Betrieb & Gewerkschaft

Neuaufteilung der Energiesparte
RWE und Eon wollen 5000 Arbeitsplätze vernichten

von Marianne Arens

03/2018

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RWE und Eon wollen die Energiesparte unter sich aufteilen und dabei die RWE-Tochter Innogy zerschlagen. Dabei sollen 5000 Arbeitsplätze zerstört werden. Die Gewerkschaften Verdi und IG BCE unterstützen das Projekt.

In der Nacht zum Sonntag gaben die zwei Energieriesen Eon und RWE den Mega-Deal bekannt. Demnach wird das lukrative Innogy-Netzgeschäft von Eon geschluckt, während die Innogy-Mitarbeiter um ihre Zukunft bangen müssen. Innogy wurde erst vor zwei Jahren als selbständiges Unternehmen für erneuerbare Energien aus RWE ausgegliedert.

In einer Pressekonferenz am Dienstag in Essen erläuterten die zwei Vorstandschefs, Rolf Martin Schmitz von RWE und Johannes Teyssen von Eon, die Einzelheiten des Deals.

Demnach wird Eon die Netz- und Ökostromtochter Innogy von RWE übernehmen und sich künftig hauptsächlich auf das Netzgeschäft konzentrieren. Gleichzeitig wird RWE bei ihrem bisherigen Konkurrenten Eon mit 1,5 Mrd. Euro, bzw. einem Anteil von 17 Prozent, einsteigen. Damit wird RWE zu einem der größten Stromkonzerne Europas.

Während RWE die Stromerzeugung und das Gasspeichergeschäft behält, wird sich Eon künftig auf die Energienetze und den Vertrieb konzentrieren.

Die Gewerkschaftsführer von Verdi und IG BCE (Bergbau, Chemie, Energie) sind voll des Lobes über den Deal. Ihre Kommentare machen deutlich, wie eng die Gewerkschaften in das Management integriert sind – und wie wenig sie die Interessen der betroffenen Arbeiter und der Arbeiterklasse als Ganzer im Auge haben.

Michael Vassiliadis, der Vorsitzende der IG BCE, begrüßte den Schritt als „richtige Antwort auf die gewaltigen Herausforderungen, die ihnen [den Energiekonzernen] die Energiewende bereits gestellt hat und noch stellen wird“.

Auch Frank Bsirske, Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, lobte die Entscheidung, die 5000 Arbeitsplätze kosten wird. Die Transaktion sei „auch im Interesse der Beschäftigten“, so Bsirske. „Die Chance für alle Beteiligten liegt darin, starke und investitionsfähige Unternehmen aufzubauen.“

Beide Gewerkschaften haben eine ganze Reihe hochdotierter Vertreter in den Aufsichtsräten. Bei RWE sind darunter Frank Bsirske selbst, der seit 2001 im Aufsichtsrat von RWE und heute auch von Innogy sitzt und als Stellvertreter des Vorsitzenden jährlich 400.000 Euro kassiert, und das IG BCE-Vorstandsmitglied Ralf Sikorski, das auch im Aufsichtsrat von RAG, der einstigen Ruhrkohle AG, sitzt. Bei Eon ist vor allem Andreas Scheidt vom Verdi-Vorstand zu nennen, der als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender über eine halbe Million Euro kassiert.

Ihre fürstlichen Aufsichtsratstantiemen rechtfertigen die Gewerkschaftsführer oft damit, dass sie einen großen Teil davon an die gewerkschaftseigene Hans-Böckler-Stiftung abführen müssten. Dies zeigt jedoch nur, dass die Gewerkschaften als Ganzes indirekt im Sold der Konzerne und der Regierung stehen. Außerdem unterliegen die Gelder für Ausschusssitzungen nicht dieser Regelung. So kassieren die Funktionäre, die oft mehrere Mandate innehaben, allein daraus jährlich ein Vielfaches eines durchschnittlichen Beschäftigten.

