Beschlossen auf der Grundlage
des Entwurfs der Programmkommission:
Aron Amm, Michael Hammerbacher, Renate Herranen, Carsten Joost,
Birger Scholz, Michael Schilwa, Mathias
Stöhr, Rouzbeh Taheri
Die Menschen, nicht den
Haushalt in den Mittelpunkt! Soziale Politik ins
Abgeordnetenhaus: WASG wählen!
Im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es keine reale Opposition.
Alle dort vertretenen Parteien sind sich einig: Im Mittelpunkt
steht bei ihnen der Haushalt und nicht die sozialen Verhältnisse
in der Stadt. SPD, PDS, Grüne, CDU und FDP haben sich der
Sparpolitik unterworfen und dabei die Berlinerinnen und Berliner
vergessen.
Auch der Berliner SPD/PDS-Senat
hat in den vergangenen vier Jahren die Hoffnungen auf eine
soziale Politik enttäuscht. Er steht wie die
Vorgängerregierungen für eine Politik der Sozialkürzungen und
der Privatisierung öffentlicher Daseinsfürsorge. Die falsche
Leitlinie der Haushaltskonsolidierung hat Berlin zur
Armutshauptstadt Deutschlands gemacht.
Mit den Doppelhaushalten 2004/05 und 2006/07 kürzte der Berliner
Senat bei den Empfängerinnen und Empfängern von Sozialgeld und
ALG II, bei Jugendlichen und Behinderten und zerschlug die
jahrzehntelang gewachsene Struktur der sozialen Projekte, die so
wichtig für den sozialen Zusammenhalt in Berlin sind. Die
Privatisierung der Wohnungsbaugesellschaft GSW mit über 65.000
Wohnungen und der Verkauf von rund 50.000 weiteren landeseigenen
Wohnungen schwächten die Steuerungsmöglichkeiten bei der
Mietentwicklung zu Lasten aller
Mieterinnen und Mieter. Die Rekommunalisierung der Berliner
Wasserbetriebe wurde vom Senat nicht ernsthaft geprüft –
stattdessen werden dem privaten Investor jährlich acht Prozent
garantierte Rendite ausgezahlt. Die Berlinerinnen und Berliner
zahlen diese durch die hohen Wasserpreise. Die Berliner WASG
wird sich für die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe
einsetzen und die Rücknahme der Kürzungen im Bildungs-, Sozial-
und Kulturbereich fordern.
Bei der Umsetzung von Hartz IV
nutzt der SPD/PDS-Senat den landespolitischen Spielraum nur
unzureichend. Das Versprechen von Sozialsenatorin Heidi
Knake-Werner (Linkspartei.PDS), es werde in Berlin keine
Zwangsumzüge geben, erweist sich als Lüge. Über 34.000
Berlinerinnen und Berliner sind momentan in so genannte
MAE- Maßnahmen (Ein-Euro-Jobs) beschäftigt. Die Berliner WASG
kritisiert zusammen mit den Personalräten, dass reguläre
Arbeitsplätze und Arbeitsaufgaben im öffentlichen Dienst durch
Ein-Euro-Jobs ersetzt werden. Selbst im PDS-geführten Bezirksamt
in Friedrichshain-Kreuzberg werden bei den Grünflächenämtern
reguläre Jobs durch MAE-Kräfte übernommen. Im Berliner
Abgeordnetenhaus fehlt eine Stimme, die lautstark die
unbefristete Übernahme der anfallenden Wohnungskosten von ALG
II-Empfängern, das Verbot von Ein-Euro-Jobs im öffentlichen
Dienst und einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zu
Tariflöhnen fordert.
Berlin verließ unter Rot-Rot als
erstes Bundesland den kommunalen Arbeitgeberverband und gilt
unter den Bundesländern als Vorreiter für
Arbeitszeitverlängerung, Stellenabbau und Lohnkürzungen. Bei den
Krankenhausbetrieben Vivantes wurden die Beschäftigten mit der
Drohung von Insolvenz zu einem Verzicht von 34 Millionen Euro,
als Beitrag zur Sanierung, erpresst und die Gewerkschaft ver.di
stimmte einem so genannten Notlagentarifvertrag zu.
