Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Arbeitslosenzahlen
Streik gegen Manipulation angekündigt

04/07

trend
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Die französische Regierung unter Dominique de Villepin hat kein Glück mit ihren Arbeitslosenzahlen. Da wollte sie in den letzten Monaten mehrfach mit Hilfe von Statistiken belegen, wie glänzend ihre Bilanz beim Thema Erwerbslosigkeit aussehe – und fällt nun zum wiederholten Male auf die Nase. Nunmehr kündigen die Statistikexperten im Pariser Arbeitsministerium einen Streik an, falls bei der Bekanntgabe der nächsten Monatsstatistik schon wieder manipulierte Zahlen veröffentlicht würden. Der Ausstand würde, Anfang Mai 2007, zeitlich genau zwischen den beiden Wahlgängen der Präsidentschaftswahl liegen und damit bestimmt gehörige Aufmerksamkeit finden. 63 von 65 Mitarbeitern der DARES - des statistischen Amts innerhalb des Ministeriums - haben einen Brief an Arbeits- und Sozialminister Jean-Louis Borloo unterschrieben, in denen sie fordern, gar keine Zahlen mehr zu veröffentlichen, solange deren Zuverlässigkeit nicht verbessert sei. Sonst sehen sie „die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit der DARES“ gefährdet. Die Mitarbeiter sprechen davon, dass allein eine drastisch verschärfte Praxis der Rundum-Streichung von Ansprüchen die Arbeitslosenzahl zurückgehen lieb. Den Betroffenen bleibt nun nur noch übrig, zu klagen.

Von 8,8 Prozent sei die Arbeitslosenrate im Laufe des vorigen Jahres auf 8,2 Prozent gefallen, verkündete die konservative Regierung vor einigen Wochen stolz – und wurde Anfang März durch das nationale Institut für Statistik INSEE korrigiert: „Die INSEE verfügt über keinerlei Grundlage, um einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen zu bestätigen.“ Die Rate könne in Wirklichkeit genauso gut bei 9,5 Prozent liegen, verlautbarte von Seiten des Instituts. (Vgl. auch http://tempsreel.nouvelobs.com) Anfang April nun berichtete die Pariser Wochenzeitung ‚Le Canard enchainé’, das europäische Amt Eurostat habe nun seinerseits Frankreich einen Rüffel erteilt. Die Zahl der Arbeitslosen „im Sinne der International Labor Organisation“ liege im Februar bei mindestens 8,8 Prozent, während die Regierung sie bei 8,4 Prozent ansetzt.

Editorische Anmerkungen

Den Artikel erhielten wir am 15.4. vom Verfasser.

Wahlen in Frankreich
Eine AK-Veranstaltung mit dem Bernard Schmid

Am 22. April beginnen die französischen Präsidentschaftswahlen, 14 Tage später folgt der zweite Wahlgang, die Stichwahl zwischen den beiden führenden KandidatInnen. Im Juni wird es dann Parlamentswahlen geben. Der langjährige ak-Korrespondent Bernhard Schmid wird am 26. April in Hamburg nicht nur über den aktuellen Stand der Dinge berichten, sondern auch die Politik der linken Opposition und die Entwicklungen im rechten Lager behandeln. Letzteres ist auch das Thema seines dieser Tage im Pahl-Rugenstein-Verlag erscheinenden neuen Buches "Das Frankreich der Reaktion. Neofaschismus und modernisierter Konservatismus".

Hamburg-Altona, Donnerstag, 26.4.2007 20 Uhr, Motte, Eulenstraße 43, Seminarraum 1: Sarkozy, Bayrou, Royal, Le Pen - Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Vortrag und Diskussion