Generalstreiks,
Massendemonstrationen, Besetzungen und
Betriebsenteignungen. Was jahrzehntelang kaum Thema in
Europa war, totgeschwiegen oder verteufelt wurde,
bewegt heute international wieder Tausende. In
Kämpfen in Betrieben und auf den Straßen
krisengeschüttelter Staaten wie Griechenland, Portugal
oder Spanien, werden die desaströsen Sparprogramme der
Regierungen, die sich zur Rettung des Kapitalismus
ver-pflichtet haben, wieder ganz offen in Frage
gestellt. Große Bevölkerungsteile wehren sich dort
schlagkräftig gegen das Verarmungsdiktat der Troika,
des Dreiergespanns aus IWF, EZB und EU-Kommission.
Und selbst die
jahrzehntelange oberflächliche Ruhe und vermeintliche
Sicherheit in der Bundesrepublik beginnt im umfassenden
Raubbau an den Arbeits- und Lebensbedingungen der
Lohnabhängigen in Wellen von massenhaftem Unmut und
Desillusionierung zu bröckeln. Welche langfristigen
Auswirkungen sich daraus für die heutige Gesellschaft
ergeben, ist letztendlich noch nicht entschieden.
Fest steht: Die heutige Gesellschaftsordnung ist
nicht in Stein gemeißelt!
Was heute in vielfältigen Formen wieder die Bühne der
Geschichte betritt, bildet die eigentliche Grundlage
aller gesellschaftlichen Entwicklungen. In den Kämpfen
um die Lebens- und Arbeitsbedingungen, um die
Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums,
entwickelt sich das wichtigste soziale
Kräfteverhältnis: Der Gegensatz zwischen den
Interessen der Masse der lohnabhängigen Bevölkerung und
den Verwertungsinteressen der kapitalistischen
besitzenden Klasse. Ob nun die blutigen Kämpfe für
eine Arbeitszeitbegrenzung auf 8 Stunden am Tag vor
über 120 Jahren, oder die aktuellen Kämpfe gegen
die Abwälzung der Krisenlasten auf die Lohnabhängigen in
Europa: Wohin die Gesellschaft sich entwickelt und ob
dabei die Interessen der Bevölkerungsmehrheit, oder
das Profitstreben einer Minderheit im Mittelpunkt
stehen, hängt von den Auseinandersetzungen der sich
gegenüberstehenden Klassen ab.
Das kapitalistische System hat sich in den letzten
Jahrzehnten in einer gnadenlosen Profitjagd über den
gesamten Globus in eine tiefe Krise gewirtschaftet.
Das enorm hohe Produktionsniveau übersteigt in
zunehmenden Maße die Kapazitäten vorhandener
Absatzmärkte, was Überproduktionskrisen und die
massenhafte Entwertung von Kapital in verschiedenen
Bereichen mit sich bringt. Die inzwischen geplatzte
IT-Blase Anfang der 2000er Jahre, die Flaute der
Automobilindustrie oder die Immobilienkrise in mehreren
Ländern sind dafür ein paar wenige Beispiele. In den
letzten 30 Jahren hat die rückläufige Rentabilität
der Realwirtschaft zugleich dazu geführt, dass Kapital
in erster Linie im Finanzsektor, in der Sphäre von
Zahlungsansprüchen und Eigentumstiteln, konzentriert
wurde. Das Platzen dieser Finanzblase hat allerdings
schwerwiegende soziale und wirtschaftliche Folgen.
Durch Immobilienspekulationen zusammenbrechende
US-Banken, einbrechende Absätze der weltweiten
Automobilindustrie, rücklaufende Profite in der
exportorientierten deutschen Metall-, Elektro-,
Chemieindustrie und Stahlproduktion, kostenspielige
staatliche Eingriffe zur Konjunkturhilfe in ganz Europa
und den USA - einem Dominospiel ähnlich, wandern
die eingefahrenen Verluste durch Konzerne und
Finanzinstitute. Die Reaktionen sind einheitlich:
Mit allen Mitteln sollen die entstandenen Schäden der
Besitzenden ausgeglichen werden, um die Kontrolle über
das Wirtschaftssystem bei eben den Institutionen zu
belassen, die den Krisenkurs erst voran getrieben
haben: Banken, Konzerne und die Führungs- und
Verwaltungsetagen kapitalistischer Staaten.
