Schwundgeld, Menschenzucht und Antisemitismus
Die Tauschringe, die Lehre des Silvio Gesell und die Antiglobalisierungsbewegung

von Peter Bierl

04-2014

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1. Einleitung

Das Credo der Globalisierungskritiker lautet: Transnationale Konzerne, Banken und internationale Bürokratien wie die Welthandelsorganisation (WTO) regieren die Welt. Die Regierungen seien machtlos. Im Zentrum von Analyse und Aktion steht die scheinbare Tendenz zum Freihandel und die angeblich von der ”Realwirtschaft” abgekoppelten Finanzmärkte.1 Diese Sichtweise enthält zwei Fehler: Geld und Devisen sind nicht erst im Zeitalter der New Economy zu einer Ware geworden, mit der spekuliert wird, sondern waren dies schon während des
Booms der Eisenbahn im 19. Jahrhundert. Und statt den Freihandel zu pflegen, halten kapitalistische Zentren gegenüber ärmeren Staaten sowie untereinander an Handelsbeschränkungen fest. Die USA und die EU streiten über Schutzzölle für Stahl, über den Import von gentechnisch veränderten Produkten oder über Agrarsubventionen. Die WTO dient dabei als eine Bühne, auf der solche Konflikte ausgetragen, aber auch Kompromisse formuliert werden. Generell gilt: Auch transnational agierende Konzerne sind auf starke Nationalstaaten als Operationsbasis und politisch-militärische Helfer angewiesen. Die gängige Globalisierungskritik trennt was nicht zu trennen ist: Staat und Kapital, Finanzkapital und Industriekapital, Wirtschaft und Gesellschaft.

Im Verständnis der globalisierungskritischen Bewegung wird Globalisierung als eine negative Entwicklung der Weltwirtschaft aufgefasst, die sich erst in jüngster Zeit ereignet haben soll und angeblich vom Finanzsektor mit Hilfe modernster Kommunikations- und Informationstechnik dominiert wird. Der Kapitalismus in der Zeit davor gilt implizit oder explizit als regional oder national begrenztes System und wird als solches verklärt. Dabei ist Kapitalismus ein globales System, seitdem im 16. Jahrhundert der berüchtigte transatlantische Dreieckshandel eingerichtet wurde: aus Afrika Sklaven nach Amerika, Gold, Silber und landwirtschaftliche Produkte aus der Neuen Welt nach dem alten Europa und von dort wieder Fusel, Waffen und Metallwaren nach Afrika.


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Editorische Hinweise

Wir spiegelten den Aufsatz von der Website der "Roten Ruhr Uni".