X. Konferenz Marxistisch-Leninistischer Parteien und Organisationen
Die Lage in Venezuela - Resolution

von
Kommunistische Partei der Proletarischen Aktion u.a.
04/07

trend
onlinezeitung

Auf der Internationalen Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen sind im Kontext mit der Erörterung anderer Themen die Lage in Venezuela und die Positionen und Aktionen der Partido Bandera Roja behandelt worden.  Bei dieser Behandlung des Problems haben wir uns mit der Untersuchung der politischen Lage Venezuelas ebenso befaßt wie mit den Beziehungen zwischen den Bruderparteien und den Normen der Konferenz.  Eine solche Diskussion ist bisher nicht gesondert geführt worden. Jetzt wurden die Erscheinungen von verschiedenen Seiten betrachtet um zu Schlussfolgerungen zu kommen. In Venezuela entwickeln sich die Geschehnisse mit großer Geschwindigkeit und ihre Bedeutung geht über die Grenzen Venezuelas hinaus und wirkt sich auf die internationale Politik insbesondere in Lateinamerika aus. Aus diesen Gründen befaßt sich das 10. Plenum der Internationalen Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen mit dieser Frage zu behandeln und bezieht Stellung.

I
Der gesellschaftliche und politische Prozeß, der sich derzeit in Venezuela entwickelt, umfaßt Millionen Menschen: die Masse des Volkes, die Arbeiterklasse, die Bauernschaft und die Jugend; alle sozialen Klassen sowie die verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Parteien und Organisationen sind daran beteiligt.

Dieser langjährige Prozess hat in letzter Zeit an Intensität, an Einfluß auf die Masse des Volkes und an Brisanz gewonnen. Dies fordert von uns, den proletarischen Revolutionären, den Männern und Frauen der Linken, den Demokraten, den Patrioten, den sozialen Kämpfern, Partei zu ergreifen, Stellung zu beziehen und den fortschrittlichen Kräften, die dem nordamerikanischen Imperialismus und der venezolanischen Oligarchie entgegenstehen, Solidarität und Unterstützung zu erweisen.

II
Die Zuspitzung der Krise in Venezuela hat vor etwa zehn Jahren zum politischen Riss und zu Durcheinander in den traditionellen politischen Parteien sowie zu Massenprotesten gegen die imperialistisch-bourgeoise Plünderung und Unterdrückung geführt.

COPEI*1) und AD*2) , die sich an der Macht abgewechselt hatten, wurden durch die Krise erschüttert, durch Korruption zersetzt und durch populistische Varianten, die aus denselben oligarchischen Schichten kamen, aus der Regierung verdrängt.

Die vom Imperialismus und seinen Partnern, der venezolanischen Großbourgeoisie, vorangetriebenen neoliberalen Maßnahmen verschärften die Krise und machten die Abhängigkeit klarer.

Die Privatisierungsmaßnahmen, die Unterdrückung und der Betrug, die Entindustrialisierung des Landes führten zur Zunahme der Erwerbslosigkeit, weiterer Verarmung der Arbeiter und förderten die Unzufriedenheit und den Wunsch nach Veränderung bei den Volksmassen und der Jugend.

III
Seit dem sogenannten „Caracazo"*3) im Februar 1989 , gefolgt durch die Militärrebellionen*4) von 1992 entwickelt sich der Kampf der arbeitenden Massen und der Jugend, der den Sturz der Regierung und soziale Veränderungen anstrebt, sehr stark.

Der Kampf des venezolanischen Volkes wurde in vielfältiger Weise geführt: Streiks der Arbeiter, Kämpfe der Jugend auf den Straßen, große Mobilisierungen gegen die Korruption, Aktionen für Freiheit und Demokratie, Suche nach politischen Alternativen, Bildung von Blocks und Bündnissen im Umfeld der Volksmassen, Beteiligung an Wahlen mit eigenen Listen.

Venezuela erlebte einen Aufschwung des Kampfes der Massen, Stadt und Land wurden Schauplatz der Konfrontation zwischen dem Freiheitskampf der kleinen Leute und der antinationalen, gegen das Volk gerichteten Politik der Bourgeoisie und der Imperialisten.

IV
1998 stellt sich ein bedeutsamer Teil des venezolanischen Volkes, der demokratischen und linksgerichteten politischen Parteien und Organisationen mit einer eigenen Alternative zur Wahl*5) . Sie stellen die Kandidatur von Oberst Hugo Chávez und ein Alternativprogramm zu den Vorstellungen der traditionellen politischen Parteien vor.

