„Das ist unser Haus, ihr kriegt
uns hier nicht raus!" Der einst bei
Hausbesetzern beliebte Song von Ton-Steine-Scherben ist diese
Tage an einem ungewöhnlichen Ort zu
hören. Vor den Eingängen des Spandauer
Maschinenfabrik Case New Holland (CNH) dröhnt der Song aus
großen Boxen.
Männer mit Aufklebern der
IG-Metall fallen mit lauter Stimme ein. Sie meinen
es bitter Ernst. Seit mehreren Tagen verhindern sie, dass
die betriebsfertigen Baumaschinen aus den
bestreikten Werk abtransportiert werden.
Bisher hatten sie mit den Blockaden Erfolg.
Die Zuspitzung der
Auseinandersetzung rückt auch wieder den Arbeitskampf am
Rande von Berlin in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.
Vor fast 40 Tagen hat ein Großteil der Belegschaft die
Arbeit niedergelegt. Sie will verhindern,
dass das Management den Betrieb Mitte des Jahres
schließt und 400 Beschäftigte entlässt. Diesmal ist der
Grund für die Betriebsschließung die
Verlagerung innerhalb der EU. Der italienische
Mutterkonzern Fiat will die Produktion wieder nach
Italien verlegen. Die Arbeiter werfen den
Konzern vor, die sie jetzt ausbaden sollen.
Alle Streikenden tragen große
Buttons mit der Aufschrift „Wir sind OK". Bei
älteren Arbeitern werden auch nostalgische Gefühle wach. Sie
träumen von der Zeit als der Konzern noch
Orenstein & Koppel hieß. „Der Name war am
Markt bekannt. Aber CNH kennt doch niemand“, beteuert ein
älterer Arbeiter, der über 40 Jahre in
der Firma arbeitet. Damals wurden in der Firma Waggons
für die Eisenbahn und den Berliner Nahverkehr gebaut. Das
ehemalige Firmengelände hat sich schon
stark verkleinert. Ein Großteil der
Beschäftigten wurde entlassen. Doch die verbliebenen mehr als
400 Beschäftigten wollen nicht klein
beigeben.
Sie verweisen auf die hohe
technische Qualität ihrer Produkte. Tatsächlich
sind die Maschinen, die auf der Wiese vor dem Werk zu
sehen sind, auf neusten technischen
Stand. Jede mehr als 100.000 Euro wert, betonen die
Streikenden. Diese Maschinen sind auch ihr größter Pfand.
Einige sind schon verkauft und die Firma
droht in Lieferschwierigkeiten zu kommen. Anfangs
dachte das Management, es könne den Streik aussitzen.
Doch nach fast 7 Wochen Streik verliert
die Firma langsam die Geduld. Schon
vor einigen Wochen erwirkte sie einen richterlichen Beschluss,
der den Streikenden verbietet, den
gesamten Eingang zu blockieren. Sie mussten eine
Gasse bilden, damit Arbeitswillige das Firmengelände
betreten können. Doch bis auf einige
Angestellte aus dem Management machte niemand davon Gebrauch.
„Die Maßnahmen der Unternehmer hat die Belegschaft eher
zusammen geschweißt Die Streikfront steht
und die Solidarität ist groß“, meint auch Betriebsrat
Yüksel Vatandas von der IG-Metall.
Das wurde auch in den vergangenen Tagen
deutlich, als die Maschinen ausgeliefert werden sollten. Sogar
Fahrer eines Transportwagens
solidarisierten sich mit den Streikenden. Doch die wissen,
dass es auch in den nächsten Tagen weitere Versuche geben
wird, die Baumaschinen
abzutransportieren. „Wir sind darauf vorbereitet“ meint
Betriebsrat Norbert Ahlers.
Editorische Anmerkungen
Den Artikel
erhielten
wir vom Autor am 3.4.2006.
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