Spanien
Vereinte Linke am Abgrund

von Ralf Streck

05/08

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Nachdem der Chef der Vereinten Linken (IU) nach dem Absturz bei den Parlamentswahlen im Mai seinen Rücktritt ankündigte, ist die Debatte um ihre Neubestimmung voll im Gang. Statt wie geplant im Juni wird der IU-Kongress aber nun erst im Oktober stattfinden. Bis dahin muss ein Nachfolger für den Generalsekretär Gaspar Llamazares gefunden werden, der die Koalition in acht Jahren in die Bedeutungslosigkeit geführt hat.

Angesichts der schwierigen Situation, in der sich die Partei auch finanziell nach dem Wahldebakel befindet, wo sie mit 3,8 Prozent nicht einmal mehr eine eigene Fraktion im Parlament stellt, braucht sie mehr Zeit um die Nachfolge zu regeln. Nun hat auch der ewige Gegner von Llamazares angekündigt, nicht kandidieren zu wollen Der Chef der Kommunistischen Partei (PCE) will zudem beim PCE-Kongress im März 2009 die Parteiführung abgeben, kündigte er an. Damit wird die Krise der IU nun auch in der PCE deutlich sichtbar.

Aber Francisco Frutos tritt nicht geräuschlos ab. Erneut nutzt er die Gelegenheit, um Llamazares vors Schienbein zu treten. Der PCE-Generalsekretär sagte auf einem Führungstreffen Ende April zu Llamazares: "Schon vor vier Jahren hatte ich dich aufgefordert, die Koffer zu packen und nach Hause zu gehen". Damit hätte Llamazares "dieser Organisation viel Leiden erspart". Frutos spricht sich dafür aus, statt eines Chefs "ein kollektive Führungsteam" zu wählen. "Ich vertrete ein radikal anderes Führungskonzept, wie es bisher unbekannt ist". Er wies darauf hin, dass die PCE in den letzten Jahren schon versucht habe, "kollektiver zu arbeiten".

Doch damit ist der Kandidatenschwund noch nicht beendet. Auch Frutos Widersacher in der PCE kündigte am Montag an, nicht für den Posten des IU-Chefs kandidieren zu wollen. Felipe Alcaraz wurde beim PCE-Kongress im Mai 2005 zum Präsidenten gewählt, einen Posten der in der Partei lange verwaist war. Zuletzt nahm "außergewöhnlich" die Baskin Dolores Ibárruri (Pasionaria) den Posten an der Seite von Santiago Carrillo ein. Alcaraz erklärte, die IU und die PCE hätten einen "Wechsel nicht nur aus Altergründen" nötig. Die aktuellen Führer müssten in die zweite Reihe treten, erklärte er am Montag. Den "ernsthaften Prozess der Erneuerung" könne auch Julio Anguita nicht anführen.

Anguita war aus gesundheitlichen Gründen 1999 zurückgetreten unter dem populären PCE-Führer hatte die IU sogar zweistellige Wahlergebnisse erzielt. Er mischt sich stark in die aktuelle Debatte ein und legte ein Dokument zur "Neugründung der Partei" vor. Er wies aber Gerüchte über ein mögliches Comeback zurück: "Neuauflagen waren nie gut", sagte er und wenn es keine neuen Führungspersonen gäbe, dann sei es die IU "nicht wert zu existieren".

Die IU zu verlassen, wie es Teile der PCE fordern, lehnt er ab, da die dann "nackt dastehen würde". Er setzt darauf, die Führung in der Koalition zu übernehmen. Auch Anguita greift den Kurs von Llamazares scharf an. Er wirft ihm die "Unterwerfung" unter die regierenden Sozialisten (PSOE) und einen "Minderwertigkeitskomplex" vor. "Dieser Ballast hat verhindert, dass wir abheben können" und letztlich zum Suizid der IU geführt.

Er fordert eine deutlichere Opposition zum neoliberalen Kurs der PSOE, auch angesichts der ökonomischen Krise in Spanien, "wie es sie lange Zeit nicht gab". Er sprach vor allem die steigenden Lebensmittelpreise, die große Zahl ungesicherter Arbeitsverhältnisse, die schwierige Lage vieler Rentner, die stark steigende Arbeitslosigkeit, die niedrigen Löhne und die Steuerpolitik an. In all diesen Fragen müsse sich die IU deutlich von der PSOE abgrenzen, um eine glaubhafte Alternative zu bieten.

 

Editorische Anmerkungen

Den Text erschien am 13.5.08 bei Indymedia.