In Hugo Chávez, der 1992 eine Militärrebellion gegen die Regierung Carlos Andrés Pérez angeführt hatte, verfolgt und mehrere Jahre inhaftiert wurde, sah ein großer Teil der Venezolaner den rebellischen Soldaten, der sich gegen Korruption und Aushungerungspolitik der Oligarchie erhoben hat. Er bedeutete Hoffnung und die Chance auf Veränderung.
Chávez hält kämpferische Reden gegen Korruption und Privilegien, von offener Konfrontation mit den traditionellen Parteien; macht Veränderungsvorschläge, verspricht, Schluss zu machen mit sozialer Ungleichheit und die großen Probleme Venezuelas und seines Volkes anzupacken.

Der Wunsch der Volksmassen nach Veränderung, die Verbrauchtheit und der Prestigeverlust der bürgerlichen Parteien, der Aufschwung des sozialen Kampfes fließen zusammen in der von Chávez vorgeschlagenen Wahlalternative und diese gewinnt die Wahlen im ersten Wahlgang.

Dieser Triumph weckte große Hoffnungen und Erwartungen in Venezuela und über dessen Grenzen hinaus, besonders in Lateinamerika.

V
An der Regierung schlägt Chávez einige politische Veränderungen vor, beruft die Verfassunggebende Versammlung (Asamblea Constituyente) ein und auf diese Weise werden einige soziale Errungenschaften für die arbeitenden Massen, einige demokratische Normen institutionalisiert und es werden Wege für Veränderungen im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben angebahnt. *6)

Die neue Verfassung verändert nicht die Gesellschaftsordnung, die kapitalistischen Institutionen werden ebensowenig angetastet wie die politischen Normen. Trotzdem stellt sie erhebliche Fortschritte in der venezolanischen Gesetzgebung, in der Geltung der demokratischen politischen Rechte und der öffentlichen Freiheiten dar.

VI
Die Regierung Chávez zählt auf erhebliche finanzielle Ressourcen, die sich aus dem internationalen Preis für Erdöl ergeben.

Mit diesen Mitteln konnte einiges für das Wohl der ärmsten Schichten des venezolanischen Volkes getan werden, und die Regierung Chavez konnte ihre soziale Basis erweitern.
Sie betreibt eine Kampagne zur Beseitigung des Analphabetismus, stärkt das öffentliche Schulwesen und ermöglicht damit Millionen von Venezolanern, die ihn zuvor nicht hatten, den Zugang zu Schulen, baut eine Gesundheitsversorgung für alle Volksschichten auf, treibt eine Landreform voran, die den Grund und Boden des Staates und die ungenutzten Ländereien der Großgrundbesitzer betrifft.

VII
Chávez organisierte eine politische Partei (das Movimiento Bolivariano V República, Bolivarianische Bewegung 5. Republik), die es ihm erlaubt hat, im Bündnis mit anderen Organisationen die Wahlen zu gewinnen. Diese Partei ist kein Regierungs- und Führungsinstrument der Massen. Sie ist an der ideologischen Zersplitterung und der Korruption erstickt.

Andere politische Linksparteien und -organisationen, die an der Regierung beteiligt sind, haben geringe Bedeutung und kaum die Fähigkeit zur Lenkung des gesellschaftlichen und politischen Prozesses, der sich in großen Ausmaßen entfaltet.
Chávez hat ein gutes Kommunikationsniveau mit dem Volk und der Jugend erreicht, er ist der unbestrittene Führer des Prozesses.

VIII
Die Regierung Chávez hat den Charakter der wirtschaftlichen und politischen Ordnung in Venezuela nicht verändert, greift aber in einem gewissen Ausmaß die Interessen der Großbourgeoisie und des Imperialismus an und begünstigt die ärmsten Schichten der Gesellschaft.

Sie ist standhaft geblieben beim Widerstand gegen den Kolumbien-Plan, gegen die ALCA*7) , gegen den Irak-Krieg und spielt eine wichtige Rolle innerhalb der OPEP*8) , bei der Verfechtung der Interessen der Erdölförderländer.

Gegenüber den Absichten des Imperialismus und trotz der Bestrebungen der venezolanischen Oligarchie und Reaktion hält sie die Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe mit dem revolutionären Kuba hoch.

