Der Dalai Lama und die Nazis
„Onkel Dalai“- "Der Witzbold“ und
„alte Märchenerzähler“ war da


von Indiana Jones & das Geheimnis des A im Kreis

05/08

trend
onlinezeitung

Als „Witzbold“, „alter Märchenerzähler“ und „Onkel Dalai“ bezeichneten die Bochumer WAZ-Reporter den Dalai Lama bei seinem Besuch in Bochum. Das war letzte Woche, als auf diese Stadt der “weltweite Blick“ fiel.  In diesem Artikel fällt ein anderer Blick auf "Seine Heiligkeit"

Die Bezeichnungen „Witzbold“, „alter Märchenerzähler“ und „Onkel Dalai“ und weitere Adjektive wie „grinsend“ und „feixend“ sind keineswegs abwertend seitens der Bochumer Presse an die Adresse des tibetanischen Seniors gemeint. Sondern lobend, als Umgang eines „Gottkönigs“ und Mönchs, namens Tenzin Gyatso, mit Presse, Politik und Schaulustigen. Als Beschreibung seines Humors. Angesichts des Bochumer Ratssaals äußerte „seine Heiligkeit“ gar schelmisch und demokratisch zur Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz: „Toller Saal; wahrscheinlich guckt ihr hier Kinofilme, wenn Ratssitzungen sind.“

Als gewollt infantil unerfahren oder besser gesagt, besoffen dümmlich-weltfremd, kann man die Geisteshaltung und Einstellung der meisten Medien und BochumerInnen zum Dalai Lama und Tibet bezeichnen.

Es wird von dem „charismatische Oberhaupt der Tibeter“, „seiner Heiligkeit“ und einem „Gottkönig“ gesprochen. Und auf fast allen freudig strahlenden Gesichtern scheint der reaktionäre Wunsch zu liegen, geführt zu werden.

In solch einem Klima konnten auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und der Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) im Ruhr Congress vor ca 3000 Menschen nicht fehlen. Koch, ein langjähriger Freund des Dalai Lama, bestritt seinen letzten Wahlkampf mal wieder mit rassistischen Ressentiments.

Und der Bochumer Norbert Lammert empfing im letzten Jahr Roberto de Mattei, den Berater des italienischen „Post“faschisten Gianfranco Fini, auf einem Symposium zur “Dialektik der Säkularisierung - Werte für die Zukunft oder Zukunft ohne Werte” an der RUB.
(  http://www.bo-alternativ.de und  http://media.de.indymedia.org/) . Die Stimmung in Bochum war eine Mischung aus Sprüchen wie aus tibetischen Glückskeksen und bunten politischen Allerlei, gleich Gebetsfahnen.  Das Ganze flankiert von rechtsaußen CDU-Interpreten.

Eine Front - Das Volk von Tibet und der „nationale Widerstand“

Da mussten sich einfach die Bochumer „Nationalen Sozialisten“ melden. Das durften sie sich nicht entgehen lassen.

Auf der Internet-Präsenz der Bochumer NPD gibt der wegen Volksverhetzung vorbestrafte NRW-Vize und Wattenscheider Claus Cremer zu verstehen: "Ich habe den heutigen Tag bzw. die heutige Veranstaltung dazu genutzt, um dem Dalai Lama auch im Namen der NPD meine Aufwartung zu machen. Es ist bewundernswert wie dieser Mensch seit Jahren für die Freiheit und die Unabhängigkeit seines Volkes und seines Landes kämpft. Auch der nationale Widerstand kämpft hier in Deutschland gegen Unterdrückung und die noch immer anhaltende Besatzung.“

Vereint im Unglück: Tibet ist wie Wattenscheid und China wie Bochum
Und weiter geht`s in der PR: „Zudem wissen auch wir Wattenscheider nach der undemokratischen Gebietsreform was es bedeutet, gegen den Willen der Bevölkerung unter fremder Verwaltung zu stehen. Aus all diesen Gründen heraus kann sich der Dalai Lama der Solidarität und der Unterstützung der NPD für seinen Freiheitskampf sicher sein."

Jaja, nicht nur der Dalai Lama besitzt Humor! Hier bewirbt sich der „Nationale Widerstand“ mal wieder um „den Orden wider dem tierischen Ernst“.

Zeig mir deine Freunde und ich sag Dir, wer Du bist

Aber eines muss man dem braunen Saum von Bochum schon lassen. Er weist die antidemokratischen Parallelen in der aktuellen Diskussion um Tibet auf.
Und macht sich verdient darum, auf die historische Freundschaften des Dalai Lama zu verweisen.

