Der Sieg der
reaktionären und korrupten rechten Parteien von
mehr als Zwei-Drittel der 513 Abgeordneten in
Brasiliens Kongress war ein entscheidender Schritt
in Richtung eines Staatsstreiches, in dessen Zuge
in der Nacht des 17. April der
Amtsenthebungsprozess gegen die Präsidentin Dilma
Rousseff begonnen wurde.
Der Verfahrensantrag,
getragen von 367 Stimmen dafür, 137 dagegen, 7
Enthaltungen und zwei Abwesenden, wird nun dem
Senat vorgelegt. Wenn er dort angenommen wird,
bedeutet das die Ersetzung von Dilma Rousseff
(„Arbeiterpartei“, Partido dos Trabalhadores, PT)
durch den aktuellen Vizepräsidenten Michel Temer
(„Partei der Brasilianischen Demokratischen
Bewegung“, Partido do Movimento Democrático
Brasileiro, PMDB). Gegen Temer gibt es weitaus
schwerwiegendere Korruptionsvorwürfe als gegen die
Präsidentin selbst. Die PT und die
RegierungsunterstützerInnen haben stark um ihre
Position im Kabinett gekämpft. Mit vielen
politischen und juristischen Argumenten versuchten
sie, die Denunziationen zu widerlegen, um vor allem
die Stimmen der Unentschlossenen für sich zu
gewinnen. Doch sie konnten die Einleitung des
Amtsenthebungsverfahrens nicht verhindern.
In den Straßen und
auf den Plätzen im ganzen Land konnten wir wieder
einmal sehen, wie alle „alten“ Militanten der
linken Bewegung sich gemeinsam mit den
enthusiastischen Jugendlichen zeigten, dass
organisierte und mutige Militanz ein wichtiges
Potential für den Kampf um eine gerechte, soziale
Gesellschaft und Demokratie ist. Am Ende der
Abstimmung waren zwar alle empört über deren
Ausgang, aber dennoch überzeugt, den Kampf
weiterzuführen auf den Straßen des Landes, um die
tatsächliche Umsetzung des Staatsstreiches im Senat
zu verhindern.
Der Kampf ist also
nicht vergeblich. Er zeigt der ArbeiterInnenklasse
wieder einmal, dass dieser Kongress uns nicht
repräsentiert. In seiner überwiegenden Mehrheit
besteht er aus KarrieristInnen, die Gesetze im
Interesse der Besitzenden machen, und der einzige
Weg, sie zu politisch für etwas zu gewinnen, sind
Bestechungen und lukrative Posten in der Regierung
für ihrer AnhängerInnen.
Nicht nur durch
ihre Abstimmungen, sondern noch viel mehr durch
ihre Reden - in denen sie argumentieren, dass sie
angeblich im Interesse ihrer Kinder, Neffen und
Verwandten abgestimmt hätten - zeigen sie glasklar,
welche Klasseninteressen sie verteidigen. Darüber
hinaus konnten wir wunderbar sehen, wie die
reaktionärsten und rechtesten von ihnen mit allen
Mitteln hasserfüllt gegen unsere sozialen und
demokratischen Rechte hetzten, die so hart erkämpft
wurden.
Der extrem-rechte
Abgeordnete Jair Bolsonaro („Christlich Soziale
Partei“, Partido Social Cristão, PSC) ließ keinen
Zweifel an den kommenden Angriffen, als er rief „
... gegen den Kommunismus, das Sao Paolo Forum und
in Gedenken an Brilhante Ulstra stimme ich für Ja“.
Ulstra war der Anführer der berüchtigten
Foltereinheit der Militärdiktatur von 1964-85.
Marco Feliciano
(ebenfalls PSC-Mitglied) äußerte sich ähnlich,
indem er höhnisch spottete: „Goodbye PT, Partei des
Pöbels“, während andere die Wählerschaft der PT als
„Vagabunden“ bezeichneten. Wir können also
zweifellos sagen, dass dieser Kongress weder die
ArbeiterInnenklasse noch die große Mehrheit,
sondern die Reichen und Privilegierten
repräsentiert.
Wir haben zwar die
Schlacht im Kongress verloren, doch der eigentliche
Kampf hat erst begonnen. Wir müssen mit dem Mittel
des Generalstreiks zurückschlagen. Die großen
Gewerkschaften, welche die ArbeiterInnenklasse
repräsentieren, müssen diesen organisieren, indem
sie die Dynamik der jetzigen großen Mobilisierungen
und die Unzufriedenheit der ArbeiterInnenklasse
gegen diesen „legalen“ Staatstreich nutzen.
Gemeinsam mit den
Gewerkschaften (CUT), der Frente Brasil Popular und
der Frente Povo Sem Medo - beides Organisationen,
die seit einem Monat gegen den Staatsstreich, aber
auch gegen die direkten Angriffe der PT-Regierung
auf soziale Rechte mobilisieren, müssen wir in
Aktion treten. Sie drücken die aktuelle
Radikalisierung des Kampfes aus.
Heute müssen all
diese Organisationen zusammenkommen, ihre Aktionen
koordinieren, vereint mit den sozialen Bewegungen,
der Bewegung für landlose ArbeiterInnen (MST), der
Bewegung für Obdachlose ArbeiterInnen (MTST) und
der Jugend. Wir müssen uns darüber im klaren sein,
dass nicht nur das Schicksal der Regierung, sondern
all unsere lang erkämpften Rechte hier auf dem
Spiel stehen.
Wenn unsere großen
Mobilisierungen nicht ausreichen sollten, um den
Staatsstreich im Senat zu verhindern, müssen wir
uns umso mehr radikalisieren und gezielt die Basis
angreifen, auf der die Herrschaft der
KapitalistInnenklasse beruht, ihre Herrschaft über
die Produktionsmittel - Fabriken, Grund und Boden
und die Minen!
- Wir müssen den
1. Mai zu unserem Vorteil nutzen, den Tag des
internationalen ArbeiterInnenkampfes, um den Weg
für einen Generalstreik gegen den Staatsstreich
zu öffnen!
- Gegen jeden
einzelnen Angriff auf unsere Rechte!
- Verteidigt die
demokratischen Rechte!
- Wir werden
diesen Staatsstreich nicht hinnehmen, wir
schlagen zurück!
- Für einen
Generalstreik, um den Staatsstreich zu
verhindern!
Quelle: Zusendung durch
ARBEITER/INNEN/MACHT-INFOMAIL, Nummer 877, 26.
April 2016
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