Diese Tatsachen haben den Hass der nordamerikanischen Monopole, der US-Regierung, der Oligarchie und der traditionellen politischen Parteien, der Reaktionäre auf den Plan gerufen, die von Anfang an mit wütenden Angriffen die Regierung Chávez stürzen wollten.
Dabei ist es ihnen gelungen, einen großen Teil der Mittelschicht der Bevölkerung, der Gewerbetreibenden und einen Teil der Arbeiterklasse in die gegen Chávez gerichteten Aktivitäten einzubeziehen. Diese sozialen Schichten streben nach Sicherheit, fürchten sich vor einer Rebellion derjenigen, die unterhalb der absoluten Armutsgrenze leben und speisen ihre Unzufriedenheit aus der Krise, die Venezuela schüttelt.

Den Imperialisten ist jedes Mittel recht, sei es legal oder illegal.

Ein großer Teil der Politik der Imperialisten wird von den Massenmedien, der Presse, dem Rundfunk und dem Fernsehen verbreitet, die Stunde um Stunde Tag für Tag Hetze und Verleumdungen verbreiten, Ereignisse erfinden und Chávez, seine Regierung und ihre Arbeit angreifen.

Die Imperialisten wiegeln Soldaten auf und dringen in die Kasernen ein auf der Suche nach Soldaten, die offenen Widerstand gegen Chávez zeigen, und benutzen sie als Speerspitze; sie versuchen, die Streitkräfte zu untergraben und einen Putsch gegen Chávez zu organisieren.

Die Imperialisten bauen soziale und politische Bündnisse auf, lassen sie wieder zerfallen und errichten sie neu, in der Absicht, alle rechten und reaktionären Kräfte zu vereinigen.
Der sichtbare Kopf der Opposition ist die Federación de Cámaras*9) , die die Unternehmerverbände und die Verbände der Banken sowie die hohe Geistlichkeit der katholischen Kirche vertritt. Einbezogen sind auch die traditionellen Parteien, die Gewerkschaftsbürokratien, die Renegaten der politischen Linken sowie einige politische Organisationen mit linksgerichteter und revolutionärer Vergangenheit.

Die Regierung Bush, die nordamerikanische Botschaft, die CIA sind die Puppenspieler, die die Aktionen der venezolanischen Reaktionäre an den Fäden halten und lenken. Die Exilkubaner, die kolumbianischen Paramilitärs bilden auch einen Teil der Kräfte, die sie intensiv gegen die Regierung Chávez aktivieren.

Auf der anderen Seite stehen die Volksmassen, die Arbeiterklasse, die Bauernschaft, die Unterbeschäftigten, diejenigen, die unterhalb der absoluten Armutsgrenze leben und breite Schichten der Jugend, die die Arbeit der Regierung als ihre eigene annehmen.

In Venezuela kommt heute ein tiefer und umfassender gesellschaftlicher und politischer Prozess zum Ausdruck, der die Gesellschaft polarisiert hat. Der Kampf drückt sich auf allen Gebieten im Bereich der Ideen, in der politischen Konfrontation, auf den Straßen und Plätzen aus.

IX
Diese gesellschaftliche und politische Konfrontation verstärkt sich seit 1998 und findet in verschiedenen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen statt.

Die Regierung Chávez sechsmal Wahlen einberufen, von denen jede die Unterstützung der Regierung durch das venezolanische Volk bestätigt hat.

Sie berief die Verfassunggebende Versammlung ein und erarbeitete eine neues politisches Grundgesetz (Nueva Carta Política).

Chávez selbst unterzog sich einer neuen Präsidentschaftswahl und wurde mehrheitlich bestätigt.

Er organisiert die Bevölkerung in den so genannten Bolivarianischen Zirkeln (Circulos Bolivarianos) und baut auf diese Weise eine Volksunterstützung für seine Regierungstätigkeit auf.

Die Opposition hat aktiv an diesen Prozessen teilgenommen und hat bei allen Urnengängen Niederlagen erlitten.

Organisiert durch die nordamerikanische Regierung und die CIA, durch die kirchliche Hierarchie, durch Federcámaras und mit der Komplizenschaft einer Gruppe von Offizieren gab es im April 2002 einen Staatsstreich*10) , in dessen Verlauf Chávez in Haft genommen und eine neue Regierung errichtet wurde. Die Armen von Caracas und die Mehrheit der Streitkräfte setzten die Regierung Chavez wieder ein und schlugen den Putschversuch nieder.

Im Dezember 2002 und Januar 2003 organisierten die Unternehmer einen Arbeitsstillstand*11) , um die venezolanische Wirtschaft zusammenbrechen zu lassen und damit Chávez zu stürzen. Sie scheiterten damit.