Der gerichtlich einschlägig bekannte Herausgeber der „Freiheit Wattenscheid“, Michael Frank (ex NPD), verkündete am 17.5.2008 auf seiner Internet-Seite: “Dalai Lama bekennt sich in Wattenscheid zu Heinrich Harrer“ und zitiert aus der Bochumer WAZ die Antwort des Dalai Lamas auf die Frage eines Kindes : "Tibet ist ein schönes Land. Meine Freunde Harrer und Aufschneider, ein Österreicher und ein Deutscher, haben ein schönes Buch darüber gemacht. Schau es dir an, und wenn du älter bist, kannst du ja selbst nach Tibet fahren."

Nun, wer waren die Menschen Aufschneider und Harrer? Was hatten sie mit dem Dalai Lama zu tun?  Warum möchte der Dalai Lama, dass ein Wattenscheider „Döppke“ deren Buch liest?

Heinrich Harrer: SS-Oberscharführer und Lehrer des Dalai Lama

Heinrich Harrer, geb. 6.7.1912 in Österreich, wurde Ende der 90ziger Jahre schlagartig bekannt, als der Film „Sieben Jahre in Tibet“ ins Kino kam. In diesem spielt der Schauspieler Bratt Pitt den jungen Harrer der bei einer Expedition der Deutschen Himalaya-Stiftung im Himalaya vom Kriegsausbruch überrascht wird, mit anderen deutschen Forschern von Alliierten interniert wird und mit Peter Aufschnaiter flieht. Beide arbeiten dann für die tibetische Regierung. Aufschnaiter als Berater und Harrer als Lehrer des jetzigen Dalai Lamas.

Das was der Film stark unterbelichtet, ist die politische Vita des Lehrers des Dalai Lamas.
Heinrich Harrer war schon 5 Jahre vor dem Anschluss Österreichs Mitglied des SA. Sofort nach dem „Anschluss“ Österreichs an das 3.Reich im März 1938 wurde Harrer Mitglied der SS und der NSDAP. Diese Beitritte fanden im April und Mai 1938 statt.

Im Juli 1938 gehörte Heinrich Harrer zusammen mit Anderl Heckmair, Fritz Kasparek und Ludwig Vörg zu den Erstbesteigern der Eiger-Nordwand.

Hitler zeichnete diesen willigen Vorzeigeathleten umgehend aus. Harrer wurde von Heinrich Himmler, dem Reichsführer der SS, protegiert und erhielt den Rang eines SS-Oberscharführers und Posten als Sportinstrukteur der SS. Himmler soll sich auch für seine erste Ehe mit Lotte Wegener eingesetzt haben.

Erst Ende der 90ziger wurden die politischen Ambitionen des jungen Harrers einem größeren Publikum bekannt. Am 7.Januar 2006 verstarb Heinrich Harrer.

Wie sich ein Teil der Tibet-Solidarität zu Heinrich Harrer stellt, kann man dort einsehen. Auch ist hier eine Laudatio des Dalai Lamas auf seinen Ex-Lehrer nach zu lesen.
(Zu Heinrich Harrer ein Buchhinweis: Gerald Lehner, „Zwischen Hitler und Himalaya. Die Gedächtnislücken des Heinrich Harrer“, Wien, Czernin Verlag, 2007

Im Archiv der Internet-Präsenz des rechtsextremen Wattenscheider „Zeitreisen-Verlags“ kann man ein Foto finden. Hier sitzen der SS-Oberscharführer Heinrich Harrer und der Verleger Marc Meier zu Hartum einmütig neben einander.

Marc Meier zu Hartum war der Chef der neonazistischen Gruppe „Volkswille“ und stand in den 90ziger Jahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (§129) vor der Dortmunder Staatsschutzkammer. „Volkswille“ hatte sich explizit der Anti-Antifa-Arbeit verschrieben. Bedrohungen und Übergriffen, Sachbeschädigungen und Zerstörungen, Wehrsport, das Bauen von Bomben und Morddrohungen gehörten dazu und brachten ihr im April 1995 das Strafverfahren ein. (siehe Antifa NRW Zeitung Nr.8)

Laut Internet-Präsenz will Marc Meier zu Hartum 1997 den Zeitreisen-Verlag zusammen mit Stuart Russell gegründet haben. Der Sitz der Firma sei seit 1999 Wattenscheid. (Wir erinnern uns: laut NPD das Tibet Bochums.) 40 Dokumentationen hätten sie bisher erstellt und würden das ZDF, SWR und BBC beraten.

