Soziale Grausamkeiten
Gedanken zur Ökonomie Kosovas

von Max Brym

04/07

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Gegenwärtig liegt die Arbeitslosigkeit in Kosova nach halbwegs realistischen Schätzungen bei über 70%. Nach Angaben der Gewerkschaft BSPK stieg die Zahl in den letzten Jahren kontinuierlich an. Der Privatisierungsprozess unter der Leitung des vierten Büros der UNMIK, eliminierte in Kosova faktisch die Arbeiterklasse, als Klasse. In den Cafeterias Prishtinas werden darüber zum Teil makabere Witze gerissen. Ein arbeitsloser Bauingenieur meinte hierzu: „ In Kosova gibt es eine absurde und barbarische Form des Kommunismus, einst wollte Marx im positiven Sinn die Klassengesellschaft überwinden, hier wurde auf kapitalistischer Grundlage das Proletariat eliminiert“.

Der Mann hat auf seine Art Recht. Einst hatte das Baukombinat Ramiz Sadiku in Prishtina 5000 Menschen beschäftigt. Heute nach der Privatisierung sind gerade noch 200 Arbeiter im Betrieb. Die Arbeiterschaft wurde marginalisiert. Nur die allerwenigsten arbeiten noch im produktiven Bereich. Die besten Löhne werden im Dienst der UNMIK als Dolmetscher, Sekretär und Bodyguard realisiert. Maximal 10% der Erwachsenen arbeiten noch in öffentlichen Betrieben. Dort wird in aller Regel, wenn keine Privatisierung bevorsteht, noch zwischen 120 und 200 Euro pro Monat bezahlt. Vor der Privatisierung wird meist von korrupten Eliten die Lohnzahlung eingestellt. Die Arbeiter werden damit erpresst sonst nicht übernommen zu werden. Die Übernahme ist allerdings keineswegs gesichert.

Nach der Privatisierung sinken nach Gewerkschaftsangaben die Löhne und Gehälter dramatisch. Die Arbeiter genießen keinerlei Kündigungsschutz und erhalten nur Arbeitsverträge zwischen 1 und 3 Monaten. Der Ahtisaari Plan ( UN Sondervermittler zum Status Kosovas) sieht für die Wirtschaft, die Verpflichtung zu weiterer Privatisierung und Marktwirtschaft vor. Damit wird die weitere soziale Bastardisierung des sozialen Lebens in Kosova festgeschrieben. Dennoch hofft die weitestgehend liquidierte Arbeiterschaft ( unser Freund der arbeitslose Bauingenieur nennt diesen Zustand der Gleichheit im Massenelend- kapitalistischen Kommunismus-)darauf wieder  eine normalen Klasse werden zu können. Auf der anderen Seite der Medaille gibt es in Kosova auch keine stabile und rechtlich abgesicherte Bourgeoisie.

Es gibt eine neureiche Mafia, die in dunklen Geschäften steckt. Diese Mafia ist oft mit der politischen Elefanten- Clique Kosovas identisch. Ihr einziger Ehrgeiz besteht darin ihre angehäuften Reichtümer, in normales bürgerliches Eigentum umzuwandeln. Die UNMIK weiß von den schmierigen Geschäften ihrer Kollaborateure und deckt sie. Die meisten privatisierten Betriebe sind in der Hand dubioser Firmen hinter denen sich nicht genannte Eigentümer verstecken.

Ausländisches Kapital

Die ausländischen Investitionen in Kosova sind bis dato relativ bescheiden obwohl sie langsam zunehmen. Von 2001 bis 2006 haben ausländische Unternehmen lediglich 775 Millionen ¤ im Kosovo investiert. Seit Beginn des laufenden Jahres waren es immerhin 200 Millionen ¤. Nach der ambitionierten Prognose der kosovarischen Förderagentur Investment Promotion Agency of Kosovo (IPAK) soll das Volumen der Foreign Direct Investments (FDI) in den beiden kommenden Jahren auf 3,5 Milliarden ¤ ansteigen.

Harald Jedlicka von der Weltbank erklärte bei einer Kosovo-Konferenz des IDM in Koopera­tion mit dem Wirtschafts Blatt ( Österreich): „ Das Heranziehen von ausländischen Investitionen wird die grosse ­Herausforderung, die auf den Kosovo in den nächsten Jahren zukommen wird“ Chancen für österreichische Investoren in Kosova  sehen die Experten vor allem in den Bereichen Energie, Bergbau, Textil, Bau und Automobilzulieferindustrie. Für  Kujtim Do­bruna von der IPAK sind niedrige ­Steuern, keine Einfuhrzölle auf Rohstoffe und das ­niedrige Mindestlohnniveau entscheidend. Der Freund des Ahtisaari Planes Do­bruna, offeriert Kosova zum Schleuderpreis an internationale Konzerne, auf Kosten der noch vorhandenen Arbeiter und der ganzen Gesellschaft. Das niedrige Lohnniveau will er beibehalten und Steuern für die Investoren vermeiden. Er steht für die Permanenz der Armut und setzt darauf wieder in Teilbereichen eine extrem ausgebeutete Arbeiterschaft zu entwickeln.

Gegenwärtig ist Bajram Rexhepi ( ehemaliger Premierminister) offizieller Mitarbeiter eines tschechisch- amerikanischen Konsortiums, welches mit dem Projekt Kosova C die Energieversorgung Kosovas vollständig privatisieren will. In den letzten Jahren gab es keine wirklichen Versuche um die Thermozentralen Kosova A und B zu reaktivieren. Das Ziel war den Weg frei zu bekommen für die Privatisierung, der Energieversorgung Die Privatisierung  wird das Elend in Kosova zementieren.

Dem Volk und den Arbeitern wird jegliche Selbstbestimmung in  seinen sozialen, kulturellen und nationalen Fragen verwehrt. Der Ahtisaari- Plan zielt auf die  ethnische Teilung Kosovas, um ein sozial grausames neoliberales Experiment in der Region zu exekutieren. Ähnlich sieht Hubert Neuwirth von der Austrian Development Agency (ADA) die Entwicklung in der Region. Neuwirth erklärte gegenüber dem österreichischen Wirtschaftsblatt: „Es besteht die Gefahr, dass es in der Region zu einem Sozial-, Steuer- und Arbeitsrechts-Dumping kommt. Es fleht ja nicht nur der Kosovo um Investitionen, sondern die ganze Region. Die Länder versuchen daher, sich gegenseitig zu unterbieten". Der ethnische Teilungsplan für Kosova durch den Finnen Ahtisaari hat u.a. die Funktion die Menschen nicht auf solche Gedanken kommen zu lassen und sie einander entgegenzustellen.

Editorische Anmerkungen

Den Artikel erhielten wir vom Verfasser am 23.3.07. Max Brym arbeitet als freier Journalist.