Mit einer Verfassungsbeschwerde übte die Opposition mit allen Mitteln Druck zugunsten der Ausschreibung des Referendums zur Amtsenthebung des Präsidenten Chávez (Referéndum Revocatorio del Mandato del Presidente Chávez) aus. Dieses Referendum fand im August 2004 statt und ein weiteres Mal wurde Chávez mit überwältigender Mehrheit bestätigt.
Die reaktionären Kräfte werden von ihren Plan, die Interessen der Oligarchie und des Imperialismus zu vertreten, nicht ablassen und ihre Kampfmaßnahmen fortsetzen.
Die Volkskräfte, die patriotischen, demokratischen, linksgerichteten und revolutionären Kräfte werden weiter vorwärtsschreiten, den Prozess vorandrücken und ihn verteidigen.

In Venezuela wird eine der großen Schlachten gegen den Imperialismus ausgefochten und wir proletarischen Revolutionäre nehmen diese Gelegenheit wahr, um die Arbeiter und die Jugend und die Regierung Chávez zu unterstützen, soweit sie die demokratische und patriotische Linie beibehält.

X
Die Regierung Chávez stellt sich gegen die Vereinigten Staaten und ihre imperialistischen Machenschaften. Es ist offensichtlich, dass diese Konfrontation nur auf bestimmte Teile der Abhängigkeit beschränkt wird, dass es Fragen gibt, die nicht berührt werden und bei denen die internationalen Monopole weiterhin ihre Vorhaben durchsetzen können.

Zumindest kann aufgrund ihrer Haltung bezüglich der nationalen Interessen die Regierung Chávez als national-patriotisch eingestuft werden.

Es ist eine in sieben Wahlprozessen legitimierte Regierung, bestätigt durch den mehrheitlichen Willen der Venezolaner.

Wir Marxisten-Leninisten sind uns darüber im Klaren, dass derzeit in Venezuela keine Revolution gemacht wird, und noch weniger eine soziale Revolution des Proletariats. Die Regierung Chávez ist keine revolutionäre Regierung. Es handelt sich um einen demokratischen und patriotischen Prozess, der Millionen von Menschen mobilisiert und der sich in Richtung einer sozialen Revolution entwickeln kann. Damit das geschieht, ist es notwendig, die subjektiven Bedingungen, insbesondere die politische und ideologische Führung der Partei des Proletariats über den revolutionären Prozess bis zur Machtübernahme zu entwickeln.

XI
Die Ereignisse in Venezuela entfalten sich in einer internationalen Situation, die durch das Wiedererstarken und die Vorwärtsentwicklung der revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse und der Völker, durch die akute Krise des Imperialismus gekennzeichnet ist.
In Lateinamerika haben diese Ereignisse in Venezuela besonders große Auswirkungen. Die herrschende Klasse, die Reaktionäre und die Opportunisten bezeichnen Chávez als einen „Kommunisten“, als Marionette von Fidel, als antidemokratisch und autoritär. Wir, die Völker, die Arbeiter und die Jugend, die Fortschrittlichen und Demokraten, die Revolutionäre und die Kommunisten, begreifen den Kampf des venezolanischen Volkes als Teil unseres Kampfes um die Freiheit.

XII
An den venezolanischen Ereignissen nimmt die Partei Bandera Roja aktiv teil.
Sie hat die Regierung Chávez als Instrument des Finanzkapitals und als Verfechter der neoliberalen Maßnahmen bezeichnet.

Sie hat behauptet, dass es sich bei der Regierung Chavez um gesellschaftlich Gedemütigte handle, die bei den verarmten Schichten Revanchegelüste wecke und Zusammenstöße zwischen Venezolanern provoziere.

Sie bekundet, dass es eine antidemokratische, profaschistische Regierung sei, die die Demagogie, den Populismus, paramilitärische Gruppen der Massen (bolivarianische Zirkel), die Streitkräfte für die Unterdrückung benutze.

Sie hat an den Präsidentschaftswahlen teilgenommen, bei denen Chávez bestätigt wurde, und Arias*12) , den Kandidaten der USA, der Rechten und der Reaktion, unterstützt.
Sie hatte ein beachtliches Gewicht bei dem Putsch vom April 2001, indem sie einen Teil der Verschwörung bildete, die beabsichtigte, Chávez zu stürzen.

