MODELLE DER
MATERIALISTISCHEN DIALEKTIK

BEITRÁGE DER BOCHUMER DIALEKTIK-ARBEITSGEMEINSCHAFT

herausgegeben von
HEINZ KIMMERLE
05/07

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onlinezeitung

Kapitel VIII
FRANKFURTER SCHULE (ADORNO UND MARCUSE)

Steffen Kratz, Beate Verhörst

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A. VORBEMERKUNGEN ZUM THEORETISCHEN KONTEXT DER .FRANKFURTER SCHULE*

Wenn im Folgenden das Dialektik-Modell der „Frankfurter Schule" oder der „Kritischen Theorie" - beide Bezeichnungen werden mehr oder minder unonym verwandt - betrachtet wird, so wollen wir uns damit nicht in die Diskussion darüber einlassen, wieweit die Rede von einer Schule überhaupt Berechtigung beanspruchen darf. Schon gar nicht kann es darum gehen, wer heute noch zu Recht oder Unrecht der „Frankfurter Schule" zugeordnet »erden kann.

Habermas etwa teilt mit Adorno und Horkheimer zwar den Ansatz der Positivismuskritik, nicht aber die Grundgedanken der „Dialektik der Aufklärung" und der „Negativen Dialektik." Auch O. Negt u.a., die publizistisch der „Frankfurter Schule" zugerechnet werden, stehen dieser eher distanziert gegenüber.

Dennoch läßt sich für die Begründer der „Kritischen Theorie" Horkheimcr, Adorno und - mit Einschränkungen - Marcuse eine Gemeinsamkeit festmachen, die in der durchgängigen Überzeugung von der Negativität der Gesellschaft und Geschichte besteht. In Horkheimers programmatischem Aufsatz „Traditionelle und kritische Theorie" (1937) sowie in seiner gemeinsam mit Adorno verfaßten Arbeit „Dialektik der Aufklärung" (1947) findet sich hierzu eine erste Selbstverständigung.

Die Problematik der Negativität der Gesellschaft mit dem philosophisch-theoretischem Implikat einer Negativen Dialektik soll vor allem im ersten Teill zu Adorno behandelt werden, während die Auseinandersetzung mit Marcuse, die eher chronologisch angelegt ist, zu zeigen vermag, wie in der .Kritischen Theorie" durchaus divergierende theoretische Positionen miteinander kompiliert werden und schließlich eine Abkehr von grundsätzlichen Theoremen des Marxismus erfolgt.

Auch in diesem Zusammenhang sind in der Tat symptomatische Gemeinsamkeiten der Theoretiker der „Frankfurter Schule" zu verzeichnen. So ist der Versuch einer Integration der Psychoanalyse in eine „kritische Theorie der Gesellschaft," die sich zunächst auf die Marxschen politökonomischen Analysen stützt und sich durchaus marxistisch versteht, durchgängig. Ferner erlangt Hegel eine zentrale Bedeutung, wobei zu vermerken ist, daß die Kritik an dessen Philosophie und Dialektik letztlich dann auch auf Marx gemünzt ist. Philosophiehistorisch läßt sich daher das Konzept der „Kritischen Theorie" im Umkreis des Junghegelianismus verorten. Besonders Adorno bekennt sich explizit zu diesem. Sachlich ist diese Beziehung dort festzumachen, wo Adorno wie Bruno Bauer die Hegelsche Figur der Negation der Negation durch eine absolute Negativität zu ersetzen sucht, was sich in der Einschätzung der bestehenden Gesellschaft als einer total unwahren begründet, gegen die Theorie äußerste Distanz bewahren muß, um ihre kritische Potenz zu behaupten. Zum anderen wird ein Zusammenhang mit Feuerbach und Stirner dort erkennbar, wo Adorno sein Interesse am Konkret-Besonderen erklärt und die abstrakte Allgemeinheit traditioneller Philosophie diffamiert.

Darüber hinaus lassen sich weitere Einflüsse verschiedener Theoretiker verzeichnen, so für Marcuse Heidegger mit seiner Existentialontologie, für Horkheimer in zunehmendem Maße Nietzsche und Schopenhauer, für Adorno schließlich Nietzsche und Kierkegaard.

B. KONTURIERUNG DER KONZEPTION THEODOR WIESENGRUND ADORNOS NACH IHREN ASPEKTEN UND STADIEN

1. Das Verhältnis von Adornos „Negativer Dialektik"' zu seinen materiellen Modellanalysen

Das Konzept einer Dialektik, die sich selbst als eine „negative" bezeichnet, nimmt seinen Ausgangspunkt und seine Begründung von der Differenz zu anderen Modellen her, versteht sich mithin vordringlich als ein kritischer Gegenentwurf.

Dem soll in der Darstellung des Adornoschen Dialektikbegriffes dadurch Rechnung getragen werden, daß zunächst die Kritik Adornos am theoretischen Diskurs der traditionellen Philosophie behandelt wird. Die sich daran anschließende Darstellung der Auseinandersetzung Adornos mit Hegel leitet über zu Adornos eigener Konzeption von Dialektik, gewinnt er diese doch in einer gleichzeitigen Wiederaufnahme und kritischen Distanzierung von der Hegeischen Dialektik.

Die Rekonstruktion von Adornos Dialektikbegriff stützt sich im wesentlichen auf die beiden Arbeiten „Dialektik der Aufklärung" und die „Negative Dialektik." Nach den Worten ihres Autors soll die „Negative Dialektik" die „Karten auf den Tisch"(1) legen; zwar kann sie die materialen Arbeiten Adornos nicht einer Begründung zuführen, indem sie gewissermaßen eine Methodologie erstellt, wäre dies doch für Adorno nichts anderes als ein Rückfall in das traditionelle Verständnis von Philosophie als Metatheorie, die „Negative Dialektik" vermag jedoch die vielfältigen Schriften zur Gesellschaft, Literatur, Musik usw. und deren Verfahren zu rechtfertigen.

Nun ist die „Negative Dialektik" selbst ein philosophisches Werk von äußerster Abstraktheit, das sich dem Verständnis nur dann öffnet, wenn man « an das Gesellschafts- und Geschichtsverständnis Adornos zurückkoppelt. Das Verhältnis der „Negativen Dialektik" zu der „Dialektikder Aufklärung," aber auch zu den „Prismen," den „Eingriffen" usw. läßt sich also als ein solches ,,subtile(r) theoretische(r) Aufarbeitung und Reproduktion"(2) beschreiben. Eine Darstellung von Adornos Dialektikbegriff sieht sich damit veranlaßt, auf Adornos Gesellschaftsbegriff zu rekurrieren, da dieser seinerseits wiederum das Konzept einer Negativen Dialektik rechtfertigt.

2. Kritik am Identifikationsprinzip einer ,prima philosophia in der „Dialektik des Aufklärung" (1947)

Die Intentionen des Adornoschen Philosophierens werden greifbar in der Vorrede zu der gemeinsam mit Max Horkheimer verfaßten Arbeit „Dialektik der Aufklärung." Es geht um „die Erkenntnis, warum die Menschheit, anstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten, in eine neue Art \on Barbarei versinkt."(3) Zwar sind die Autoren überzeugt, „daß die Freiheit in der Gesellschaft vom aufklärenden Denken unabtrennbar ist,"(4) jedoch muß der offensichtliche „Rückfall(s) von Aufklärung in Mythologie"(5) geklärt werden durch eine kritische Reflexion auf Anliegen und Tendenzen der Aufklärung selbst. Wo Aufklärung, die die Emanzipation der Menschheit ;um Ziel hatte, sich mit herrschendem Unrecht widerspruchslos verbindet, ist es unerläßlich, sie kritisch zu hinterfragen. Erst indem aufklärerisches Denken das ihr eigene rückläufige Moment reflektiert, kann aus einer Kritik an ihr ein positiver Begriff von Aufklärung, die nicht mehr mit blinder Herrschaft zusammengeht, herauspräpariert werden.

Der Begriff der Aufklärung wird ähnlich wie der Positivismusbegriff innerhalb der „Kritischen Theorie" mehr als ein Etikett, denn in seiner philosophiehistorischen Bedeutung verwandt. Aufklärung meint dabei jenes Bemühen der Menschen, sich aus der Abhängigkeit von Natur zu befreien, wobei Horkheimer und Adorno schon in den griechischen Mythen einen ersten Niederschlag von Aufklärung erblicken.

Dabei wird für die Aufklärung die Emanzipation des menschlichen Subjekts und die Naturbeherrschung zu ein und demselben Anliegen. An dieser „Verwechslung von Naturbeherrschung und Ansichsein"(6) setzt Adornos Kritik der Aufklärung an.

Jene philosophische Reflexion, die beides - Emanzipation des Subjekts und Naturbeherrschung - widerspiegelt und zugleich legitimiert, erkauft nämlich die Konstituierung des autonomen Subjekts durch eine solche Vin-dizierung der Natur, die diese zum bloßen Objekt herabsetzt. Jede Besonderheit, jegliche Qualität wird getilgt, um die Natur dem Subjekt kommensurabel zu machen, d.h. sie als vom Subjekt konstituierte zu begreifen.

Die traditionelle Philosophie ist auf der Suche nach einem ursprünglichen Prinzip, sie ist damit prima philosophia. Aus diesem Prinzip soll sich alles herleiten lassen, womit die Identität von Subjekt und Objekt erreicht wäre. Daß dieses Prinzip als ein subjektives ausgegeben wird, kennzeichnet diese Philosophie zwar als Idealismus, nicht aber ist Identitätsphilosophie und Idealismus identisch. Auch jede Position, die im Sein, in Natur oder Materie ein Erstes erblickt, ist prima philosophia, geht auf Identität und wird damit für Adorno letzlich Ideologie.

