„Der
Wahlkampf, der den Planeten beunruhigt“
titelt die Sonntagszeitung Le Parisien
Dimanche vom 26. Februar 2017 – und es geht
in dem mehrseitigen Thema unter anderem, oder eher:
vor allem, um Marine Le Pen. Zuvor titelte die
Pariser Abendzeitung Le Monde am
Nachmittag des 16. Februar:
„Präsidentschaftswahl: Marine Le Pen ist stärker
denn je.“ Am Vormittag desselben Tages
lautete die Überschrift bei der Boulevardzeitung
Le Parisien: „Präsidentschaftswahl
– für sie läuft alles gut“, und es dürfte
der Leserin bereits klar geworden sein, wessen Foto
daneben auf der Seite Eins stand, um zu
verdeutlichen, wer mit ihr/mit dem Wörtchen „sie“
gemeint war. Das Wochenmagazin L’Express
seinerseits wählte am 22. Februar 17 als Titel:
„Warum Le Pen (noch immer) zulegt.“
So lauten einige
Momentausschnitte aus dem einsetzenden
französischen Wahlkampf, einige Wochen, bevor am
23. April und 07. Mai dieses Jahres in zwei
Durchgängen der nächste französische Präsident
gewählt wird. Oder aber die nächste französische
Präsidentin, was deswegen in diesem Falle nicht zu
erhoffen ist, weil die einzige weibliche Kandidatin
von Gewicht in diesem Jahr eben die Chefin des
Front National (FN) ist.
Internationales
Gewicht
Der kubanische Botschafter in Paris war dort. Die
Botschafter Saudi-Arabiens, Kambodschas, Vietnams
und Taiwans auch, jener von Albanien soll ebenfalls
anwesend gewesen sein. Aus den USA und China waren
Diplomaten unterhalb des Botschafterrangs gekommen.
Insgesamt sollen „Vertreter von 42 Ländern“ dabei
gewesen sein, unter ihnen Singapur und El Salvador,
als die Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen am
frühen Abend dieses 23. Februar 2017 bei einer
Konferenz ihre „Vision der internationalen
Beziehungen“ vorstellte. In französischen Medien
wurde darüber vor allem in Form einer längeren
AFP-Meldung berichtet, dagegen berichtete der für
seine Propagandajauche bekannte russische Sender
RT (Russia Today) in französischer
Sprache ausführlichst über die Veranstaltung der
französischen extremen Rechten.
Inhaltlich sprach Marine Le Pen insbesondere einer
Aufwertung der Beziehungen zu solchen Staaten, die
Migrationsbewegungen in Richtung Europa verhindern
können oder sollen, das Wort. Ägypten unter
Marschall-Präsident ’Abdelfattah Al-Sissi
bezeichnete die Chefin des französischen Front
National (FN) in dieser Hinsicht wörtlich als
„Wachturm, welcher uns gegen die Migranten
verteidigen wird“. Die Tochter und
politische Erbin des langjährigen Vorsitzenden der
neofaschistischen Partei, Jean-Marie Le Pen – er
stand von 1972 bis 2011 an der Spitze des von ihm
mitgegründeten FN -, begrüßte ferner den
Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump als
angeblichen Hoffnungsschimmer und bezeichnete
erwartungsgemäß Wladimir Putin als
„Verbündeten“. Marine Le Pen schwang sich
in ihrer Rede zur Vorreiterin einer
„multipolaren Welt“ auf.
Die französischen Rüstungs-, pardon,
„Verteidigungs“ausgaben sollen sofort auf zwei, bis
zum Ende der regulären Amtszeit des nächsten
französischen Staatsoberhaupts (die von Mai 2017
bis 2022 läuft) gar auf stattliche drei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts angehoben werden; dieses Ziel
soll zudem in Verfassungsrang erhoben und im
französischen Verfassungstext festgeschrieben
werden. Was die Europäische Union betrifft, so
proklamierte Marine Le Pen, es gelte „ihr ein
Ende zu setzen“. Auf diese Weise hat sie
ihren Diskurs erneut radikalisiert, seitdem der FN
bei einem Strategieseminar im Februar 2016 das
zuvor explizit formulierte Ziel eines Austritts aus
der Euro-Währung zu relativieren schien. Es war
innerparteilich in Frage gestellt worden, weil sich
herausstellte, dass die umworbenen potenziellen
Wechselwähler, die zwischen Konservativen und FN
stehen, eher gegen diese Forderung eingestellt
sind. Aber auch, dass um ihre Ersparnisse
befürchtende Rentner/innen und
Kleinunternehmer/innen in der eigenen Wählerschaft
die Aufgabe des Euro eher befürchten als erhoffen.