Sie verbündete sich mit der Acción Democrática und den Bürokratien bei den Gewerkschaftswahlen.

Sie war bei dem Arbeitsstillstand der Unternehmer 2003 präsent und aktiv.
Sie arbeitete aktiv bei der Sammlung von Unterschriften für das Amtsenthebungsreferendum mit.

Sie war ein Teil der Nationalen Koordination der Opposition (Coordinadora Nacional de Oposición).

Bei all diesen Aktivitäten stimmt sie objektiv mit der Politik und den Aktionen des Imperialismus, der CIA und der nordamerikanischen Botschaft, der Oligarchie, den Kammern der Unternehmer und Banker, den Spitzen der katholischen Kirche, der sozialchristlichen und der sozialdemokratischen Partei überein. Sie steht auf der Seite der Feinde des Volkes.

XIII
Wir, die proletarischen Revolutionäre, haben die Verantwortung, die Revolution zu organisieren und zu machen. Bei dieser Tätigkeit stärken wir uns, indem wir die Arbeiterklasse, die übrigen arbeitenden Klassen organisieren, indem wir sie politisch erziehen und indem wir sie zum sozialen und politischen Kampf in einem ununterbrochenen Prozess führen, der es uns erlaubt, Kräfte zu sammeln und siegreich dem Imperialismus und Kapitalismus entgegenzutreten, sie zu stürzen und den Sozialismus aufzubauen.
Der Prozess der Sammlung von Kräften ist keine einfache Frage. Er verlangt von uns Kommunisten, dass wir uns aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben beteiligen, die gesellschaftliche Bewegung und das Verhältnis der Kräfte berücksichtigen, eine Politik der Einheit mit allen sozialen und politischen Klassen und Schichten, die an der Revolution teilnehmen, etablieren, Vereinbarungen und Kompromisse mit anderen Kräften bei dem Ziel, dem Hauptfeind entgegenzutreten, treffen. Bei all diesen Aktivitäten gehen wir proletarischen Revolutionäre von den Interessen der Arbeiterklasse und des Volkes, von den marxistisch-leninistischen Positionen aus und achten darauf, nicht vom Weg und den Zielen unserer Aktion abzukommen. Unter keiner Bedingung können wir uns auf die Seite des Imperialismus gegen die Massen, auf die Seite der herrschenden Klassen gegen die Völker stellen.

XIV
Für jede Person und Organisation ist klar, dass der nordamerikanische Imperialismus, die Regierung Bush, ihre Kontroll- und Spionageapparate offen gegen die Regierung Chávez konspirieren und dass ihnen jedes erdenkliche Mittel recht scheint.

Gleichfalls ist hinreichend deutlich, dass die Federación de Cámaras die Interessen der Großbourgeoisie vertritt, dass die traditionellen Parteien COPEI und AD Instrumente der herrschenden Klasse sind.

Bandera Roja kämpft nicht nur gegen die Regierung Chávez, sondern ist ausdrücklich mit der Aktivität der reaktionären und proimperialistischen Kräfte vereinigt, bildet einen Teil der nationalen Koordination der Opposition.

XV
Der internationale Charakter der Arbeiterklasse, der Kampf gegen den Imperialismus und den Kapitalismus, die unmittelbaren, mittelbaren und strategischen Ziele des revolutionären Proletariats machen die kommunistische Partei zu einem Teil der Weltrevolution in jedem einzelnen der Länder, wo sie den revolutionären Kampf führt.

Die marxistisch-leninistische Partei ist feste und dauerhafte Kämpferin des proletarischen Internationalismus.

Der Klassencharakter der revolutionären Partei des Proletariats verlangt von ihr die Verantwortung, aktiv an der Analyse der internationalen Lage teilzunehmen, Partei für die Sache der Arbeiterklasse und der Völker in allen Ländern zu ergreifen, den Kämpfern für die Freiheit und die Demokratie Unterstützung und Solidarität zu erweisen, ihre Kräfte und die der Arbeiterklasse und der Völker in den jeweiligen Ländern und im internationalen Maßstab für den Kampf gegen den Imperialismus zu verbinden.

Diese Verantwortung nehmen wir, die an der Internationalen Konferenz beteiligten Parteien und Organisationen, grundsätzlich wahr.

Im konkreten Fall von Venezuela hat die Stimme der proletarischen Revolutionäre einen lauten Ton, um die Aggression des Imperialismus, die Absichten, mit Gewalt die demokratische Regierung Hugo Chávez zu stürzen, zu verurteilen, um das Volk von Venezuela in seinem mutigen Kampf um die Selbstbestimmung und die Verteidigung seiner Souveränität zu begrüßen und zu unterstützen.