Das Firmenlogo ist dem Logo des BDM-Werks „Glaube und Schönheit“ nachempfunden.
(  http://www.bdmhistory.com/  und  http://www.bdmhistory.com/research/gands.html )
Es kann gut möglich sein, dass dies ein rechter link ist, da auch Marc Meier zu Hartum zitiert wird. Über das BDM beim Deutschen Historischen Museum in Berlin:  http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/innenpolitik/bdmglaube/index.html )

Zu Hartum scheint über einen exellenten Zugang zu noch lebenden NS-lern und Zeitzeugen des 3. Reiches zu verfügen. Sein Zeitzeugenarchiv beinhaltet Personen wie z.B. den Kammerdiener Hitlers (Karl Wilhelm Krause), den Leibarzt Hitlers (Dr. Ernst Günther Schenck), den Hausverwalter von Hitlers Berghof (Herbert Döhring), die Reichsreferentin des BDM (Dr. Jutta Rüdiger), Rochus Misch, einem Mitglied der Leibstandarte SS-Adolf Hitler (Zeuge von Hitlers Suizid, Lida Baarova (der Geliebten von Goebbels), und vielen anderen mehr. Ein Zugang, den man nicht von ungefähr erhält.

So kann er auch mit einem großen Bild-, Foto- und Filmarchiv aufwarten. Dies umfasst den privaten Fotonachlass des SSlers und Hitlers „Berghof“- Hausverwalter Herbert Döhring. Den privaten Fotonachlass von Dr. Jutta Rüdiger, der Reichsreferentin des Bund Deutscher Mädel (BDM). Diverse Aufnahmen der Olympiade 1936, etc.p.p.

In dem online „Zeitreisen-Verlag“-Archiv finden sich auch noch ein zweites Foto mit Marc Meier zu Hartum. Diesmal mit dem SS-Brigadeführer Otto Kumm.

Der Verlag von Stuart Russell und Marc Meier zu Hartum scheint erfolgreich zu laufen. Und genau wie die Polarfilm-Gesellschaft bieten sie sich der deutschen Filmindustrie an. Mal mehr mal weniger erfolgreich (hier ein Artikel zu Polarfilm auf Telepolis.

Bei „PolarFilm“ in dem münsterländischen Gescher ist vor allem Karl Höffkes kein unbeschriebenes Blatt. Er ist bekannt als früheres Vorstandsmitglied der rechtsextremen "Gesellschaft für freie Publizistik" und Autor des NS-apologetischen Grabert-Verlag und von "Nation & Europa". Man gebe mal die Suchbegriffe „Hoeffkes“ und „Polarfilm“ bei Google ein. Da wird man nicht schlecht staunen, wie positiv die Reszensionen auf die Produkte von „Polarfilm“ in der NS-Szene ausfallen.

Mit fast dem identischen Wortlaut suchen beide Firmen „Zeitreisen-Verlag“ und „Polar-Film“, bzw zu Hartum und Höffkes, in Österreich nach Originalmaterialien aus der NS-Zeit. Dafür geben sich beide als Historiker aus.

Auf Amazon kann man die Filme des „Historikers“ Marc Meier zu Hartum schon lange bestellen. Und bei Media Markt und bei Saturn stehen die Produkte von Zeitreisen-Verlag und PolarFilm unter der DVD-Rubrik „Dokumentationen“.  Zudem organisiert Marc Meier zu Hartum Fahrten zur ehemaligen SS-Ordensburg Wevelsburg,

Bei „Polar Film“ arbeitet Karl Höffkes unter anderem als Kameramann.  Marc Meier zu Hartum verdient sein Geld im Gesundheitszentrums am Evangelischen Krankenhaus Lutherhaus in Essen-Steele ( http://www.gesundheitszentrum-lutherhaus.de/indexx.html ).
Er dient dort als Sportpädagoge u.a. als Ansprechspartner für die Gesundheitskurse und, wenn er noch etwas Zeit findet, bietet er auch Tai Chi Kurse an. So für die innere Harmonie und so. Soll ja nicht schaden, meint auf jeden Fall der Dalai Lama.

Weitere Freunde des Dalai Lama

Aber Heinrich Harrer ist nicht der einzige „ehrenwerte“ Person, die der Dalai Lama sein Freund nennt.  Zu der Riege der Umarmten des Dalai Lamas gehört auch Dr. Bruno Beger. Übrigens auch ein Freund von Heinrich Harrer.

