadt Breisach gezeigt hatten, zu
der ebenfalls 1500 Menschen gekommen waren, wobei
genau zeitgleich nur 20 Km entfernt in Freiburg eine
Demonstration gegen Abschiebungen mit 1000
Teilnehmern stattgefunden hatte.
Woran hat es gelegen, warum wurde in Stuttgart kein
so starkes Zeichen gesetzt wie man wollte ?
Eigentlich gibt es eine große Mehrheit in der
Gesellschaft gegen die AfD und für eine weltoffene
und solidarische Gesellschaft, gerade in
Baden-Württemberg. Bundesweit ist die Katholische
Kirche ein starker Gegner der AfD. Das Zentralkomitee
der Katholiken hatte diese rechtspopulistische Partei
vom Katholikentag geworfen, Bischöfe wie neulich
Wölki in Köln greifen die AfD massiv an. Die Kirchen
befinden sich in einem freundschaftlichen Dialog mit
dem Islam. Die verschiedenen Organisatoren der
Proteste in Stuttgart haben es aber versäumt auch die
Kirchen in die Front gegen die AfD einzubinden. Auch
die sonstigen christlichen, die jüdischen Gemeinden,
die islamischen und sonstigen Religionen und
Weltanschauungen wurden nicht eingebunden. In
Breisach hat sich der Kirchengemeinderat entschieden
gegen die AfD gewendet und es gab aus diesem Anlaß
ökumenische Gottesdienste vor der Demonstration und
die Glocken des Münsters haben geläutet. Auch auf der
politischen Ebene wurde in Stuttgart keine Initiative
ergriffen. In Breisach hat der Gemeinderat Einstimmig
die AfD Vorsitzende Frauke Petry im Vorlauf zur
Demonstration zur ?unerwünschten Person" erklärt.
Auch der CSU Bürgermeister von Augsburg etwa hatte
sich entschieden gegen die AfD Vorsitzende
Positioniert und entsprechend agiert. Auch in Bad
Krozingen, Kandern und vielen anderen Orten waren
Bürgermeister und Gemeinderäte mit Beschlüssen und
Stellungnahmen gegen die AfD hervorgetreten.
Ein solch „Breites
Bündnis" und im Gefolge eine Großdemonstration als
mächtiges Zeichen gegen Rechts wäre auch in Stuttgart
möglich gewesen. Ein Dialog über eine solidarische
und weltoffene Zukunft hätte von der Basis her in
Gang kommen können. Dies wurde durch perspektivlosen
und sektiererischen Aktionismus, der viele
abschreckte, verspielt.
Nein, Hartz 4 ist nicht zu entschuldigen und auch die
sonstige unsoziale Politik aller Parteien dieses
Systemes nicht. Und ja, auch die Kirchen haben in der
Vergangenheit viel falsch gemacht und man muss nicht
alle Positionen teilen. Doch wer ohne Schuld und
Perfekt ist der werfe den ersten Stein und letztlich
liegt es am kapitalistischen Wirtschaftssystem, das
die Menschen in Religionen, Weltanschauungen und
Nationen spaltet und gegeneinander bringt.
Darum geht es, die Wirkungsweise dieses
kapitalistischen Wirtschaftssystemes im Dialog mit
den Massen zu erklären und machbare Alternativen und
Wege für die Gesellschaft aufzuzeigen.
Breite Bündnisse sind ein kleiner Schritt für die
Gesellschaft, wenn sie sich gegen Nazis, gegen Krieg,
Atomkraft und andere gefährliche Symptome des
niedergehenden Kapitalismus wenden. Aber kleine
Schritte können in der heutigen und vernetzten Welt
der Auftakt zu einem großen Schritt für die
Menschheit sein.
- Den Kommentar
erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.
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