Die Jagd nach dem Extraprofit und die Notwendigkeit von neuen Produktionsverhältnissen

Thesen der Gruppe Wissenschaftlicher Sozialismus

04/09

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Zum Mehrwert: Die Arbeiterklasse als lohnabhängige Klasse, ist gezwungen ihre Arbeit zu verkaufen. Die Arbeiterklasse schafft durch die produktive Arbeit ständig neue Werte. Die Kapitalistenklasse bezahlt aber nur einen Teil dieses Wertes als Lohn an die ArbeiterInnen. Somit existiert ein Teil der Arbeit, der nicht bezahlt wird. Dies ist der Mehrwert. Die Mehrwertproduktion steht auf der Grundlage des Privateigentums, der Lohnarbeit, der Ausbeutung der Arbeiterklasse und darauf, dass so nur ein Teil des geschaffen Wertes bezahlt wird. Sie steht auf der Grundlage der Kapitalproduktion und ist eine ökonomische Grundkategorie der polit-ökonomischen Gesellschaftsformation Kapitalismus/ Imperialismus. Die Produktion von Mehrwert zur Erzielung von Profiten ist der Zweck der kapitalistischen Produktion.

Anders ausgedrückt: Der Mehrwert ist also der Wert, den die produktiv tätige Arbeitskraft über ihren Reproduktionswert hinaus schafft. Durch die Lohnabhängigkeit wird also der Arbeiter gezwungen ein Mehrprodukt für den Kapitalisten zu schaffen. Durch den Verkauf des Mehrprodukts realisiert sich der Mehrwert. Der Mehrwert ist also unbezahlte Arbeit des Arbeiters.

Der Kapitalist investiert konstantes und variables Kapital und lässt Waren produzieren. Er bekommt das investierte Kapital mit einem Plus heraus, wenn er diese Waren verkauft G-W-G+

Der Kern des Akkumulationsgesetztes des Kapitals ist die „Anwendung von Mehrwert als Kapital und Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital“, fand Karl Marx heraus.

Die „Jagd nach dem Extraprofit“: Der Extramehrwert ist ein zusätzlicher Mehrwert. Er entsteht durch eine größere Produktivität der Arbeit im Konzern A im Vergleich zu seiner Konkurrenz (Konzern B, Konzern C usw.) [vgl. Karl Marx, Marx-Engels Werke Bd.23, Das Kapital Bd. 1; S. 336f]. Durch den Verkauf der Waren realisiert sich dann der Extraprofit. Stellen wir dies einmal in einem Beispiel dar. Im Konzern A wird die Produktionsweise verbessert. Konnten bisher in einer Stunde insgesamt 10 Autoreifen von einem Arbeiter hergestellt werden, so sind es nun 11. Da der Arbeiter keine Lohnerhöhung bekommt, sinkt der individuelle Wert eines Reifens im Konzern A. Denn im Konzern B werden weiter nur 10 Reifen produziert. Der gesellschaftlich durchschnittliche Wert eines Reifens liegt beispielsweise bei 100 €. Und nehmen wir an, dass die Kapitalisten A und B beide auf dem Markt auch diesen Preis verlangen. Die gesellschaftlich durchschnittliche Arbeitszeit für die Produktion von 10 Reifen beträgt 1 Stunde. Der Lohn der den Arbeiter im Durchschnitt bezahlt wird beträgt 10 Euro. Nehmen wir der Einfachheit halber an, dass im Konzern A und B jeweils 10 € pro Stunde bezahlt wird. Die Kosten für den Lohn der Arbeiter des Kapitalisten B sind also pro Reifen 1 €, beim Kapitalisten A sind es durch die Steigerung der Produktivität gerundete 0,91 €. Der Wert den ein Arbeiter im Konzern B pro Stunde schafft beträgt 1.000 € (10 X 100), im Konzern A aber schon (11 X 100) 1.100 €. Haben beide Konzerne jeweils 100 Arbeiter die jeweils 10 Stunden arbeiten so zeigt sich um welche Summen es beim Extraprofit gehen kann: Im Beispielskonzern B wären es dann 1.000 Euro Wert pro Stunde X 100 Arbeiter X 10 Stunden = 1.000.000 €. Im Beispiel A wären es 1.100 X 100 X 10 = 1.100.000 €. Dies wären ganze 100.000 mehr pro Tag. Der Kapitalist A eignet sich einen größeren Teil des Arbeitstages für die Mehrarbeit an. Die Jagd auf den Extraprofit wird zum Zwang. Denn will der Konzern B im Konkurrenzkampf zu A nicht unterliegen und im schlimmsten Fall Pleite gehen, so ist er gezwungen ebenfalls seine Produktionsweise zu verbessern und möglichst diese noch im Vergleich zur Produktionsweise von Konzern A zu verbessern [vgl. Kapital; S.337f]. Dadurch entsteht die lukrative Jagd, die die Monopole gewinnen.