Bruno Beger:

Auch Bruno Beger bereiste das Himalaya und zwar als „Rasseforscher“ mit der „SS-Expedition Schäfer“. War er zuvor beim Projekt „Lebensborn“ engagiert, so wurde er 1937 zum Persönlichen Stab des Reichsführers-SS versetzt und erhielt den Auftrag, einen Nachweis von nordischen Rasseelementen im Himalaja zu erbringen. Schäfer und Beger forschten im Sinne des für das gesamte SS-Ahnenerbe formulierten Auftrages, Nachweise von der einstigen Weltherrschaft der arischen Herrenrasse zu erbringen. Dafür nahmen sie in Tibet Schädelmessungen und Fotografien vor. Nach Deutschland zurückgekehrt begann Beger seine „Rasse“forschungen und Menschenexperimente im KZ Ausschwitz fortzusetzen. Nach dem Krieg wurde er von den Alliierten drei Jahre interniert und in den 50er Jahren hielt er "Hunderte Lichtbildervorträge" über die SS-Tibetexpedition.
1971 wurde er von dem Schwurgericht Frankfurt wegen Beihilfe zum gemeinschaftichen Mord in 86 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei (!) Jahren verurteilt. Dem österreichischen Journalisten Gerald Lehner antwortete er auf die Frage, ob ihm aus heutiger Sicht manches Leid täte, er habe nichts zu bereuen. Der XIV. Dalai Lama und sein Bruder Thubten Jigme Norbu forderten Beger auf seine Erinnerungen an Tibet auf zu schreiben. 1998 erschien Begers Bericht „Mit der deutschen Tibetexpedition Ernst Schäfer 1938/39 nach Lhasa.“. Kein Wort über die rassepolitischen Absichten sollen in diesem Buch stehen.  Noch ein Märchenerzähler Genau wie sein Freund der Dalai Lama.

Zu Bruno Berge:

http://www.iivs.de/~iivs01311/Lamaismus/NS-Tibet-4-Beger.htm  
http://kalachakra-tantra.com/index.php?id=29%20  
http://www.trimondi.de/deba06.html#_Hlk458061713

Unter den NS-Esoterikern erfreut sich die Tibet Forschung der SS auch heute noch großer Beliebtheit. So brachte der „Forsite-Verlag“ einen „Jahrweiser 2008“ heraus. Titel „Geheimnis Tibet - Expedition Ernst Schäfer“. Hinter dem „Forsite Verlag“ steht der Verein „Trojaburg e.V.“ aus Bottrop. Es lohnt sich mal die Internet-Präsenz des „Forsite-Verlag“ anzuschauen. Brauner geht`s nimmer. Solcherlei Kalender kann man dann auch woanders bestellen. Z.B. bei Anke Hermann aus Eckenthal und ihre Internet-Präsenz „Franken Bücher“, usw.usf..

Und da wir gerade in esoterischen Gefilden schweben, hier noch einen Freund des Dalai Lamas:  Miguel Serrano, der chilenische Hitleresotheriker und Mitgründer der nationalsozialistischen Partei Chiles.

All dies kann dem Dalai Lama nicht wirklich verborgen geblieben sein. Oder doch?
Oder drückt er einfach zuviel Hände? Erzählt er zuviel Witze? Lacht er zuviel?
Er hat sich oft und viel mit solchen Leuten getroffen und sie seine Freunde genannt.
Wird es wie bei den CDUlern Roland Koch und Norbert Lammert um die „Demokratie“ und die „Menschenrechte“ in Tibet gegangen sein. Vermutlich!!!

Und natürlich um die „Innere Harmonie“ und die „Ausgeglichenheit“. Da können wir uns sicher sein.  Und sonst?  Sonst empfiehlt er kleinen Kindern in Wattenscheid die Lektüre die Bücher von SS-lern.


Oh Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!!!

P.S.: Anbei noch einige links zum Friedlichen Tibet:

 http://www.focus.de/politik/ausland/
 http://www.gazette.de/Archiv/Gazette-15-Juli1999/Leseproben1.htm l
 http://www.gandhi-auftrag.de/Buddhismus.htm  
 http://www.bfg-bayern.de/rundfunk/180600.htm  
 http://www.iivs.de/~iivs01311/  
 http://kommentare.zeit.de/

Editorische Anmerkungen

Der Text erschien am 19.5.08 bei Indymedia in zwei Teilen. Wir spiegelten aus Doku-Gründen.