Bundesweites KARAWANE Treffen in Wuppertal
Vorbereitung der Aktionen am 9. und 11. Mai gegen die Abschiebeanhörungen in Berlin

von The VOICE Refugee Forum

04/12

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Das Forum ließ uns folgendes zur Verbreitung zukommen:

Wir laden euch zum bundesweiten offenen Treffen der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen nach Wuppertal ein. Die bundesweiten Zusammenkünfte und Treffen der KARAWANE sind seit Jahren die Grundlage der selbstorganisierten Flüchtlingskämpfe. Die Treffen sind der Ort und der Raum der solidarischen Auseinandersetzungen mit den konkreten und im Kampf gesammelten Erfahrungen gegen das koloniale Unrecht, das in rassistischen Gesetzen und Ausgrenzungsinstrumente gegossen ist. Die Zusammenkünfte sind selbst ein Akt des Ungehorsams gegen die Apartheidgesetze wie die Residenzpflicht. Sie sind Orte, in denen gemeinsam die Kämpfe für Würde und für das Recht aufs Leben geplant und die Verteidigung unserer Brüdern und Schwestern vorbereitet werden.

Zum Treffen in Wuppertal kommen Aktivistinnen und Aktivisten des KARAWANE-Netzwerks und THE VOICE Refugee Forums aus Baden-Württemberg, Berlin, Bielefeld, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen zusammen, um miteinander die Erfahrungen aus den aktuellen Kämpfen zu teilen und sich zu stärken für die kommenden Monate. Das Treffen bietet allen Vertreterinnen und Vertretern der Flüchtlingskomitees und –gemeinschaften aus den Lagern und den unterschiedlichen Regionen die Möglichkeit, die Kämpfe noch enger zusammen zu führen und abzustimmen. Wir wollen darüber diskutieren, wie die zukünftigen Kampagnen noch stärker in die Lager-, Flüchtlings- und MigratInnencommunities und in die hiesige Gesellschaft getragen und verankert werden können.

Schwerpunkte des Treffens werden neben den Aktionen gegen Botschaftsanhörungen in Berlin die kommenden bundesweiten Aktionen, das BREAK ISOLATION Camp und das Tribunal gegen die BRD in 2013, sein. Diese wurden bereits beim letzten bundesweiten Treffen in Halle vorgestellt und erörtert. Eure aktive Teilnahme und Vorbereitung sind die Basis der Kontinuität unserer Kämpfe und die Voraussetzung für den erfolgreichen Aufbau weiterer Komitees in den Lagern.

Im Anschluss findet ihr einen Agendavorschlag für das Treffen. Falls ihr weitere Punkte ergänzen oder einbringen wollt, nennt uns diese. Wir werden Sie bei der weiteren Planung bis zum Treffen berücksichtigen. Wir haben diesmal auf einen Block „Berichte der einzelnen Gruppen“ verzichtet, weil viele wichtige Themen und Kampagnen ausdiskutiert werden müssen. Es besteht trotzdem die Möglichkeit, dass jede Gruppe kurze Berichte über die Aktivität mitbringt und diese verteilt. Die Berichte können auch uns gegeben werden und werden anschließend mit dem Protokoll verteilt.

Bitte teilt uns zwecks besserer Organisierung des Treffens rechtzeitig mit, mit wie vielen Freundinnen und Freunde ihr anreist. Bitte bringt nach Möglichkeit Schlafsäcke mit. Die Fahrtkosten werden für alle, die es benötigen, bereitgestellt.

Agendavorschlag

Samstag, 31. März 2012

12:00 Uhr
Anreise, Ankunft und Essen im Nordlicht und Stilbruch

14:00 Uhr
Beginn und Willkommensgruß durch die KARAWANE Remscheid, Velbert und Wuppertal
Anschließend kurze Vorstellungsrunde der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

15:00 Uhr
Vorstellung der Kampagne Krieg gegen Migration am Beispiel des Sudans
Wie können wir unsere Erfahrungen aus unseren Herkunftsländern einander mitteilen und daraus Lehren für unseren Kampf hier ziehen? Die Ideologie der Kolonialisten und der Kampf gegen Ausbeutung und Ausgrenzung. No Europe – No Frontex

17:00 Uhr
Aktionen gegen Botschaftsanhörungen vom 8. Bis 10. Mai in Berlin
Vorstellung durch THE VOICE Refugee Forum (Baden-Württemberg)
und der Flüchtlingscommunity aus Guinea

19:00 Uhr
Abendessen im Nordlicht

20:00 Uhr
BREAK ISOLATION – Refugee Camp ab dem 24. August in Thüringen
Erfahrungsaustausch und praktische Solidarität
Residenzpflicht abschaffen – Isolationslager schließen
Vertiefung der politischen Diskussionen über Krieg, Kolonialismus und Migration
Warum wir immer noch hier sind
Vorstellung durch THE VOICE Aktivistinnen und Aktivisten aus Thüringen
Sammlung von Ideen und gemeinsame Diskussion über
Welche Beiträge und Inputs kann jede/jeder oder jede Gruppe leisten?
Wie kann die Mobilisierung an anderen Orten organisiert werden, damit möglichst viele Flüchtlingskomitees am Camp teilnehmen können?

