Bernard Schmid  berichtet aus Frankreich

Der Front National im Wahlkampf
Stand: 1. März 2017

03/2017

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Der Wahlkampf, der den Planeten beunruhigt“ titelt die Sonntagszeitung Le Parisien Dimanche vom 26. Februar 2017 – und es geht in dem mehrseitigen Thema unter anderem, oder eher: vor allem, um Marine Le Pen. Zuvor titelte die Pariser Abendzeitung Le Monde am Nachmittag des 16. Februar: „Präsidentschaftswahl: Marine Le Pen ist stärker denn je.“ Am Vormittag desselben Tages lautete die Überschrift bei der Boulevardzeitung Le Parisien: „Präsidentschaftswahl – für sie läuft alles gut“, und es dürfte der Leserin bereits klar geworden sein, wessen Foto daneben auf der Seite Eins stand, um zu verdeutlichen, wer mit ihr/mit dem Wörtchen „sie“ gemeint war. Das Wochenmagazin L’Express seinerseits wählte am 22. Februar 17 als Titel: „Warum Le Pen (noch immer) zulegt.“

So lauten einige Momentausschnitte aus dem einsetzenden französischen Wahlkampf, einige Wochen, bevor am 23. April und 07. Mai dieses Jahres in zwei Durchgängen der nächste französische Präsident gewählt wird. Oder aber die nächste französische Präsidentin, was deswegen in diesem Falle nicht zu erhoffen ist, weil die einzige weibliche Kandidatin von Gewicht in diesem Jahr eben die Chefin des Front National (FN) ist.

Internationales Gewicht

Der kubanische Botschafter in Paris war dort. Die Botschafter Saudi-Arabiens, Kambodschas, Vietnams und Taiwans auch, jener von Albanien soll ebenfalls anwesend gewesen sein. Aus den USA und China waren Diplomaten unterhalb des Botschafterrangs gekommen. Insgesamt sollen „Vertreter von 42 Ländern“ dabei gewesen sein, unter ihnen Singapur und El Salvador, als die Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen am frühen Abend dieses 23. Februar 2017 bei einer Konferenz ihre „Vision der internationalen Beziehungen“ vorstellte. In französischen Medien wurde darüber vor allem in Form einer längeren AFP-Meldung berichtet, dagegen berichtete der für seine Propagandajauche bekannte russische Sender RT (Russia Today) in französischer Sprache ausführlichst über die Veranstaltung der französischen extremen Rechten.

Inhaltlich sprach Marine Le Pen insbesondere einer Aufwertung der Beziehungen zu solchen Staaten, die Migrationsbewegungen in Richtung Europa verhindern können oder sollen, das Wort. Ägypten unter Marschall-Präsident ’Abdelfattah Al-Sissi bezeichnete die Chefin des französischen Front National (FN) in dieser Hinsicht wörtlich als „Wachturm, welcher uns gegen die Migranten verteidigen wird“. Die Tochter und politische Erbin des langjährigen Vorsitzenden der neofaschistischen Partei, Jean-Marie Le Pen – er stand von 1972 bis 2011 an der Spitze des von ihm mitgegründeten FN -, begrüßte ferner den Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump als angeblichen Hoffnungsschimmer und bezeichnete erwartungsgemäß Wladimir Putin als „Verbündeten“. Marine Le Pen schwang sich in ihrer Rede zur Vorreiterin einer „multipolaren Welt“ auf.

Die französischen Rüstungs-, pardon, „Verteidigungs“ausgaben sollen sofort auf zwei, bis zum Ende der regulären Amtszeit des nächsten französischen Staatsoberhaupts (die von Mai 2017 bis 2022 läuft) gar auf stattliche drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden; dieses Ziel soll zudem in Verfassungsrang erhoben und im französischen Verfassungstext festgeschrieben werden. Was die Europäische Union betrifft, so proklamierte Marine Le Pen, es gelte „ihr ein Ende zu setzen“. Auf diese Weise hat sie ihren Diskurs erneut radikalisiert, seitdem der FN bei einem Strategieseminar im Februar 2016 das zuvor explizit formulierte Ziel eines Austritts aus der Euro-Währung zu relativieren schien. Es war innerparteilich in Frage gestellt worden, weil sich herausstellte, dass die umworbenen potenziellen Wechselwähler, die zwischen Konservativen und FN stehen, eher gegen diese Forderung eingestellt sind. Aber auch, dass um ihre Ersparnisse befürchtende Rentner/innen und Kleinunternehmer/innen in der eigenen Wählerschaft die Aufgabe des Euro eher befürchten als erhoffen.

Was hat die Botschafter von Staaten wie Kuba und Vietnam – Länder die sich immerhin einmal von einem imperialistischen Zugriff befreit hatten, auf der Höhe der Entkolonisierungswelle zwischen den 1950er und 1970er Jahren, im Falle Vietnams zuerst vom französischen Kolonialismus und danach von den USA – dazu bewogen, ausgerechnet dieser Veranstaltung ihre Ehre zu erweisen und sie durch ihre Präsenz aufzuwerten? Darüber kann nur spekuliert werden. Mutmaßlich hat die Philosophie eines Wladimir Putin, wonach alle Rivalen des großen geopolitischen Rivalen USA als Freunde zu behandeln seien (mittlerweile aber auch Donald Trump, in der Hoffnung, einen außenpolitischen Isolationismus in den USA zu bestärken), auch auf die Regimes in diesen Ländern abzufärben begonnen. Dass die russischen Machthaber die französische neofaschistische Partei unterstützen, und sei es nur, um die pro-atlantischen und pro-EU-orientierten Kräfte in Westeuropa zu schwächen, ist bekannt. Spätestens seit dem, auf höchster politischer Ebene eingefädelten, russischen Kredit über neun Millionen Euro an den FN aus dem Jahr 2014. - Bei einem Staat wie Taiwan wiederum dürfte vielleicht simpler und billigster historischer Antikommunismus hinzukommen.

