Quelle: "Das Gedenken den Opfern" Zeitschrift hrg. anläßlich der Gedenkfeiern zum 55. Jahrestag der Befreiung der KZ Sachsenhausen und Ravenbrück

Schlimmer als Naziaufmärsche - Sozialarbeiter in Brandenburg
Sozialpädagogik fürs Heil-Hitler-Land
Demokratische Antifaschisten wollen aus ostdeutschen Nazis gute Deutsche machen

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Schlimmer als jeder NPD-Aufmarsch, schrecklicher als die Hellersdorfer Jugend, beängstigender als Martin Walser und empörender als der Graf Lambsdorff ist das neuerdings dezidiert antifaschistisch auftretende rot-grüne Staatspersonal und seine Lobredner.

Der greulichste Alptraum ist jener, in dem das entsetzliche Geschehen durch die Vi­sion, aufzuwachen und den Spuk als blanke Realität erleben zu müssen, noch ge­steigert wird. Ein solcher Schrecken ohne Ende könnte heu­te unter dem Titel: „Sieg des demo­kratischen Antifa­schismus" jedem kritischen Kopf den Schlaf verlei­den. Nehmen wir die Süddeutsche Zeitung, jenes angeblich so liberale und weltoffene Blatt. In der Aus­gabe vom 2.3.00 schreibt auf der Titelseite einer der mutigsten demokratischen Bedenkenträger des Journalismus, Heribert Prantel (ja, genau der mit dem Kirchen­asyl) darüber, wie er mit einem der mutig­sten Bedenkenträger der Politik, dem Intel­lektuellen vom Kollwitz-Platz, Wolfgang Thierse, eine „Reise durchs Heil-Hitler-Land" unternommen hatte. Ziel der Reise war Brandenburg und gesehen haben die beiden, was jeder, der es wissen will, seit genau 10 Jahren weiß. „Thierse kann er­zählen von Jugendzentren, die von den Neonazis umgedreht (!) wurden, in denen die „akzeptierende Jugendarbeit" von überforderten (!) Betreuern so aussieht, dass Dinge akzeptiert werden, die nicht akzeptiert werden dürfen: Hitler-Büsten, Nazirockmusik und die Rekrutierungsar­beit einschlägiger Organisationen", Thier­se kennt „die schwerste Aufgabe, die es derzeit in Deutschland gibt. Und das ist nicht die Bewältigung der Parteienkrise, sondern der Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ost­deutschland."

Was wären aber die kritischen Freunde der deutschen Demokratie, fänden sie nicht auch Lichter der Hoffnung gerade dort, wo auf den ersten Blick nur Schatten ist. „Vor allem aber kann Thierse von der bewundernswerten Arbeit der Leute er­zählen, die hier dagegen halten, und davon, wie schwer es denen von den kommunalen und staatlichen Stellen gemacht wird". Also doch, ein spätes Bekenntnis zum Wirken jener Gruppen, die aus Berlin anreisend, im braunen Gürtel um die Stadt gelegentlich nach den Rechten sehen, also hier einen von ihnen verprügeln, dort ei­nem anderen Patrioten das Auto anzünden oder zu sogenannten Strafdemonstra­tionen aufbrechen nach Hoyerswerda, Dolgenbrodt oder Gollwitz? Denn wer sonst hält „hier dagegen"? Aktive Antifa­schisten und andere Linksradikale sind aus den Regionen zumeist geflohen (wer will es ihnen verdenken?) und die Traditionsantifa hält es mit der PDS und den Pfaffen und verkündet unverdrossen, dass Neofaschismus auf die Verheerungen der Jugendarbeitslosigkeit und die Verwerfungen in der ostdeutschen Seele nach der Wende zurückzuführen sei.