Was hat die Botschafter von Staaten wie Kuba und
Vietnam – Länder die sich immerhin einmal von einem
imperialistischen Zugriff befreit hatten, auf der
Höhe der Entkolonisierungswelle zwischen den 1950er
und 1970er Jahren, im Falle Vietnams zuerst vom
französischen Kolonialismus und danach von den USA
– dazu bewogen, ausgerechnet dieser Veranstaltung
ihre Ehre zu erweisen und sie durch ihre Präsenz
aufzuwerten? Darüber kann nur spekuliert werden.
Mutmaßlich hat die Philosophie eines Wladimir
Putin, wonach alle Rivalen des großen
geopolitischen Rivalen USA als Freunde zu behandeln
seien (mittlerweile aber auch Donald Trump, in der
Hoffnung, einen außenpolitischen Isolationismus in
den USA zu bestärken), auch auf die Regimes in
diesen Ländern abzufärben begonnen. Dass die
russischen Machthaber die französische
neofaschistische Partei unterstützen, und sei es
nur, um die pro-atlantischen und
pro-EU-orientierten Kräfte in Westeuropa zu
schwächen, ist bekannt. Spätestens seit dem, auf
höchster politischer Ebene eingefädelten,
russischen Kredit über neun Millionen Euro an den
FN aus dem Jahr 2014. - Bei einem Staat wie Taiwan
wiederum dürfte vielleicht simpler und billigster
historischer Antikommunismus hinzukommen.
Aber auch die
Tatsache, dass eine Reihe von internationalen
Akteuren offensichtlich erwartet, dass Marine Le
Pen dieses Mal – also bei der diesjährigen
Präsidentschaftswahl vom 23. April und 07. Mai 2017
– erstmals echte Chancen haben könnte, in den
Elysée-Palast einzuziehen, dürfte die
Diplomatenpräsenz bei der Konferenz des FN mit
erklären.
Sag niemals nie..?
Trotz eines Klimas,
das den Schatten Marine Le Pens in den Augen von
Vielen bedrohlich wachsen lässt, scheint es bei
Redaktionsschluss dennoch eher unwahrscheinlich,
dass Le Pen wirklich zur Staatspräsidentin gewählt
werden könnte. Dafür müsste es ihr gelingen, über
50 Prozent der Stimmen, also eine absolute Mehrheit
aus eigener Kraft und quasi ohne politische
Bündnispartner zu erreichen. Ihr bisheriger
Höchststand bei Umfragen lag Ende Februar d.J. bei
rund 27 Prozent für den ersten Wahlgang und 44 %
für die Stichwahlrunde.
Die für viele Beobachter/innen überraschend
kommende Brexit-Entscheidung und Donald Trump-Wahl
sprechen dennoch dafür, dass böse Überraschungen
nicht absolut ausgeschlossen werden können. Vor
allem aber die tiefe Krise des konservativen
Bürgerblocks, nachdem seit dem 25. Januar 17
wiederholt Informationen über die jahrelange
Abzock-Praxis von dessen Präsidentschaftskandidaten
– des früheren Premierminister François Fillon –
bekannt geworden sind. Rund eine Million
Staatgelder wurden von ihm dazu benutzt, um formal
als „parlamentarische Mitarbeiter“ angestellte
Familienmitglieder (seine Ehefrau und zwei seiner
Kinder) bezahlen zu lassen, deren Tätigkeit als
Gegenleistung mutmaßlich nie existiert hat.
Auch der Front National wird bei Abschluss dieses
Artikels von „Affären“ und Veruntreuungsvorwürfen
sowie justiziellen Ermittlungen berührt. Diese
werden Gegenstand eines kommenden Artikels sein.