22:00 Ende der Diskussionen

Sonntag, 1. April 2012

ab 8:00 Uhr
Frühstück

9:00 Uhr
Vorstellung Finanzen durch die bundesweite Finanzgruppe der KARAWANE

9:30 Uhr
internationaler Tribunal gegen die BRD in 2013 in Berlin
Wie können sich möglichst viele Flüchtlinge in den Tribunalvorbereitungsprozess einbringen?
Was muss auf die Internetseite des Tribunals? Was auf dem Poster? Wann beginnen wir mit den Diskussionen? Wo und wann und von wem werden die Treffen organisiert?

11:30 Uhr
Vorstellung NoBorder Camp Düsseldorf

12:30 Uhr Mittagessen im Nordlicht

13:30 Uhr
Organisatorisches und Ankündigungen

Wo finden die nächsten bundesweiten Treffen der KARAWANE statt?
Die nächsten Treffen sind am 23. und 24. Juni 2012 (internes Treffen) und am 22. und 23. September (offenes Treffen).

Ankündigung von Veranstaltungen, Seminare, Treffen oder Aktionen

15:00 Uhr
Ende des Treffens und Abfahrt

Kontakt:

KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
c/o AZ Wuppertal, Markomannenstr. 3, 42105 Wuppertal
Telefon: 01578 65 46 336
E-Mail: wuppkarawane {ät] yahoo.de
Internet: http://thecaravan.org

Bankverbindung:
Förderverein Karawane e.V.
Kontonummer: 4030780800
Bankleitzahl: 43060967
GLS Gemeinschaftsbank eG

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INFOs zu den Aktionen am 9. und 11. Mai 2012

Die florierende Abschiebepolitik des europäischen Grenzregimes wird zum Hauptinstrument Deutschlands bei seinem Krieg gegen Migration und sein intensives Streben nach Dominanz und der Ausbeutung, Verfolgung und Ausgrenzung derer, die äußerlich nicht als typisch europäisch erscheinen.

Frontex mit seiner intensiven und brutalen Abschiebepraxis gewinnt immer mehr an Einfluss und Macht. Gleichzeitig erweckt diese europäische Behörde den Anspruch, mit den Regierungen der Herkunftsländer, aus denen die Flüchtlinge kommen, zu kooperieren. Diese Kollaboration ist dadurch ein Mittel, um die Ausgrenzung und Selektionspolitik weit nach jenseits der europäischen Grenzen auszuweiten und zu manifestieren.

In der Zwischenzeit gedeiht die massive Ausbeutung der Herkunftsländer der Flüchtlinge, aber den Opfern dieser Ausbeutung (also den Flüchtlingen) wird das Recht auf Asyl unrechtmäßig verwehrt. Sie sind rassistischer Verfolgung ausgesetzt und werden mit den unterschiedlichen Formen der deutsch-europäischen, institutionellen Isolations- und Ausgrenzungspraxis konfrontiert.

Die Opfer des Asylsystems: die Flüchtlinge, denen das Asyl unrechtmäßig verweigert wurde, werden gezwungen, vor Botschaftsvertretern der Herkunftsländer in sogenannten Abschiebeanhörungen in unterschiedlichen deutschen Städten zu erscheinen. In diesen Abschiebeanhörungen, die in Gestapo-Manier organisiert werden, werden die Flüchtlinge Delegationen der Herkunftsländer vorgestellt. Bei diesen Anhörungen soll das jeweilige Herkunftsland der Flüchtlinge auf Grundlage der Sprache, des Akzents oder spezifischer Wörter festgestellt werden. Ab und an werden Flüchtlinge auch anhand von äußerlichen, allgemeinen Merkmalen wie Gesichtsform, traditioneller Narben oder anderen Merkmalen klassifiziert.

Bei diesen Anhörungen sind die Flüchtlinge der Drohung ausgesetzt, Vertretern des Regimes gegenüber zu stehen, vor dem sie geflohen sind. Zudem sind diese Identifizierungen rein kolonialer Art: die Delegationen übernehmen die Daten, die ihnen die deutsche Polizei oder Abschiebeautoritäten zur Verfügung stellen. Probleme mit Doppelnamen, falsche Übertragung des Namens in lateinische Schrift oder der deutschen Sprache sowie falsche Übertragung des Geburtsdatums werden nicht berücksichtigt.

