Ewiggestriges Heimattreffen oder aktueller Revanchismus?

Vom 29. bis 30. April 2000 traf sich in der Rattenfängerhalle der „Neumarkter“ Verein

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  Alle 2 Jahre kommen sie nach Hameln geströmt:  Die „Neumarkter“. Nette Heimattänze, 
Heimatbücher, Heimatzeitungen  werden dargeboten - was soll denn daran rechtsextrem sein? 
Außerdem, die alten Leute, wem können die denn noch schaden? Die Patenschaft, die 
Bruno Ibsch mit „Neumarkt“ erklärte, dient die nicht der Völkerverständigung? 
Da kann die Stadt doch das Defizit von DM  23.000,--  doch ruhig ausgleichen?
 

Wo finde ich denn „Neumarkt?

Wer in den Atlas aus dem Jahre 2000 sieht, wird „Neumarkt“ nicht mehr finden. Im Atlas von 1939 wird mensch allerdings fündig. „Neumarkt“ existierte bis zur Befreiung vom Hitler-Faschismus. Danach gehörte die Stadt wieder zu Polen. Im Atlas von heute steht daher zurecht der eigentliche Name der Stadt: Sroda Slaska. Vielleicht sind die Alten Herrschaften wie Bruno Ibsch nur ein wenig senil? Nein, wir wollen das Problem der ewig Gestrigen nicht verharmlosen. Ibsch meint, dass die polnischen Namen ein Relikt der „kommunistischen Diktatur“ seien. Da hätten wir doch glatt geglaubt, dass heute in Polen demokratische Verhältnisse herrschen. Oder sind demokratische Verhältnisse nur dann, wenn die Deutschen wieder ein Land angegriffen und besetzt haben wie es 1939 passierte? Mit dem Überfall auf Polen begannen die Deutschen den 2. Weltkrieg. An diese Zeit erinnert man sich doch gerne zurück. „Weißt du noch- damals?“ lautet auch das Motto, das die Dewezet dem Treffen der „Neumarkter“ gab. Gerne erinnert man sich an die Zeit zurück, in der Mann noch „Herrenmensch“ sein durfte, da konnte man endlich mal den „Pollacken“ zeigen wie gearbeitet wird und wer nicht spurt der kommt ins KZ, wie bereits die Juden, Kommunisten, Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Sinti und Roma, Bekennende Christen, Homosexuelle und und  JA, das waren wirklich Herrschaftszeiten, weißt du noch?!  

Die Patenschaft mit „Neumarkt“

An jedem Ortseingang kann mensch sie entdecken. Die Schilder auf denen auf diese Patenschaft vom „Neumarkter“ Verein hingewiesen wird. Der heutige Oberbürgermeister Klaus Arnecke bewahrte sogar das sog. Denkmal für die „Neumarkter“ im Hamelner Bürgergarten. 

Aber es gibt in Hameln auch „anständige Deutsche“. Da gab es doch den Sozialdemokraten und Oberstadtdirektor Werner Lichtenberg, der diese ewig gestrige Patenschaft beenden wollte.

Oberstadtdirektor Werner Lichtenberg bezeichnete die Grundlagen der Patenschaft als revanchistisch.

 Was ist denn Revanchismus?

Unter Revanchismus ist eine rechtsextreme Ideologie zu verstehen, die auf die Wiedererlangung der in einem Eroberungskrieg verlorenen Gebiete gerichtet ist. In der Patenschaftserklärung der „Neumarkter“ wird auf die Besiedlung Polens mit Deutschen orientiert. Der polnische Staat wird nicht anerkannt. Im Faschismus zu Deutschland gehörende Gebiete sollen wieder „heim ins Reich“ geholt werden. Konkret verlangen die „Neumarkter“ damit, dass Sroda Slaska nicht mehr zu Polen, sondern zu Deutschland gehört.

 Warum ist die Patenschaft mit „Neumarkt“ revanchistisch?

Auffällig an diesem Patenschaftsvertrag ist, dass Hameln nach dem Vertrag eine Patenschaft mit einer Stadt übernimmt, deren Name seit der Befreiung vom Faschismus 1945 wieder Sroda Slaska heißt. Die sogenannten „Bund der Vertriebenen“ Organisationen, denen Ibsch auch angehört, verstehen sich daher auch als Exilvertretungen, so als wenn „Schlesien“ derzeit unter polnischer Verwaltung steht, es eigentlich aber zu Deutschland gehören würde. Dabei wird ganz vergessen, dass z.B. Sroda Slaska polnisches Staatsterritorium ist. Bereits heute unterstützen Ibsch und Co. die sogenannten deutsche Minderheit in Polen. Mit Greuelmärchen über die angebliche Unterdrückung der deutschen Minderheit wurde nicht nur der zweite Weltkrieg gerechtfertigt. Sroda Slaska soll wieder eingedeutscht werden. Das wird derzeit mit ökonomischen Mitteln versucht. 1939 wurde damit ein Weltkrieg Mittel zum Zweck.

