Buchvorstellung
Ist die Inklusion im Kapitalismus möglich?

Mark Staskiewicz hat dazu ein Buch geschrieben

03/2020

trend
onlinezeitung

Mark Staskiewicz  hat vor Jahren vereinzelt im Kontext mit der Gruppe "Über die Bewegung für gesellschaftlichen Fortschritt"  Beiträge bei TREND veröffentlicht. Seit einigen Jahren lebt er in Österreich und arbeitet er als Leiter eines Wohnverbundes der Lebenshilfe-GUV in Graz. Dort ist er in der KPÖ und im Gewerkschaftlichen Linksblock aktiv.

Er hat nun ein Buch „Soziales Netzwerk, Sozialraumorientierung, Inklusion und
gesellschaftlicher Fortschritt“
herausgegeben, in dem erstmals diese 4 Begriffe verbunden werden. Im Buch wird u.a. die dunkle Geschichte der Vernichtung von Menschen mit Behinderungen im Zuge des 2. Weltkrieges skizziert. Außerdem wird die heutige Inklusionsforderung eingeordnet.

Die Inklusionsumsetzung, so der Autor ist im Kapitalismus nie vollständig umsetzbar. „Das polit-ökonomische Gesellschaftssystem ist somit der Inkluision, dem Sozialraum und sozialem Netzwerk übergeordnet“, heißt es in diesem Werk. Im Buch ist ebenso eine Kapitalismus-Kritik enthalten, beispielsweise heißt es: „Der Kapitalismus basiert auf der Ausbeutung von Menschen. Auch in den führenden kapitalistischen Staaten gibt es die Spaltung in Klassen, zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern. Diese Staaten beuten ebenso Neokolonien, sogenannte Entwicklungsländer, aus (vgl. Lion Wagner, Krieg und Gesellschaftssystem, 1998, S. 70ff). Zur neokolonialen Ausbeutung gehört auch der Intelligenztransfer (Stichwort Brain Drain). Teil der neokolonialen Ausbeutung ist es, Wissenschaftler, Spezialisten, Ingenieure als Fachleute aus anderen Ländern abzuwerben. Mit der Abwerbung der Hauptproduktivkraft Mensch wird die Kapitalakkumulation und Kapitalverwertung des anwerbenden Landes gesteigert. (Vgl. Wagner, Kritik der Fiktion einer Transformation von Brain Drain in Brain-Circulation, 2015, S. 5). Andererseits werden die betroffenen Länder in ihrer Entwicklung gehemmt, was letztendlich dort die Umsetzbarkeit der Inklusion ebenso eingrenzt. Somit ist Brain Drain nicht im Interesse der Inklusion. Die Ausgrenzung von Menschen (so z.B. auch von Menschen mit Behinderung) wird so lange stattfinden, solange es ein kapitalistisches Gesellschaftssystem gibt, in dem die herrschende Klasse von der Ausgrenzung, Ausbeutung und Unterdrückung profitiert. Die bestmöglichste passive und aktive Teilhabemöglichkeit aller Menschen der Gesellschaft am gesellschaftlichen Leben zwecks Schaffung einer sozialen Einbindung Aller widerspricht letztendlich dem kapitalistischen Gesellschaftssystem. Dies bedeutet, es kann zwar relative Fortschritte im Bereich der Inklusion geben, diese sind aber sehr schnell durch die Zuspitzung gesellschaftlicher Widersprüche der Gefahr einer Rückentwicklung ausgesetzt bzw. haben die Fortschritte eine Grenze. Durch die Betrachtung der Geschichte der Wohnangebote (siehe Kapitel 3.1) wird deutlich, dass innerhalb des kapitalistischen Gesellschafsystems ein möglicher Spielraum von der systematischen Vernichtung von Menschen mit Behinderung (2.Weltkrieg) bis zur formalen relativen Gleichberechtigung und Fortschritte in der Inklusion möglich ist. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Geschichte der Menschenrechte keineswegs ein Zeichen einer wirklichen Gleichberechtigung ist.“

Der Untertitel des Buches lautet:

Die Bedeutung und Erfolgsfaktoren von sozialen Netzwerken in der Inklusions- und Sozialraumarbeit der Wohnangebote für Menschen mit Behinderung und ihre Auswirkungen auf die Organisationsentwicklung“

Einige Erfolgsfaktoren, die es in der sozialen Netzwerkarbeit im Bereich der Sozialraumorientierung und Inklusion gibt, sind in diesem Buch zu finden. Des Weiteren ist die Einordnung von sozialen Netzwerken und der Inklusions- bzw. Sozialraumarbeit zueinander bestimmt. Außerdem werden die Auswirkungen für die Organisationsentwicklung aufgezeigt und konkrete Empfehlungen an die sozialen Träger entwickelt. Das Ergebnis zeigt die große Bedeutung der sozialen Netzwerkarbeit für eine erfolgreiche Sozialraumarbeit und für die Erreichung von Fortschritten im Bereich der Inklusion. Die Arbeit belegt ferner wie weitreichend die Inklusionsforderung ist, dass sie mit den polit-ökonomischen Verhältnissen betrachtet und nur durch deren Veränderung umgesetzt werden kann und muss. Der Autor bietet eine neue, selbst entwickelte, Inklusionsdefinition an.

Red. TREND März 2020

 

Mark Staskiewicz
Soziales Netzwerk, Sozialraumorientierung, Inklusion und gesellschaftlicher Fortschritt

we-progress, 2019

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