Die
Black Panther Party ist keine Organisation von schwarzen
Rassisten, sie ist überhaupt keine rassistische Organisation.
Wir begreifen, woher der Rassismus kommt. Unser
Verteidigungsminister Huey P. Newton hat uns gelehrt einzusehen,
dass wir uns jeder Art von Rassismus zu widersetzen haben.
Die Partei versteht den eingewurzelten Rassismus, der zum großen
Teil im weißen Amerika herrscht, und sie versteht auch, dass die
sehr kleinen Kulte, die hin und wieder im schwarzen Gemeinwesen
aufsprießen, im wesentlichen auf einer rassistischen Philosophie
von Schwarzen beruhen.
Die
Black Panther Party wird sich nicht auf die niedrige, gemeine Ebene
eines Ku-Klux-Klan-Mannes herablassen, eines dünkelhaften Weißen
oder der sogenannten ›Patriotischen‹ Organisationen weißer Bürger,
die den schwarzen Mann wegen seiner Hautfarbe hassen; sicher werden
einige weiße Bürgerorganisationen aufstehen und sagen: »Aber nein,
wir hassen die Schwarzen nicht. Wir wollen nur nicht zulassen, dass
Schwarze dieses tun, und wir wollen nicht zulassen, dass Schwarze
jenes tun.« Das ist eine gemeine Hetzerei auf der Grundlage des
alten Rassenhasses, dem alles tabu ist, dem besonders der Leib tabu
ist. Der Geist des schwarzen Mannes wurde verödet durch das soziale
Milieu, das dekadente soziale Milieu, dem er in der Sklaverei und
auch noch in den Jahren nach der sogenannten Emanzipationserklärung
ausgesetzt war. Schwarze und braune Menschen, Chinesen und
Vietnamesen werden als Gooks*, Spicks**, Nigger*** und mit anderen
verächtlichen Namen bezeichnet.
Die
Black Panther Party ruft im wesentlichen zu einem Bündnis und
Zusammenschluss all der Menschen und Organisationen auf, die sich
gegen die Machthaber wenden wollen. Die Machthaber sind
eigentlich die Schweine, die das Volk ausgeraubt haben, die gierige,
hetzerische Elite der herrschenden Klasse; sie hetzen die
Polizeischweine auf uns, sie befehlen ihnen, wie sie sich uns
gegenüber benehmen sollen, um uns auf diese Weise weiterhin
ausbeuten zu können.
In
unserer Zeit eines weltweiten kapitalistischen Imperialismus, der
sich eben hier in Amerika gegenüber vielen verschiedenen Völkern
sehr deutlich kundtut, halten wie es für nötig, als Menschen so
falschen Vorstellungen unserer Zeit wie dem Gedanken der Integration
entgegenzutreten.
Wenn
sich Völker integrieren wollen – und ich denke, dass das in fünfzig
oder hundert Jahren der Fall sein wird –, dann ist das ihre Sache.
Aber augenblicklich haben wir es mit den Schwierigkeiten eines
Systems zu tun, in dem eine Klasse herrscht, eines Systems, das den
Rassismus endlos fortsetzt und ihn als Mittel zur Erhaltung seiner
kapitalistischen Ausbeutung benutzt. Es nutzt auch Schwarze aus,
vor allem solche, die aus den Colleges und aus der Elite des
Klassensystems kommen; denn diese Schwarzen neigen dazu, sich in
einem schwarzen Rassismus zusammenzufinden, der dem Rassismus des
Ku-Klux-Klan oder den Praktiken weißer Bürgerverbände entspricht.
Es
leuchtet ein, dass bei einem Versuch, Feuer mit Feuer zu bekämpfen,
gewaltig viel verbrennen wird. Feuer wird am besten mit Wasser
bekämpft, weil Wasser das Feuer löscht. Das Wasser ist der
Zusammenschluss des Volkes mit seinem Recht, sich gegen ein
bösartiges Ungeheuer zu verteidigen. All das, was für die Weißen gut
ist, kann nicht auch für uns gut sein. All das, was für das
System der kapitalistischen herrschenden Klasse gut ist, kann nicht
für die Masse des Volkes gut sein.
Wir, die
Black Panther Party, betrachten uns als Volk innerhalb des Volkes,
aber durchaus nicht aus rassistischen Gründen. Wir halten es für
notwendig, dass wir uns als Menschen weiterentwickeln. Wir bekämpfen
den ausbeuterischen Kapitalismus nicht mit einem Kapitalismus der
Schwarzen, sondern wie bekämpfen den Kapitalismus wesentlich durch
Sozialismus. Und wir bekämpfen den Imperialismus nicht mit einem
noch größeren Imperialismus, sondern wir bekämpfen den Imperialismus
durch proletarischen Internationalismus. Diese Grundsätze sind
für unsere Partei sehr maßgebend. Sie sind höchst praktisch, human
und notwendig. Und sie sollten von der Masse des Volkes verstanden
werden.
Wir
benutzen unsere Gewehre nicht dazu – und haben es nie getan –, um in
die weiße Gemeinde zu gehen und Weiße zu erschießen. Wir verteidigen
uns nur gegen jeden, er sei nun schwarz, blau, grün oder rot, der
uns zu Unrecht angreift, der uns deshalb zu morden und zu töten
versucht, weil wir unsere Programme durchführen wollen. Alles in
allem genommen meine ich, man könnte aus unserem bisherigen
Verhalten sehen, dass wir keine rassistische Organisation sind,
sondern eines sehr fortschrittliche revolutionäre Partei.