Adornos Kritik an Ursprungsphilosophie bzw. prima philosophia entfaltet sich nun an ihren Voraussetzungen und Konsequenzen. Zunächst einmal muß eine solche Philosophie auf ein Allgemeines gehen, letztlich auf ein Abstraktes. „In dem als philosophisch Ersten behaupteten Prinzip soll schlechthin alles aufgehen, gleichgültig, ob dies Prinzip Sein heißt oder Denken, Subjekt oder Objekt, Wesen oder Faktizität. Das Erste der Philosophen erhebt totalen Anspruch: es sei unvermittelt, unmittelbar.... Aber ein jegliches Prinzip, auf welches Philosophie als auf ihr erstes reflektieren kann, muß allgemein sein, wenn es nicht seiner Zufälligkeit überführt werden will. Und ein jegliches allgemeines Prinzip eines Ersten, wäre es auch das der Faktizität im radikalen Empirismus, enthält in sich Abstraktion."(7)

Die Kürzung der Natur auf ein bloßes Objekt, das nur noch zum Gegenstand der Beherrschung und Berechnung wird, ist letzte Konsequenz der Aufklärungsphilosophie, womit Vernunft zur rein instrumentellen degradiert wird. Philosophie verfährt hier nach dem Modell der Naturwissenschaften, „Verfügbarkeit stiftet das Bündnis zwischen Philosophie und Mathematik,"(8) denn die Philosophie, die in der Herrschaft des Subjekts über die Natur die Emanzipation des Subjekts erblickt, streicht per Abstraktion allei weg, was sich dieser Beherrschung am Objekt sperrt. Machbarkeit und Kalkulierbarkeit avancieren so zum obersten Wahrheitskriterium. „Der Mann der Wissenschaft kennt die Dinge, insofern er sie machen kann."(9)

Mit jener Vereinnahmungsstrategie, die Ursprungsphilosophie betreiben muß, will sie ein ursprünglich Erstes behaupten, wird Aufklärung gewissermaßen totalitär. Dies schlägt sich auch dort nieder, wo das Ideal der Philosophie „das System (ist), aus dem alles und jedes folgt."(10)

Da Identität sich lediglich in einer abstrakten Allgemeinheit behaupten kann, geht nicht nur das Objekt, die Natur, jeglicher Qualität verlustig, sondern ebenso sehr das Subjekt, das Ich, dessen Emanzipation das Ziel war. „Die disqualifizierte Natur wird zum chaotischen Stoff bloßer Einteilung und das allgewaltige Selbst zum bloßen Haben, zur abstrakten Identität."(11) Und im Hinblick auf die Kantische Philosophie vermerkt die „Dialektik der Aufklärung": ,,... die Weltherrschaft über die Natur wendet sich gegen das denkende Subjekt selbst, nichts wird von ihm übriggelassen, als eben jenes ewig gleiche Ich denke, daß alle meine Vorstellungen muß begleiten können. Subjekt und Objekt werden beide nichtig."(12)

Abzulesen ist dies an der durchgängigen Trennung von transzendentalem und empirischem Ich. Das empirische Ich könnte seine Abhängigkeit von äußerer und innerer Natur niemals leugnen; es als autonom zu setzen, es als Unbedingtes zum Konstituens alles Bedingten zu machen, wäre höchstens lächerlich. Nur ein transzendentales Subjekt, dessen Beziehung zum empirischen der Idealismus immer ungeklärt ließ, vermag dies von sich zu behaupten. So geht zwar die „Gleichung von Geist und Welt ... am Ende auf, aber nur so, daß ihre beiden Seiten gegeneinander gekürzt werden."(13)

Das Identifikationsprinzip führt in der Konsequenz zur Vergewaltigung des Konkreten, Einzelnen, an der Natur sowohl wie am Menschen. Die wachsende Beherrschung der Natur durch den Menschen schlägt um in eine anonyme Herrschaft einer zweiten Natur (der Gesellschaft) über das einzelne Subjekt. In der Philosophie spiegelt sich dies wider als Desinteresse am Einzelnen, Besonderen, Konkreten, wodurch sie menschenfeindlich wird. In der Kritik des Allgemeinen der Philosophie, wodurch notwendig das Recht des Einzelnen unterdrückt wird, steht Adorno durchaus in der Tradition Kierkegaards, den er nichtsdestoweniger heftig kritisiert, aber auch in der Tradition junghegelianischer Positionen wie derjenigen Feuerbachs oder Stirners.

Die philosophischen Kategorien des Einzelnen und Allgemeinen haben dabei bei Adorno nicht zuletzt die Konnotation von Individuum einerseits und Gesellschaft andererseits. Nur das Beharren auf der Nichtidentität gegenüber der abstrakten Identität - jenem zentralen Motiv im Denken Adornos - vermag das Individuum angemessen ins Spiel zu bringen, kann das Recht desselben gegenüber der immer totaler werdenden Gesellschaft behaupten. Identitätsdenken dagegen richtet sich auf das Allgemeine, das Invariante, das Ewiggleiche, wogegen das Einzelne ihr nur unwesentliches Beispiel ist. Hier schlägt sich für Adorno der Haß des einmal etablierten Bürgertums gegen jegliche Veränderung nieder, alles Veränderliche wird der Unwahrheit geziehen. „Mit der Unterschiebung des Bleibenden als des Wahren, wird der Anfang der Wahrheit zum Anfang der Täuschung. Es ist ein Fehlschluß, was dauert, sei wahrer, als was vergeht."(14) Das Identifikationsprinzip ist Adornos zentraler Angriffspunkt. Für dieses versucht er auch eine materialistische Erklärung zu geben, indem er es als theoretischen Widerschein der warenproduzierenden Gesellschaft faßt, es hat am Tausch ,,sein gesellschaftliches Modell, und es wäre nicht ohne es; durch ihn werden nichtidentische Einzelwesen und Leistungen kommensurabel, identisch."(15) An diesem Punkt ist auch schließlich der letzte und einzige Bezug von Adorno auf Marx anzutreffen. Politökonomische Analysen liegen nicht in Adornos Interesse; er betreibt Kultur- und Ideologiekritik, die ihre Legitimation darin findet, daß Identitätsdenken auf den Warentausch als seine materialistische Basis zurückgeführt wird. Identität und Identifikation ist allgemeines Strukturmerkmal der gesellschaftlichen Totalität. „Herrschaft" - so führt Rohrmoser aus - „gründet also für Adorno in letzter Instanz in dem Gesetz der Identität."(16)

Zentrale Motive für Adornos Negative Dialektik sind in seiner Kritik an prima philosophia bereits versammelt. Gegen das Interesse am Allgemeinen, das nur um den Preis der Abstraktion sich durchsetzen kann, hat heutige Philosophie ihr Interesse am Einzelnen, Besonderen, Begriffslosen. Ebenso gilt es die Verwechslung der Autonomie des Subjekts mit der Naturbeherrschung umzukehren und den Vorrang des Objekts anzuerkennen, denn „allein in der Erfahrung der eigenen Naturhaftigkeit entragt der Genius der Natur."(17) Schließlich ist das zentrale Motiv der Identitätsphilosophie selbst aufzubrechen; der Fiktion einer Identität von Subjekt und Objekt, von Begriff und Sache, die sich ja nur deshalb behaupten kann, weil die Sache so abstrakt zugerichtet ist, daß sie in der Tat nicht mehr erreicht und begriffen wird, ist das konsequente Bewußtsein der Nichtidentität entgegenzusetzen.

Diesen Aufgaben kann sich aber nur eine differenzierte Subjekt-Objekt-Dialektik stellen, die damit für Adorno dem Anliegen nach, nicht aber in der Durchführung der Hegeischen Philosophie entspricht.

3. „Hege! retten" und „Lossage von Hegel"

„Wie die Kritik der angeblich ersten philosophischen Begriffe zur Dialektik treibt,"(18) so wird auch die Dialektik Hegels motiviert durch das „verhängnisvolle(n) Erbe der traditionellen Metaphysik, der Frage nach einem letzten Prinzip, auf das alles sich müsse zurückführen lassen."(19)

Dagegen hat Hegel auf der dialektischen Vermittlung von Subjektivität und Objektivität bestanden; die kritische Erfahrung der Gegenstände ist zusammenzuzwingen mit dem kritischen Bewußtsein der Vernunft von sich selbst. Auf diese Weise ist das Konstitutionsverhältnis von Subjekt und Objekt ein wechselseitiges. In diesem Ansatz einer Subjekt-Objekt-Dialektik ist Adorno Hegel durchgängig verbunden.

Der vielbeschworene realistische Inhalt der Hegeischen Philosophie ist für Adorno auch nicht von Hegels Spekulation abzuschneiden, sondern als deren Konsequenz zu bewerten. Gerade im absoluten Idealismus wird der Gegensatz von Inhalt und Form -jenes Problem der Kantischen Philosophie -, von formgebendem Bewußtsein und bloßem äußeren Stoff aufgelöst. Erst die Hegelsche Dialektik schafft die Möglichkeit, die Gegenstände nicht nur als durchs Subjekt zugerichtete zu begreifen, sondern sich ihnen auch gewissermaßen passiv zu überlassen. Das ist mit Hegels „bloßem Zusehen" gemeint, mit dem er seine Methode in der „Phänomenologie" beschreibt.