Opfer solcher Abschiebeanhörungen werden Flüchtlinge, deren Anträge abgelehnt worden sind oder die aufgrund ihres Widerstandes gegen die deutschen Isolationslager rassistischer Verfolgung unterworfen sind oder die zivilen Ungehorsam ausgeübt und das Apartheidgesetz der Residenzpflicht verletzt haben. Migrantinnen und Migranten werden aufgrund rassistischer Kriterien und Praktiken der Behörden von ihren Partnern, Kindern, Familienmitgliedern und Freunden getrennt.

Flüchtlingsaktivistinnnen und -aktivisten und antirassistische Gruppen kämpfen seit jeher gegen solche Abschiebeanhörungen. Sie ermutigen Flüchtlinge, diese Anhörungen zu boykottieren, um für alternative Lösungen Zeit zu gewinnen. Es ist allen dabei klar, dass die Autoritäten massiven Druck auf diejenigen ausüben, die sich der Anhörung entziehen.

Die nigerianische Botschaft arbeitet aktiv und eng mit den hiesigen Abschiebebehörden und -institutionen zusammen. Die höchste Rate mit Abschiebeflüge von Europa nach Afrika hat Nigeria als Ziel. Zu den Abschiebeanhörungen mit Botschaftsvertretern aus Nigeria wurden in den letzten drei Jahren die meisten Flüchtlinge eingeladen [1]. Es ist auch allgemein bekannt, dass die europäischen Behörden (speziell die deutschen) die Delegationen oder Botschaftsvertretungen bestechen, damit diese Ausreisepapiere für die Abschiebung ausstellen [2, 3] und somit den Missbrauch und die massiven Repressionen gegen die Deportierten legitimieren.
Kritisch gesehen sind Botschaftsanhörungen wegen den folgenden Punkten ein Ausdruck rassistischer Verfolgung und Eliminierung:

1.) Rassistische Klassifizierung anhand sogenannter Rassenmerkmale wie Gesichtsform, Narben, des Akzents oder der Sprache sind in der Tradition der deutschen Nationalsozialisten, die physiognomische Merkmale benutzten, um Arier, Slawen oder Juden zu unterscheiden.

2) Es existiert immer noch ein koloniales Bild von der sogenannten „Dritten Welt“ als kulturell weniger entwickelt. Als logische Schlussfolgerung werden Migrantinnen und Migranten daher auch von der Gesellschaft als kulturell weniger entwickelt betrachtet. Europa hebt sich aus dieser kolonialen Sicht dagegen als fortschrittlich und entwickelt gegen die „Dritte Welt“ speziell gegenüber Afrika ab, welches als rückständig und von Stämmen kontrolliert dargestellt wird.

Deportation sind rassistische Vertreibung und Eliminierung. Das Ziel der Abschiebeanhörung ist nicht die Identifizierung, sondern die Anzahl der Abzuschiebenden zu erhöhen. Die Selektion der Menschen erfolgt sowohl auf Verwertungskriterien, wer ist es wert, hier zu leben und wer nicht, als auch auf der Grundlage rassistischer Konzepte.

Trotz der vergangenen Proteste und Aktionen bei Abschiebeanhörungen und durch die Medien öffentlich gewordenen Skandale werden die Botschaftsabschiebeanhörungen, speziell durch die nigerianische Botschaft, fortgeführt und ihr korrupter Charakter legitimiert.

Für den 9. und 11. Mai sind Aktionen und Veranstaltungen gegen die Abschiebeanhörungen in Berlin geplant. Im Zentrum dieser Aktionen stehen sowohl die nigerianische Botschaft als auch die beteiligten deutschen Institutionen. Bereits im Vorfeld wurden mehrere Vorbereitungstreffen organisiert. Neben Flüchtlingen aus Nigeria sind auch Flüchtlinge aus Guinea-Conakry, Benin, Sierra Leone, Sudan und Kamerun, aber auch aus Afghanistan an der Vorbereitung beteiligt. Dementsprechend wird sich die Aktion auch gegen die Praxis der Botschaftsdelegationen aus anderen Ländern richten.

Eure aktive Beteiligung und Unterstützung bereits im Vorbereitungsprozess ist erwünscht. Für Rückfragen oder weitere Informationen kontaktiert bitte:

Rex Osa
The Voice Refugee Forum
Email: thevoice_bdw@yahoo.de
Tel.: 0176/27873832

[1] Pressemitteilung vom 16.12.2011, Bundesländer zahlen für die Passbeschaffung Phantasiepreise:
http://www.ulla-jelpke.de/news_detail.php?newsid=2105

[2] Pass-Tricks - Bremer Praxis illegal´, taz, 11.1.2010, http://www.taz.de/!46613/

[3] GUINEA - Ausreisepapiere gekauft, taz, 24.07.2009, http://www.taz.de/!38070/

Editorische Hinweise

Die Texte stammen von The VOICE Refugee Forum. Dort gibt es weitere Informationen.