Dokumentation: DKP & Co. sauer auf die Rote Hilfe

Rote Hilfe wohin?

von Wera Richter*

03/2019

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In diesem Jahr feiern wir den 70. Jahrestag der Gründung der DDR. Die DDR war ein antifaschistischer und Friedensstaat, von dem 40 Jahre lang kein Krieg ausging. Ein Staat, in dem Grundbedürfnisse der Menschen auf Arbeit, Bildung, Wohnen und Gesundheit gewährleistet waren. Ein Staat, der dem deutschen Imperialismus 40 Jahre lang Fesseln angelegt hat.

Dafür ist er bis aufs Messer bekämpft worden. An die Zerschlagung des Sozialismus werden wir heute nicht zuletzt durch NATO-Truppen, deutsche Soldaten, inklusive die, die vor Russland stehen, erinnert.

Für uns Kommunisten in der DKP war die DDR das bessere Deutschland; wir sagen, die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Wir sind stolz auf die Genossinnen und Genossen, die sie aufgebaut, gestaltet und verteidigt haben. Ein Wolkenkuckucksheim war die DDR nicht, konnte es vor allem wegen des verschärften Klassenkampfes, der ständigen Bedrohung nicht sein. Fehler und Schwächen hatte sie ohne Zweifel und auch die handelnden Genossinnen und Genossen waren nicht frei davon. Darüber gemeinsam und solidarisch zu diskutieren, halten wir für notwendig, um für die Zukunft zu lernen.

Die Mainstreammedien haben das Gegenteil im Sinn und werden Gift und Galle spucken im 70. Jahr der DDR-Gründung. Das ist ihr Auftrag. Dass sich die Zeitung der Roten Hilfe mit der aktuellen Ausgabe „‚Wenn wir brüderlich uns einen …‘, Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR“ hier einreiht, schmerzt.

Nicht weil die Genossen und Freunde der Roten Hilfe einen Finger in die Wunde legen, sondern weil sie die Sache ahistorisch, einseitig, ja völlig antikommunistisch angehen. Stasi, Spitzelei, Rote Kapos in Buchenwald mit dem Historiker Lutz Niethammer als Stichwortgeber, Antisemitismus, Schwulenfeindlichkeit, Unterdrückung der oppositionellen Jugend und Subkultur, Verbrechen gegen Genossen – alles dabei. Es fehlen nur die Mauertoten. Unseren Genossen wird abgesprochen, einen sozialistischen Versuch unternommen zu habe und vorgeworfen, den Grundstein für die nächste Niederlage gelegt zu haben. Im Vorbeigehen werden mal eben KPD und Kommunistische Internationale in die Pfanne gehauen.



Liste der Artikel, die DKP & Co. nicht gefallen

14 „Wenn wir brüderlich uns einen …“ – Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR
15 Eine Vorgeschichte – Kommunistische Internationale und oppositionelle Genoss_innen
18 „Die Rummurkserei mit der Antifa muss aufhören“ – Die Antifaschistischen Ausschüsse in der sowjetisch besetzten Zone
21 Ungewollte politische Akteure – Die SED und die Kommunisten von Buchenwald
23 „Mangelnde Wachsamkeit gegenüber den Klassenfeinden“? Politische Repressalien auch gegen Antifaschisten
26 „… wurden sie zu Werkzeugen des Klassenfeindes” – Die „Überprüfungen“ der Parteikontrollkommission ab 1948 und der Fall Merker
30 Durchsetzt von Parteifeinden, Agenten, Verbrechern … ? Zu den Parteisäuberungen in der KPD (1948-1952) und der Mitwirkung der SED
36 Gegen die, die „Morgenluft wittern und frech zu werden versuchen“ – Die radikaloppositionelle Studentengruppe und der IM
40 Repression gegen jugendliche Oppositionelle in der DDR – Die Unterwanderung und Zerschlagung der Leipziger Alternativ- und Punkszene
44 Homosexualität in der Deutschen Demokratischen Republik
46 Feindlich-Negative Antifa? Vom Missverhältnis des staatsoffiziellen Antifaschismus der DDR zum unabhängigen Antifaschismus ihrer letzten Generation
47 „Er war zugleich Spitzel, aber auch ein guter und wichtiger Genosse“ – Repressionserfahrung von Potsdamer Antifas in den späten 80ern
51 „Misstrauen war ein Hebel, der nur scheinbare Sicherheit schafft“ – Interview mit Hans Modrow
55 Real existierende Repression – Anmerkungen zu „sozialistischer Gesetzlichkeit“

Ausgeblendet werden die konkreten historischen Bedingungen, unter denen der Sozialismus in der DDR aufgebaut wurde. Als hätte es keinen Klassengegner gegeben. Ebenso die Errungenschaften des antifaschistischen und Friedensstaates, kein Wort über den Internationalismus, die Solidarität der DDR nicht zuletzt mit politischen Gefangenen.
Das Heft soll eine Antwort auf eine Ausgabe der Mitgliederzeitung von 2016 sein, die Solidarität mit den Opfern der Siegerjustiz übte. Ist diese Solidarität falsch? Soll sie zurückgenommen werden? Sind die Genossen, die für die Verteidigung der DDR in der BRD verfolgt und verurteilt wurden, denen ihre Renten beschnitten und deren Lebensleistung entwertet wurde, der Solidarität der Roten Hilfe nicht würdig?

Wir erleben in diesem Land eine Rechtsentwicklung hin zum autoritären Sicherheitsstaat und sprechen von Tendenzen der Faschisierung. Dazu gehören zunehmende Repression, neue Polizeigesetze und die Drohung, unter anderem der VVN/BdA die Gemeinnützigkeit abzuerkennen und die Rote Hilfe zu verbieten. Dagegen wehren wir uns gemeinsam. Innerhalb weniger Wochen traten rund 800 neue Mitglieder in die Rote Hilfe ein – auch Mitglieder der DKP aus Ost und West, darunter unser Vorsitzender und die Berliner Landessprecherin. Andere Genossen wie ich sind viele Jahre dabei.

Die Rote Hilfe ist eine „strömungsübergreifende“ und keine kommunistische Organisation. Unsere Haltung zur DDR und zum jeweils real existierenden Sozialismus kann sicher kein Konsens in ihr sein, aber sie darf auch nicht diffamiert werden. Bleibt dieses Heft von der Organisation unwidersprochen, grenzt sie einen Teil der Bewegung aus und entledigt sich ihrer Wurzeln. Antikommunismus als Diskussionsgrundlage wäre Spaltung und nicht rote Hilfe.

Quelle: https://unsere-zeit.de/de/5111/positionen/10770/Rote-Hilfe-wohin.htm / 15.3.2019

*) Wera Richter ist stellvertretende Vorsitzende der DKP



https://www.rote-hilfe.de/