Die diesjährigen
Betriebsratswahlen bei Daimler hatten eine deutlich
geringere Resonanz als 2010 (damals standen die Wahlen
im Zeichen der Rezession 2009 und der Angst vor
Entlassungen). An den Machtverhältnissen hat sich
hingegen zumeist wenig geändert. Linke Betriebsgruppen
schnitten unterschiedlich ab, konnten ihre Positionen
jedoch weitgehend halten.
In Sindelfingen – dem mit fast 39.000 Beschäftigten
größten Werk des Daimler-Konzerns – traten acht Listen
gegeneinander an. Die Mehrheit der IG Metall konnte die
Zahl ihrer Betriebsratsmitglieder von 44 auf 46 steigern
und gewann damit beide Sitze, um die das Gremium
erweitert wurde. Ein Grund für die zusätzlichen Mandate
ist, dass LeiharbeiterInnen nach entsprechenden Urteilen
des Bundesarbeitsgerichts bei der Bestimmung der
Betriebsratsgröße nun mitgezählt werden. Die
linksoppositionelle „Alternative“ konnte ihr Mandat
halten. Die verbleibenden Sitze gingen an die
„Christliche Gewerkschaft Metall“ (CGM) sowie an
„unabhängige“ und „freie“ – sprich: unternehmensnahe –
Listen. Die Wahlbeteiligung sank deutlich, von 66 auf
unter 59 Prozent.
Konflikte um Persönlichkeitswahl in Kassel
In dem mit gut 3.000 Beschäftigten deutlich kleineren
Daimler-Werk in Kassel konnten die linken „Alternativen
Metaller“ ihre absolute Stimmenanzahl steigern – von
etwa 490 auf 583. Statt bisher vier erreichte sie
dadurch sechs Sitze, während die offizielle
Gewerkschaftsliste 16 und eine weitere Gruppe ein Mandat
erzielten. Im Vorfeld der Wahl hatte es heftige
Konflikte darum gegeben, ob alle Gruppen eine gemeinsame
Liste einreichen – und so eine Persönlichkeitswahl
ermöglichen – oder ob sich die Beschäftigten zwischen
verschiedenen Listen entscheiden müssen.
„Es ist den Vertretern der IG-Metall-Liste nicht
gelungen, uns den schwarzen Peter für das Scheitern der
Persönlichkeitswahl zuzuschieben“, betonte Erich Bauer
von den „Alternativen Metallern“. Das gute Wahlergebnis
seiner Gruppe führt er außerdem darauf zurück, dass es
in Teilen des Werks große Enttäuschung über die
IG-Metall-Fraktion gab. „Bei uns stehen einige
Fertigungsumfänge und damit Arbeitsplätze auf der Kippe,
aber von der Betriebsratsspitze kam da gar nichts.“
Bremen: Fremdvergabe von Produktionsarbeiten
Zu einer Persönlichkeitswahl kam es hingegen im
Bremer Daimler-Werk. Obwohl auch hier verschiedene linke
Gruppen aktiv sind, einigt man sich in dem norddeutschen
Standort traditionell auf dieses Verfahren. Die linken
AktivistInnen sind damit auch dieses Mal gut gefahren.
„Unsere Leute haben deutliche Gewinne verbucht, um bis
zu 1.000 Stimmen“, berichtete Gerhard Kupfer, der
gemeinsam mit anderen linken Gewerkschaftern regelmäßig
eigene Flugblätter im Werk verteilt. Mit sieben von 39
Sitzen konnte die Gruppe ihren Anteil im Gremium
verteidigen, obwohl mit Kupfer einer der führenden
Aktivisten aus Altersgründen nicht mehr kandidierte.
Dominierendes Thema bei der Wahl in Bremen war neben
dem „Durchfahren“ von Pausen die Fremdvergabe von
Produktionsarbeiten an externe Firmen. Dagegen hatte die
Belegschaft mehrfach während der Arbeitszeit
protestiert. „Es ist deutlich zu sehen, dass die
Wahlbeteiligung in den Belegschaftsteilen höher
ausgefallen ist, die sich am stärksten an den Aktionen
beteiligt haben“, so Kupfer. Insgesamt ging die
Beteiligung allerdings von rund 66 auf gut 59 Prozent
zurück.