Insgesamt sind bisher rund 4.000 von 17.000 Stellen bei den
Kliniken weggefallen. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben BVG
setzte der Senat eine Tarifabsenkung von über zehn Prozent und
den Wegfall von 3.000 Vollzeitstellen
durch. Dabei wurden in diesem für die Bevölkerung so wichtige
Bereich schon in den letzten 15 Jahren 15.000 Arbeitsplätze
zusammengestrichen. In den Krankenhäusern der Charité kämpfen
die Beschäftigten gegen Lohnkürzungen und Arbeitsplatzabbau; 98
Millionen Euro Landeszuschüsse an die Charité sind gestrichen
worden. Vorstand und Aufsichtsrat drohen mit betriebsbedingten
Kündigungen, um die Lohnkürzungen zu erpressen. Die WASG Berlin
steht bei diesem Konflikt an der Seite der Beschäftigten und
fordert die Rücknahme der Kürzungen und der Drohungen gegen die
Beschäftigten.
Das Argument, die Senatspolitik
der Sozialkürzungen und Privatisierungen sei alternativlos, um
35 Milliarden Euro an Bundeshilfen über das
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu erhalten, teilen wir
nicht. Berlin kann sich auch mit 35 Milliarden nicht aus
der Haushaltskrise befreien; die
Leitlinie der Haushaltskonsolidierung wird daher auch nach einem
Karlsruher Urteil zu weiteren Sozialkürzungen, zu Stellenabbau
und zu Privatisierungen führen. Die Klage des Senats auf
Bundeshilfen ist zu defensiv angelegt, da sie die Verantwortung
des Bundes durch die zu schnelle Reduzierung der Bundeshilfen
für Berlin in den neunziger Jahren und die teilungsbedingten
Belastungen Berlins außer acht läßt.
Die Allparteienkoalition und im
Abgeordnetenhaus trichtert uns tagtäglich ein: „Berlin ist
pleite!“ - und deshalb sei ihre Politik der Kürzungen und
Privatisierungen alternativlos. Es ist das Credo aller
Neoliberalen dieser Welt: „TINA - There is no alternative“ („Es
gibt keine Alternative“).
Doch es stimmt nicht. Berlin ist
pleite. Aber nicht, weil wir nach dem Geschmack derer, die uns
regieren, den Gürtel immer noch nicht eng genug geschnallt
haben. Der Berliner Haushaltsnotstand ist auch die Folge der
rot-grünen und nun schwarz-roten Umverteilungspolitik von unten
nach oben im Bund, die die Finanzen der Länder und Kommunen
dramatisch geschwächt hat. „Wir“ sind nämlich durchaus
nicht pleite. Das
Vermögen der 100 reichsten Privatpersonen und Familien liegt
zurzeit bei 330 Milliarden Euro - das ist
fast ein Viertel der Gesamt- Staatsverschuldung.
Allein das private Geldvermögen
in Deutschland hat sich von 1990 bis 2000
verdoppelt und liegt derzeit bei 4,34 Billionen Euro. Die
Gesamt- Staatsverschuldung in Deutschland beträgt aktuell 1,483
Billionen Euro. Das bedeutet: Wenn es gelänge, mit einem
„Notopfer Haushalt“ das obere Drittel des Geldvermögens in
Deutschland abzuschöpfen, wären Bund, Länder und Kommunen auf
einen Schlag schuldenfrei.
Aus alledem folgt für uns: Wenn
eine soziale und linke Partei auf Landesebene durch ihre
Regierungspolitik die Menschen bekämpft, die sie zugleich für
ein bundesweite Linke gewinnen will, muss sie aus dieser
Regierung raus. Die WASG Berlin tritt weiterhin für die
Neuformierung einer bundesweiten Linkspartei unter Einschluss
der Linkspartei.PDS, anderer linker und sozialer Kräfte der
außerparlamentarischen, sozialen und gewerkschaftlichen
Bewegungen ein.