Marx schrieb: „Der Kapitalist, der die verbesserte Produktionsweise anwendet, eignet sich daher einen größeren Teil des Arbeitstags für die Mehrarbeit an als die übrigen Kapitalisten in demselben Geschäft“ [Kapital Bd. 1 S. 337]

Hinzu kommt, dass wenn mehrere Konzerne die Produktionsweise verbessern und die Produktivkräfte sich weiterentwickeln, dass dann auch der gesellschaftlich durchschnittliche Wert einer Ware sich verändert, dieser sinkt [vgl. Kapital Bd. 1; S. 559]. Ein Kapitalist, der aber weiter auf der alten Produktionsweise produziert, könnte dann im Extremfall höhere Kosten für die Produktion haben als er für seine Produkte auf dem Mark realisieren kann [vgl. Kapital Bd. 1; S. 559]. Wird eine Erfindung gemacht die Waren schneller produzieren lässt, sinkt der Wert auch der Waren, die vorher produziert wurden aber noch nicht verkauft sind. Dies kann im Extremfall den Untergang eines Konzerns bedeuten.

Enorme Extraprofite erzieht der deutsche Imperialismus auch aus der neokolonialen Ausbeutung. Die Extraprofite können auch genutzt werden um Krisen auszugleichen.

Die Jagd führt auch zur weiteren Konzentration des Kapitals: Unter Konzentration des Kapitals ist das Anwachsen des Kapitalumfangs in die Hände einzelner Kapitalisten durch die Akkumulation von Kapital (also der Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital, wie oben bereits angedeutet) zu verstehen. Die Konzentration des Kapitals wird durch den Konkurrenzkampf, die Jagd nach Extraprofiten und die Versuche die tendenziell fallende Profitrate durch eine größere Profitmasse zu kompensieren beschleunigt. Es kommt zur Massenproduktion. Es kommt zur weiteren Monopolisierung.

Die Jagd führt zur weiteren Zentralisation des Kapitals: Bereits gebildetes Kapital wird durch den Zusammenschuss mehrerer Kapitale bzw. durch das Aufschlucken schwächerer Kapitale durch stärkere Kapitale vereint. Marx definiert die Zentralisation des Kapitals, sie ist demnach: die „Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbstständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist, Verwandlung vieler kleineren in weniger größere Kapitale […] Das Kapital schwillt hier in einer Hand zu großen Massen, weil es dort in vielen Händen verloren geht. Es ist die eigentliche Zentralisation im Unterschied zur Akkumulation und Konzentration“ [MEW Bd. 23; S. 654].

Die Zentralisation des Kapitals ergänzt die Akkumulation, die durch die Konzentration des Kapitals vollzogen wird. Durch die Zentralisation wird eine sprunghafte Ausweitung der kapitalistischen Produktion ermöglicht. Eine Aktiengesellschaft ist z.B. eine Form, die die Zentralisation beschleunigt.

Die Widersprüche verschärfen sich tendenziell: Der Imperialismus führt tendenziell zur Verschärfung von Widersprüchen. Den Monopolen ist es tendenziell nicht möglich jede Krise zu verhindern. Von der Tendenz her verschärft sich der chaotische Charakter der kapitalistischen Produktion in ihrer Gesamtheit. Krisen verschärfen die weitere Monopolbildung. Durch die Monopolpreise, kann aber der Antrieb für die Entwicklung weiteren technischen Fortschritts gehemmt werden [vgl. Lenin, Imperialismus, S. 105] Es treten aber auch gegenläufige Tendenz auf, da es nicht das absolute Monopol gibt, welches komplett alleine den Markt beherrscht und gar keine Konkurrenz mehr hat. Es kann also dazu kommen, dass Fortschritt tendenziell künstlich gehemmt wird. Allerdings darf man dies nicht so absolut sehen, und es gibt immer wieder auch technische Verbesserungen und Fortschritt. Es wäre aber ein noch größerer Fortschritt unter anderen, sozialistischen Produktionsverhältnissen möglich. Die Tendenz ist eine Stagnation und damit auch der Beginn einer Fäulnis. Die Tatsche, dass es z.B. zunehmend viele Rentnerkapitalisten gibt, die einfach von ihrem Geldbesitz leben, verschärft die Tendenz des Fäulnisbeginns weiter. Ebenso die Tatsache, dass die Welt sich in Wucher- (imperialistische Mächte) und Schuldenstaaten (Neokolonien) immer weiter spaltet.
Die Fäulnis des Systems und sein parasitäre Charakter (Rentnerkapitalisten) zeigen, dass die Frage nach neuen Produktionsverhältnissen auf die Tagesordnung zu stellen ist. Oder anderes ausgedrückt schreibt Lenin: „Dass der Imperialismus der Vorabend der sozialistischen Revolution ist“ [Lenin, Imperialismus als höchstes Stadium; S. 5]. Die bisher gescheiterten Versuche den Sozialismus aufzubauen, konnten kein sozialistisches System schaffen (siehe hierzu die Broschüre: „Sozialismus gab es nie!“ von Dipl.-Ing. Lion Wagner). Dies bedeutet aber nicht, dass der Sozialismus damit unmöglich ist. Vielmehr verlangen die gescheiterten Versuche genauere Untersuchungen über den möglichen Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus und den Sozialismus selbst.
Gerade auch die Produktionsmitteleigentumsfrage ist zu klären. Hierzu empfehlen wir die Broschüre von Dipl.-Ing. Lion Wagner mit dem Titel „Produktionsmitteleigentumsfrage und gesellschaftlicher Fortschritt“.

