Betrieb & Gewerkschaft
Warnstreik bei Bremer Hütte
Die Frühschicht legte gestern die Arbeit nieder - die Produktion stand komplett still.

von Verena und Sebastian, Bremen
04/05

trend onlinezeitung

Im Rahmen der Tarifverhandlung im Stahlbezirk Nord-West, gab es gestern in verschiedenen Werken Warnstreiks. Bei den Bremer Stahlwerken, die zum Luxemburgischen Arcelor-Konzern gehören, konnten nur notwendige Reparaturarbeiten gemacht werden. Die Werkstore wurden von etwa 200 KollegInnen dicht gemacht.

Die Arbeitgeber hatten in den ersten zwei Verhandlungsrunden überhaupt kein Angebot vorgelegt, in Runde drei waren es dann 1,9% mehr Lohn und 500€ Einmalzahlung, Laufzeit 19 Monate. Für die KollegInnen eine Provokation: Dank des Booms durch den "Stahlhunger" Chinas macht das Werk gerade die größten Profite seit 50 Jahren - diese wollen die Aktionäre aber wohl für sich behalten. Die Forderung der IGMetall von 6,5% ist dabei nahezu bescheiden. Die Lohnquote in der Stahlproduktion liegt bei unter 15%, der Rest sind Energie-, Rohstoff- und sonstige Betriebskosten. Eine Lohnsteigerung von 6,5% würde also eine Erhöhung der Produktionskosten von grade einmal etwa 0,8% bedeuten. Aber Stimmen in der IG Metall meinen, dass auf Grund der „schlechten Konjunkturlage“ höhere Forderungen nicht vertretbar seien – der Kommentar einer Betriebsrätin dazu war: „Als wäre das anders gewesen, als die Konjunktur hoch ging!“ Betriebsräte in Bremen rechnen nicht mit einer baldigen Einigung im Tarifkonflikt, die Arbeitgeber mauern. Weitere Warnstreiks scheinen schon festgelegt zu sein, es werden bereits die ersten Pläne dafür „gesponnen“, möglich ist auch ein "echter" Streik. In den letzten Monaten gab es auch einige Solidaritätsbesuche für die streikenden KollegInnen bei der Klinik Dr. Heines und beim Autozulieferer Dräxlmeier. Solche Besuche sind wichtig, um Kampferfahrungen auszutauschen. Denn kampferfahren sind die KollegInnen: Ein älterer Kollege berichtet von den "wilden" Streiks in den siebziger Jahren: "Das waren Streiks da träum´ ich heut noch von." Ein Kollege aus dem Betriebsrat habe damals mit dem Chef verhandelt. Dieser habe ihm eine Zigarre angeboten. "Was, nur eine?" war die Antwort. Die streikenden KollegInnen, die unter dem Bürofenster versammelt waren, jubelten, als das Betriebsratsmitglied das Fenster öffnete und den Arbeitern eine große Menge Zigarren zuwarf. Eine solche "Bescheidenheit" wäre auch heute angebracht!

Editorische Anmerkungen

Der Artikel wurde am 20.4 erstveröffentlicht und gespiegelt bei
http://www.sozialismus.info/modules.php?name=News&file=article&sid=1232