Die aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen werden bestimmt von Flucht und Flüchtlingsnot. Rationale und irrationale Ängsten die in der Folge davon entstehen bestimmen die Debatte. Diesen müssen wir uns mit unserer Position für eine gerechte und solidarische Gesellschaft stellen.

Wir stehen in der historischen Tradition des 1. Mai, des internationalen Kampftags der arbeitenden Menschen. Für uns heißt das, dass die Lebensbedingungen der lohnabhängig Beschäftigten und unterdrückten Menschen, egal welcher Herkunft und in welchem Land, im Mittelpunkt stehen. Aus diesem Selbstverständnis stellen wir uns der unsäglichen Hetze rassistischer und faschistischer Kräfte entgegen und treten dafür ein, dass Flüchtlinge nicht dazu benutzt werden, erkämpfte soziale Rechte abzubauen, Lohndumping zur Profitmaximierung weiter zu etablieren. Der Konkurrenz zwischen deutschen Arbeiterinnen, Migrantinnen und Flüchtlingen stellen wir unser gemeinsames Interesse für menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen entgegen.

Doch was sind die Gründe für die Flucht so vieler Menschen?

Große Teile der Regierenden, der Politik und der Medien lenken von den eigentlichen Fluchtursachen ab, indem sie MigrantInnen und Flüchtlingen unterstellen, nur „unser“ Sozialsystem ausnutzen zu wollen.

Mit diesen Unterstellungen wird von den eigentlichen Fluchtursachen, von existentieller Armut, Verfolgung und Kriegen abgelenkt. Diese werden verursacht durch die Profitlogik des Großkapitals, der mächtigen Konzerne und deren Konkurrenz in ihrem Streben nach Maximalprofit. Auch wenn diese Konzerne weltweit agieren legen sie viel Wert auf ihren „Heimatstandort“ und die Unterstützung der dortigen Regierung.

Ausdruck dieser staatlichen Unterstützung für die Konzerne sind etwa Handelsabkommen zwischen Staaten um Unternehmen vorteilhaften Zugang zu Rohstoffen, Boden und Märkten zu verschaffen. Das bekannteste dieser Handelsabkommen ist wohl TTIP, weniger bekannt ist, dass Deutschland seit Jahrzehnten, vor allem mit wirtschaftlich schwächeren Staaten vergleichbare Handelsabkommen abschließt. Diese Abkommen führen ausnahmslos zur Senkung des Lebensstandards der lohnabhängigen Bevölkerung.

Ausdruck dieser Politik sind aber auch Kriegseinsätze, deren langfristiges Ziel es ist, Länder und ganze Regionen in die eigene Einflusszone zu integrieren. Dazu nimmt man auch in Kauf, dass Staaten und Kontinente in Chaos und Elend gestürzt werden. Die Folgen sind in Somalia, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien und vielen weiteren Ländern zu sehen.

Für die Ursachen von Flucht müssen wir in Deutschland vor allem die Herrschendenn – egal welcher couleur – verantwortlich machen. Sie handeln einzig danach die Interessen deutscher Konzerne in der globalen, kapitalistischen Konkurrenz zu vertreten. Vollkommen falsch ist es daher den Menschen die Schuld zuzuschreiben, die sich auf den Weg machen um in die kapitalistischen Zentren der Welt zu kommen. Also in jene kapitalistischen Zentren, welche die Verantwortung für die Eskalationen in ihren Heimatländern haben.

Keine Spaltung

Rassistische Hetze und konstruierte Feindbilder dienen dazu, von den Ursachen prekärer Arbeitsverhältnisse und Existenzbedingungen, von Armut, Niedriglohn und Lohnabbau auf der einen und unermesslichem Reichtum auf der anderen Seite der Gesellschaft abzulenken.

Sie dienen dazu den Mangel an bezahlbarem, menschenwürdigem Wohnraum nicht im Streben nach Maximalprofit von Großinvestoren, der damit verbundenen Wohnungsspekulation und Wohnungsleerständen und dazu noch einer verfehlten Wohnungsbaupolitik zu suchen.