Zum Gesetz der Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der Produktivkräfte: Das Gesetz geht davon aus, dass die Entwicklung der Produktivkräfte (PK), die Grundlage für die Entwicklung der Gesellschaft bildet. Die Produktionsverhältnisse (PV) fördern diese Entwicklung der Produktivkräfte solange, wie sie deren historischen Entwicklungsniveaus entsprechen. Aber sie können die Entwicklung der Produktivkräfte eben auch hemmen. Dies ist der Fall, sobald die Produktivkräfte eine neue Produktionsform hervorbringen bzw. deren Möglichkeit andeuten. Eine ungehinderte Entwicklung der Produktivkräfte erfordert also, dass die Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der Produktivkräfte übereinstimmen.

„Eine Gesellschaft geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnissee treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind.“ [Marx im Vorwort ‚Zur Kritik der Politischen Ökonomie’; MEW Bd. 13; S.9]

Wie wir aber gerade gesehen haben, hemmt der Imperialismus tendenziell die Entwicklung der Produktivkräfte. Hierfür kann es nur einen Grund geben, nämlich den, dass die Produktionsverhältnisse nicht mehr mit dem Charakter der Produktivkräfte übereinstimmen. Die Konzentration der Produktion oder auch andere Erscheinungen, wie die Just-In-Time-Produktion, deuten bereits neue Produktionsverhältnisse an, nämlich die einer sozialistischen Planwirtschaft. Wenn der Charakter nun aber eben nicht übereinstimmt, so kommt es bei einer gewissen Entwicklung dieses Widerspruchs zu einem richtigen Konflikt zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen. Es kann nur eine Lösung dieses Widerspruchs geben. Nämlich, dass die Produktionsverhältnisse im Kampf revolutioniert werden. Das also neue Produktionsverhältnisse erkämpft werden, die dann wieder eine optimale Entwicklung der Produktivkräfte ermöglichen. Der Konflikt wird über die in einem antagonistischen Widerspruch stehenden Hauptklassen, die Arbeiterklasse und die Ausbeuterklasse, ausgetragen und durch die soziale Revolution gelöst.

Bereits zu Lebzeiten von Marx gab es in der sozialdemokratischen Partei in Deutschland die Illusion, dass der Kapitalismus sich quasi selbst ein Ende macht und man nur abwarten müsse. Begünstigt wurden diese Illusionen durch Erkenntnismängel und somit auch falschen Interpretationen der Weltwirtschaftskrise aus dem Jahre 1873. Auch jetzt gerade gibt es verstärkt solche Illusionen. Durch eben solche Erkenntnismängel (im Bereich der politischen Ökonomie) kommt es zur Fehleinschätzung durch die aktuelle Krisenerscheinung. Es wird geglaubt, die Imperialisten können diese Krise nicht kompensieren, es würde gesetzmäßig zu starken Kämpfen der Arbeiterklasse kommen und somit würde der Imperialismus auch in eine politische Kriese kommen und die Systemfrage würde sich bald stellen.

Dabei wird vollkommen übersehen, dass es eben nur einen tendenziellen Fall der Profitrate gibt, dass es nur eine Tendenz zur Verschärfung der Widersprüche, der Krisen gibt. Übersehen wird die derzeitige Stärke des Imperialismus, die rasante Jagd nach Extraprofiten ist gerade auch noch für die imperialistischen Mächte erfolgreich und dadurch lässt sich durchaus viel kompensieren. Ebenfalls durch die anderen Möglichkeiten den tendenziellen Fall der Profitrate erst mal auszugleichen, wie die Verstärkung der Ausbeutung usw. Übersehen wird auch, dass derzeit immer wieder technischer Fortschritt möglich ist.

Auch ideologisch ist der Imperialismus derzeit nicht in Gefahr. Eine ideologisch starke Partei, die für den gesellschaftlichen Fortschritt kämpft, gibt es nicht. Die Entwicklung des Klassenbewusstseins ist unter solchen Umständen sehr schwierig. Auch die Kampfbereitschaft ist kein Automatismus und die derzeitigen Kämpfe drehen sich vor allem um tagespolitische, um ökonomische Ziele und Zugeständnisse, die nicht das System als solches in Frage stellen, sondern Reformen erkämpfen wollen. Ohne diesen subjektiven Fakt zu berücksichtigen, kann man zu keiner richtigen Einschätzung kommen. Unsere primäre Aufgabe ist es uns derzeit schwerpunktmäßig mit der Frage des Übergangs zum Sozialismus und des Sozialismus wissenschaftlich zu beschäftigen. Ohne klar zu wissen wohin man will, kann man nicht in die richtige Richtung schreiten. Eine Partei die für den gesellschaftlichen Fortschritt kämpft ist aufzubauen.

Editorische Anmerkungen

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