Rezension – Volk am Rand –

von
Max Brym
04/05

trend onlinezeitung
Im Verlag „edition ost“ erschien das Buch „Volk am Rand“ von Jan Zobel mit dem Untertitel: NPD Personen, Politik und Perspektiven der Antidemokraten. Jan Zobel kennt die NPD gut, 1993 trat er den „Jungen Nationaldemokraten“ und der NPD bei. Er baute den Hamburger Landesverband der JN auf und war deren Vorsitzender bis zu seinem Austritt aus der Partei Anfang 1997. In jener Zeit hatte Zobel intensive Kontakte zu heutigen Führungskräften der NPD und zu einigen jetzigen Landtagsabgeordneten in Sachsen. In Düsseldorf machte Zobel eine Lehre als Bürokaufmann und war Geschäftsführer verschiedener rechter Unternehmen. Sein definitiver Ausstieg aus der rechten Szene erfolgte über das Hamlet-Projekt von Christoph Schlingensief im Jahr 2001. Das Buch von Zobel gewährt in der Tat einen guten Einblick in die Struktur und Organisation der NPD. Daneben erfährt man viel über die charakterliche Beschaffenheit von NPD-Führungskräften. Er schildert Holger Apfel (Fraktionsvorsitzender der NPD in Sachsen) als Mensch der keinerlei Berührungsängste mit offenen Verherrlichern des NS-Regimes hat und dem es auch nichts ausmacht mit offenen Naziterroristen unter einem Dach zu wohnen. Die ehemalige Zentrale der „Deutschen Stimme“ befand sich im bayrischen Sinning im Haus eines ehemaligen Mitgliedes des Wehrsportgruppe Hoffmann, der wegen Sprengstoffvergehen bestraft wurde. Im Haus von Apfel lebte Didier Magnien, jener gibt gegenwärtig den Kronzeugen gegen Martin Wiese und die Kameradschaft Süd wegen dem geplanten Sprengstoffanschlag auf das jüdische Kulturzentrum in München. Zobel beschreibt Magnien als einen aktiven Agenten des Verfassungsschutzes, der Intellekt hat und wirft die Frage auf, inwieweit es sich bei vielen neonazistischen Gruppierungen nicht um Veranstaltungen des Verfassungsschutzes handelt. 

Irritationen beim Lesen 

In weiten Passagen des Buches denkt man, Zobel wäre nur ein „oppositioneller Nationalist“. Seinen Konflikt mit der NPD begründet er damit, dass er zusammen mit seinem Freund André Goertz für einen modernen liberalen Nationalismus eingetreten sei. Was das gewesen sein soll, verschweigt Zobel dem Leser, er macht nur klar, dass sie mit NS-Romantikern nichts zu tun haben wollten. Später jedoch wird in dem Buch deutlich, dass sich Zobel tatsächlich von rechten Denkmuster verabschiedet hat. Er bringt viele Beispiele wieweit das Gedankengut der NPD, ohne unter dem NPD-Level zu laufen, in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Seine Tätigkeit in rechten Unternehmen brachte ihn in Verbindung mit Balko Hoffmann, Jürgen Möllemann und mit Herrn Fätkinhäuer, dieser ist Oberstaatsanwalt in Berlin. Fätkinhäuer ist nach „Der Welt“ einer der „erfahrensten deutschen Staatsanwälte auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität, des Drogengeschäftes und des Menschenhandels mit Prostituierten“. Ebenso ist er regelmäßiger Autor in der „Jungen Freiheit“ in der er u.a. meinte, „ein von Ausländern freies Deutschland wäre auch frei von organisierter Kriminalität“. Dieser Staatsanwalt war nach Zobel der Leiter der Ermittlungen gegen Michel Friedman. Der braune Sumpf hatte ein Interesse daran, den „Juden“ auf dem medialen Scheiterhaufen öffentlich zu verbrennen. Zobel kommt nach seinen Erfahrungen in der NPD, aber auch in Organisationen wie dem „Bund der Selbständigen“ zu der Erkenntnis, „Wohin ich blicke und greife, überall entdecke ich den braunen Filz im feinen Zwirn des etablierten Mittelstandes, er bedeckt das Land.“  

Der neonazistische Liedermacher Frank Rennicke ist nicht nur bei rechten „Kameradschaftsabenden“ gefragt. Zobel erinnert sich an seine Bundeswehrzeit, in der seine Vorgesetzten dem Liedgut des neonazistischen Liedermachers einiges abgewinnen konnten. Rennicke produziert und vertreibt seine CD´s selbst und gilt zurecht als vermögend, da der Absatz seiner CD´s ziemlich groß ist.

Die NPD-Fraktion erreicht bei Abstimmungen im sächsischen Landtag stets mehr Stimmen als sie selbst hat. Das ist für Zobel ein weiterer Beweis für die Etablierung ultrarechten Gedankengutes in der Mitte der Gesellschaft. 

Zobel bietet in dem Buch viel spannendes und erhellendes, aber er hat wenig Vorschläge, wie man der NPD politisch entgegentreten sollte. Er bezeichnet Apfel und Konsorten als schlecht getarnte Terroristen, was man ihnen um die Ohren hauen sollte.


 

Editorische Anmerkungen

Max Brym stellte uns diesen Artikel am 7.04.2005 zur Veröffentlichung zur Verfügung. Er lebt als freier Journalist in München.