Betrieb & Gewerkschaft
Fabrikkampf in Spandau
Streikende CNH-Arbeiter verhinderten erfolgreich Abtransport der Baumaschinen
von Peter Nowak
04/06

trend
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„Das ist unser Haus, ihr kriegt uns hier nicht raus!" Der einst bei Hausbesetzern beliebte Song von Ton-Steine-Scherben ist diese Tage an einem ungewöhnlichen Ort zu hören. Vor den Eingängen des Spandauer Maschinenfabrik Case New Holland (CNH) dröhnt der Song aus großen Boxen.

Männer mit Aufklebern der IG-Metall fallen mit lauter Stimme ein. Sie meinen es bitter Ernst. Seit mehreren Tagen verhindern sie, dass die betriebsfertigen Baumaschinen aus den bestreikten Werk abtransportiert werden. Bisher hatten sie mit den Blockaden Erfolg.

Die Zuspitzung der Auseinandersetzung rückt auch wieder den Arbeitskampf am Rande von Berlin in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.  Vor fast 40 Tagen hat ein Großteil der Belegschaft die Arbeit niedergelegt. Sie will verhindern, dass das Management den Betrieb Mitte des Jahres schließt und 400 Beschäftigte entlässt. Diesmal ist der Grund für die Betriebsschließung die Verlagerung innerhalb der EU. Der italienische Mutterkonzern Fiat will die Produktion wieder nach Italien verlegen. Die Arbeiter werfen den Konzern vor, die sie jetzt ausbaden sollen.

Alle Streikenden tragen große Buttons mit der Aufschrift „Wir sind OK".  Bei älteren Arbeitern werden auch nostalgische Gefühle wach. Sie träumen von der Zeit als der Konzern noch Orenstein & Koppel hieß. „Der Name war am Markt bekannt. Aber CNH kennt doch niemand“, beteuert ein älterer Arbeiter, der über 40 Jahre in der Firma arbeitet. Damals wurden in der Firma Waggons für die Eisenbahn und den Berliner Nahverkehr gebaut. Das ehemalige Firmengelände hat sich schon stark verkleinert. Ein Großteil der Beschäftigten wurde entlassen. Doch die verbliebenen mehr als 400 Beschäftigten wollen nicht klein beigeben.

Sie verweisen auf die hohe technische Qualität ihrer Produkte. Tatsächlich sind die Maschinen, die auf der Wiese vor dem Werk zu sehen sind, auf neusten technischen Stand. Jede mehr als 100.000 Euro wert, betonen die Streikenden. Diese Maschinen sind auch ihr größter Pfand. Einige sind schon verkauft und die Firma droht in Lieferschwierigkeiten zu kommen. Anfangs dachte das Management, es könne den Streik aussitzen. Doch nach fast 7 Wochen Streik verliert die Firma langsam die Geduld.  Schon vor einigen Wochen erwirkte sie einen richterlichen Beschluss, der den Streikenden verbietet, den gesamten Eingang zu blockieren. Sie mussten eine Gasse bilden, damit Arbeitswillige das Firmengelände betreten können. Doch bis auf einige Angestellte aus dem Management machte niemand davon Gebrauch. „Die Maßnahmen der Unternehmer hat die Belegschaft eher zusammen geschweißt Die Streikfront steht und die Solidarität ist groß“, meint auch Betriebsrat  Yüksel Vatandas von der IG-Metall. Das wurde auch in den vergangenen Tagen deutlich, als die Maschinen ausgeliefert werden sollten. Sogar Fahrer eines Transportwagens solidarisierten sich mit den Streikenden. Doch die wissen, dass es auch in den nächsten Tagen weitere Versuche geben wird, die Baumaschinen abzutransportieren. „Wir sind darauf vorbereitet“ meint Betriebsrat Norbert Ahlers.

Editorische Anmerkungen

Den Artikel erhielten wir vom Autor am 3.4.2006.