Was das für die Bevölkerungsmehrheit heißt, die sich
nicht durch eigenen Besitz, oder eine privilegierte
Stellung in der kulturellen, wissenschaftlichen,
oder politischen Landschaft, über Wasser halten
kann, ist schon lange kein Geheimnis mehr:
Lohnabhängigen werden selbst Mindeststandards ihrer
Arbeitsbedingungen und der sozialen Sicherung
entrissen. Prekäre Arbeitsverhältnisse wie Leih-
oder Zeitarbeit und Minijobs nehmen inzwischen über ein
Viertel aller Anstellungen ein, während das Lohnniveau
stetig sinkt und der oftmals unvermeidliche Schritt in
die Arbeitslosigkeit einer Dauerkarte für ein ruheloses
Leben auf Ämtern und mit ständigen Geldsorgen
gleichkommt. Die kapitalistischen Staaten ergänzen die
Abstriche der Unternehmen mit einer vehementen
Sparpolitik, die neben dem Abschreiben der
Arbeitslosen ein zunehmend privatisiertes
Gesundheitswesen und ein völlig ausgehöhltes
Bildungs-system hervorbringt, das Heranwachsende aus
unteren Schichten allenfalls im Niedriglohnsektor eine
"Perspektive" schafft.
Um in diesem Prozess der zunehm-enden Enteignung und
Entwertung großer Teile der Bevölkerung, die Kontrolle
zu bewahren, kommt dem Ausbau staatlicher
Sicherheitsmaßnahmen aktuell eine besonders wichtige
Rolle zu. Das Experimentieren mit Systemen zur
großflächigen sozialen Kontrolle und zur massenhaften
Datenerfassung, sowie präventive
Aufstandsbekämpfungsprogramme gehören ebenso zum
Repertoire deutscher Sicherheitsbehörden, wie die
Unterstützung europaweiter Einsätze zum Abfangen von
Flüchtlingen. Außerdem sollen immer umfassendere und
aggressivere Polizeiauftritte auf fortschrittlichen
Demonstrationen, bei Fußballspielen und bei
staatsoffiziellen Anlässen, ebenso wie die zunehmende
Videoüberwachung öffentlicher Plätze in der BRD,
ungewünschte Massendynamiken schon im Vorhinein
unterbinden.
Die offensichtliche Aggressivität, die zur
Aufrechterhaltung des Kapitalismus nach Innen angewendet
wird, spiegelt sich ebenso in der weltweiten Sicherung
von Einflusssphären und Absatzmärkten wider. Dabei
treten Vorreiterstaaten wie die USA, Deutschland,
Großbritannien und Frankreich als Konkurrenten und
Bündnispartner zugleich in den Vordergrund und ziehen
einen Koloss aus NATO- oder EU-Verbündeten hinter sich
her. Unliebsame Staatsführungen, die ihre Märkte und
Ressourcen den imperialistischen Staaten nicht
ausreichend zugänglich machen, werden mit
weitreichenden wirtschaftlichen Embargos belegt und
durch mili-tärischen Druck eingeschüchtert, oder
gleich komplett entmachtet und ersetzt. Was in Ägypten
noch ohne direkte Militär-intervention funktioniert
hat, wurde in Libyen mit Bombardierungen durchgesetzt
und soll heute in Syrien wieder mit Waffengewalt
erkämpft werden: Gerade die rohstoffreichen oder
geostrategisch wichtigen Staaten des Nahen Ostens sollen
nicht etwa demokratisiert und von ihren reaktionären
Regimen befreit, sondern wieder unter westliche
Kontrolle gebracht werden - ungeachtet massiver
Zerstörungen und Opfern unter allen Teilen der
Bevölkerung.
Die weltweiten kapitalistischen Verwertungsstrategien
und die beinahe synchron ablaufenden Angriffe gegen
Lohnabhängige in den europäischen Staaten, lassen uns
hier nur eine Wahl: Kämpfen lernen, Widerstand
organisieren, Gegenmacht aufbauen! Im herrschenden
System der globalen Ausrichtung aller menschlichen,
technischen und ökologischen Potenziale dieser Welt
nach den Profitinteressen einer kleinen profitierenden
Klasse, kann es für uns keine Perspektive geben. In
jeder Hinsicht vereinzelt und auf die Stärke unserer
Ellbogen angewiesen, können wir uns im Spiel der
Herrschenden, in der Hoffnung auf einige
übriggebliebene Brotkrumen, lediglich herumschieben
lassen. Es sei denn wir gehen kollektiv und
organisiert an den Aufbau gesellschaftlicher
Alternativen - gegen die kapitalistische Ordnung!