In einer Philosophie des Absoluten, die sowohl Subjekt wie Objekt unter sich begreifen will, können beide sachhaltig werden, und damit der abstrakten Leere, die ihnen in einer prima philosophia anhaftet, entkommen. „Die Sachen reden selber in einer Philosophie, die sich stark macht zu beweisen, daß sie selbst eins sei mit den Sachen."(20)

Allerdings steckt in dem Absoluten Hegels auch das Skandalen seiner Philosophie, denn das „Hegeische Subjekt-Objekt ist Subjekt"(21) und als „idealistische war auch Dialektik Ursprungsphilosophie."(22) Indem Hegel Subjekt und Objekt in eine Identität zwingen will, und diese dann als Subjektivität, gewissermaßen als absolutes Ich begreift, vergeht er sich an seinem eigenen Begriff von Dialektik. Die dialektische Kategorie der Vermittlung darf nach Adorno nämlich nicht als ein Mittleres zwischen den Extremen, über die es hinaus wäre, gefaßt werden, sondern „die Vermittlung ereignet sich durch die Extreme hindurch in ihnen selbst."(23) Dem Identitätszwang, dem die Dialektik ja gerade opponieren wollte, indem sie die Nichtidentität, wenn auch innerhalb einer Vermittlungsstruktur, zu denken gestattete, erliegt Hegel schließlich selbst. Er bezahlt das damit, daß sein absolutes Subjekt ebenso wie das der Kantischen oder Fichteschen Philosophie beziehungslos zum empirischen Subjekt wird. Dies zeigt sich nicht nur da, wo Hegel die Individualität abwertet, sondern vor allem dünn, wenn er vorgeblich das Besondere verhandelt. Obgleich er eine Dialektik des Besonderen intendierte, schreckt er doch vor dieser zurück, denn sie würde ihm seine Identitätskonzeption verbieten, die sich eben nur auf der Ebene des Allgemeinen einrichten läßt. Adorno nennt es eine Spiegelfechterei, wenn Hegel anstelle des Besonderen „den allgemeinen Begriff von Besonderung schlechthin, etwa von .Existenz,' in dem es kein Besonderes mehr ist,"(24) unterschiebt. Nicht von wahrhaft Besonderem, sondern von Besonderheit, einem bereits Begrifflichen, ist bei Hegel die Rede.

Andererseits aber ist die Unwahrheit der Hegeischen absoluten Philosophie, die Adorno an Begriffen wie Totalität, Identität, Negation der Negation usw. festmacht, zugleich als ihre Wahrheit zu dechiffrieren. „Die Wahrheit Hegels hat ... ihren Ort nicht außerhalb des Systems, sondern sie haftet an diesem ebenso wie die Unwahrheit. Denn diese Unwahrheit ist keine andere als die Unwahrheit des Systems der Gesellschaft, die das Substrat seiner Philosophie ausmacht."(25)

So ist das Allgemeine Hegels mit seiner Dominanz über das Besondere zu verstehen als philosophischer Reflex jener Gesellschaft, durch deren Strukturen auch jeder Einzelne von vornherein formiert ist und zum bloßen Funktionsträger eines ihm undurchschaubaren Allgemeinen wird. Das in sich geschlossene und abgeschlossene System Hegels, das durch seine Invarianz jeder Dynamik widerstreitet, spiegelt letztlich die kapitalistisch antagonistische Totalität wider, die sich durch ihre Widersprüche hindurch konstituiert und erhält, diese aber nicht zu schlichten vermag.

„Die Nichtidentität des Antagonistischen, auf die sie (die Hegelsche Philosophie, d.V.) stößt und die sie mühselig zusammenbiegt, ist die jenes Ganzen, das nicht das Wahre, sondern das Unwahre, der absolute Gegensatz zur Gerechtigkeit ist."(26) Gesellschaft ist sehr wohl ein System, eine Totalität, aber keine versöhnte, sondern eine in sich widersprüchliche. Wo Hegel die Versöhnung philosophisch versichert, die real aussteht, da macht er sich schuldig, wird seine Philosophie zur bürgerlichen Rechtfertigungsideologie. „Die philosophische Antizipation der Versöhnung frevelt an der realen."(27)

Die kritische Strategie, die das Wesen der Dialektik eigentlich ausmacht und die von Hegel zwecks philosophischer Versöhnung verraten wurde, muß durch eine Lossage von Hegel behauptet werden. Diese Lossage beinhaltet für Adorno zentral die Absage an die Figur der Negation der Negation als einer Position, wogegen die bestimmte Negation, d.i. absolute Kritik zu setzen ist. ,,Die Gleichsetzung der Negation der Negation mit Positivität ist die Quintessenz des Identifizierens, das formale Prinzip auf seine reinste Form gebracht. Mit ihm gewinnt im Innersten von Dialektik das antidialektische Prinzip die Oberhand, jene traditionelle Logik, welche more arithmetico minus mal minus als plus verbucht."(28)

„Demgegenüber hat unbeirrte Negation ihren Ernst daran, daß sie sich nicht zur Sanktionierung des Seienden hergibt. Die Negation der Negation macht diese nicht rückgängig, sondern erweist, daß sie nicht negativ genug war ... Das Negierte ist negativ, bis es verging. Das trennt entscheidend von Hegel."(29)

Trotz allem aber ist Hegel für Adorno von entscheidender Bedeutung, letzlich bedient er sich „Hegels als Negativfolie."(30) War für Hegel die Geschichte ein Fortschritt der Vernunft, so ist sie für Adorno dagegen ein Fortschreiten der Unvernunft, der Barbarei, was sich etwa in Auschwitz konsequent manifestiert. Grundsätzlich aber zeigt Adornos Rückgang hinter Marx auf Hegel und damit auf die Philosophie, was sich darin rechtfertigen soll, daß der „Augenblick ihrer (der Philosophie, d.V.) Verwirklichung versäumt ward,"(31) die generelle Problematik seiner Philosophie an. Löwith hat dazu einmal treffend bemerkt: „Nur ein utopischer Marxismus wie der von H. Marcuse, Adorno und Horkheimer, der keine praktische Entscheidung trifft, sondern stattdessen eine permanente Kritik alles Bestehenden kultiviert, kann sich der Illusion hingeben, auf dem Boden von Hegels Dialektik zu operieren und zugleich das Anliegen von Marx in sublimierter Weise zur Geltung zu bringen."(32)

4. „Negative Dialektik" (1966)

In Adornos Auseinandersetzung mit der Hegeischen Dialektik scheint sein eigener Begriff von Dialektik schon auf. Zunächst einmal ist Dialektik nicht bloß Methode, denn die Unversöhntheit, die Widersprüche, die sie wahrnimmt, sind die Widersprüche der Sache selbst. Jedoch ist sie auch kein schlicht Reales, denn Widersprüchlichkeit ist eine Reflexionskategorie, betrifft die Konfrontation von Begriff und Sache. „Dialektik als Verfahren heißt, um des einmal an der Sache erfahrenen Widerspruches willen und gegen ihn in Widersprüchen zu denken. Widerspruch in der Realität, ist die Widerspruch gegen diese."(33) Da die Widersprüche der Sache angehören, kann eben Identitätsdenken der Sache selbst nicht gerecht werden. Jede Identitätsphilosophie leugnet das, was auch die antagonistische Gesellschaft verleugnen will: ihre Nichtidentität, ihre widersprüchliche Struktur. „Identität ist die Urform von Ideologie."(34)

Gegen den Identitätszwang vermag nur dialektisches Denken zu opponieren, denn ihr „Name sagt zunächst nichts weiter, als daß die Gegenstände in ihrem Begriff nicht aufgehen, daß diese in Widerspruch geraten mit der hergebrachten Norm der adacquatio."(35) Zwar ist Dialektik „das konsequente Bewußtsein der Nichtidentität,"(36) doch würde dies als bloße Behauptung ein Problem übersehen, was mit der Sprache und dem Denken selbst gegeben ist. Denken nämlich bedeutet Identifizieren, „jede Bestimmung ist Identifikation."(37) Ein jeglicher prädikativer Satz drückt in der Kopula „ist" schon eine Identifikation aus, woraus denn auch Hegel am Eingang der „Phänomenologie" die Tugend des Idealismus macht. Ein konkretes Dieses oder Jetzt läßt sich nicht sagen, und so verrät für Hegel schon die sinnliche Gewißheit, wenn sie sagen will, was sie meint, daß nur das Allgemeine die Wahrheit ist. Doch hat dialektisches Denken für Adorno gerade die Aufgabe, den Widerspruch des Denkens gegen das Konkret-Besondere, den Gegensatz von Identität (auf die das Denken notwendig verwiesen ist) und Nichtidentität (wonach die Sache im Denken nicht aufgeht) auszuhalten. Daß es sich hierbei letztlich um eine Aporie bzw. um ein Paradoxon handelt, weiß auch Adorno, dem er jedoch selbst wieder auf paradoxe Weise zu entgehen glaubt, wenn er erklärt: „Dialektisch ist Erkenntnis des Nichtidentischen auch darin, daß gerade sie, mehr und anders als das Identitätsdenken, identifiziert."(38)

