Evakuiert Moria!
Heraus zum revolutionären 1. Mai! Aufruf zu einer gemeinschaftlichen Aktivität am 1. Mai ab 18 Uhr in Berlin-Kreuzberg

R1MB-Bündnis

04/2020

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Aufgrund der Corona-Pandemie werden wir in diesem Jahr zum 1. Mai nicht wie sonst zu einer Demonstration im klassischen Sinne aufrufen. Da wir angesichts der herrschenden rassistischen, kapitalistischen und patriarchalen Verhältnisse aber auch nicht passiv bleiben wollen, rufen wir zu einer Versammlung der besonderen Art auf. Der Beginn unserer Aktion ist kein zentraler Platz, sondern ein Gebiet. Dadurch können wir die Ansteckungsgefahr verringern und bleiben für den Repressionsapparat unkontrollierbarer. Das Gebiet liegt in Kreuzberg 36. Wir werden es am Vormittag des 1. Mai über Twitter (@rev1maiberlin) und die Website (1mai.blackblogs.org) sowie Indymedia bekannt machen.

Begebt euch am 1. Mai bis 18 Uhr nach Kreuzberg 36 in, an und um dieses Gebiet. Haltet dabei den Mindestabstand ein und vermummt euch mit Schals oder Masken. Und bleibt in Bewegung. Ab 18.20 Uhr werden wir über Twitter und die Website nacheinander mit zeitlichem Abstand Orte in Kreuzberg 36 bekanntgeben, zu denen wir uns dann über verschiedene Wege begeben werden. Informiert die anderen, die kein mobiles Internet haben. Wir wollen die Straßen mit unseren antirassistischen, antipatriarchalen und antikapitalistischen Inhalten fluten, die Zielorte, die wir jeweils mit einer Uhrzeit angeben, sind nur kurze Zwischenstopps. Auf unterschiedlichen Neben- und Seitenstraßen kommen wir dorthin, werden unsere Inhalte vermitteln und uns danach zerstreuen, um uns bald wieder woanders zu begegnen.

Der 1. Mai ist, was wir alle daraus machen. DIY! Überlegt euch, wie ihr auf diesen Wegen und all den Orten eure Botschaften auf Tüchern, mit Transparenten, lauten Parolen und Wurfzetteln verbreiten könnt oder mit Rauchtöpfen, Sprühereien und Farbbeuteln Akzente setzt. Wir werden dabei in die Breite gehen. Unsere Bewegungsfläche ist der ganze Kiez. Mit unserem Aktionskonzept wollen wir möglichst vielen Menschen ermöglichen, sich an den Protesten am 1. Mai zu beteiligen. Jede*r nach ihren eigenen Vorstellungen und Risikobereitschaft. Ob allein mit einem Plakat, gemeinsam mit Freund*innen und Genoss*innen, in kleinen Gruppen, mit Fahrrad oder zu Fuß oder auch von Hausdächern und Balkonen aus, ihr selbst bestimmt wie eure Aktionen aussehen. Wenn es Absperrungen durch die Polizei gibt, versuchen wir diese zu umgehen, zu umfließen oder darum herum zu wuseln. Seid dabei achtsam, vermeidet enge Zusammenkünfte und bleibt stets in Bewegung. Der 1. Mai ist keine Party, sondern ein Kampftag für eine befreite Gesellschaft. Um 20 Uhr sollen im ganzen Kiez Feuerwerke gezündet werden. Beteiligt euch dabei von euren Dächern, Balkonen und von den Straßen.

Seit der Corona-Krise unterdrücken die Repressionsbehörden unter dem Vorwand des Infektionsschutzes vielerorts politische Proteste. Auch wenn bei Aktionen auf Schutzmaßnahmen wie Abstand geachtet wird, werden Demonstrant*innen mit Repression überzogen, dabei gibt es vielfach erst mit dem Einschreiten der Polizei ein Ansteckungsrisiko, da sie weder Masken tragen noch Abstände einhalten. Wir nehmen die Schutzmaßnahmen ernst. Wir werden am 1. Mai verantwortungsvoll handeln. Und wir erwarten, dass die Polizei am 1.Mai-Wochenende auch Abstand hält. Wenn es dennoch am 1. Mai zu Festnahmen kommt, meldet euch beim Ermittlungsausschuss. Wie jedes Jahr gilt auch in diesem Jahr ganz besonders: Wir werden niemanden mit der Repression allein lassen. Gemeinsam mit EA und Roter Hilfe wird sich auch das Bündnis um Repressionsfälle kümmern und Solidarität organisieren. 