Sie dienen dazu, die Schuld für die eigene Untätigkeit und Ausbeutung auf Sündenböcke zu projizieren. Schuld sind dann immer die Andern: das ausländische Kapital, Migrantinnen und eben die Flüchtlinge. Sie nützen der Spaltung der Belegschaften und Schwächung der Arbeiterklasse. Sie dienen dazu, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im Kapitalismus zu verschleiern und zu sichern.

Solidarisch handeln

Wir müssen eine Perspektive hin zu einer Gesellschaft schaffen in der nicht der Großteil der Menschen zugunsten weniger Besitzender arbeitet. Eine Gesellschaft in der sich der Reichtum der Welt nicht in wenigen Händen konzentriert. In der sich die Beschäftigten, egal welcher Herkunft, nicht mehr als KonkurrentInnen um Arbeit und Lohn gegenüberstehen. In der der „Wert“ von Menschen sich nicht daran bemisst, was Unternehmen für ihre Arbeitskraft zu zahlen bereit sind. In der die Profit-Logik des Kapitalismus keine Chance mehr hat Raubbau an Mensch und Natur zu betreiben. In der es keine Konkurrenz zwischen Unternehmen, also keinen Krieg um Profit mehr gibt und es somit nicht mehr nötig ist Profit und Einfluss mit Bomben zu sichern.

Doch wie können wir das schaffen? Als Teil der lohnabhängigen Beschäftigten und Teil der arbeitenden Klasse können wir die Erfahrung vergangener Kämpfe nutzen und auf den gemachten Erfahrungen und Schlussfolgerungen aufbauen. Zwei der wichtigsten wollen wir hier erwähnen.

Solidarisch handeln. Mit Solidarität ist nicht nur ein bloßes Lippenbekenntnis gemeint. Solidarität ist nur dann wirksam, wenn sie praktische Konsequenzen hat. Wenn uns das gelingen soll, ist es notwendig, dass wir uns unserer gemeinsamen Interessen bewusst werden. Nur so ist es möglich Druck und Spaltungsversuche auszuhalten und zu überwinden, statt uns mit kleinen, individuellen Vorteilen gegenüber anderen zu begnügen. So müssen wir verhindern, dass LeiharbeiterInnen gegen die sogenannte Stammbelegschaft ausgespielt werden. Ebenso dürfen wir es nicht zulassen, dass Gräben zwischen „Fremden“ und „Einheimischen“, Männern und Frauen, gezogen werden. Denn wirklich Erfolge und Freiheit für die einzelnen können nur im gemeinsamen, solidarischen Kampf erzielt werden.

Auch international. Die oben genannte Solidarität darf sich nicht nur auf das eigene Land beschränken. Heute, in einer Zeit in der Konzerne wie nie zuvor weltweit agieren, ist es unmöglich ohne internationale Vernetzung und kontinuierliche, solidarische Zusammenarbeit erwähnenswerte Erfolge zu erringen. Ohne diese können wir uns nicht wirkungsvoll gegen Drohungen wie Standortverlegung wehren. Ein positives Beispiel ist der internationaler Zusammenschluss von Beschäftigten unterschiedlichster Bereiche der Textilbranche an dem sich auch organisierte ArbeiterInnen von H&M aus Deutschland beteiligen. An unterschiedlichsten Punkten der Liefer- und Dienstleistungskette konnte Druck gemacht werden,dadurch gelang es die Beschäftigten in den verschiedenen Ländern bei ihren Arbeitskämpfen gemeinsam zu unterstützen. Das ist gelebte internationale Solidarität.

Machen wir uns auf den Weg!

Lassen wir die Chance unseres Kampftages des 1. Mai nicht ungenutzt. Zeigen wir, dass wir uns gegen die rassistische Stimmung die in Deutschland geschürt wird, stellen. Zeigen wir, dass Geflüchtete nicht unsere KonkurrentInnen, nicht die „Fremden“, „anderen“ sind, sondern das sie unsere Verbündeten sind und dass wir grundsätzlich gemeinsame Interessen haben. Zeigen wir, dass wir nicht damit zufrieden sind wie es ist. Zeigen wir den Weg hin zu einer solidarischen Gesellschaft auf und kämpfen zusammen dafür.

Am 1. Mai gemeinsam auf die Straße. Gegen Spaltung, für ein solidarisches Handeln!