Das Ringen mit den Herrschenden um größere Stücke vom
Kuchen und mehr Mitbestimmung ist dabei zwar der
richtige Ansatz, kann uns allein aber keine
langfristigen Perspektiven bieten. Der Ausblick auf
eine Organisation aller gesellschaftlichen Belange nach
den menschlichen Bedürfnissen, also auf eine
sozialistische Gesellschaftsordnung, muss schon in
unserem heutigen Handeln erkennbar sein. Sowohl in den
alltäglichen Arbeitskämpfen und Sozialprotesten für die
Durchsetzung unserer Interessen gegen die
Kapitalistenklasse und den bürgerlichen Staat, als
auch in den Kämpfen gegen Rassismus, imperialistischen
Krieg, das Patriarchat, oder Umweltzerstörung,
müssen wir uns daher solidarisch und effektiv
organisieren.
Eine massenhafte
revolutionäre Bewegung, die es begreift, das
kapitalistische System letztendlich aus den Angeln zu
heben, entsteht nicht nur in spontanen Kämpfen. Sie
entwickelt sich vielmehr in einem lang angelegten
Organisierungs-prozess. In diesem Prozess gilt es,
die verschiedenen fortschrittlichen Dynamiken und
Kämpfe aufzugreifen und in einer gemeinsamen Perspektive
zusammenzuführen. Das kann nur durch kontinuierliche
Arbeit in all diesen Bereichen, durch eine andauernde
Weiterentwicklung und Schärfung von Einschätzungen und
Positionen und die kollektive Verwertung gemachter
Erfahrungen gelingen. Kurz: Allein in festen
Organisierungen werden wir in der Lage sein, die heute
zumeist noch sehr diffuse und unsichere Ablehnung der
herrschenden Verhältnisse innerhalb der lohnabhängigen
Klasse in eine bewusste und hand-lungsfähige Kraft zu
verwandeln, die den herrschenden
Eigentumsverhältnissen mitreißend und mit klarer
Perspektive den Kampf ansagt.
Es geht uns um nichts weniger, als den Aufbau einer
kommunistischen Gesellschaftsordnung, die nicht mehr
auf der strukturellen Ausbeutung des Menschen durch den
Menschen beruht. Es geht um die sinnvolle Nutzung und
Weiterentwicklung der technischen und wissenschaftlichen
Möglichkeiten zur vernünftigen Organisation und
Kontrolle aller gesellschaftlichen Erfordernisse.
Letztendlich geht es um die gemeinsame Gestaltung einer
Gesellschaft, die alle Potenziale des Menschen und
seiner Umwelt nutzt, um sie den vielfältigen
Bedürfnissen der Menschen gleichberechtigt zur Verfügung
zu stellen.
Was heute nach Utopie klingen mag, stellt die einzige
lebenswerte Alternative zum kapitalistischen
Teufelskreis der konkurrierenden Profitvermehrung dar.
Das Aufbegehren,
Streiken, Besetzen und Protestieren von millionen
Menschen in arabischen und europäischen Staaten der
letzten Monate, die grenzübergreifende Kommunikation,
Solidarität und Anteilnahme zeigt, dass die
internationalen Zusammenhänge der Widersprüche zwischen
Lohnabhängigen und herrschender Klasse sich nicht
einfach verschleiern lassen - trotz
unterschiedlicher Lebensrealitäten und jahrzehntelangem
Burgfrieden. Dieses Potenzial gilt es an allen Ecken
und Enden zu einer organisierten Gegenmacht von unten
aufzubauen.
Tragen wir unseren Teil
dazu bei!
Am internationalen
Kampftag der Arbeiterinnen und Arbeiter auf die Straße!
Heraus zum revolutionären 1. Mai!
Für den Kommunismus!
Quelle:
http://www.revolutionaere-aktion.org/