Betrieb & Gewerkschaft
Opel-Betriebsversammlungen
Nervöse Geschäftsleitung und Betriebsratsspitze unterbinden Aussprache


von
RF-News

03/2017

trend
onlinezeitung

Vorbemerkung von red-trend: Am 8.3.2017 wurde Opel von Peugeot übernommen. Der Standard schreibt dazu: " Der französische Autobauer PSA, zu dem auch Peugeot und Citroen gehören, hat Opel gekauft. Das Unternehmen mit Sitz in Rüsselsheim war zuvor fast 90 Jahre im Besitz des amerikanischen Autokonzerns General Motors. PSA hat das deutsche Tochterunternehmen zu einem geringen Preis von 1,3 Milliarden Euro (umgerechnet 1,4 Milliarden Dollar) gekauft. Was den Transaktionswert angeht, ist der Verkauf von Porsche an Volkswagen im Jahr 2012 für über 14 Milliarden Dollar der Spitzenreiter. Im gleichen Jahr kaufte Chrysler Fiat für 5,8 Milliarden Dollar – nicht einmal die Hälfte. Trotzdem wirkt der Opel-Deal daneben fast schon günstig. Doch Opel schreibt seit 17 Jahren Verluste. PSA will seine neue Tochter bis 2020 wieder profitabel machen."

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Sowohl auf der Betriebsversammlung bei Opel in Rüsselsheim, die gestern stattfand, als auch auf der heutigen Belegschaftsversammlung bei Opel in Bochum wurde die üblicherweise stattfindende Aussprache von Kolleginnen und Kollegen verhindert. Obwohl dringender Diskussionsbedarf über die weitreichenden Folgen der geplanten Übernahme von Opel durch den PSA-Konzern besteht, brachen die Betriebsratsvorsitzenden die Versammlungen jeweils vorzeitig ab.

Aus Bochum wird berichtet:

"Auch die Belegschaftsversammlung am heutigen Samstag wurde nach einer halben Stunde unterbrochen und soll am Montag fortgesetzt werden, weil der Vorstand keine klaren Zusagen im Zusammenhang mit dem Verkauf an PSA machen wollte. Der Betriebsratsvorsitzende Murat Yaman forderte 'belastbare Zusagen'. Seine Beschränkung darauf, nur schriftliche Zusagen für die bestehenden Verträge (Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis 2018 und auf Standortschließung bis 2020) zu fordern, liegt aber auf der Kapitulationslinie des Gesamtbetriebsrats und IG-Metall-Vorstands.

Dementsprechend wurden wie in Rüsselsheim Kollegen und Betriebsräte an Beiträgen vom Saalmikro aus gehindert, was die ganze Nervosität des Vorstands und der Reformisten unterstreicht. Mit Pfiffen und Unruhe protestierten die Kollegen gegen die Aussage des Vorstands Jens Klupic, die Kollegen sollten sich 'keine unnötigen Sorgen machen'.

Vor der Versammlung fand erneut eine kämpferische Kundgebung der Internationalistischen Liste/MLPD statt. Ein wichtiger Teilerfolg war es, dass die Polizei diesmal im Unterschied zu den drei letzten Versammlungen darauf verzichtete, den Büchertisch der MLPD gewaltsam zu räumen. Zwei Strafanzeigen gegen den Verantwortlichen wurden dennoch gestellt - ein Skandal, der politisch und juristisch beantwortet werden wird."

Von der Betriebsversammlung in Rüsselsheim am Tag zuvor berichtet ein Korrespondent:

"Am Freitag Vormittag füllten tausende Opelaner die Hallen für die Betriebsversammlung. Nach zweieinhalb Wochen Gerüchten, Pressemitteilungen und keinerlei Aussprachemöglichkeit bei der letzten Betriebsrats-Info-Veranstaltung, war die Erwartung der Kolleginnen und Kollegen groß. Das Opel-Management und die Betriebsratsführung waren hochgradig nervös. Opel-Chef Karl-Thomas Neumann bekannte gleich zu Beginn, 'er könne keine Details nennen, da er gar nicht am Verhandlungstisch sitze'. Er verstünde die Bedenken der Belegschaft, aber man sollte nicht pessimistisch sein. Schließlich habe Opel im Jahre 2016 sein 'bestes Ergebnis seit 18 Jahren abgeliefert'.

Nach diesen Beschwichtigungen seitens des Managements wurde der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Schäfer-Klug deutlicher. Es würde eine kurze Betriebsversammlung, die anders abläuft wie gewohnt. Schäfer-Klug behauptete: 'Wieder mal wollen die Kritiker der sektiererischen Gruppe ihr Süppchen kochen und Opel in der Öffentlichkeit schlechtreden.' Mit solchen abschätzigen Begriffen diffamiert er schon seit Jahren kämpferische und klassenkämpferische Kolleginnen und Kollegen, die sich am offensiven Kampf der Bochumer Opelaner gegen die Werksschließung orientieren und die Klassenzusammenarbeitspolitik ablehnen.

Er ging sogar soweit, den Kritikern zu unterstellen, für die schlechten Opel-Absatzzahlen mitverantwortlich zu sein. In Wirklichkeit ist es sein Kapitulationskurs, der das GM-Management ermuntert, mit immer neuen Arbeitsplatzvernichtungsplänen und Erpressungen gegen die Belegschaften vorzugehen. Und diesen Kapitulationskurs treibt er nun auf die Spitze. Schäfer-Klug beschwor die Kolleginnen und Kollegen: 'GM will Opel nicht mehr, jetzt kommt alles darauf an, dass der Verkauf an PSA, dass diese strategische Allianz klappt! Es ist wichtig, dass wir Ruhe bewahren und verhindern, dass PSA diese Allianz nicht mehr will.'

PSA-Chef Tavares habe gesagt, keine Werke schließen zu wollen. Dennoch könne er keine generelle Entwarnung geben. Statt die Diskussion zu eröffnen, was davon zu halten ist und was tatsächlich zu tun ist, verhinderten Betriebsräte mit Ordnerbinde vor der Rednerbühne, dass kritische Stimmen aus der Belegschaft zu Wort kamen. Schäfer-Klug unterbrach die Betriebsversammlung. In allen Werken sollen am Montag, 6. März, um 9.45 Uhr Betriebsversammlungen stattfinden, die über den Stand bzw. die Ergebnisse der Verkaufsverhandlung mit PSA berichten."

Die Opel-Belegschaften sitzen also keinesfalls im "Kino-Sessel" als passive Zuschauer der dramatischen Entwicklung. Es zeigt schon eine gehörige Portion Angst vor den kampferfahrenen Belegschaften, wenn sie dermaßen mundtot gemacht werden! rf-news wird am Montag über die nächsten Betriebsversammlungen weiter berichten.

Quelle: https://www.rf-news.de/  vom 4.3.2017