Die von Adorno geforderte differenzierte Subjekt-Objekt-Dialektik, die dem Identitätszwang entgehen und sich der Nichtidentität zuwenden soll, soll zugleich auch dem bisher entqualifizierten, unterdrückten Objekt einen Vorrang einräumen, was allerdings keineswegs bedeutet, daß nun dem Subjekt eine untergeordnete Rolle zugewiesen wird. „Im schroffen Gegensatz zum üblichen Wissenschaftsideal bedarf die Objektivität dialektischer Erkenntnis nicht eines Weniger, sondern eines Mehr an Subjekt."(39)

Hier ist sicher das problematischste Moment der Adornoschen Konzeption berührt, soll doch der Trug der konstitutiven Subjektivität „kraft des Subjekts"(40) durchbrochen werden. Im Kontext eines allgemeinen gesellschaftlichen Verblendungszusammenhanges und der offiziellen Verherrlichung von Subjektivität und der realen Depravation von Individualität ist Kritik nur noch denen vorbehalten, die die verwaltete Welt „nicht ganz gemodelt hat."(41) So wird Kritik am Privileg selbst zum Privileg; wo Gesellschaft das Bewußtsein völlig determiniert und vereinnahmt hat, sind nur noch Einzelne kraft ihrer Subjektivität zur Kritik befähigt. Die Möglichkeitsbedingung für Opposition und gesellschaftliche Veränderung wird von Adorno ins Subjekt zurückverlagert. Dieser Rückzug auf das Subjekt ist aber die notwendige Konsequenz von Adornos Gesellschaftsauffassung. Ist Gesellschaft gekennzeichnet als absolute Negativität, geradezu als der Ort der Unwahrheit, dann kann Wahrheit nur noch im Subjekt gefunden werden. Hieraus resultiert auch der vieldiskutierte Praxisverzicht der „Kritischen Theorie," denn der totale Verblendungszusammenhang, der die heutige Gesellschaft charakterisiert und dem auch das Proletariat nicht entgeht, reduziert jede Praxis für Adorno auf ein „Mitmachen," das Bestehendes nicht nur nicht ändert, sondern geradezu stabilisiert. Nur im reflektierenden Subjekt vermag sich Opposition zu erhalten, die allerdings konkret in nichts anderem besteht als in einem „Heraushalten."

Andererseits geht der Rückzug aufs Subjekt, das allein heutigem Denkzwang entrinnen kann, auch über in Esoterik, wonach eben „Kriterium des Wahren ... nicht seine unmittelbare Kommunizierbarkeit an jedermann"(42) ist, weil „gegenwärtig jeder Schritt zur Kommunikation hin die Wahrheit ausverkauft und verfälscht."(43) Die Subjekt-Objekt-Dialektik, die zwar den Vorrang des Objekts betont, zugleich aber auch den Standpunkt des Subjekts behauptet, rechtfertigt sich für Adorno in der Erkenntnis, hinter die nicht zurückgegangen werden kann, daß die Subjekte zwar durch die gesellschaftliche Objektivität determiniert sind, letztere aber sich nur durch die Subjekte hindurch durchsetzt und ihr Produkt ist. „Erst der Idealismus hat die Wirklichkeit, in der die Menschen leben, als eine nicht von ihnen unabhängige und invariante durchsichtig werden lassen. Ihre Gestalt ist menschlich und noch die schlechterdings außermenschliche Natur vermittelt durch Bewußtsein. Das können die Menschen nicht durchstoßen: sie leben im gesellschaftlichen Sein, nicht in Natur."(44)

Adornos Objektbegriff fällt so schließlich zusammen mit dem gesellschaftlicher Objektivität, eine Dialektik der Natur ist für ihn undenkbar, denn ohne „das Moment subjektiver Reflexion wäre jeglicher Begriff von Dialektik nichtig."(45)

Daraus folgt die Ablehnung einer Position als undialektisch, als Perversion des dialektischen Materialismus, die in der Natur oder Materie das Erste erblickt und im Bewußtsein ein Abgeleitetes. Adorno unterschiebt dabei eine solche Auffassung Lenin, indem er dessen Konzeption auf eine simple Abbildtheorie reduziert. Konsequent wird dann auch eine solche Position als ideologisch diffamiert, denn Ideologie „steckt in der Substruktion eines Ersten selbst, gleichgültig fast welchen Inhalts, in der impliziten Identität von Begriff und Sache, welche die Welt auch dann rechtfertigt, wenn summarisch die Abhängigkeit des Bewußtseins vom Sein gelehrt wird."(46)

Den Vorrang des Objekts proklamiert Adorno deshalb, weil das Subjekt „ganz anders ins Objekt (fällt) als dieses in jenes."(47) „Vom Subjekt ist Objekt nicht einmal als Idee wegzudenken; aber vom Objekt Subjekt,"(48) denn das Subjekt ist immer auch selbst ein Objekt, ist dies in der Leiblichkeit des konkreten Subjekts, wodurch die Körperlichkeit zu jener Dignität gelangt, von der der transzendentale Subjektbegriff der traditionellen Philosophie abstrahiert hatte und abstrahieren mußte, um dem Subjekt eine konstitutive Funktion zuzusprechen.

Einerseits wird so Dialektik im Übergang zum Vorrang des Objekts materialistisch, zum anderen nimmt sich die philosophische Reflexion gewissermaßen des leiblichen Moments an, d.h. läßt menschliches Leiden beredt werden. „Das Bedürfnis, Leiden beredt werden zu lassen, ist Bedingung aller Wahrheit. Denn Leiden ist Objektivität, die auf dem Subjekt lastet; was es als sein Subjektivstes erfährt, sein Ausdruck, ist objektiv vermittelt."(49)

Das subjektive Leiden als Bedingung von Wahrheit ist damit auch die Bedingung der Möglichkeit dafür, daß selbst innerhalb eines totalen gesellschaftlichen Verblendungszusammenhanges Wahrheit überhaupt noch auftreten kann.

Im Vorrang des Objekts und dem damit verbundenen Interesse an körperlichem Leiden „konvergiert das spezifisch Materialistische mit dem Kritischen, mit gesellschaftlich verändernder Praxis,"(50) die darauf abzielt, das Leiden der Gattung aufzuheben.

Daß sich Adorno hierbei standhaft weigert, Aussagen über die gesellschaftlichen Tendenzen, über einen „richtigen Zustand" zu machen -  jenes berühmte Bilderverbot -, begründet sich in der Einsicht, daß der Zwang des Allgemeinen, der Gesellschaft, durch das Individuum eben doch nicht vollständig zu überspringen ist. „Wer einen richtigen Zustand ausmalt, um dem Einwand zu begegnen, er wisse nicht, was er wolle, kann von jener Vormacht, auch über ihn, nicht absehen. Vermöchte selbst seine Phantasie alles radikal verändert sich vorzustellen, so bliebe sie immer noch an ihn und seine Gegenwart als statischen Bezugspunkt gekettet, und alles würde schief. Auch der Kritischste wäre im Stande der Freiheit ein ganz anderer gleich denen, die er verändert wünscht."(51) So beschränkt sich Adornos Bemühen auf Ideologiekritik, die das Bestehende an dem mißt, was es zu sein behauptet, ist insofern der Aufklärung im strengen Sinne verbunden. Mehr ist theoretisch nicht möglich, denn „Dialektik ist das Selbstbewußtsein des objektiven Verblendungszusammenhangs, nicht bereits diesem entronnen. Aus ihm von innen her auszubrechen, ist objektiv ihr Ziel."(52)

In diesem Zusammenhang ist eine Besonderheit des Adornoschen Dialektikbegriffs anzumerken, denn ein Ende der Dialektik wird denkbar. Denn wäre eine Veränderung der Gesellschaft erreicht, rationale Identität installiert, dann wäre die Gesellschaft über den Identitätszwang hinaus. Dialektik als das „Selbstbewußtsein des objektiven Verblendungszusammenhanges" würde dann überflüssig, denn sie ist nur gerechtfertigt durch den an den Gegenständen erfahrenen Widerspruch und im Widerspruch gegen diesen.

Adornos Konzept einer Negativen Dialektik sagt sich vom traditionellen Philosophieren los, will aber selbst Philosophie sein; dann aber bleibt zu fragen, was eine Negative Dialektik zu leisten vermag und wie sie zu verfahren hat. Sie muß sich gegen das herkömmliche Ideal systematischer Geschlossenheit ebenso wenden wie gegen das Philosophieren in Allgemeinbegriffen und schließlich muß sie die „Richtungstendenz" der Begriffe, die auch sie nicht entbehren kann, ändern.

Adorno meint dieser Aufgabe dadurch gerecht zu werden, daß er in Modellen denkt. „Die Forderung nach Verbindlichkeit ohne System ist die nach Denkmodellen ... Das Modell trifft das Spezifische und mehr als das Spezifische, ohne es in seinen allgemeineren Oberbegriff zu verflüchtigen. Philosophisch denken, ist soviel wie in Modellen denken; negative Dialektik ein Ensemble von Modellanalysen."(53) Verbindlichkeit erreichen diese Modelle für Adorno auch ohne System deshalb, weil er mit Hegel das Konzept einer pars totalis teilt, wonach sich in jedem Teil die Strukturen des Ganzen manifestieren. Die absichtlich partikularen Modelle, von denen Adorno eine Vielzahl liefert, können so noch immer den Anspruch erheben, die Situation der gesellschaftlichen Totalität aufzudecken.