Deutlich zulegen konnte die IG Metall im Hamburger
Daimler-Werk. Bei der Wahl 2010 hatte sie mit zehn von
21 Mandaten erstmals die absolute Mehrheit verfehlt.
Dieses Mal kam die Gewerkschaftsliste auf 14 Sitze. Die
linksoppositionelle „Alternative“ verlor einen ihrer
fünf Sitze. Andere Gruppierungen büßten sehr viel
stärker ein.
Berliner „Alternative“ zeigte wieder Flagge
Während linksoppositionelle Gruppen in den meisten
Daimler-Werken bereits seit Jahrzehnten aktiv sind, trat
die Berliner „Alternative“ erstmals 2010 an und
erreichte auf Anhieb fünf der 21 Mandate. Dieses
fulminante Ergebnis konnte die personell geschwächte
Gruppe nicht halten. Vor vier Jahren gab es angesichts
von Kurzarbeit und Arbeitszeitkonten in den
Krisenmonaten viel Unruhe im Betrieb. Hinzu kam der
damals akute Streit um die Umsetzung vom
Entgeltrahmenabkommen (ERA).
Immerhin erreichte die „Alternative“-Gruppe, die seit
Jahren von SAV-Mitgliedern aktiv unterstützt wird, mit
266 Stimmen aber drei Mandate und wird ihre Freistellung
behalten. Die IG Metall verlor aufgrund des Rückgangs
der Wahlbeteiligung von 76 auf 60 Prozent rund 300
Stimmen, zählt aber wieder 15 Mandate. Die Liste „Faire
Basis“, auf der dieses Mal auch Vertreter der
„christlichen“ CGM kandidierten, erhielt 231 Stimmen und
steigerte die Zahl der Betriebsratsmitglieder von einem
auf drei.
Jetzt will die Gruppe sich auf den Kampf für eine
wirkliche Betriebsvereinbarung „Gesundheitsschutz“ und
den Widerstand gegen den drohenden Verlust der
Motorenproduktion konzentrieren.
„Alternative“ in Untertürkheim
Eine ganz andere Gemengelage besteht im Werk
Untertürkheim. Hier kandidieren die Aktivisten der
linken „Alternative“ seit 2010 gemeinsam mit der IG
Metall. Der Betriebsrat hat sich seither um zwei
Mitglieder vergrößert – nicht nur wegen der Zählung der
Leiharbeiter, sondern auch, weil der Betriebsrat
mehrfach Neueinstellungen durchsetzte. Dennoch blieb die
Gewerkschaftsliste bei 34 Mandaten. Hinzugewinnen
konnten die linken „Offensiven Metaller“, aber auch das
rechte „Zentrum“, das seine Sitze Sitze auf vier
verdoppelte. Die CGM, von der sich das „Zentrum“ einst
abgespalten hat, kam hingegen nur noch auf ein Mandat.
Auffällig ist, dass sowohl die Wahlbeteiligung als
auch das Votum für die IG Metall im Werkteil Mettingen,
der Hochburg der „Alternative“, deutlich höher sind als
am Standort Untertürkheim insgesamt. Da zwei Aktive der
Gruppe altersbedingt ausscheiden, ist diese allerdings
künftig mit sieben statt mit neun Mitgliedern im
Betriebsrat vertreten. Ein weiterer dürfte im Verlauf
der Wahlperiode nachrücken.
Eine Schlappe erlebte die IG Metall in der
Konzernzentrale, wo eher gewerkschaftsferne Angestellte
tätig sind. Dort verfehlte die IG Metall anders als beim
letzten Mal die absolute Mehrheit. Künftig stellt sie im
39-köpfigen Betriebsrat 18 statt bisher 20 Mitglieder.
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