Unser politischer Schwerpunkt am 1. Mai ist der Kampf gegen die Festung Europa. Mehr als 20 000 Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflüchtet sind, befinden sich im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos, welches für 3000 Personen ausgelegt war. Dort herrschen katastrophale Bedingungen, es gibt kaum Wasser, kaum medizinische Versorgung und Abstandsregeln können nicht eingehalten werden, wenn Menschen auf kleinstem Raum zusammenleben müssen. Ein Ausbruch des Coronavirus würde zu einem Massenstreben führen. Lediglich 47 Kinder hat die BRD bisher aufgenommen. Während für 250.000 deutsche Tourist*innen alle Hebel in Bewegung gesetzt wurden, ist dem deutschen Staat das Schicksal der Geflüchteten völlig egal. Menschen ertrinken im Mittelmeer, während die EU nicht nur tatenlos zuschaut, sondern mit der EU-Grenzagentur Frontex die Abschottung weiter vorantreibt. – Moria evakuieren! Fähren statt Frontex!

In der BRD müssen Geflüchtete auf engstem Raum in Sammellagern leben. Auch schon vor Corona war das Leben für Geflüchtete durch fehlende Privatsphäre, Angst und Isolation geprägt. In den Massenunterkünften sind sie jetzt zudem einem großen Ansteckungsrisiko ausgesetzt. Statt einer dezentralen Unterbringung werden Geflüchtete in der Corona-Krise noch weiter abgeschottet und Lager werden komplett unter Quarantäne gestellt. – Wohnungen statt Lager! Bleiberecht für alle!

Während Geflüchtete und Migrant*innen vom deutschen Staat verfolgt, eingesperrt und abgeschoben werden, bereitet die rechte Hetze von AfD, Werteunion und anderen den Boden für faschistische Anschläge wie in Hanau am 19. Februar. Anfang April wurde Arkan Hussein Khalaf in Celle von einem Deutschen ermordet, der sich im Internet mit rassistischen und antisemitischen Gedanken umgeben hat. Rassistische Drohungen, Diskriminierung und Gewalt gehören hierzulande zum Alltag von Migrant*innen und People of Color. Im Zuge der Ausgangsbeschränkungen wegen Corona verstärkt sich Racial Profiling, das heißt rassistische Kontrollen im öffentlichen Raum. – Alle zusammen gegen Rassismus und Faschismus!

Kriege und Waffenexporte gehen auch in der Krise unvermindert weiter. Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat bereits angekündigt im Mai eine hohe Dividende an die Aktionär*innen auszuschütten. Trotz der Pandemie produzieren Konzerne weiter und gehen für Profite über Leichen. Amazon macht riesige Gewinne in der Krise auf dem Rücken der Beschäftigten, die unzureichend vor dem Virus geschützt sind. Auf Proteste und Streiks reagierte der Konzern mit Entlassungen. Das Pflegepersonal in den Krankenhäusern arbeitete schon vor Corona am Limit, denn Krankenhäuser wurden kaputtgespart und nach der kapitalistischen Profitlogik ausgerichtet. Vor allem Frauen* leisten schlecht bezahlte und unbezahlte Care-Arbeit im Bereich der Pflege von Alten und Kranken, der Kinderbetreuung, der Reinigung und Hausarbeit. Durch Corona werden bestehende patriarchale Verhältnisse noch verstärkt, die Ausgangsbeschränkungen verstärken zudem patriarchale Gewalt. – Für die soziale Revolution! Kapitalismus und Patriarchat überwinden! 

Am 1. Mai gehen wir auf die Straße für eine solidarische Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung. Trotz dem notwendigen physischen Abstand, lassen wir uns nicht vereinzeln, sondern handeln kollektiv und solidarisch! Der 1. Mai sind wir alle - alle gemeinsam gegen Kapitalismus, Rassismus und Patriarchat!

Quelle: https://1mai.blackblogs.org/?p=822

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