Die „Negative Dialektik" selbst liefert drei solcher Modelle, in denen das zunächst abstrakt Ausgeführte ins Sachhaltige übergehen soll, wobei die Modelle „Schlüsselbegriffe philosophischer Disziplinen (erörtern), um in diese zentral einzugreifen."(54)

Das Modelldenken soll dabei vor allem das Besondere, dem sich Dialektik widmen muß, thematisieren, indem es seinen Gegenstand nicht in einem fixen Begriffskatalog verortet, sondern gewissermaßen umkreist. Dieses umkreisende Denken soll den Gegenstand in seiner „Konstellation" erfassen. „Erkenntnis des Gegenstands in seiner Konstellation ist die des Prozesses, den er in sich aufspeichert. Als Konstellation umkreist der theoretische Gedanke den Begriff, den er öffnen möchte, hoffend, daß er aufspringe etwa wie die Schlösser wohlverwahrter Kassenschränke: nicht nur durch einen Einzelschlüssel oder eine Einzelnummer, sondern eine Nummernkombination."(55)

Wo einmal die Nichtidentität von Begriff und Sache zum Ausgangspunkt von Philosophie gemacht wird, muß sie anders verfahren als traditionell, weshalb Adorno polemisch gegen den letzten Satz von Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus" Philosophie definiert „als Anstrengung, zu sagen, wovon man nicht sprechen kann; dem Nichtidentischen zum Ausdruck zu helfen, während der Ausdruck es immer doch identifiziert."(56)

C. ENTWICKLUNGSGESCHICHTLICHER AUFRISS DER KONZEPTION VON HERBERT MARCUSE

Vorliegende Darstellung der Dialektik-Konzeption Herbert Marcuses versucht, unter Berücksichtigung der Kontinuitäten wie Diskontinuitäten seines Denkens, d.h. der inneren Brüche und Einschnitte der von ihm entwickelten Theorie, die Theoriebildung selbst in ihrem Entwicklungsgang zu rekonstruieren; deshalb bietet sich folgende, die Hauptphasen der Entwicklung dialektischer Theorie bei Marcusc grob skizzierende Dreigliederung (57) des Artikels an: In einem I. Teil (58) wird Marcuses sich eng an die Existentialontologie Heideggers anschließende Begründung einer historisch-materialistischen Phänomenologie sowie die aus diesem Theoriekonzept sich ableitende Methode dialektischer Konkretion dargestellt; in einem II. Teil Marcuses Wendung von der phänomenologisch zur linkshegelianisch orientierten Interpretation der Marxschen Theorie untersucht, also die Ablösung der Dialektik als Methode phänomenologischer Konkretion durch die Dialektik der „Negativität" dargestellt; in einem III. Teil schließlich Marcuses Theorie des „Spätkapitalismus" (bzw. der „Industriegesellschaft") und die sich daraus ableitende Revision des traditionell hegelianischen Dialektik-Konzepts eingehender behandelt.

1. Historisch-materialistische Phänomenologie: Dialektik als Methode der Konkretion (1927-1932)

In seinen vor 1933 verfaßten Schriften (59) versucht H. Marcuse, den Historischen Materialismus in einer an der Existentialontologie von Heideggers „Sein und Zeit" orientierten „dialektischen Phänomenologie" zu fundieren.

Die Begründung einer gleichermaßen existential-ontologischen wie historisch-materialistischen Anforderungen entsprechenden „Theorie der Geschichtlichkeit" bildet dabei den Ansatzpunkt seines Denkens. „Geschichtlichkeit" wird von Marcuse als „die primäre Bestimmtheit menschlichen Daseins" gefaßt, „in deren Boden alle abstrakt gewordenen geistigen und materialen Gegenstände zurückzunehmen sind .. .(60) In der Rückbesinnung auf die ursprüngliche Geschichtlichkeit menschlichen Daseins bildet die Heideggersche Philosophie einen „Wendepunkt" in der Philosophiegeschichte, insofern sich hier „die bürgerliche Philosophie von innen her auflöst und den Weg frei macht zu einer neuen .konkreten' Wissenschaft."(61) Heidegger hat in der Reflexion auf die Struktur der Geschichtlichkeit überhaupt und die Grundbedingungen geschichtlicher Existenz(62) den philosophischen Weg zur „Aufweisung der eigentlichen Existenz als eigentlicher Geschichtlichkeit"(63) gewiesen und „die Verfallenheit der alltäglichen Existenz wieder vor die Möglichkeiten eigentlichen, wahren Existierens gebracht .. ,"(64); Philosophie wird damit zur „Wissenschaft von den Möglichkeiten eigentlichen Seins und seiner Erfüllung in der geschichtlichen Tat."(65)

Die mit Heidegger in der bürgerlichen Philosophie erstmalig explizit werdende Reflexion auf die eigentlichen Möglichkeiten der Existenz bleibt jedoch in ihrer fundamentalontologischen Absicht gänzlich abstrakt und muß deshalb im „marxistischen Durchbruch zur praktischen Konkietion"(66) allererst materialisiert werden: „dem auf die Totalität des geschichtlichen Daseins gerichteten Blick geht es in gleicher Weise um die Fundamente der Existenz wie um ihre konkrete Lage, in der die Dialektik als revolutionäre Praxis ihre Anwendung findet."(67)

Marx hat mit der Begründung des Historischen Materialismus den konkreten Zugang zur eigentlichen Geschichtlichkeit menschlichen Daseins gewiesen und die von Heidegger entwickelte fundamentalontologische Geschichtstheorie einer wissenschaftlichen Fundierung zugänglich gemacht.(68) Innerhalb des Marxismus als „Theorie des gesellschaftlichen Handelns, der geschichtlichen Tat"(69) bezeichnet der Historische Materialismus den „Gesamtbereich der Erkenntnisse des Marxismus, die sich auf die Struktur der Geschichtlichkeit überhaupt und die Bewegungsgesetze der Geschichte richten";(70) er wird durch eine Phänomenologie ergänzt, die „Frage und Zugang von den Gegenständen selbst leiten" läßt und damit „die Gegenstände selbst voll in den Blick"(71) bringt. Die Phänomenologie hat also die Funktion, die innerhalb des Historischen Materialismus in ihrer grundsätzlichen historischen Struktur und Determination erfaßten Gegenstände in ihrer Spezifizität zu konkretisieren, d.h., „die konkrete Situation, ihren konkreten .materialen' Bestand"(72) in die historisch angelegte Analyse eingehen zu lassen.

In einer programmatischen Formulierung verdeutlicht Marcuse seine auf die Synthese bislang unvermittelt nebeneinanderstehender Methodenkonzepte angelegte Intention: „Wenn wir so einerseits fordern, daß die von Heidegger begonnene Phänomenologie des menschlichen Daseins zur dialektischen Konkretion vordringt und sich vollendet in einer Phänomenologie des konkreten Daseins und der jeweils geforderten konkreten Tat, so muß andererseits die dialektische Methode des Erkennens phänomenologisch werden und die Konkretion als volle Erfassung ihres Gegenstandes auch nach der anderen Richtung hin sich zu eigen machen."(73)

In der Vereinigung von Dialektik und Phänomenologie zur „dialektischen Phänomenologie," d.h. einer historischen Methode „äußerster Konkretion"(74) wird die Geschichtlichkeit menschlichen Daseins adäquat erfaßt und eine „dialektische Grundwissenschaft" als „Wissenschaft vom Wesen der Geschichtlichkeit überhaupt, ihrer Struktur, den Bewegungsgesetzen und möglichen Existenzformen geschichtlichen Daseins"(75) konstituiert.

Die so in ihren allgemeinsten Charakteristika gekennzeichnete dialektisch-phänomenologische Methode leistet in der Aufdeckung der „marxistischen Grundsituation,"(76) d.h. in der historisch spezifizierten Analyse der existentiellen Situation menschlichen Daseins, die Konkretion des seinsmäßig geschichtlichen Daseins als eines klassenmäßigen. Als historische Methode der Erkenntnis betrachtet sie ihren Gegenstand als „gewordenen und vergehenden, als in einer bestimmten Lage notwendig erwachsen, auf das in dieser Lage befindliche Dasein bezogen und nur von ihm aus zu verstehen."(77) Dialektik löst die zur starren Eindeutigkeit abstrahierten historischen Kategorien auf, indem sie sie als „Existenzbestimmungen"(78) konkretisiert. In der konkreten Aufweisung historischer Existenz liegt der methodische Sinn materialistischer Dialektik,(79) der gegenüber allen „törichten Verwendungen der Dialektik als .klapperndes Gerüst,' als Allerweltsschema" zu behaupten bleibt. Das dialektische Modell von „Thesis-Antithesis-Synthesis" hat dabei nur den „Sinn, der immanenten Notwendigkeit der geschichtlichen Bewegung schon in der Methodik gerecht zu werden,"(80) also die (intendierte) revolutionäre Praxis in der Erkenntnis zu strukturieren und damit politisch konkretisierbar zu machen.

Dialektik kann sich selbst gegenüber die „Forderung letzter Konkretion"(81) nur erfüllen, wenn sie praktisch wird, denn: „Es ist der Sinn der dialektischen Methode, daß sie in einer erkenntnisgemäßen Methode des Handelns gipfelt."(82) Erst durch die „radikale Tat" des revolutionären Subjekts, d.h. der Klasse als der „geschichtlichen Einheit" wird Dialektik konkret, Praxis.

