Aufkleber

von Peter Djordjevic

05/10

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Nichts (böses) ahnend wollte ich gestern mit dem Rad in die Stadt. Da sah ich, wie jemand obige Aufkleber bei den Bushaltestellen anklebte. Ich schaute es mir an und fuhr sogar einen Kreis, um es weiter zu beobachten. Dann dachte ich mir da rufst du doch mal die Polizei, stellte jedoch fest, dass er es alleine schaffte. Da er ein wenig ängstlich in meine Richtung schielte, fuhr ich hin und habe mir erst einmal den Aufkleber angeschaut. Für meine alten Augen wäre ein farbiges DIN A3 Plakat besser geeignet, um zumindest das „Logo“ zu identifizieren. Im freien Feld darunter könnte ich dann schreiben, weshalb ich die Forderung richtig finde oder auch nicht. Das habe ich denn auch der Frau gesagt, die den Aufkleber wieder abziehen wollte. Erstaunlicherweise war sie HartzIV- Empfängerin. Sie konnte allerdings nicht sagen, weshalb sie die Werbung von??? abreißen wollte. Der Bus kam und sie meinte noch triumphierend, im Bus stehend, dass es doch genau so sei wie die Schmierereien an den Hauswänden. Ich hätte ihr gerne noch gesagt, wie Recht sie doch hat. Es sind nicht kommerzielle Mitteilungen, die gerade deshalb verbreitet werden müssen.

Der Klebetyp fragte mich, ob wir nicht gemeinsam ein Stück fahren könnten. Ich bejahte, sagte aber, dass ich solche Untaten wie das Ankleben von „den Dingern“ nicht machen werde. Ich schaute dann zu, wie der eine und andere Aufkleber seiner Bestimmung zugeführt wurde. Ich konnte nicht anders - weil es inhaltlich nichts zu meckern gab – als zu sagen, er solle die „Dinger“ wenigstens gerade ankleben. Da er schaute wie mein Dackel, nahm ich ihm welche ab und klebte sie an die Ampel, vor der wir gerade standen. Ein Haufen Kinder stand um uns herum, die von der Schule kamen.

Wir sind dann zu dieser Schule gefahren und haben auf dem Hof an einer Basketballhalterung einen Aufkleber angebracht. Es führte dazu, dass uns der Aufsicht führende Lehrer aufforderte, den Aufkleber wieder zu entfernen. Da auch eine Traube Kinder um uns herum stand, haben wir ihn gefragt, ob er den wüsste, wie viel Kinder von denen, die da standen, denn wohl „Harzer“ werden? Er wollte es nicht sagen. Egal, die nächste Frage war die, ob er denn der Meinung sei, dass 3,94 Euro zum Essen genug seien und es an der Schule Essen gäbe. Er wurde „sauer“ und kratzte den Aufkleber selbst ab, mit der Bemerkung, dass er Hausrecht habe und wir den Schulhof verlassen sollten. Dem kamen wir nach, nachdem wir an die Kinder Aufkleber mit der Aufforderung, sie ja nirgends zu kleben, verteilten hatten.

Jetzt überlege ich, ob ich www.500-euro-eckregelsatz.de aufrufe, dort unterschreibe und mir auch noch Aufkleber kostenlos bestelle. Bei uns gibt es noch jede Menge Wohnblocks mit großen Fluren.

Editorische Anmerkung

Den Artikel erhielten wir vom Autor.