Neue Gewalt in Kosova - Sprengstoffanschlag auf Parteibüro

von
Max Brym
04/05

trend onlinezeitung

Ein Sprengsatz detonierte am Sonntag den 17. April in Prishtina im Parteibüro der ORA (Die Stunde). Die Inneneinrichtung des Büros wurde schwer verwüstet und drei Kinder, die vor dem Gebäude spielten, verletzt.. Die Gewalt erreicht in Kosova eine neue Dimension. Vergangenen Freitag wurde Enver Haradinaj von Profikillern am hellichten Tag in einem Dorf in der Nähe von Peje (Pec) erschossen. Enver Haradinaj war ein jüngerer Bruder von Ramush Haradinaj. Der Anschlag auf das Büro von ORA erregt die Öffentlichkeit sehr. In einem Brief, der letzte Woche der Presse zugespielt wurde, bedrohte eine Organisation mit dem Namen „Sigurimi I Atdeut (Sicherheit des Vaterlandes) auch den Parteivorsitzenden der ORA Veton Surroi persönlich. Dies geschah nachdem die PDK dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Adem Salihaj in Verbindung mit „kriminellen Machenschaften“ brachte. Die anonyme Organisation „Sigurimi I Atheut“ bedrohte alle Gegner von Adem Salihaj mit dem Tod. Natürlich wird der Anschlag auf das Büro mit dieser Terrororganisation in Verbindung gebracht. Das LDK Mitglied Salihaj bestreitet jegliche Verbindung mit „Sigurimi I Atdeut“. Alle Vertreter der Parteien und der Regierung verurteilten den Anschlag. Veton Surroi nannte den Anschlag „eine Aktion gegen die Demokratie durch die organisierte politische Kriminalität“. Sowohl Surroi wie Bujar Bukoshi (PRek) gehen davon aus, „dass es sich um eine Aktion von ‚Sigurimi I Atheut‘ handelt“. Am schärfsten ist die Erklärung der PDK abgefaßt, in ihr heißt es, „Das ist eine gezielte Aktion gegen die politische Opposition in Kosova mit dem Ziel die Opposition zu beseitigen“. Weiter steht in der Erklärung: „Wir haben seriös dargelegt, dass die organisierte Kriminalität in der Regierung Stützpunkte hat“. Die Erklärung der PDK vermittelt den Eindruck, als ob die PDK die Leute von „Sigurimi I Atheut“ kennen würde. Das steht im Gegensatz zu den Ausführungen der internationalen Organe in Kosova. Kein Geheimdienst vor Ort will etwas von organisierter politischer und ökonomischer Kriminalität wissen. Seitens der UNMIK wird nach jedem Zwischenfall lakonisch erklärt:: „Wir ermitteln, wir wissen nichts.“

Machtkämpfe und Statusfrage

Jeder Bauer in Kosova kennt Leute, die in kriminelle Aktivitäten verwickelt sind. Aber ausgerechnet die internationale Gemeinschaft will keine kennen. Wenn sie wirklich davon keine Ahnung hat, dann stellt sich die Frage nach ihrer Kompetenz. Wahrscheinlicher ist hingegen, dass unterschiedliche Staaten, die ihre hochbezahlten Informanten in jeder Organisation haben, die Dinge treiben lassen. Denn in diesem Jahr soll über den endgültigen Status von Kosova verhandelt werden. Das EU-Parlament sowie Bundesaußenminister Fischer schlossen kürzlich „eine neue Staatenbildung“ auf dem Balkan grundsätzlich aus. Daher wird Herr Rugova als Verhandlungspartner bevorzugt, denn von ihm meint man zu wissen, dass er letztendlich alles unterschreibt. Ob im Umfeld von Rugova kriminelle Strukturen agieren interessiert in diesem Zusammenhang niemand.

Quellen- Koha Ditore 19.04.05 LPK.com http://www.Kosova-Aktuell.de  

Übersetzung- LDK=Demokratische Liga Kosovas PDK= Demokratische Partei Kosovas PReK= Neue Partei Kosovas

 

Editorische Anmerkungen

Max Brym stellte uns diesen Artikel am 20.04.2005 zur Veröffentlichung zur Verfügung. Er lebt als freier Journalist in München.