2. Kritische Theorie: Dialektik der Negativität (1933-1960)

Marcuses früher Versuch, in eine vorwiegend an Heidegger orientierte Phänomenologie der Geschichtlichkeit die Perspektive des Klassenkampfes einzubringen, Dialektik mithin als historisch-materialistisch begründete Methode revolutionären Handelns zu konzipieren, wird seit Beginn der 30iger Jahre durch eine die Hegel/Marx-Rezeption stärker ins Zentrum rückende „neue Anthropologie" abgelöst, in der der Arbeitsbegriff (83) den Kernbegriff philosophischer Orientierung bildet. Der unmittelbare Zusammenhang von Dialektik und Klassenkampf löst sich zugunsten einer abstrakteren „kritischen Theorie der Gesellschaft" auf,(84) in deren Kontext Dialektik den Titel für ein beharrliches Insistieren auf Erfahrungen der Negativität bildet.

Der 1932 anläßlich der Entdeckung der Marxschen Frühschriften verfaßte Aufsatz „Neue Quellen zur Grundlegung des Historischen Materialismus" formuliert bereits einige zentrale, das philosophische Verhältnis von Hegel und Marx betreffende Einsichten,(85) die in der Hinwendung der philosophischen Reflexion auf das Problem der Dialektik in dem 1941 erschienenen Hegel-Buch „Vernunft und Revolution. Hegel und die Entstehung der Gesellschaftstheorie"(86) weiterentwickelt werden. In einem innerhalb von „Vernunft und Revolution" enthaltenen Abschnitt über „Die Marxsche Dialektik"(87) findet sich, im Kontext einer linkshegelianisch orientierten Darstellung und Interpretation des Hegelschen Gcsamtwerks, eine erste grundsätzliche Einschätzung des Verhältnisses von Hegelscher und Marxscher Dialektik: Marcuse geht hier, bei seinem Versuch, „die Qualitäten zusammenzufassen, die die Marxsche Dialektik von der Hegeischen unterscheiden,"(88) von der grundlegenden These aus, „daß Marx' dialektische Konzeption der Wirklichkeit durch denselben Sachverhalt wie die Hegeische motiviert wurde, nämlich durch den negativen Charakter der Wirklichkeit."(89)

Der philosophische Ausgangspunkt bzw. die Problembasis, auf der sich Ictztendlich die Marxsche Dialektik als historisch-revolutionäre Methode der Destruktion einer „negativen Wirklichkeit" entfaltet, wird damit von Marcuse als für Hegel wie Marx identisch angesehen: „Für Marx wie für Hegel liegt ,die Wahrheit' nur im Ganzen, nur in der ,negativen Totalität'."(90) Obwohl die durch „denselben Sachverhalt," nämlich den „negativen Charakter der Wirklichkeit" bestimmte „negative Totalität" den gemeinsamen Ansatzpunkt der Dialektik Marx' und Hegels bildet, versucht Marcuse genau hier, „den entscheidenden Unterschied zwischen der Hegeischen und der Marxschen Dialektik"(91) festzumachen:

Denn für Hegel ist die „negative Totalität" die der „Vernunft"; sie bildet ein nur in abstrakten philosophischen Termini faßbares „geschlossenes ontologisches System,"(92) das keinerlei konkrete (historische) Bestimmungen in sich aufnimmt. Hegels „dialektischer Prozeß" ist ein von allen Realbestimmungen abstrahierender „umfassend ontologischer," dessen Vorbild die „(Vernunft-)Geschichte im metaphysischen Prozess des Seins" bildet.

Marx kommt demgegenüber das Verdienst zu, die von Hegel begründete Dialektik von ihrer „ontologischen Basis" abgelöst, d.h. historisch fundiert und im Sinne des berühmten Marxschen Diktums „vom Kopf auf die Füße gestellt" zu haben. Die „Negativität der Wirklichkeit bleibt so bei Marx nicht länger „metaphysischer Sachverhalt," sondern wird zu einer „historischen" und damit „gesellschaftlichen Bedingung, die mit einer besonderen historischen Form der Gesellschaft," der Klassengesellschaft, „verknüpft ist."

Die grundlegende Differenz zwischen materialistischer und idealistischer Dialektik liegt so für Marcuse in der durch Marx geleisteten konkrethistorischen Fundierung eines bereits bei Hegel präsenten Modells „dialektischer Negativität"; die von Hegel begründete Dialektik wird durch historische Ausfüllung ihrer ontologischen Leerstellen zur materialistischen, d.h. politisch revolutionären Methode.

Denn die von Marx in seinen historisch-gesellschaftlichen Analysen konkretisierte „negative Totalität" Hegels ist die „Totalität der Klassengesellschaft"; „die Negativität, die ihren Widersprüchen zugrunde liegt und einen jeden ihrer Inhalte bestimmt, ist die Negativität der Klassenverhältnisse."

Die abstrakte „Negativität" liegt den konkreten „Widersprüchen" zugrunde; als ontologisches Prinzip universalhistorischer Gültigkeit determiniert sie den historischen Prozeß in seinen konkreten Verlaufsformen. Der hier unter dem Rasier Wesen Erscheinung auftretende Hegelianismus Marcuses erweist die angebliche Zentralkategorie materialistischer Dialektik als abstraktes Prinzip eines der Marxschen Theorie unterschobenen Ideologischen Prozesses, der in der „negativen Dialektik" von Wesen und Erscheinung über alle Entfremdungsformen hinweg nur die Wiedergewinnung seiner ursprünglichen Einheit und „Eigentlichkeit vorbereitet."(93)

Die Marxsche Dialektik erscheint so für Marcuse als vom Prinzip der „Negativität" her vollständig definierbar; sein in Termini der „Negativität" gefaßtes Model! der Dialektik läßt sich in folgender Trias beschreiben: a) umfassende „Negativität" (herrschender Zustand); b) „Negation" dieser „Negativität" (durch die „historische Aktion des Menschen" - „Klassenkampf") c) „Negation der Negation" („Aufhebung" der „herrschenden Negativität" - „Sozialismus" als „Assoziation befreiter Individuen" - „Befriedung des Daseins").

Mit anderen Worten: Die „immanenten Möglichkeiten" innerhalb des „negativen Prozesses"(94) werden „befreit" und zu „positiven" (im Sinne Hegelscher Aufhebung) gemacht. Mit der „Negation der Negation" wird eine „neue Ordnung der Dinge" hergestellt. Durch den „autonomen Akt," d.h. durch die historische Negation des revolutionären Subjekts wird der „existierende Zustand als Ganzes" aufgehoben und seine ursprüngliche „Wahrheit" zur „Wirklichkeit" gebracht. „Der ,neue' Zustand ist ,die Wahrheit' des alten."

Die Marxsche Dialektik als negative ist jedoch in ihrem Geltungsbereich historisch begrenzt; sie „hat es mit einer besonderen Stufe des historischen Prozesses zu tun."(95)

Denn die von Marx in den „Philosophisch-ökonomischen Manuskripten" selbst formulierte Unterscheidung zwischen der „Entstehungs-" oder „Vorgeschichte" der Menschheit und ihrer „eigentlichen Geschichte" läuft auf eine „Begrenzung der Dialektik"(96) hinaus. „Die Entstehungsgeschichte der Menschheit, die Marx ihre Vorgeschichte nennt, ist die Geschichte der Klassengesellschaft. Die eigentliche Geschichte des Menschen wird beginnen, wenn diese Gesellschaft abgeschafft worden ist."

Da die Marxsche Dialektik nur die historische Fundierung Hegelscher Dialektik leistet, letztere aber lediglich „die abstrakt-logische Form der vorgeschichtlichen Entwicklung" darstellt, reicht die Marxsche Dialektik in ihrer Gültigkeit über die vorgeschichtliche Phase nicht hinaus. D.h., die von Marx entwickelte dialektische Methode reflektiert „noch die Herrschaft blinder ökonomischer Kräfte" innerhalb der antagonistisch strukturierten Klassengesellschaft; die „Wirklichkeit" steht „unter der Macht objektiver Mechanismen," die sich mit der Notwendigkeit von Naturgesetzen durchsetzen. Der „Widerspruch" bildet das treibende gesellschaftliche Entwicklungsprinzip innerhalb des als negativ begriffenen antagonistischen Ganzen, in dem sich herrschende und unterdrückte Klasse noch in deutlicher Polarisation gegenüberstehen; er erscheint als „die Kraft, von der die Gesellschaft in Bewegung gehalten wird."

Die „Vorgeschichte" der Menschheit bzw. die Geschichte der Klassengesellschaften kann also insofern als dialektisch strukturiert angesehen werden, als sie, unter der Herrschaft objektiver Determinationen und von diesen sich ableitenden Gesetzmäßigkeiten stehend, „noch nicht von der Aktivität frei assoziierter Individuen gesteuert wird.'(97)

Dialektische Bewegung ist „objektive" (= subjektlose) Bewegung.

