Und das Bündnis der
Revolutionären 1. Mai Demo denkt
über Möglichkeiten und
Verantwortlichkeiten einer
Mobilisierung nach. Tod und
Krankheit sind das Wesen der
kapitalistischen Gesellschaft,
ihrer Ordnung und ihrer Werte.
Wir sind die Privilegierten, die
etwas zu verlieren haben. Eine
beliebige Summe Geld, wenn wir
illegal demonstrieren. Für die
meisten das behagliche Gefühl,
schon lange keinen Knüppel mehr
in die Fresse bekommen zu haben,
keine Pfefferdusche, schon lange
nicht mehr wegen einer Demo im
Polizeigewahrsam gewesen zu
sein.
Die, für die wir vorgeben zu
kämpfen, nein, sogar mit ihnen
zu kämpfen, haben nichts zu
verlieren. Die Deklassierten,
Obdachlosen, Gefangenen, sie
scheißen auf ihre Mieten, die
sie eh nicht zahlen für ihre
nicht vorhanden Wohnungen.
Diejenigen, die den Kriegen
entkommen sind, der Armut,
Naturkatastrophen, patriarchaler
oder religiöser Unterdrückung,
würden sich vielleicht gerne von
Berliner Bullen schlagen lassen,
wenn sie dafür in dieser Stadt
bleiben könnten, die wir hassen.
Der Kampf für eine solidarische
Gesellschaft und ein
selbstbestimmtes Leben, ist
nicht ohne Risiko. Wie auch der
Krieg auf den Straßen, die
Arbeit und andere
Gewaltverhältnisse, uns keine
Sicherheit anbieten können,
selbst wenn wir gehorsam wären.
In
der Presse und in der Schicht
der systemrelevanten Untertanen
waren wir niemals etwas anderes
als der Abschaum, ob am 1. Mai
1987 oder bei jeder anderen
Straßenschlacht davor und
danach, immer schallt der Ruf
nach dem Ermitteln und schnellen
Verurteilen der
Straftäter*innen. Eine absolut
friedliche Demonstration soll in
diesem Jahr genauso entschlossen
zerschlagen werden, wie in
vergangenen Jahren der
krawallbereite Block. Der
Bürgermeister von Ozeanien, ein
Mann namens Müller, und sein
Innensenator Geisel, werden
nichts anbrennen lassen. So wie
sich in Orwells 1984 Eurasien
und Ostasien als Hauptfeind
abwechseln, sind es in Berlin
wahlweise Islamisten, Clans, die
Rigaer Straße oder jetzt eben
eine Pandemie. Auch die
Bedeutung der Begriffe und
Objekte wechselt der Große
Bruder nach Belieben; eine Maske
vor der Nase kann verdächtig und
strafbar sein, wird aber auch
schon als Pflicht für die
Teilnahme am Einkauf oder in
Verkehrsmitteln diskutiert.
Die radikale Linke und die
Anarchist*innen sollten diesen
falschen Rahmen ihrer Praxis
ablegen und das eigene Risiko in
Kauf nehmen, die eine
Veränderung der sozialen
Beziehungen uns abverlangt. Der
Kapitalismus kalkuliert Krisen
als Modernisierungsschub seiner
Herrschaft und seiner Profite
ein. Damit verbundene
Fliehkräfte und Spannungen in
der Gesellschaft, den Frust der
Ohnmächtigen und Aussortierten,
wollen wir verstärken und
verbreiten.
Demokratische Fassaden bröckeln,
wenn Hundertschaften tagelang
bestimmte Kieze belagern. Wenn
sie Menschenansammlungen
zerschlagen und für
Friedhofsruhe sorgen. Solche
Bilder können wir entstehen
lassen am 1. Mai, als Beweis an
die Unterschichten, dass
Widerstand möglich ist. Als
Signal an die Migrant*innen in
den Lagern der Frontex-Staaten,
weiter gegen die Grenzen
anzurennen, hinter denen sie
nicht nur Ablehnung vorfinden
werden. Als Vorschlag an Gering-
oder Nichtverdienende, Mieten zu
verweigern und Wohnungen zu
besetzen, um die erwartete
Räumungswelle nach Corona zu
einem Fiasko für den Senat zu
machen. Wer Millionen erpresster
Steuereinnahmen in
Flughafenbaustellen und barocken
Stadtschlössern versenkt, soll
ein bisschen Chaos in Berlin
erwarten dürfen.
Was haben wir zu verlieren, bei
einem Staat, dessen
„Einzeltäter“ in den rechten
Netzwerken von Polizei und
Bundeswehr, fleißig Waffen
sammeln und Todeslisten
schreiben? Wer jetzt auf
günstigere Zeiten warten will,
um Widerstand auf die Straße zu
tragen, wird immer nur
Zuschauer*in bleiben.
Wir schlagen vor, am 1. Mai in
Berlin uns an öffentlichen Orten
zu versammeln und tatsächlich
einen Bereich temporär zu
besetzen, um zu checken was wir
überhaupt anzubieten haben.
Sollte das vom Virus der
Autorität verhindert werden,
kann der Mai leicht zu einem
Monat der dezentralen Aktionen
werden.