http://www.anders-gesehen.de/startfrp1.htm

Streik der Lufthansapiloten
oder wie sich deutsche Gewerkschaften gegen Kollegen zu Anwälten des Unternehmens machen.

Ein Kommentar

05/01 trdbook.gif (1270 Byte)  trend online zeitung Briefe oder Artikel: info@trend.partisan.net ODER per Snail: trend c/o Anti-Quariat Oranienstr. 45 D-10969 Berlin
Eigentlich ist das Szenario bei Tarifverhandlungen bekannt:

Gewerkschaften fordern im Namen ihrer Mitglieder Lohnerhöhungen um X Prozent, in der Öffentlichkeit wird ein wenig darüber räsoniert ob sich diese Forderung denn auch mit dem Wirtschaftswachstum verträgt, es wird ein wenig warngestreikt und schließlich treffen sich die Tarifparteien in einem feinen Hotel zur gewohnten Nachtsitzung um am nächsten Morgen ein wenig zerzaust und unrasiert eine Einigung zu verkünden.

Und siehe da aus der Forderung von X Prozent ist ein Abschluß geworden der sich von der Inflationsrate gerade mal um ein paar Zehntel Prozent unterscheidet. "Mehr sei leider nicht drin gewesen" erklären die Gewerkschaftsfunktionäre und erwarten von ihren Mitgliedern das sie das gefälligst einsehen.

In der vergangenen Woche durften wir hingegen Tarifauseinandersetzungen der anderen Art kennenlernen. Cockpit, die berufsständische Organisation der Piloten rief zur Durchsetzung ihrer Forderungen - 30% mehr Gehalt oder so - zum Streik auf und siehe da dem Kranich waren die Flügel gestutzt.

Und weil die Herren vom Lufthansa - Vorstand wissen, daß sie auch weiterhin auf ihr rares Cockpitpersonal angewiesen sind und deswegen wohl letztendlich eine kräftige Lohnerhöhung hinnehmen müssen, enthalten sie sich fast jeder öffentlichen Mäkelei und überlassen diesen Part den dazu allzeit bereiten Medien und - ausgerechnet - den Gewerkschaften.

Wenn dann z.B. die Bildzeitung von den "Gier - Piloten" redet weiß sie sich einig mit der Bevölkerung. Na klar, diejenigen die sich durch die jahrelangen niedrigen Lohnabschlüsse ihrer Gewerkschaften eine bescheidene Lebensführung angewöhnen mußten, sehen dann natürlich in jedem der sich diese vermeintliche Tugend nicht angedeihen lassen will genau das Gegenteil von sich, der ist dann nämlich Gierig.

Es ist schon eigenartig, daß dem sogenannten "kleinen Mann" Gier ausgerechnet bei etwas besser bezahlten Kollegen aber auf keinen Fall bei Bundeskanzlern, Managern und Chefs oder ihren Einheitsfunktionären auffällt.....

Auch die DAG, jetzt ver.di Gewerkschaftler sehen ihre Stunde gekommen um sich energisch Gehör zu verschaffen. Nicht etwa um sich mit den streikenden Piloten solidarisch zu erklären oder ihnen zumindest Erfolg bei ihrem Arbeitskampf zu wünschen, nein sie erklären sich solidarisch mit dem Lufthansa - Management, in dem - der Mitbestimmung sei dank- der ehemalige DAG Vorsitzende Issen jetzt als Aufsichtsrat über die Bedingungen der Ausbeutung mit entscheidet.

Mit dem aberwitzigen Argument, daß eine Lohnerhöhung der Piloten in dieser Höhe die internationale Konkurrenzfähigkeit der LH beschädigen könnte und deswegen eine Gefahr für die Arbeitsplätze des Bodenpersonals darstellen könnte, fordern ausgerechnet die Gewerkschafter, die sonst bei Tarifverhandlungen herumtönen mehr sei wegen der mangelnden Kampfbereitschaft der Basis nicht zu erreichen gewesen, die streikenden Piloten zur Mäßigung auf.

Als ob die Lohnhöhe der Piloten mit der Zahl der am Boden Beschäftigten zu tun hätte!

Eine saubere Masche, Kollegen gegeneinander auszuspielen. Die Gewerkschaft bemüht hier das idyllische Bild eines kapitalistischen Unternehmens als knapp bemessener Suppentopf, aus dem sich keiner mehr nehmen darf, als ihm gewerkschaftlich zugestanden wird.

Ja, wenn man von den kapitalistischen Zwecken gar nichts mehr wissen will, dann läßt sich mit solchen Hirngespinsten noch jeder Lohnverzicht und jede - wohlgemerkt sozialverträgliche ! - Kündigung verkaufen.

So erklärt uns die LH Betriebsrätin Tippmann im deutschen Fernsehen, daß sie mit den von der DAG ausgehandelten 3.5% für das Bodenpersonal voll zufrieden sei, daß jedes Prozent mehr Arbeitsplätze kosten würde, und überhaupt die Cockpit - Piloten mit ihren Forderungen und ihrem Streik den Betriebsfrieden stören würden.

Mit der Vertretung der Interessen des Bodenpersonals hat diese feine Dame ebenso wie der Gewerkschaftsmann im  Aufsichtsrat wahrlich nichts mehr am Hut, nichts liegt ihr ferner als bei einer Inflationsrate von 2.9% im April einen kräftigen Nachschlag zu fordern. Nein, die dem Bodenpersonal durch einen miesen Lohnabschluß aufgezwungene Bescheidenheit will sie auch den Piloten aufnötigen.
Damit hätten dann zwar weder Bodenpersonal noch Piloten einen anständigen Lohn aber die Gewerkschaft hätte ihren Betriebsfrieden.

Dem Pilotenstreik kann man also einiges entnehmen:

Das ein Streik - erstens - sehr wohl das Mittel ist um sich in Sachen Lohn und Arbeitsbedingungen bei den Herren Unternehmern Gehör zu verschaffen und daß die Größe einer erfolgreich erstrittenen Lohnerhöhung sich daran bemißt was man herausholen kann aber eben nicht an ihrer betriebswirtschaftlichen Vertretbarkeit.

Man kann aber auch - zweitens - lernen, daß die im DGB versammelten deutschen Gewerkschaften für solche, an den Interessen ihrer Mitglieder orientierten, Lohnabschlüsse nichts taugen und daß sie solche im Gegenteil im Namen ihrer sozialen Verantwortung torpedieren.

Was - drittens - auch die in der berufsständischen Cockpit - Vereinigung organisierten Piloten wissen , weshalb sie sich auch in Zukunft hüten werden unter dem Dach des DGB ihre Interessen zur gewerkschaftlichen Disposition zu stellen.

Was - viertens - der Grund dafür ist warum die Gewerkschaften so vehement gegen die Piloten wettern. Es soll eben nur einen Laden geben, der sich als Tarifpartei aufführen darf.


Ein Angebot von "anders-gesehen"

Studien und Diskussionskreis "Das Kapital" von Karl Marx

Derjenige der Aufschluss darüber sucht wie der moderne Kapitalismus beschaffen ist und funktioniert kommt um die Auseinandersetzung mit den Erklärungen von Marx nicht herum. Dazu bietet dieser Studien und Diskussionskreis die Gelegenheit
3. Mai um 18.15, danach jeweils 14-tägig bis Semesterende
Politologisches Institut der Uni Hamburg , Allendeplatz 1 (Pferdestall) Raum 104