Nein, an die Berlner Antifa-Szene und andere Linksradikale hat Thierse nicht ge­dacht, als er von „bewundernswerter" Arbeit sprach. Sozialarbeiter sollen den Job der Entnazifizierung übernehmen, ausgerechnet Sozialarbeiter. Wer sich einmal die Mühe gemacht hat, aus Mie­ne und Haltung von Gestalten, die von der Berliner Alice-Salomon-Fachhochschule und verwandten Instituten zur Förderung gemeinwohlverpflichteter Halbbildung abgegangen sind, ein wenig auf den Charakter dieses Menschenschlags zu schließen, dem wird bang. Eine Gemeinde mittelmäßig bezahlter Sinnstifter, schon wegen ihres Berufes feige bis in die Seele, jeden selbständigen Schritt fürchtend aus Angst vor Kritik von oben oder man­gelnder Akzeptanz durch die eigene Klientel, der sie auf eine widerliche pater-naiistisch-autoritäre Gönnerart zuge­wandt sind. Schwer tragen sie an ihrem Erziehungsauftrag, Leute fit zu machen für eine unmenschliche Gesellschaft. Al­so sie zu lehren, dass auch Sozialhilf­ebezug Mitwirkungspflichten in der Ge­sellschaft nach sich ziehe, dass man auch arm und glücklich sein könne und dass bei aller Gefahr, die von der Frem­denfeindlichkeit ausgehe (das Wort Rassismus nehmen sie nur ungern in den Mund), man natürlich auch Ver­ständnis für die Sorgen und Ängste der einheimischen Bevölkerung haben müs­se. Gerade in einigen Berliner Bezirken sehe man ja, dass zu viele Nicht-Deut­sche zu Gewalt, Verslumung und ir­gendwie automatisch zu Fremdenfeind­lichkeit führen müssten. Diese so an-heimelnd-menschelnde Spezies, die so spontan auf den Menschen zuzugehen weiß, ist dabei ganz selbstverständlich mit der geballten staatlichen Autorität verbandelt, die sie bei Scheitern des ge­waltfreien Erziehungsauftrages als letz­te Instanz in der Erziehungsschlacht auf den Plan ruft. Diese Menschenfreunde, die jederzeit an die Polizei, die Jugend­gerichte, die Fürsorge ausliefern, wer sich ihnen nicht freiwillig beugt, machen sich anheischig, das Problem der ost­deutschen Browntowns nunmehr nach­haltig zu lösen. Thierse macht den poli­tischen, Leute wie Heribert Prantel die journalistischen Sprecher einer neuen ordnungsstaatlichen Erziehungsdiktatur im Zeichen der Sozialpädagogik, die sich seit der Holocaust-Konferenz in Stockholm im Januar und seit der Anti-Haider-Empörung unmittelbar danach antifaschistisch gebärdet. „Vor allem aber kann Thierse von der bewundernswerten Arbeit der Leute er­zählen, die hier dagegen halten" schwallt der Prantel. „Da ist zum Bei­spiel der Sozialpädagoge Filippo Smaldino in Mlmersdorf, einer Hochburg rechtsextremer Ausschreitungen. Smaldino hat dort mit fünfzig Jugendlichen ein leer stehendes Fachwerkhaus zum Jugendzentrum umgebaut und mit ihnen einen Verein gegründet: die Bruchbude e.V." In einer Zeit, in der nicht nur einem durchschnittlichen Sozialarbeiter die Villa Kunterbunt Inbegriff anarchischer Selbst­bestimmtheit und Meister Eders Pu-muckel oder die kleine Hexe Inkarnation selbstbewusster, ja befreiter Kindheit sind, heißt ein mit Staatskohle in saurer Eigen-arbeit aufgebautes Jugendhaus eben Bruchbude. Dass man darin nicht kiffen darf und ein 14jähriges schwules Pärchen sich dort besser keinen öffentlichen Zun-genkuss geben sollte, dass dort nur ranzi­ge Cola verabreicht wird und kein Daiqui-ri, versteht sich von selbst; und dass Na­zirock zwar verboten sein wird, zum Aus­gleich aber den Zöglingen Liedgut in der Art des reifen Rio Reisers oder ostdeut­sche Jammermucke zu Identifikations­zwecken eingeträufelt wird, darf vorab ge-wusst werden. Solche Bruchbuden sind nur insoweit brüchig, als das Mobiliar ge­braucht und karg ist. Daraus dürfen kein­erlei erfreuliche Rückschlüsse auf den Geist gezogen