Brasilien
Wir haben eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg - der Kampf geht weiter!

Liga Socialista Brasilien

05/2016

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Der Sieg der reaktionären und korrupten rechten Parteien von mehr als Zwei-Drittel der 513 Abgeordneten in Brasiliens Kongress war ein entscheidender Schritt in Richtung eines Staatsstreiches, in dessen Zuge in der Nacht des 17. April der Amtsenthebungsprozess gegen die Präsidentin Dilma Rousseff begonnen wurde.

Der Verfahrensantrag, getragen von 367 Stimmen dafür, 137 dagegen, 7 Enthaltungen und zwei Abwesenden, wird nun dem Senat vorgelegt. Wenn er dort angenommen wird, bedeutet das die Ersetzung von Dilma Rousseff („Arbeiterpartei“, Partido dos Trabalhadores, PT) durch den aktuellen Vizepräsidenten Michel Temer („Partei der Brasilianischen Demokratischen Bewegung“, Partido do Movimento Democrático Brasileiro, PMDB). Gegen Temer gibt es weitaus schwerwiegendere Korruptionsvorwürfe als gegen die Präsidentin selbst. Die PT und die RegierungsunterstützerInnen haben stark um ihre Position im Kabinett gekämpft. Mit vielen politischen und juristischen Argumenten versuchten sie, die Denunziationen zu widerlegen, um vor allem die Stimmen der Unentschlossenen für sich zu gewinnen. Doch sie konnten die Einleitung des Amtsenthebungsverfahrens nicht verhindern. 

In den Straßen und auf den Plätzen im ganzen Land konnten wir wieder einmal sehen, wie alle „alten“ Militanten der linken Bewegung sich gemeinsam mit den enthusiastischen Jugendlichen zeigten, dass organisierte und mutige Militanz ein wichtiges Potential für den Kampf um eine gerechte, soziale Gesellschaft und Demokratie ist. Am Ende der Abstimmung waren zwar alle empört über deren Ausgang, aber dennoch überzeugt, den Kampf weiterzuführen auf den Straßen des Landes, um die tatsächliche Umsetzung des Staatsstreiches im Senat zu verhindern. 

Der Kampf ist also nicht vergeblich. Er zeigt der ArbeiterInnenklasse wieder einmal, dass dieser Kongress uns nicht repräsentiert. In seiner überwiegenden Mehrheit besteht er aus KarrieristInnen, die Gesetze im Interesse der Besitzenden machen, und der einzige Weg, sie zu politisch für etwas zu gewinnen, sind Bestechungen und lukrative Posten in der Regierung für ihrer AnhängerInnen.

Nicht nur durch ihre Abstimmungen, sondern noch viel mehr durch ihre Reden - in denen sie argumentieren, dass sie angeblich im Interesse ihrer Kinder, Neffen und Verwandten abgestimmt hätten - zeigen sie glasklar, welche Klasseninteressen sie verteidigen. Darüber hinaus konnten wir wunderbar sehen, wie die reaktionärsten und rechtesten von ihnen mit allen Mitteln hasserfüllt gegen unsere sozialen und demokratischen Rechte hetzten, die so hart erkämpft wurden. 

Der extrem-rechte Abgeordnete Jair Bolsonaro („Christlich Soziale Partei“, Partido Social Cristão, PSC) ließ keinen Zweifel an den kommenden Angriffen, als er rief „ ... gegen den Kommunismus, das Sao Paolo Forum und in Gedenken an Brilhante Ulstra stimme ich für Ja“. Ulstra war der Anführer der berüchtigten Foltereinheit der Militärdiktatur von 1964-85. 

Marco Feliciano (ebenfalls PSC-Mitglied) äußerte sich ähnlich, indem er höhnisch spottete: „Goodbye PT, Partei des Pöbels“, während andere die Wählerschaft der PT als „Vagabunden“ bezeichneten. Wir können also zweifellos sagen, dass dieser Kongress weder die ArbeiterInnenklasse noch die große Mehrheit, sondern die Reichen und Privilegierten repräsentiert. 

Wir haben zwar die Schlacht im Kongress verloren, doch der eigentliche Kampf hat erst begonnen. Wir müssen mit dem Mittel des Generalstreiks zurückschlagen. Die großen Gewerkschaften, welche die ArbeiterInnenklasse repräsentieren, müssen diesen organisieren, indem sie die Dynamik der jetzigen großen Mobilisierungen und die Unzufriedenheit der ArbeiterInnenklasse gegen diesen „legalen“ Staatstreich nutzen. 

Gemeinsam mit den Gewerkschaften (CUT), der Frente Brasil Popular und der Frente Povo Sem Medo - beides Organisationen, die seit einem Monat gegen den Staatsstreich, aber auch gegen die direkten Angriffe der PT-Regierung auf soziale Rechte mobilisieren, müssen wir in Aktion treten. Sie drücken die aktuelle Radikalisierung des Kampfes aus. 

Heute müssen all diese Organisationen zusammenkommen, ihre Aktionen koordinieren, vereint mit den sozialen Bewegungen, der Bewegung für landlose ArbeiterInnen (MST), der Bewegung für Obdachlose ArbeiterInnen (MTST) und der Jugend. Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass nicht nur das Schicksal der Regierung, sondern all unsere lang erkämpften Rechte hier auf dem Spiel stehen. 

Wenn unsere großen Mobilisierungen nicht ausreichen sollten, um den Staatsstreich im Senat zu verhindern, müssen wir uns umso mehr radikalisieren und gezielt die Basis angreifen, auf der die Herrschaft der KapitalistInnenklasse beruht, ihre Herrschaft über die Produktionsmittel - Fabriken, Grund und Boden und die Minen!

  • Wir müssen den 1. Mai zu unserem Vorteil nutzen, den Tag des internationalen ArbeiterInnenkampfes, um den Weg für einen Generalstreik gegen den Staatsstreich zu öffnen! 
  • Gegen jeden einzelnen Angriff auf unsere Rechte!
  • Verteidigt die demokratischen Rechte!
  • Wir werden diesen Staatsstreich nicht hinnehmen, wir schlagen zurück!
  • Für einen Generalstreik, um den Staatsstreich zu verhindern!

Quelle: Zusendung durch ARBEITER/INNEN/MACHT-INFOMAIL, Nummer 877, 26. April 2016