Mit der Begrenzung des Geltungsbereichs Marxscher Dialektik auf die Geschichte der Klassengesellschaften bleibt diese an den Begriff der „Notwendigkeit" gebunden und dem Automatismus eigengesetzlicher Entwicklung verhaftet: Die innerhalb der Marxschen Dialektik gültigen Gesetze erscheinen als „notwendige Gesetze," die Klassengesellschaften gehen kraft der ihnen innewohnenden Herrschaftslogik „notwendig an ihren inneren Widcrsprüchen zugrunde."(98)

3. Theorie des Spätkapitalismus: Die „Stillstellung" der Dialektik (1960 ff.)

Doch der Kapitalismus in seinem fortgeschrittenen Stadium, von Marcuse „Spätkapitalismus" oder „korporativer Kapitalismus" genannt, zeichnet sich durch eine tendenzielle Aufhebung der zur Überwindung der Klassengesellschaften führenden dialektischen Antagonismen und Gesetzmäßigkeiten aus; er hat durch die im Zuge der technologischen Evolution immens gesteigerte Warenproduktion sowie die mit ihr cinhergchende Entwicklung einer in die soziale Tricbstruktur der Individuen eingreifenden Entfrem-dungs- und Manipulationsstrategie die „Reichweite und Macht rationaler Praktiken" der Unterdrückung „in einem erheblichen Umfang erweitert."(99) Wie Marcuse in seinem auf dem Präger Hegel-Kongreß 1966 gehaltenen Vortrag „Zum Begriff der Negation in der Dialektik"(100) betont, laßt sich die Entwicklung des fortgeschrittenen Kapitalismus nur unter „Schwierigkeiten" „in den originären Begriffen ... der Marxschen Theorie"(101) erfassen. Diese „Schwierigkeiten" finden Marcuse zufolge ihre Begründung in der Fixierung materialistischer Dialektik auf das von Hegel vorformulierte Schema einer immanent negativen Entwicklung, d.h. in der für die Hegelsche wie für die Marxsche Dialektik gleichermaßen geltenden Prämisse, daß sich „die negativen Kräfte . . . innerhalb eines bestehenden antagonistischen Ganzen entwickeln." Für Marcuse ist „diese Entwicklung der Negativität innerhalb des antagonistischen Ganzen heute schwer demonstrierbar," denn der Spätkapitalismus ist durch eine „Stillstellung der Dialektik der Negativität" gekennzeichnet, die die Gültigkeit einer auf geschichtlichen Fortschritt hin angelegten Dialektik grundsätzlich in Frage stellt.

Die innerhalb der Hegeischen Dialektik wirkende „Negation," vermittels derer sich, „durch alle Destruktion hindurch letzten Endes doch immer nur das an sich Seiende entfaltet ... und auf eine höhere geschichtliche Stufe gehoben wird,(102) hat „konformistischen Charakter," insofern die Positivität der „Vernunft" bereits ursprünglich in ihr angelegt ist und im Durchgang durch die einzelnen Stufen ihrer Entwicklung nunmehr manifestiert wird. Auch die materialistische Dialektik bleibt, solange sie die hegelianische Fortschrittsideologie nicht destruiert, der „idealistischen Vernunft" verhaftet; die für Hegel geltende Prämisse, daß „die Zukunft immer schon im Innern des Bestehenden verwurzelt"(103) sei, muß durch die Radikalisierung des „Begriffs) des Übergangs zu einer neuen gesellschaftlichen Stufe" eliminiert werden, d.h. die materialistische Dialektik muß „die Umkehr, den Bruch mit der Vergangenheit und dem Bestehenden" in ihre Konzeption integrieren.(104)

Der Bruch mit der hegelianischen Fortschrittsideologie impliziert die Elimination des ,,BegrifT(s) der Negation als Aufhebung."(105) Denn die gleichermaßen für Marx wie für Hegel geltende Einsicht, derzufolge sich die negierenden Kräfte innerhalb des antagonistischen Systems entwickeln und im Zuge der Zuspitzung seiner immanenten Widersprüche die Aufhebung der Negativität bewirken, hat im Spätkapitalismus keine Gültigkeit mehr.

Das Proletariat spielt nicht länger die Rolle der negierenden Kraft innerhalb eines antagonistischen Ganzen; die in der Marxschen Dialektik gültige Dichothomie von Bourgeoisie und Proletariat und die ihr zugrundeliegende Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft ist im „circulus vitiosus"(106) eines scheinbar alle Klassengegensätze in sich integrierenden Systems aufgehoben. „Die kapitalistische Entwicklung ... hat die Struktur und Funktion dieser beiden Klassen derart verändert, daß sie nicht mehr die Träger historischer Umgestaltung zu sein scheinen. Ein über alles sich hinwegsetzendes Interesse an der Erhaltung des Status quo vereinigt die früheren Antagonisten in den fortgeschrittensten Bereichen der gegenwärtigen Gesellschaft."(107) Die innerhalb der traditionellen marxistischen Theorie als Träger des Widerspruchs und gesellschaftlicher Veränderung auftretende Arbeiterklasse ist .durch ihre Teilhabe an den stabilisierenden Bedürfnissen des

Systems ..., eine konservative, ja konterrevolutionäre Kraft geworden."(108) Zwar ist das Proletariat „objektiv," „an sich" noch die „potentiell revolutionäre Klasse" - „subjektiv," „für sich,"(109) d.h. seinem „Bewußtseinsstand nach, ist es von einer ehemals negativen in eine positive, das Bestehende reproduzierende Kraft verwandelt worden.(110)

Aus dieser von Marcuse als „Hypothese" bezeichneten Einsicht in die „historische Faktizität" spätkapitalistischer Verhältnisse leiten sich folgende, die fortan geltenden Prämissen materialistischer Dialektik kurz umreißenden Resultate ab: „die Fragwürdigkeit der sich im Innern eines bestehenden Ganzen entfaltenden Negation. Damit auch die Fragwürdigkeit dieses materialistischen Begriffs der Vernunft in der Geschichte. Und daher die Notwendigkeit, den Begriff der Praxis von der Koppelung an dieses Schema zu lösen und das Innerhalb wieder mit dem Außerhalb zu verbinden, auf das es in der Geschichte angewiesen ist."(111)

Die Konstruktion dieses „absichtlich undialektisch formulierten Gegensatz(es) von Innerhalb und Außerhalb"(112) hat die Funktion, die innerhalb der traditionellen Dialektik geltende Konzeption der „bestimmten Negation"(113) zu liquidieren, denn Marcuse zufolge gibt es unter spätkapitalistischen Verhältnissen nur die „reale Möglichkeit, daß in der geschichtlichen Dynamik ein bestehendes antagonistisches Ganzes von außen negiert und aufgehoben wird."(114)

Zur Legitimation dieser These, die letzlich auf die philosophische Begründung einer politischen Randgruppenstrategie hinausläuft, beruft sich Marcuse paradoxerweise auf das in der Hegeischen „Rechtsphilosophie" entwickelte Verhältnis von bürgerlicher Gesellschaft und Staat, in dem sich, seiner Interpretation zufolge, die von ihm konstruierte Dichothomie von „Innerhalb" und „Außerhalb" wiederfinden läßt: Gegenüber den innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft auftretenden partikularen (Gruppen-)Interessen verkörpert der Staat eine Instanz höherer und allgemeiner Vernunft, in welcher die einander widersprechenden Partikularitäten aufgehoben und zu höherer Einheit gebracht werden. Ebenso wie Hegel in seiner „Rechtsphilosophie" den Staat trotz aller geschickt ausgearbeiteten dialektischen Übergänge der bürgerlichen Gesellschaft letztlich von außen aufoktroyiert, will Marcuse den Träger gesellschaftlicher Veränderung unter spätkapitalistischen Verhältnissen nicht innerhalb, sondern außerhalb des Systems ansiedeln. Er begreift dabei das „Außen," d.h. die nicht total vom repressiven System absorbierten politischen Randgruppen (Ghettobewohner, Intellektuelle, Künstler usw.) analog zu Hegel als eine die allgemeinen Interessen der manipulierten Mehrheit repräsentierende Vernunftinstanz, als „qualitative Differenz," welche die im Innern des antagonistischen Teilganzen bestehenden Gegensätze, zum Beispiel den Gegensatz von Kapital und Arbeit, übersteigt und auf diese Gegensätze nicht reduzierbar ist."(115)

Das revolutionäre Subjekt wird so zum transzendenten; das an gesellschaftliche Antagonismen gebundene Klassensubjekt als Subjekt immanenter gesellschaftlicher Revolutionierung eliminiert: „Die Kraft der Negation ... ist heute in keiner Klasse konzentriert."(116)

Die „reale transzendierende Kraft"(117) eines frei von gesellschaftlichen Determinationen aus dem nicht-entfremdeten Bewußtsein sich entwerfenden Randgruppensubjekts ersetzt die bei Marx konzipierte Rolle des Proletariats als revolutionärer Klasse. Mit dem vermeintlichen „Einbrechen der Freiheit in das Reich der Notwendigkeit" wird eine „utopische Konzeption des Sozialismus"(118) anvisiert, deren politisches Postulat im Rückgang „von Marx zu Fourier ... vom Realismus zum Surrealismus"(119) liegt.

Anmerkungen

1) Adorno, Negative Dialektik, S. 7.

2) Koch/Kodalle, „Negativität und Versöhnung," in: Koch/Kodalle/Schweppenhäuser Negative Dialektik und die Idee der Versöhnung, S. 54.

3) Adorno/Horkhcimer, Dialektik der Aufklärung, S. l.

4) a.a.O., S. 3.

5) a.a.O., S. 3.

6) Adorno, Negative Dialektik, S. 393.

7 Adorno, Metakritik der Erkenntnistheorie, S. 15.

8) a.a.O., S. 17.

9) Adorno/Horkheimer, Dialektik der Aufklärung, S. 12.

10) a.a.O., S.10.

11) a.a.O., S. 13.

12) a.a.O., S. 27.

13) Ebenda.

14) Adorno, Metakritik der Erkenntnistheorie, S. 25.

15) Adorno, Negative Dialektik, S. 147.

16 Rohrmoser, Das Elend der kritischen Theorie, S. 15.

17) Adorno, Negative Dialektik, S. 388.

18)  a.a.O., S. 296.

19) Adorno, Studien zu Hegel, S. 16.

20) a.a.O., S. 13.