Wir zeigen mit unserer
eigenständigen Kandidatur zum Berliner Abgeordnetenhaus, dass es
sich bei der WASG bundesweit um ein politisch glaubwürdiges
Projekt handelt. Im Gründungsprogramm der WASG vom 22. Januar
2005 heißt es: „An einer Regierung in Land oder Bund werden wir
uns nur dann beteiligen, wenn dies zu einem
grundlegenden Politikwechsel in Richtung unserer Forderungen
führt.“ Die Kraft eines ehrlichen und solidarischen "Nein", die
eine gesellschaftliche Auseinandersetzung erzwingt, ist
verantwortlich und konstruktiv. Zur Verantwortung linker Politik
in Berlin gehört, dass nicht Lösungskompetenz vorgespiegelt
wird, wo herrschende Verhältnisse eine politische, zumal
stadtpolitische Lösung gar nicht zu lassen. Eine
Übernahme von „Regierungsverantwortung“, wo ein
tatsächlicher Einfluss auf die Entwicklung gar nicht besteht,
ist in höchstem Maße verantwortungslos. Denn auf diesem Wege
wird die Suche nach wirklichen Lösungen blockiert und die
Verarmung nicht gemildert, sondern nur regierbar gemacht.“ Wir
treten zur Abgeordnetenhauswahl als Opposition an, weil es im
Berliner Abgeordnetenhaus keinen Partner für unsere Vorschläge
geben wird – alle anderen Parteien halten an der Leitlinie des
Kürzens und Privatisierens fest. Der nächste Senat wird wie die
vorherigen Regierungen versuchen, unser öffentliches Eigentum
verschleudern, die Kosten der Krise auf den Schultern der
Erwerbslosen und abhängig Beschäftigten abladen und versuchen,
die Löhne der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu drücken
und ihre Arbeitsbedingungen zu verschlechtern.
Die Opposition gegen diese
Politik, die immer wieder an vielen Stellen entsteht, blieb
bisher punktuell und ohne langfristige Perspektive. Die Berliner
WASG wird mit Bürgerinitiativen, Gewerkschaften, kritischen
Teilen der Kirchen und Verbände nicht nur diskutieren, sondern
außerparlamentarische und parlamentarische Auseinandersetzungen
in Verbindung bringen, um den sozialen Forderungen mehr
Nachdruck und Durchsetzungskraft zu verschaffen. Das Berliner
Abgeordnetenhaus muss wieder zu einer Bühne für die politischen,
sozialen und kulturellen Bedürfnisse der in Armut getriebenen
und durch die Behörden bedrängten
Menschen, für Beschäftigte im öffentlichen Dienst und im
privaten Sektor, für Migrantinnen und Migranten, für Frauen, für
Jugendliche, für Erwerbslose werden.
Soziale Opposition im
Abgeordnetenhaus heißt für uns:
Wir wollen im Berliner
Abgeordnetenhaus die für viele Menschen nicht durchschaubaren
parlamentarischen Vorgänge verständlicher machen und in die
Öffentlichkeit bringen.
Wir wollen im Berliner
Abgeordnetenhaus die sozialen Initiativen, Verbände und
Gewerkschaften stärker an den parlamentarischen Konflikten
beteiligen.
Wir wollen im Berliner
Abgeordnetenhaus Sprachrohr für außerparlamentarische
Forderungen werden, diese Forderungen auf die parlamentarische
Bühne heben und damit Öffentlichkeit für die Menschen
herstellen, denen sonst nicht zugehört wird.
Wir wollen im Berliner
Abgeordnetenhaus den parlamentarischen und
außerparlamentarischen Druck für soziale Politik bündeln und
dadurch wechselseitig verstärken.
Berlin braucht eine starke
außerparlamentarische Opposition und eine starke WASG im
Abgeordnetenhaus. Wir sehen uns dabei in gemeinsamer
Verantwortung mit der bundesweiten Linken und als Bestandteil
der weltweiten Proteste gegen den Neoliberalismus.
Schluss mit Sozialabbau und
Privatisierungen! Wählen Sie am 17.9.2006 die WASG Berlin mit
einer starken Fraktion für soziale Politik in das
Abgeordnetenhaus!
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