Bislang allerdings verhält sich die rechtsextreme
Wählerschaft allerdings weitgehend indifferent
dazu, und Marine Le Pen steht höher in den
Vorwahlumfragen denn je zuvor. Darüber hinaus
wählte die Chefin des FN in den letzten Tagen eine
Strategie der „Flucht nach vorn“ und verhielt sich
auf unverhohlen aggressive Weise. Am Sonntag, den
26. Februar 17 sprach sie bei einer
Großveranstaltung im westfranzösischen Nantes
offene Drohungen gegen Richter respektive
Justizbedienstete aus, für den Fall, dass sich
weiterhin „dem Willen des Volkes“ entgegenstellte –
Marine Le Pens diesjährige Wahlkampagne steht
übrigens unter dem Motto „Im Namen des Volkes.“
Zurück zur Krise des rechten Bürgerblocks: Noch
Ende November 2016 hatte es, kurz nach der
Nominierung des konservativen Kandidaten Fillon
infolge einer Vorwahl, an der über vier Millionen
Sympathisant/innen teilnahmen, ganz nach einem
erfolgreichen Durchmarsch der bürgerlichen Rechten
bei Präsidentschafts- und nachfolgender
Parlamentswahl ausgesehen. In solchen Zeiten
schließt der konservativ-wirtschaftsliberale Block
die Reihen und verliert sich nicht in
Bündnisdiskussionen, und der FN schien trotz
erwarteter hoher Stimmergebnisse aus dem
etablierten Spiel ausgeschlossen zu bleiben.
Die Risse im
konservativen Block, in dessen Reihen fast kaum
noch jemand an einen Wahlsieg François Fillons
glaubt, stellen dies nun in Frage. Dennoch steht
der Front National jedenfalls bei Abschluss dieses
Artikels quasi ohne Verbündete da, denn das
konservative und wirtschaftsliberale Lager – obwohl
es nun in der Defensive steckt - bleibt nach wie
vor auf deutlichen Abstand zum FN bedacht.
Nicht so sehr aufgrund von dessen Rassismus, denn
seit der Ära von Nicolas Sarkozy (Staatspräsident
von Mai 2007 bis Mai 2012) haben die französischen
Konservativen auf diesem Gebiet sehr viele frühere
Tabus gebrochen. Unter dem Einfluss von dessen
Ex-Berater Patrick Buisson hatten die Konservativen
unter Sarkozy etwa 2007 ein eigenes „Ministerium
für Einwanderung und nationale Identität“
eingerichtet. Und von November 2009 bis Anfang
Februar 2010 organisierte die französische
Staatsspitze einen Winter lang ganz offiziell eine
„Debatte zur nationalen Identität“, wozu
Veranstaltungen in 350 Städten des Landes
angeordnet wurden. Im Frühjahr 2012 hatten der
damalige Innenminister Claude Guéant und der
damalige Premierminister François Fillon den Kampf
gegen die Erwartung von schweinefleischfreie
Mahlzeiten - als Auswahlessen in Schulkantinen –
vorübergehend zum zentralen Wahlkampfkampf erhoben.
Guéant wandte sich dabei explizit gegen muslimische
(Halal-)Speiseregeln, und Fillon erweiterte die
Kritik damals kurzzeitig auch auf jüdische
Koscher-Vorschriften. Beide seien nicht mehr
zeitgemäß, und man lasse sich in Frankreich keine
Vorschriften machen.
Aber die strategische Ausrichtung des FN-Diskurses
auf einen dick aufgetragene soziale Demagogie,
während die Konservativen sich betont
wirtschaftsliberal geben (und sich unter ihrem
nunmehrigen Präsidentschaftskandidaten François
Fillon seit November 2016 gar explizit auf Margaret
Thatcher als Vorbild für ein brutales
Durch„reformieren“ eines Landes berufen), sorgt für
eine anhaltende tiefe Spaltung zwischen beiden
Lagern. Auch wenn der Front National selbst seine
eigene wirtschaftspolitische Programmatik in diesem
Jahr wieder stärker auch an
Kleinunternehmerinteressen angepasst und die
sozialdemagogische Dimension etwas abgeschwächt
hat. Denn der vormalige Sozial- und
Wirtschaftsdiskurs der Partei hatte ihr Angriffe
eingetragen: Die Konservativen griffen den FN seit
2015 massiv wegen seines angeblich
„linksradikalen“, für eine Rechtspartei
„unveranwortlichen“ Wirtschaftsdiskurses an. Auch
intern gab es Streit, weil die Interessen der
Walkämpfer des FN in Nordostfrankreich – wo die
rechtsextreme Partei vor allem in die
Arbeiterwählerschaft eindringen konnte – sich von
denen einer stärker durch Kleinunternehmer und
wohlhabende Rentner in Süd- und Südostfrankreich
geprägten Basis unterscheiden.
Programmatik
Am Sonntag, den 05.