XVI
Die Erfüllung der internationalen Verantwortung seitens der marxistisch-leninistischen Parteien bedeutet nicht, überhaupt nicht, sich in die Zuständigkeit einer von ihnen bei der Ausarbeitung der revolutionären Politik in ihrem Land einzumischen. Wenn die Standpunkte sich von den Ansichten und Beschlüssen der Partei in ihrem Land unterscheiden, ist die brüderliche und freie Erörterung notwendig, die bei der Klärung der Probleme helfen soll.
Den Parteien in ihren jeweiligen Ländern kann eine Politik nicht aufgezwungen werden, aber gleichfalls ist es nicht richtig, in Bausch und Bogen die Meinungen anderer Organisationen und Parteien von sich zu weisen. Wir Kommunisten können und müssen unsere Einschätzungen erörtern, wir sind verpflichtet, den Marxismus-Leninismus und seine Anwendung beim revolutionären Kampf zu verteidigen, Positionen vom Revisionismus und Opportunismus abzugrenzen. Das ist auch eine der praktischen Konsequenzen des proletarischen Internationalismus.

Im Hinblick darauf sagen die Normen der Konferenz:

„Die klaren Dinge: Unsere Bewegung und die Gesamtkonferenz respektieren und müssen respektvoll umgehen mit den Regeln jeder Mitgliedspartei. Gleichfalls erkennen unsere Parteien und Organisationen die Regeln jeder von ihnen, die ihrerseits die Regeln der anderen anerkennen und respektieren muss, an und respektieren sie. Aber klar muss auch sein, dass die Tatsache, eine Meinung sowohl über die internationale Lage als auch über die Lage eines Landes im besonderen zu haben, die Tatsache, eine Meinung über die Lage und die Arbeit zu äußern, Kritik zu formulieren oder kollektive Entscheidungen zu treffen, kein Fehler ist. Im Gegenteil muss das als ein Recht und als Verantwortung angesehen werden. Auf gleiche Weise kann jede Partei die Arbeit einer anderen in ihrem Land kritisieren und feststellen, inwiefern sie die kollektiven Entscheidungen anwendet. Das sind Mindestvoraussetzungen für eine internationale Bewegung und das kann nicht als eine Einmischung in interne Angelegenheiten betrachtet werden.“

XVII
Im Hinblick auf die Lage in Venezuela und die politischen Aktivitäten von Bandera Roja haben sich Diskussionen von bilateralem, multilateralem, regionalem Charakter und auf der Ebene der Konferenz selbst ergeben. Diese Erörterungen haben es ermöglicht, dass wir uns besser mit der dortigen Wirklichkeit vertraut gemacht haben.

Das 10. Plenum der Internationalen Konferenz Marxistisch-Leninistischer Parteien und Organisationen bestätigt bei der Erörterung dieser Problematik seine Solidarität mit dem Volk von Venezuela bei der Verteidigung seiner Souveränität und der Selbstbestimmung und weist die Einmischung des nordamerikanischen Imperialismus und die reaktionäre Politik der Oligarchie zurück; es drückt seine Überzeugung aus, dass die Arbeiterklasse und das Volk den sicheren Weg der nationalen und sozialen Befreiung finden werden und sich mit ihrer Vorhut, der revolutionären Partei des Proletariats, ausstatten werden.

10. Plenum der Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen
Ecuador, Dezember 2004

Anmerkungen

1) Comité de Organización Política Electoral Independiente, Unabhängiges Wahlpolitisches Organisationskomitee (sozialchristliche Partei)

2) Acción Democrática, Demokratische Aktion (sozialdemokratische Partei)

3) Oder „Caracozo“, Aufstand vom 27.02.1989, in allen Teilen Venezuelas ausgebrochene Unruhen (verbunden mit Massendemonstrationen auf den Straßen, Autobahnblockaden und Geschäftsplünderungen) gegen massive Preiserhöhungen (z.B. Benzin um 90 %) und Streichung von Subventionen durch die neue Regierung unter Carlos Andrés Pérez Rodríguez (Sozialdemokrat), was zur Verhängung des Ausnahmezustandes (bis zum 23.03.1989) und zum Einsatz des Militärs gegen die Bevölkerung am Tag darauf führt (Menschenrechtsorganisationen gingen von etwa 4000 Toten aus). Die Regierung nimmt danach ihre wirtschaftspolitischen Maßnahmen zurück und führt eine erste allgemeine Lohnerhöhung seit zwei Jahren durch.