1954 wurde in der Zeit des „Kalten Krieges“ die sogenannte Patenschaft mit „Neumarkt“ übernommen. Inhalt der Patenschaft ist folgendes: „Wenn früher oder später einmal die Frage der Wiederbesiedlung der schlesischen Ostgebiete akut werde, würden, wie schon einmal vor Jahren, Einheimische gemeinsam mit den Vertriebenen die zur Zeit unter fremden Verwaltung stehenden Ostprovinzen neu bevölkern und erschließen. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt es, die Idee und die Gedanken dieser Aufgabe aufrecht zu erhalten. Die Patenschaftsübernahme soll in der Hauptsache dazu beitragen.“[1]

Polnische Gebiete sollen also wieder eingedeutscht werden. Revanchistischer hätte man es wohl kaum ausdrücken können.

Die „Neumarkter“ im braunen Sumpf?

Revanchismus ist Bestandteil der Ideologie des deutschen Faschismus. In dieses Horn stößt insbesondere Bruno Ibsch, der 1985 als stellvertretender BdV (Bund der Vertriebenen) Vorsitzender den Holocaust Leugner David Irving in das Weserberglandzentrum einlud. Ibsch schreibt immer wieder gerne in dem Nazi-Blättchen „Der Schlesier“ Da Ibsch aber seine rechtsextremen Background ungern öffentlich eingesteht, schreibt er dort unter seinem Pseudonym „Antonius“. Im „Schlesier“ lässt der Vorsitzende des Neumarkter Vereins Ibsch auch für die „Heimattreffen“ in Hameln werben.

Ibsch, einschlägig als ewig Gestriger bekannt, beteuert im Hamelner Rat immer wieder, dass mit dem Anschluss der DDR nur eine „teilweise Wiedervereinigung“ vorgenommen wurde. Er hätte natürlich gerne die Grenzen des Hitler-Deutschlands von 1943 wieder. Immer wieder spricht er von „Zerstörung unseres Volkes durch Überfremdung unseres Volkes“ Dieser O-Ton könnte genauso gut von der NSDAP-AO sein.

Deutsche Namen für ausländische Städte?

Damit diese Überfremdung nicht überhand nimmt (die Deutschen sind ja in Polen in der Minderheit und es werden immer mehr Polen) streitet Ibsch immer wieder für deutsche Namen für ausländische Städte.

Nur vor die Stadt Oswiecim stellen diese Deutschen nicht gerne den deutschen Namen. Der damalige Name vom heutigen Oswiecim lautet: Ausschwitz

In Ausschwitz vergasten die Deutschen über 4 Millionen Menschen. Diesen in der Geschichte einmaligen Massenmord beendete die Rote Armee. Sie befreite Ausschwitz am 27.01.1945.

Auch der damalige Hamelner Ratsherr Jürdens kommt zu Recht zu dem Schluss: ..“ solange dieses ordinär revanchistische und rechtsextreme Gedankengut“ nicht aus dem Kopf von Ibsch und anderen ein für allemal verschwunden ist, werde der Revanchismus-Vorwurf immer wieder zu Recht erhoben.[2]

Der "Schlesier" im Verfassungsschutzbericht - Werbung für den "Neumarkter" Verein

Auch der Verfassungsschutzbericht 1998 von NRW weist dem Organ der Landsmannschaft Schlesien, in dem auch die sog. „Neumarkter“ organisiert sind (als dessen Wahlleiter in Hameln Ibsch fungierte) dem „Schlesier“ neofaschistische Tendenzen nach. Die Zielsetzung des „Schlesiers“, so der Verfassungsschutzbericht, ist die Wiederherstellung des Deutschlands in den Grenzen von 1937. Darüber hinaus ist der „Schlesier“, geographisch revisionistisch, agitiert gegen die Parteien-Demokratie, ist ausländerfeindlich und rassistisch und wirbt für rechtsextreme Organisationen und Verlage. [3] Natürlich warb Ibsch auf einer ganzen Seite dieser Zeitung für das Treffen in Hameln.

Unterstützung für den deutschen Siedlungsdrang

Die sogenannten „Vertriebenen“ rechtfertigen ihre Ansprüche in Polen in der Regel damit, dass dies ja von der Bevölkerung unterstützt werden würde und dass auch die Polen diese Politik nicht für revanchistisch halten würden. Die Realität aber sieht anders aus. Ständig rüffelt das polnische Parlament das revanchistische Treiben der „Vertriebenen“. Schlesien bleibe polnisch, heißt es in entsprechenden polnischen Erklärungen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Kein Geld für den „Neumarkter“ Verein!
Völkerfreundschaft statt Aufstachelung zum Völkerhaß!
Sofortige Kündigung der revanchistischen Patenschaft!


[1] Dr.. Jansen, OB Hamelns von 1955 zit. nach Hamelner Markt vom 12.06.1998

[2] Jürdens, zitiert nach Hamelner Markt vom 12.06.1998

[3] Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1998, S. 131/132

Quelle: http://www.puk.de/antifa_hm_py/