werden, der in Smaldinos Erziehungsgehäuse west. Der Name Bruchbude ist nicht ironischer Hinweis auf eine Lasterhöhle, in der dem kaputten Le­ben wenigstens die durchaus erstrebens­werten Surrogate fürs Glück in Form von wenigstens teilweise freier Sexualität und gekonntem Umgang mit Drogen abge­wonnen werden. Leider wird hier nicht der freundliche Zugang zur Gewalt gegen Na­zis und Staatsbüttel praktiziert, also auch einem Kerl wie dem Smaldino klar ge­macht, dass er leider draußen bleiben muß. Smaldinos Bruchbude ist ein pädagogischer Kasernenhof zur Aufzucht demokratischer Patrioten. Wofür er steht, schreibt der Prantel in entwaffnender Deutlichkeit auf: „Smaldino hat am eige­nen Leib erlebt, wie schwer es ist, den jungen Leuten Grenzen zu ziehen (!) und Wertesicherheit (!!) beizubringen - dass also .Deutschland' nicht ,Heil Hitler' heißt oder daß man nicht unbedingt die ,Zillertaler Türkenjäger' hören muss; und er hat sie ganz beiläufig damit provoziert, dass er sie für schlechte, weil undemokratische Deutsche hält." Nicht genug, dass er lügt, Deutschland heißt schließlich wirklich ,Heil Hitler' und stets waren und sind es die guten Deutschen, die der Welt das Fürchten gelehrt haben. Dieses widerliche Bedrohungsszenario, das entlang der Zu­gehörigkeit zur demokratischen Volksge­meinschaft die Guten ins Töpfchen und die Schlechten ins Kröpfchen tut, wird nie­mals bei der Umerziehung von Neonazis stehen bleiben. Würde in Milmersdorf ein besetztes Haus stehen, mit einem schö­nen Namen wie zum Beispiel „Rausch, Ratio, Revolution", in das kein Bulle und kein Soialarbeiter einen Fuß hineinsetzen dürfte und in alles, was deusch ist, ständig verhöhnt wird, von dem Anschläge ausgehen gegen alle deutschen Staatsbürger, also gerade auch gegen sol­che, die statt der Türkenjäger lieber das Ori­ginal, die demokratischen Schürzenjäger, hören wollen. Ein Haus, das von Leuten fre­quentiert würde, die sich vor allen Zwangs­diensten drücken, die Nazis jagen und mit Pfaffen, Politikern und anderen guten Men­schen kein Wort, dafür unter sich über Be­freiung reden. Leute, die sich Befriedigung im Jetzt verschaffen, so gut sie können, also für die Demokratie und die Gesellschaft hundert­prozentig un­brauchbar wären: ein solches Haus und seine Bewoh­ner hätten als er­ste das am Hals, was der Smaldino scheinbar nur den Nazis androht: Ihn selber und die Bullen. Wo­bei die Bullen dann vom Schlage einer Regi­ne Hildebrandt wären. Etwa so: „Smaldino hat, dank guter Beziehungen zur Polizei und der trefflichen örtlichen Polizeipräsidentin Uta Leichsenring, Bedrohungssituationen aus der rechtsextremen Szene gemeistert." Der Alptraum demokratischer Antifaschis­mus, das ist der freundliche Ausländer zum Anfassen im Status eines Sozialarbeiters, der dauernd nach den Bullen und evangeli­schen Bürgerrechtlern ruft; das ist das Land, in dem umerzogene Glatzen statt „Mein Kampf" endlich „Momo" lesen, in dem abge­lehnte Asylbewerber vom örtlichen Blasor­chester zu den Klängen von „muss i denn, muss i denn, zum Städtele hinaus" in die Abschiebehaft begleitet werden und immer ei­ner kurdischen Familie aus 10.000 zur allgemeinen Erbauung Kirchenasyl gewährt wird, bis ihr jüngstes Kind endlich zwei Jahre alt und damit wie der Rest der Familie abschiebungstauglich wird; das ist die demokratische Bewältigung der deutschen Vergangenheit, in der man sich darauf einigt, dass nicht nur der deutsche Landser, sondern auch die Juden es recht schwer gehabt hätten in jenen entbehrungsreichen Jahren. Das ist der Alptraum, aus dem man erwacht, um festzustellen, dass er schon wahr geworden ist.

Justus Wertmüller (Redakteur der antideutschen Zeitschrift BAHAMAS)