Betrieb & Gewerkschaft

Nicht auf halbem Weg stehen bleiben!
Offener Brief zur Tarifrunde 2012 im Öffentlichen Dienst


von
18 ver.di - KollegInnen

04/12

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onlinezeitung

Lieber Kollege Frank Bsirske,

liebe Kolleginnen und Kollegen der Großen Tarifkommission, liebe Kolleginnen und Kollegen im Ver.di-Hauptvorstand,

im Anhang übersenden wir euch einen Offenen Brief zum Tarifabschluß im Öffentlichen Dienst, der von 18 Kolleginnen und Kollegen unterzeichnet wurde.

Es geht um ein Meinungsbild in Vorbereitung der Mitgliederbefragung, und wir drücken unseren Protest aus vor allem, weil es für uns keinesfalls akzeptabel ist, dass keine soziale Komponente beim Tarifabschluss erzielt wurde.

Mit kollegialen Grüßen

Werner Lutz

Nicht auf halbem Weg stehen bleiben!
Offener Brief zur Tarifrunde 2012 im Öffentlichen Dienst


31.03.2012

Lieber Kollege Bsirske,
Liebe Kolleginnen und Kollegen in der Großen Tarifkommission,
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hauptvorstand,

den vorläufigen Abschluss vom 31. März 2012 lehnen wir ab und werden in der Mitgliederbefragung mit NEIN stimmen. Ohne einen Mindestbetrag, der gerade die niedrigen Einkommen spürbar anhebt, und ohne verbesserte Übernahmeperspektiven für unsere jungen Kolleginnen und Kollegen, ist ein Abschluss nicht akzeptabel. Auch eine Absenkung des Urlaubsanspruchs unserer neuen KollegInnen ab 40 können wir nicht hinnehmen, mit der scheibchenweisen Ausdehnung der Arbeitszeit auf unsere Kosten muss endlich Schluss sein! Eine 24-monatige Laufzeit nimmt uns die Möglichkeit, frühzeitig eine Anpassung unserer Einkommen nach oben durchzusetzen. Obendrein lähmt sie die Aktivität kämpferischer GewerkschafterInnen und damit die von ver.di.

In der aktuellen Tarifrunde 2012 geht es für uns um

  • eine Umkehr der über Jahre nach unten weisenden Lohnspirale,
  • eine tatsächliche Umverteilung des erarbeiteten Reichtums statt endloser Bankenrettungen,
  • einen Mindestbetrag für die unteren Lohngruppen statt Niedriglöhne im Öffentlichen Dienst und
  • eine geregelte Übernahme nach der Ausbildung statt Jugendarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit.

Zur Durchsetzung unserer berechtigten Forderungen haben wir uns auf harte Auseinandersetzungen bis hin zu Erzwingungsstreiks gut vorbereitet. Mit zwei großen Warnstreikwellen haben Zehntausende Kolleginnen und Kollegen aus KiTas, Kliniken, Bauhöfen, Kläranlagen, Verwaltungsstellen etc. ihre Entschlossenheit demonstriert. Wir haben 23.000 neue Gewerkschaftsmitglieder gewonnen, wir haben die Jugend begeistert und auch Unorganisierte aus den Betrieben zum Warnstreik herausgeholt, wir haben die Bevölkerung von unseren Forderungen überzeugt und euch für die Verhandlungen enorm den Rücken gestärkt.

Die Kolleginnen und Kollegen der IG Metall gehen nahezu parallel in die Tarifauseinandersetzungen und haben vergleichbare Forderungen. Auch das unterstreicht die Berechtigung unserer Ansprüche an gute Arbeit und ein gutes Leben.

Die Gegenseite fürchtet diese unsere gemeinsame Stärke -- und sie fürchtet überdies Auswirkungen auf die anstehenden Wahlen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ver.di-Funktionäre haben schon seit Wochen auf die Notwendigkeit einer Umkehr in der Lohnentwicklung hingewiesen, und zur Durchsetzung auch Erzwingungsstreiks angekündigt. Die Basis ist darauf vorbereitet -- wir wollen und werden mehr durchsetzen als das bisherige Verhandlungsergebnis. Lasst uns gemeinsam mit dieser Tarifrunde ein Zeichen setzen, dass nach 5 Jahren Krise, Reallohnverlusten und Schonung der Vermögen die Zeit für eine sozial gerechtere
Verteilung gekommen ist.

Mit unserem NEIN zum vorläufigen Abschluss vom 31. März 2012 verbinden wir die Erwartung an euch, den Ankündigungen auch am Verhandlungstisch gerecht zu werden.

Wir sagen JA zu weiteren Verhandlungen, wir werden euch nach besten Kräften auch weiterhin unterstützen, wir sagen JA auch zum Streik, wenn er notwendig werden sollte.

Mit kollegialen Grüßen

Werner Lutz und folgende weitere 17 UnterzeichnerInnen: Mario Bock, Frank Emonds, Reinhold Fertig, Hans-Georg Frieser, Stephan Gretsch, Gunhild Hartung, Hans Hoyer , Christian Koberg, Wilhelm Koppelmann, Friedrich Kullmann, Helmut Müller, Bernd Müller-Weatherspy, Isa Paape, Stephan Sauvageot, Katarina Schutzius, Angelika Thaler, Uwe Wolthoff.

Kontakt: Werner Lutz, Nürnberger Straße 45, 91052 Erlangen, mail:einheiztext@t-online.de

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Brief von den VerfasserInnen.