Februar 2017 verkündete Marine Le Pen im
Kongresszentrum von Lyon, wo ihre Partei rund 5.000
Anhänger/innen versammelt hatte, ihre 144
Programmpunkte zur Präsidentschaftswahl. Diese
waren zwar formal bei mehreren „Runden Tischen“ im
Laufe des Wochenendes erarbeitet worden,
unterscheiden sich aber inhaltlich in Wirklichkeit
kaum vom bereits 2012 verwendeten Wahlprogramm. An
den Grundlinien hat sich nichts geändert – den
erwarteten „wirtschaftlichen Aufschwung“ unter
einer rechtsnationalen Regierung sollen das Ausland
und die Ausländer bezahlen: durch Ausschluss von
Arbeitsmigranten aus den Sozialkassen,
„Inländerbevorzugung“ bei Sozialleistungen und
Arbeitsleistungen und einen Rückzug aus den
EU-Verpflichtungen, welcher angeblich Frankreich
sanieren würde.
In Sachen Behandlung
von Eingewanderten hat sich der Tenor der
Vorschläge sogar noch verschärft.
Nicht-französische Staatsbürger/innen sollen beim
Eheschluss mit einem oder einer Staatsangehörigen
kein einklagbares Recht auf Einbürgerung mehr
haben, „illegale Ausländer“ sollen auf keinerlei
gesetzlichen Grundlage mehr „legalisiert“ werden
können und von der Gesundheitsversorgung
ausgeschlossen sein. Allerdings hat sich der
Tonfall leicht geändert: Marine Le Pen betonte in
ihrer Rede, sie wolle „10.000 Aufenthaltstitel im
Jahr“ erteilen – statt derzeit jährlich rund
200.000 -, und der früher vertretene Slogan „Null
Zuwanderung“ wird formal abgemildert.
Erheblich ist eher, was nicht mehr im Programm
enthalten ist. So ist erstmals seit Gründung des FN
nicht mehr von der Rückkehr zur 1981 in Frankreich
abgeschafften Todesstrafe die Rede, deren
Wiedereinführung allerdings in Umfragen in den
letzten Jahren anders als früher auch keine
Mehrheit mehr findet. Der FN nutzt diese
Positionierung, um seine relative „Mäßigung“ zu
unterstreichen, im Hinblick auf den zweiten
Wahlgang der Präsidentschaftswahl, bei dem er
Wählerinnen und Wähler aus anderen politischen
Lagern herüberziehen möchte. Allerdings hält die
Partei sich eine Hintertür offen, denn über eine
„Volksinitiative für ein Referendum“ – nach Vorbild
von schweizerischen Abstimmungen - soll eine
Wiedereinführung dennoch möglich sein.
In sozioökonomischer
Hinsicht gibt es ebenfalls ein paar Verschiebungen.
Im Präsidentschaftswahlkampf 2012 hatte der FN noch
eine Erhöhung aller tiefen Löhne um je 200 Euro
versprochen, was allerdings vor allem durch den
Abbau von Arbeitnehmer- und
Arbeitgeber-„Sozialabgaben“ und also ein
Austrocknen der Sozialkassen finanziert werden
sollte. Nichts dergleichen findet sich mehr im
Wahlprogramm. Dort bleibt allein eine Sondersteuer
in Höhe von drei Prozent auf alle Importprodukte
bestehen. Diese soll angeblich dazu führen, dass
eine „Kaufkraftprämie“ von achtzig Euro monatlich
an gering verdienende Lohnabhängige ausbezahlt
werden kann.
Gleichzeitig hat der
FN sein programmatisches Repertoire um
wirtschaftsliberale Vorschläge erweitert. So sollen
wohlhabende Personen – die etwa bei der Übertragung
einer im Familienbesitz befindlichen Firma
Erbschaftssteuern sparen möchten - alle fünf Jahre
bis zu 100.000 Euro an Schenkungen an ihre
Familienmitglieder gänzlich steuerfrei durchführen
können. Derzeit ist dies nur alle fünfzehn Jahre
möglich, selbst der rabiat wirtschaftsliberal
auftretende bürgerliche Kandidat François Fillon
will diese Zeitraum „nur“ auf zehn Jahre senken.