Mit dem Abbau von weiteren 5000 Arbeitsplätzen wird die RWE ihren Personalbestand seit 2011 um rund zwanzigtausend, von 74.000 auf 54.000, reduziert haben. Der ständige Druck auf Arbeitsplätze, Löhne und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter wird mit Verlusten im Vorjahr 2016 und mit dem Rückgang der Gewinne aus dem Betrieb von Kohle- und Gaskraftwerken infolge der Klimawende gerechtfertigt.

Allerdings haben beide Konzerne im letzten Jahr wieder Gewinne in Milliardenhöhe erzielt, RWE allein in Höhe von 1,9 Milliarden Euro, Eon sogar in Höhe von 4,2 Milliarden Euro. Und beide wollen die Gewinne im laufenden Jahr noch einmal deutlich steigern.

Auch haben die Energiekonzerne im letzten Jahr Rückzahlungen in Milliardenhöhe vom Staat erhalten. Grund ist eine Entscheidung des Verfassungsgerichts in Karlsruhe, welches die deutsche Atomsteuer rückwirkend für nichtig erklärt hatte. Im Geschäftsbericht von RWE heißt es dazu: „Einen Teil dieses Beitrags wollen wir Anfang Mai 2018 als Sonderdividende an unsere Aktionäre ausschütten.“

Zudem hat RWE im letzten Jahr den Abschluss des „öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen RWE und der Bundesrepublik Deutschland“ erwirkt, der den Konzern gegen eine Einmalzahlung von der Haftung für alle Zwischen- und Endlagerkosten für radioaktive Abfälle befreit. Diese Kosten werden stattdessen dem Bund, d.h. dem Steuerzahler aufgehalst.

Der 120 Jahre alte RWE-Konzern hat traditionell private und staatliche Anteilseigner und ist aufs Engste mit dem deutschen Staat verflochten. Im Aufsichtsrat sitzen neben den üblichen Vertretern der Konzern- und Gesamtbetriebsräte und der Gewerkschaften auch die Oberbürgermeister der Städte Dortmund und Mülheim an der Ruhr, beide SPD. Die Kommunen halten 23 Prozent an den RWE-Anteilen.

Die im Jahr 1898 entstandene RWE wurde unter Beteiligung der Industriebarone Hugo Stinnes und August Thyssen, der Deutschen Bank und der Dresdner Bank aufgebaut. Der Konzern, der zunächst das Ruhrgebiet und das Rheinland mit Strom versorgte, war von Anfang an mit der Montanindustrie und jeder Regierung seit Kaisers Zeiten verbunden. Besonders in den zwei Weltkriegen spielte er eine große Rolle für das Deutsche Reich und seine Rüstung.

Der erst zwanzigjährige Eon-Konzern ist aus VEBA und Ruhrgas entstanden und traditionell mit der einstigen Ruhrkohle, der heuten RAG, verbunden (an der auch die RWE als Großaktionär beteiligt ist). Über den früheren SPD-Kanzler Gerhard Schröder kam die Verbindung von Eon mit dem russischen Konzern Gazprom und seinem Projekt Nord Stream zustande, dessen Unterwasserpipeline heute russisches Gas über die Ostsee nach Deutschland leitet.

Die organische Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft, heute insbesondere der SPD und der Energiekonzerne, zeigte sich zuletzt beispielhaft, als Hannelore Kraft (SPD), ex-Ministerpräsidentin von NRW, nach ihrer Abwahl im vergangenen Dezember in den Aufsichtsrat von RAG wechselte.

Wie die Stellungnahmen der Führer von Verdi und IG BCE zeigen, sind auch die Gewerkschaften heute integraler Bestandteil des Konzern-Managements. Deren Ziele – Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt, Profitabilität um jeden Preis und auch „Versorgungssicherheit“ für Deutschland in schwierigen, durch Großmachtambitionen geprägten Zeiten – sind auch ihre Ziele.

Editorische Hinweise

Der Bericht  erschien am 15. März 2018 bei www.wsws.org


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