Ein Verlag am Tegernsee, Saddam und Hitler
Wieviel Antisemitismus darf es denn sein ?

von
Max Brym
05/04

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Der aus Österreich stammende Kaufmann Thomas Bauer hat in seinem Lifestyle- Verlag in Bad Wiessee einen Liebesroman Saddam Husseins veröffentlicht: „Zabibah und der König“, erste Auflage 10000 Stück. Laut Verlag ist das Produkt ein geschäftlicher Erfolg und eine zweite Auflage steht bevor. Der Verlag am malerischen Tegernsee stand bis dato für andere Bücher. Auf der Homepage des Verlages gibt es Angebote wie „Softdrinks für jede Gelegenheit“ und „Ätherische Öle“ oder „Traumhafte Pflanzenwelt“. Für ein Publikum, wie es nicht nur am Tegernsee zu finden ist, führt der Verlag Bücher wie „Verwandeln Sie Uhr Haus in eine sinnliche Oase“. Nun scheint den Verleger der Ehrgeiz gepackt zu haben auch Bücher mit härteren Themen herauszugeben. In einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung (05.05.04) bezeichnet Herr Bauer den Liebesroman Saddams, als „ literarisch nicht bestechende, aber doch sehr spannende Liebesgeschichte die sich gut verkaufen läßt“. Natürlich geht es dem Verleger um den geschäftlichen Erfolg, sein eingesetztes Kapital soll sich entsprechend der marktwirtschaftlichen Prinzipien maximal verwerten. Das Argument des Verlegers, wonach „man in den Kopf des Diktators schauen könne um neue Diktaturen zu verhindern“, kann in den Bereich „Marketingstrategie“ abgelegt werden. Geschäftlich interessiert erwartet Herr Bauer den Prozeß gegen Saddam, „denn Saddam ist momentan ein Thema“. Ob ein „Liebesroman“ von Saddam die Angehörigen von irakischen Opfern beleidigt oder Verstorbene im nachhinein bespuckt kommt in den Betrachtungen des österreichischen Verlegers nicht vor. Wie der Herr aus Bad Wiessee tatsächlich tickt, macht er an einer anderen Stelle deutlicher. Aber auch der SZ- Reporter ist mit seiner Fragestellung ein Beleg für politischen und historischen Unfug.

Wieviel Antisemitismus darf es denn sein ?

Der Journalist der SZ fragte den Verleger: „Würden Sie auch Liebesromane von sagen wir, Stalin, Karadzic oder Hitler verlegen?“ Diese Fragestellung des SZ- Journalisten ist selbstentlarvend und reaktionär.. Die von vielen deutschen Medien praktizierte Gleichstellung Hitlers, mit anderen schrägen Personen der Zeitgeschichte, hat objektiv die Funktion den Nazifaschismus zu verharmlosen. Herr Bauer antwortet auf die unsinnige Frage der SZ: „Kommt auf die Texte an. Wäre etwas zu antisemitisch, würde ich das nicht machen“. Ergo etwas antisemitisch darf ein Text schon sein, aber nicht zu stark. Was mit dem dosierten Antisemitismus gemeint ist, läßt Herr Bauer einerseits im Dunkeln um andererseits sofort Klartext zu reden. Der Verleger aus Bad Wiessee spricht sich für die Legalisierung von Hitlers „Mein Kampf“ aus. Allerdings betont er, dass von ihm „Mein Kampf“ nicht verlegt würde mit den Worten: „Eher nicht, zu antisemitisch“. Grundsätzlich will der Geschäftsmann aus Österreich nichts ausschließen, das „Eher nicht“ ist eine vorläufige Distanzierung um sich nicht in die Nesseln zu setzen. Der Verleger vom Tegernsee hält an der Maxime fest: „Antisemitische Texte im Köcher bereitzuhalten, um sie im geeigneten Moment auf dem Markt zu plazieren“. Die Marketingstrategie orientiert sich an dem Prinzip, den latenten Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft zu beobachten und termingerecht zu bedienen. Momentan gibt man den „zivilisierten Österreicher“, den ein bekannter jüdischer Kabarettist 1947 mit folgenden Worten zitierte: „Das schlimmste was uns dieser Hitler angetan hat ist, dass er uns unseren guten alten kultivierten Antisemitismus kaputt machte“. In der Tat, das war eine weitverbreitete Grundstimmung im reaktionären Kleinbürgertum im damaligen Österreich. Der Herr Bauer aus Bad Wiessee ist im Jahr 2004 wesentlich weiter „ein bißchen Antisemitismus“ paßt wieder zum Geschäft und um das Geschäftsfeld zu erweitern wird die Legalisierung von Hitlers „Mein Kampf“ gefordert. Ein SZ- Reporter trägt unbeabsichtigt zur Aktivierung des „antisemitischen Geschäftes“ bei, indem er Saddam Hussein nicht klar und sauber von Hitler trennt. Dadurch rückt das Geschäft Hitler zu publizieren in greifbare Nähe.

Editorische Anmerkungen:

Max Brym stellte uns diesen Artikel am 6.5.2004 zur Veröffentlichung zur Verfügung. Er lebt als freier Journalist in München.