4) Am 04.02.1992 (nach einer Umbildung der Regierung Pérez und angekündigten Fortsetzung des Sparkurses zu Lasten der armen Bevölkerungsschichten) erheben sich, weitgehend vorbereitet durch das MBR-200 (Movimiento Bolivariano Revolucionario 200), linksgerichtete Offiziere und ihre Mannschaften an verschiedenen Stellen des Landes, ein Fallschirmjägerbataillon unter Hugo Chávez Frías marschiert in Caracas ein, die Erhebung scheitert jedoch und Chávez stellt den Kampf gegen die regierungstreuen Truppen ein, die Regierung setzt die Bürgerrechte außer Kraft, 133 Offiziere und 956 Soldaten werden festgenommen, gegen 24 Offiziere (darunter auch Chávez) Anklage vor einem Militärgericht erhoben; am 02.04.1992 kommt es zu massenhaften Erhebungen mit der Forderung nach Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Rechte und Freilassung der Rebellen, von denen 42 freigelassen werden, während 47 weitere in ein Sammelgefängnis außerhalb von Caracas verbracht werden. Die Verfassung wird am 09.04. wieder voll in Kraft gesetzt. Am 30.05. wird der langjährige Guerillaführer Douglas Bravo festgenommen und ihm Unterstützung der Rebellion vom 04.02. vorgeworfen. Weitere Erhebungen von Militärs finden am 07.09.1992 (zur Befreiung der Gefangenen des 04.02.) and am 27.11.1992 statt; sie alle scheitern jedoch.

5) Bei den Präsidentschaftswahlen am 06.12.1998 mit 56,2 % der abgegebenen Stimmen (Wahlbeteiligung rund 65 %) siegt der Kandidat Chávez (der nach der Rebellion von 1992 zwei Jahre lang im Gefängnis saß und in den Armenvierteln den Ruf eines Kämpfers gegen Korruption und Establishment genießt) mit seinem Polo Patriotico (patriotische Sammelbewegung), bestehend aus Movimiento Quinta República (MVR, Bewegung 5. Republik), Movimiento al Socialismo (MAS, Bewegung zum Sozialismus), Patria para Todos (PPT, Vaterland für alle, eine Linkspartei), Movimiento Electoral del Pueblo (MEV, Wahlbewegung des Volkes, linkssozialdemokratisch), Partido Comunista de Venezuela (PCV, Kommunistische Partei Venezuelas, revisionistisch) u.a.m.

6) Bei den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung vom 25.07.1999 (Stimmenbeteiligun 47 %) erringen die Anhänger von Chávez 120 der 128 Sitze; die neue Verfassung, die sie ausarbeiten soll und die dann in einer Volksabstimmung verabschiedet werden soll, soll die Amtszeit eines Präsidenten auf 6 Jahre verlängern, seine Wiederwahl ermöglichen, dem Neoliberalismus eine Absage erteilen und die Einmischung politischer und wirtschaftlicher Kräfte aus dem Ausland verhindern.

7) Area de Libre Comercio de las Americas bzw. Free Trade Area of the Americas (FTAA), Amerikanische Freihandelszone.

8) Organización de los Países Exportadores del Petróleo bzw. Organization of Petrol Exporting Countries (OPEC), Organisation der Erdöl Exportierenden Länder.

• 9) Federación de Cámaras de Comercio (Federcámaras), Föderation der Handelskammern, größter Unternehmerverband Venezuelas.