21) a.a.O., S. 19.

22) Adorno, Negative Dialektik, S. 156.

23 Adorno, Studien zu Hegel, S. 15.

24) Adorno, Negative Dialektik, S. 173.

25) Adorno, Studien :u Hegel, S. 35.

26) Ebenda.

27) a.a.O., S. 31.

28) Adorno, Negative Dialektik, S. 159.

29) a.a.O., S. 160.

30) Koch/Kodalle, Negativitäl und Versöhnung, S. 9.

31) Adorno, Negative Dialektik, S. 13.

32) Löwith, Vermittlung und Unmittelbarkeit, S. 311/312.

33) Adorno, Negative Dialektik, S. 146.

34) a.a.O.. S. 149.

35) a.a.O., S. 14/15-

36) a.a.O., S. 15.

37) a.a.O., S. 150.

38) a.a.O., S. 150.

39) a.a.O., S. 48.

40) a.a.O., S. 8.

41) a.a.O., S. 49.

42) a.a.O., S. 49.

43) a.a.O., S. 49/50.

44) Adorno, Metakritik der Erkenntnistheorie, S. 35.

45) Ebenda.

46) Adorno, Negative Dialetik, S. 48.

47) a.a.O., S. 182.

48) Ebenda.

49) a.a.O., S. 27.

50) a.a.O., S. 201.

51) a.a.O., S. 343.

52) a.a.O., S. 396.

53) a.a.O., S. 37.

54) a.a.O., S. 8.

55) a.a.O., S. 163/164.

56) Adorno, Studien zu Hegel, S. 94.

57) Die Dreigliederung des Artikels dient nur der groben Strukturierung der philosophischen Entwicklung Marcuses, deren einzelne Phasen zwar inhaltlich klar unterscheidbar, zeitlich jedoch nicht ohne Schwierigkeiten voneinander abzugrenzen sind. Nach Auffassung d. Verf. lassen sich die Stadien Marcusescher Dialektik-Interpretation wie folgt bestimmen:

I. Historisch-materialistische Phänomenologie: Dialektik als Methode der Konkretion (1927-1933; von „Beiträge..." bis „Die philosophischen Grundlagen...").

II. Kritische Theorie: Dialektik der Negativität (1933-1960; von „Der Kampf gegen den Liberalismus..." bis zu den Psychoanalyse-Aufsätzen von 1957 „Trieblehre..." Und „Die Idee des Fortschritts. ..").

III. Theorie des Spätkapitalismus: Die „Stillstellung" der Dialektik (ab 1960; von "Von der Ontologie...").

58) Auf die Notwendigkeit der Berücksichtigung der weitgehend unbekannten phänomenologischen Frühphase Marcusescher Philosophie weist auch J. Habermas im Geleitwort zu „Antworten auf Herbert Marcuse" hin. Habermas vertritt hier die These, „daß man den Marcuse von heute ohne den von damals nicht richtig versteht," „daß jene (phänomenologische, d. V.) Phase seiner Entwicklung nicht einfach eine Marotte war." - „Wer in den Kategorien der Freudschen Trieblehre, aus denen Marcuse eine marxistische Geschichtskonstruktion entwickelt hat, wer in seiner neuerdings wieder hervorgekehrten Anthropologie die Kategorien von 'Sein und Zeit' nicht einmal mehr ahnt, ist vor handfesten Mißverständnissen nicht sicher." (J. Habermas, Geleitwort zu „Antworten," S. 10f).

59) Zu den wichtigsten Texten der Frühphase Marcusescher Philosophie gehören:

- Beiträge...
- über konkrete Philosophie
- Zum Problern der Dialektik I
- Zum Problem der Dialektik II

- Hegels Ontotogie...
- Neue Quellen.
...
- Über die philosophischen Grundlagen...

60) Marcuse, Beiträge. ... S. 53.

61)  a.a.O., S. 54.

62) C.F. A. Schmidt, Existentialontologie. ... S. 123.

63) Marcuse, Beiträge. . ., S. 58.

64) a.a.O.. S. 59f.

65) a.a.O., S. 60.

66) a.a.O.. S. 65.

67) Ebenda.

68)  Ebenda (Hervorh. d. Verf.)

69) Marcuse, Zum Problem der Dialektik l, S. 27.

70) Marcuse, Beitrage.. ., S. 41.

71) a.a.O., S. 71.

72) a.a.O., S. 66.

73) a.a.O., S. 66f.

74) a.a.O., S. 67 (Hervorh. d. Verf.)

75) a.a.O., S. 68.

76) a.a.O., S. 69.

77) a.a.O., S. 42.

78) a.a.O., S. 63f.

79) a.a.O., S. 64.

80) Ebenda.

81) Ebenda. "'a.a.O., S. 44.

82)  Vgl. hierzu v.a.D. die Aufsätze „Neue Quellen ..." und „Über die philosophischen Grundlagen ...."

85) Vgl. J. P. Arnason, Von Marcuse zu Marx ..., S. 29.

86)  In diesem Aufsatz betont Marcuse die „innere Verbundenheit der revolutionären Theorie mit der Philosophie Hegels" (S. 54) und vertritt die auch in der Weiterentwicklung seiner Philosophie sich durchhaltende These, „daß die Marxsche Theorie im Mittelpunkt der philosophischen Problematik Hegels verwurzelt" sei. (S. 18).

87) Marcuse, Vernunft . . .,S. 274-283.

88) a.a.O., S. 274.

89) Ebenda (Hervorh. d. Verf.).

90) Ebenda (Hervorh. d. Verf.).

91) a.a.O., S. 275 - „Freilich ist die Totalität, in der sich die Marxsche Theorie bewegt, eine andere als die der Hegelschen Philosophie ...."

92)  Ebenda; alle weiteren Zitate bis Anmerkung 93 ebenda.

93 „Negativität" als „Wesen" bedingt die konkreten „Erscheinungen" des „negativen Ganzen." Die „Antagonismen" der „Klassengesellschaft" haben die bloße Funktion, die ihnen zugrundeliegende abstrakte „Negativität" zu intensivieren, d.h. in ihrer konkret-historischen Gültigkeit zu bestätigen. Cf. Marcuse, Vernunft .... S. 277: „Die Negativität, mit der die Marxsche Dialektik beginnt, ist jene, die das menschliche Dasein in der Klassengesellschaft kennzeichnet; die Antagonismen, die diese Negativität intensivieren und schließlich abschaffen, sind die Antagonismen der Klassengesellschaft." (Hervorh. d. Verf.).

94)  a.a.O., S. 276; alle weiteren Zitate bis Anm. 95 ebenda.

95)  a.a.O., S. 277. Den grundsätzlichen Geltungsbereich materialistischer Dialektik bestimmt Marcuse als ausschließlich historischen: „Die Dialektik begreift die Tatsachen als Elemente einer bestimmten historischen Totalität, von der sie nicht isoliert werden können" (S. 276). „Natur" ist deshalb „dialektisch" nur insofern, als sie in den historischen Prozeß gesellschaftlicher (Re)produktion entritt (276). Denn jede „Tatsache" ist nur insoweit dialektisch analysierbar, als sie „von den Antagonismen des gesellschaftlichen Prozesses beeinflußt wird." (S. 276).

96 a.a.O., S. 277; alle weiteren Zitate bis Anm. 97 ebenda.

97) a.a.O., S. 278.

98) Ebenda.

99) a.a.O., S. 279.

100) Marcuse, Zum Begriff der Negation .... S. 185-190.

101) a.a.O., S. 185; alle weiteren Zitate bis Anmerkung

102) ebenda. 01 a.a.O., S. 186.

103) Ebenda.

104) Ebenda.

105) a.a.O., S. 187.

106) Marcuse, Der eindimensionale Mensch .... S. 53-

107) a.a.O.. S. 115.

108) Marcuse, Versuch .... S. 33.

109) Ebenda.

110) Marcuse, Zum Begriff der Negation .... S. 188.

111) Ebenda.

112) Ebenda.

113) Die „Dialektik der bestimmten Negation" bildet einen „circulus vitiosus". „Die Transzendenz der bestehenden Bedingungen (von Denken und Handeln) setzt Transzendenz innerhalb dieser Bedingungen voraus. Diese negative Freiheit ... ist das Apriori der historischen Dialektik, sie ist das Element der Wahl und Entscheidung in der geschichtlichen Determination und gegen sie." (Marcuse, Der eindimensionale Mensch, S. 235) - Marcuse schlägt deshalb vor, den Begriff der „bestimmten Negation" durch den der „bestimmten Wahl" /.u ersetzen, „um den Einbruch der Freiheit in die historische Notwendigkeit hervorzuheben." (Ebenda, S. 233). Wie W.F.Haug richtig bemerkt, wird menschliche Geschichte von Marcuse durch die Schlüsselbegriffe „Wahl," „Entscheidung," „Transzendenz" „aufs Format des Individuums gebracht, um dieses zu retten." (W.F. Haug, Das Ganze ... S. 188).

114) Marcuse, Zum Begriff.... S. 188.

115) 'Ebenda.

116) a.a.O.. S. 189.

117) a.a.O., S. 190.

118) Marcuse, Versuch ...,S.41.

119) Ebenda.

Editorische Anmerkungen

Der Aufsatz ist das 8. Kapitel des Buches: Modelle der materialistischen Dialektik - Beiträge der Bochumer Dialektikarbeitsgemeinschaft, hrg. von Heinz Kimmerle, Den Haag 1978, S. 185 - 206

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