An
Lohnabhängige gerichtet wird der Vorschlag
unterbreitet, ihnen ein monatliches Mehreinkommen
ganz ohne Lohnerhöhungen zu ermöglichen, indem sie
Überstunden ableisten. Letztere sollen zu diesem
Zweck steuerbefreit werden. Dies ist kein
wahnsinnig origineller Vorschlag: Der damals frisch
gewählte Präsident Nicolas Sarkozy hat genau diese
Idee 2007 gesetzlich festschreiben lassen. In den
darauffolgenden Jahren hatte sie jedoch kaum
Auswirkungen, da in den Jahren der auf die
Subprime-Krise folgenden wirtschaftlichen Rezession
und Depression die Arbeitgeber kaum Überstunden
abfragten. Die sozialdemokratische Regierung
schaffte die Regelung 2012 wieder ab, sie wollte
eher Personaleinstellungen als häufige Überstunden
bevorzugen. In den letzten Monaten schrieben sowohl
der konservative Präsidentschaftsbewerber Fillon
als auch der – im Januar 17 bei einer „Vorwahl“
gescheiterte – rechtssozialdemokratische Anwärter
auf die Präsidentschaftskandidatur Manuel Valls
diese Maßnahme in ihre jeweiligen Programme. Nun
also auch der Front National.
Internationale
„staatsmännische / staatsfrauliche Reputation“
Unterdessen ging am 20. und 21. Februar 17 eine Art
Traum für Marine Le Pen in Erfüllung: Zum ersten
Mal überhaupt wurde sie durch einen amtierenden
Staatschef empfangen. Vorige Versuche endeten aus
ihrer Sicht eher enttäuschend. Am 12. Januar d.J.
hielt die Präsidentschaftskandidatin aus Frankreich
sich im mittlerweile berühmten Gebäudekomplex
„Trump Tower“ in New York auf. Allerdings nicht auf
Einladung des Teams rund um den damals bereits
gewählten, aber noch nicht amtierenden Präsidenten
Donald Trump, sondern dank der Tatsache, dass der
Italo-Amerikaner George Lombardi dortselbst seinen
Wohnsitz hat. Er vertrat früher die Interessen der
italienischen rassistischen Regionalpartei Lega
Nord in den USA und zählt zu den dortigen Kontakten
der europäischen extremen Rechten. Aus der Umgebung
von Donald Trump wollte dagegen niemand mit der
französischen Politikerin zusammentreffen, auch
wenn es einflussreichen Stimmen um den Berater
Stephen Bannon gibt, die den rechtsextremen FN
explizit mit Sympathie verfolgen.
Am
20. Februar 17 nun aber war es soweit: Marine Le
Pen durfte die internationale Politikerin von Rang
spielen und wurde vom amtierenden libanesischen
Präsidenten Michel Aoun empfangen.
Dass sie in Beirut relativ offene Türen vorfand,
verdankte Marine Le Pen den traditionellen
Kontakten des französischen FN in die libanesische
christliche Rechte. Deren Hauptpartei, französisch
als Falange oder arabisch als Kata’eb bezeichnet,
war in den 1970er und 1980er Jahren - während des
damaligen konfessionalisierten Bürgerkriegs, der
1990 beendet wurde – eine bewaffnete Miliz.
Gegründet hatte sie Pierre Gemayel, nachdem er 1936
begeistert von den Olympischen Spielen aus
Nazideutschland zurückkehrte, und bei der
Namensgebung lehnte er sich an die spanischen
Faschisten an. Seine Miliz war auf regionaler Ebene
zugleich ein Hauptverbündeter des Staates Israel,
der in den achtziger Jahren militärisch in den
Bürgerkrieg im Nachbarland eingriff, und sie war
verantwortlich für das berüchtigte Massaker in den
palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und
Schatila (1982). Die nach wie vor Gemayel-Familie
hat sich zwar inzwischen formal gemäßigt. Zum
extremen Flügel der libanesischen christlichen
Rechten zählt jedoch nach wie vor der frühere
maronitische Milizenführer Samir Geagea; mit ihm
traf Marine Le Pen am Rande ihres Libanonbesuchs
ebenfalls zusammen.
Aus diesem Anlass die FN-Politikerin sich dort auch
lautstark dafür ein, dem syrischen Folterregime
unter Baschar Al-Assad den Rücken zu stärken:
Dieses verkörpere angeblich „die einzige
gangbare Lösung“, um „eine
Machtübernahme des Islamischen Staates (in Syrien)
zu verhindern“. Michel Aoun vertritt heute
seinerseits eine pro-syrische Fraktion in der
libanesischen Politik.
Editorische
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Ausgabe.
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