10) Ausgelöst durch ein Reformpaket, das der Präsident nicht durch das Parlament, sondern mit ihm erteilten Sondervollmachten durchzusetzen versucht (höhere Besteuerung der Erdölindustrie, ein neues Fischerei- und Bodengesetz, das die Enteignung ungenutzter Ländereien durch den Staat ermöglicht, Beseitigung der Unabhängigkeit der Zentralbank) rufen der Unternehmensverband Federcámaras und die Spitze des Gewerkschaftsdachverbandes Confederación de Trabajadores de Venezuela (CTV, Konföderation der Arbeiter Venezuelas) zu einem 12stündigen Generalstreik auf, der am 10.12.2001 das öffentliche Leben des Landes weitgehend lahmlegt. Am 23.01.2002 - 44. Jahrestag der Einführung der Demokratie durch Sturz des Generals Marcos Pérez Jiménez 1958 - kommt es zu einem Protestmarsch von über 100.000 Gegnern der Regierung, jedoch eine gleichzeitig stattfindende Gegendemonstration ist fast ebenso groß. Die Acción Democrática beantragt die Absetzung des Staatsoberhauptes durch den Obersten Gerichtshof; es folgen ein weiterer Generalstreik (am 09.04.) zur Unterstützung der im Ausstand befindlichen Mitarbeiter des staatlichen Erdölkonzerns Petroleos de Venezuela, die dagegen protestieren, dass Chávez kurzerhand die Konzernführung ausgewechselt hat; Militärs unter General Lucas Rincón Römer putschen am 11.04.2002, der General erklärt öffentlich, Chávez habe sein Amt niedergelegt, am 12.04.2002 erklärt der Präsident von Federcámaras, Pedro Carmona Estanga, er sei dabei, eine Übergangsregierung zu bilden; er habe das Parlament aufgelöst. Von den Putschisten aufgefordert, dieses wieder einzusetzen, tritt er am 13.04. zurück und die Militärs vereidigen den bisherigen Vizepräsidenten Cabello; am 14.04. kehrt jedoch Chávez, der sich in Militärarrest befunden hat, plötzlich zurück und beansprucht das Amt erneut für sich, Carmona wird unter Hausarrest gestellt, die Putschgeneräle verhaftet. Carmona flüchtet Ende Mai nach Kolumbien und bittet in Bogotà um politisches Asyl. Eine aus bürgerlichen Parteien, Gewerkschaften und Unternehmerverbänden sowie anderen Interessenverbänden gebildete „Coordinadora Democrática“ versucht jedoch weiterhin, mit über das gesamte Jahr verteilten Aktionen der Lahmlegung des öffentlichen Lebens (Lahmlegung der Erdölindustrie, Generalstreik, der für unbefristet erklärt wurde, Aufwiegelung des Militärs) den Präsidenten zu stürzen, die jedoch alle scheitern.

11) Der über zwei Monate andauernde „Generalstreik“ 2002/2003 nach der Festnahme des Generals der Militärpolizei Carlos Martinez, der während eines Putschversuchs von Militärs einen Monat zuvor sich offen auf deren Seite gestellt hat, ist in Wirklichkeit eine Massenaussperrung durch die Unternehmer.

12) Francisco Arias Cárdenas, einer der beiden Gegenkandidaten von Chávez bei der Präsidentschaftswahl am 30.07.2000. Chávez kam auf 59,5 % der Stimmen, Arias auf 37,5 %.

Editorische Anmerkungen

Der Text wurde von der Redaktion des Roten Morgen, Zeitung der KPD, aus dem Spanischen übersetzt. Frankfurt am Main, 06, Februar 2005. Wir spiegelten von www.kpd-online.info/rmprint/466

Die Fußnoten wurden von der Red. Roter Morgen erstellt an Hand von Daten aus verschiedenen Bänden des Fischer Weltalmanach sowie des Buches „Kampf um Venezuela. Hugo Chavez und die bolivarianische Revolution“ von André Scheer, Neue Impulse Verlag Essen 2004 - Hinweis der Redaktion.

An der Konferenz haben folgende Parteien und Organisationen teilgenommen:

Kommunistische Partei der Proletarischen Aktion (PCAP), Chile - Kommunistische Marxistisch-Leninistische Partei Mexikos - Kommunistische Marxistisch-Leninistische Partei Ekuadors - Kommunistische Organisation Oktober (Octubre), Spanien - Kommunistische Arbeiterpartei Frankreich (PCOF) - Kommunistische Arbeiterpartei Dänemark (APK) - Partei der Arbeit des Iran (Toufan) - Kommunistische Partei Kolumbiens (Marxisten-Leninisten) - Revolutionäre Kommunistische Partei Voltas, (Burkina Faso) - Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei (TDKP) - Revolutionäre Kommunistische Partei Brasiliens - Kommunistische Partei der Arbeit (Dominikanische Republik)

Entschuldigt fehlten : Marxistisch-Leninistische Organisation Revolusjon (Norwegen) und die KPD.

Die Konferenz hat außerdem eine Reihe weiterer Dokumente und Resolutionen verabschiedet, die beim Roten Morgen bestellt werden können.

Lesehinweis: Eine andere Sichtweise der Lage in Venezuela erschien in TREND 3/04

Und weitere TREND-Artikel zu Venezuela.