Diejenigen, die den Kampf durch rassistische Unterschiede
verschleiern wollen, sind eben die, welche die Ausbeutung der
Volksmassen unterstützen und aufrechterhalten – der verarmten
Weißen, der armen Schwarzen, Braunen, Indianer, der in Armut
lebenden Chinesen und Japaner, der Arbeiter überhaupt.
Rassismus und völkische Unterschiede ermöglichen es den Machthabern,
die Arbeitermassen in unserem Lande auszubeuten, denn dadurch halten
sie alles unter ihrer Kontrolle. Das Ziel der Machthaber besteht
darin, das Volk zu teilen und so über es zu herrschen. Die
herrschende Klasse, die ganz kleine Minderheit, diese wenigen
habsüchtigen, hetzerischen Schweine und Lumpen lenken und verheeren
die Regierung. Die herrschende Klasse und ihre Spürhunde, ihre
Lakaien, ihre Stiefellecker, ihre Weißenhörigen und schwarzen
Rassisten, ihre Kulturnationalisten – sie sind alle Spürhunde der
herrschenden Klasse. Sie sind es, die die Machthaber mit erhalten
und stützen, wenn sie ihre rassistische Haltung nicht aufgeben,
durch die das Volk geteilt wird. Aber wer die schwer
arbeitende Bevölkerung wirklich beherrscht, ausbeutet und
unterdrückt, das ist die winzig kleine Minderheit der herrschenden
Klasse.
Wir gehören alle zur Arbeiterklasse – als Arbeiter oder als
Arbeitslose –, und unsere Einigkeit muss auf den praktischen
Notwendigkeiten des Lebens, der Freiheit und des Strebens nach Glück
beruhen, wenn das jemandem etwas bedeutet. Sie muss auf
praktischen Dingen beruhen, auf der Frage, ob unser Volk erhalten
bleibt, auf dem Selbstbestimmungsrecht unseres Volkes, auf dem
Recht, die vorhandenen Schwierigkeiten zu lösen. Im wesentlichen
führen wir also durchaus keinen Rassenkampf. Wir sind dabei, das den
Leuten möglichst rasch klarzumachen. Von uns aus gesehen ist
es ein Klassenkampf zwischen der großen proletarischen
Arbeiterklasse und der kleinen Minderheit der herrschenden Klasse.
Die Menschen aller Farben in der Arbeiterklasse müssen sich gegen
die ausbeuterische, bedrückende herrschende Klasse zusammentun.
Um es noch einmal zu betonen. Wir meinen, dass unser Kampf ein
Klassenkampf ist, aber kein Rassenkampf.»
Anmerkungen
* Das
Wort ›gook‹ (Schmutz, minderwertige Ware) wird in den U.S.A. zur
Bezeichnung von Japanern, Chinesen, Koreanern und anderen gebraucht.
(Anm. d. Übers.)
**
›spick‹ ist eine abfällige Bezeichnung für Angehörige verschiedener
Nationen, besonders für Mexikaner. (Anm. d. Übers.)
*** Die
Schwarzen selbst bezeichnen sich nicht selten als Nigger. Trotzdem
empfinden sie es als Kränkung, wenn ein Weißer diesen Ausdruck
gebraucht. (Anm. d. Übers.)
Vgl.
Bobby Seale: Wir fordern Freiheit. Der Kampf der Black Panther.
Fischer, Ffm., 1971. Deutsche Erstausgabe. Aus dem Amerikanischen
übertragen von Regine Wolf.
Über dieses Buch (1971)
Wer von Rassismus in den USA reden will, muss von der Black
Panther-Bewegung reden. Im Gegensatz zu Martin Luther Kings
Bürgerrechtsbewegung haben sie einen Klassenstandpunkt eingenommen,
was die herrschenden Schichten mit einer in den USA bisher nicht
gekannten Welle rassistischer Verfolgung und Unterdrückung
beantworteten. Die Prozesse gegen Bobby Seale, Huey P. Newton und
Angela Davis sind dafür nur die prominentesten Beispiele.
Die
Black Panthers stehen in dem Ruf, mit blinder Gewalttätigkeit und
Terror die USA zu verunsichern. Laut FBI-Chef Edgar J. Hoover sind
sie die »größte Gefahr für die innere Sicherheit« der USA.
Gegen
diese Verleumdungskampagne richtet sich Bobby Seale, Vorsitzender
der Black Panther Party. Sein Buch ist Autobiographie, Geschichte
der Black Panther-Bewegung und Darstellung ihrer Klassenkampf-Praxis
in einem. Und damit: der umfassende authentische Bericht über die
Bewegung und ihre wichtigsten Vertreter, Huey P. Newton und Eldridge
Cleaver.
Die
ersten Kapitel des Buches entstanden im Herbst 1968 in
Zusammenarbeit mit der Redaktion des Rampart-Magazins. Den
zweiten Teil hat Bobby Seale im Landesgefängnis von San Franzisko im
Herbst 1969/Winter 1970 diktiert.» (Fischer, Ffm., 1971)
19.04.2015, Reinhold Schramm (Bereitstellung)
Ed. Hinweis: Wir erhielten
die Bereitstellung per Email.