Aber auch die Tatsache, dass eine Reihe von internationalen Akteuren offensichtlich erwartet, dass Marine Le Pen dieses Mal – also bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl vom 23. April und 07. Mai 2017 – erstmals echte Chancen haben könnte, in den Elysée-Palast einzuziehen, dürfte die Diplomatenpräsenz bei der Konferenz des FN mit erklären.

Sag niemals nie..?

Trotz eines Klimas, das den Schatten Marine Le Pens in den Augen von Vielen bedrohlich wachsen lässt, scheint es bei Redaktionsschluss dennoch eher unwahrscheinlich, dass Le Pen wirklich zur Staatspräsidentin gewählt werden könnte. Dafür müsste es ihr gelingen, über 50 Prozent der Stimmen, also eine absolute Mehrheit aus eigener Kraft und quasi ohne politische Bündnispartner zu erreichen. Ihr bisheriger Höchststand bei Umfragen lag Ende Februar d.J. bei rund 27 Prozent für den ersten Wahlgang und 44 % für die Stichwahlrunde.

Die für viele Beobachter/innen überraschend kommende Brexit-Entscheidung und Donald Trump-Wahl sprechen dennoch dafür, dass böse Überraschungen nicht absolut ausgeschlossen werden können. Vor allem aber die tiefe Krise des konservativen Bürgerblocks, nachdem seit dem 25. Januar 17 wiederholt Informationen über die jahrelange Abzock-Praxis von dessen Präsidentschaftskandidaten – des früheren Premierminister François Fillon – bekannt geworden sind. Rund eine Million Staatgelder wurden von ihm dazu benutzt, um formal als „parlamentarische Mitarbeiter“ angestellte Familienmitglieder (seine Ehefrau und zwei seiner Kinder) bezahlen zu lassen, deren Tätigkeit als Gegenleistung mutmaßlich nie existiert hat.

Auch der Front National wird bei Abschluss dieses Artikels von „Affären“ und Veruntreuungsvorwürfen sowie justiziellen Ermittlungen berührt. Diese werden Gegenstand eines kommenden Artikels sein. Bislang allerdings verhält sich die rechtsextreme Wählerschaft allerdings weitgehend indifferent dazu, und Marine Le Pen steht höher in den Vorwahlumfragen denn je zuvor. Darüber hinaus wählte die Chefin des FN in den letzten Tagen eine Strategie der „Flucht nach vorn“ und verhielt sich auf unverhohlen aggressive Weise. Am Sonntag, den 26. Februar 17 sprach sie bei einer Großveranstaltung im westfranzösischen Nantes offene Drohungen gegen Richter respektive Justizbedienstete aus, für den Fall, dass sich weiterhin „dem Willen des Volkes“ entgegenstellte – Marine Le Pens diesjährige Wahlkampagne steht übrigens unter dem Motto „Im Namen des Volkes.“

Zurück zur Krise des rechten Bürgerblocks: Noch Ende November 2016 hatte es, kurz nach der Nominierung des konservativen Kandidaten Fillon infolge einer Vorwahl, an der über vier Millionen Sympathisant/innen teilnahmen, ganz nach einem erfolgreichen Durchmarsch der bürgerlichen Rechten bei Präsidentschafts- und nachfolgender Parlamentswahl ausgesehen. In solchen Zeiten schließt der konservativ-wirtschaftsliberale Block die Reihen und verliert sich nicht in Bündnisdiskussionen, und der FN schien trotz erwarteter hoher Stimmergebnisse aus dem etablierten Spiel ausgeschlossen zu bleiben.

Die Risse im konservativen Block, in dessen Reihen fast kaum noch jemand an einen Wahlsieg François Fillons glaubt, stellen dies nun in Frage. Dennoch steht der Front National jedenfalls bei Abschluss dieses Artikels quasi ohne Verbündete da, denn das konservative und wirtschaftsliberale Lager – obwohl es nun in der Defensive steckt - bleibt nach wie vor auf deutlichen Abstand zum FN bedacht.

Nicht so sehr aufgrund von dessen Rassismus, denn seit der Ära von Nicolas Sarkozy (Staatspräsident von Mai 2007 bis Mai 2012) haben die französischen Konservativen auf diesem Gebiet sehr viele frühere Tabus gebrochen. Unter dem Einfluss von dessen Ex-Berater Patrick Buisson hatten die Konservativen unter Sarkozy etwa 2007 ein eigenes „Ministerium für Einwanderung und nationale Identität“ eingerichtet. Und von November 2009 bis Anfang Februar 2010 organisierte die französische Staatsspitze einen Winter lang ganz offiziell eine „Debatte zur nationalen Identität“, wozu Veranstaltungen in 350 Städten des Landes angeordnet wurden. Im Frühjahr 2012 hatten der damalige Innenminister Claude Guéant und der damalige Premierminister François Fillon den Kampf gegen die Erwartung von schweinefleischfreie Mahlzeiten - als Auswahlessen in Schulkantinen – vorübergehend zum zentralen Wahlkampfkampf erhoben. Guéant wandte sich dabei explizit gegen muslimische (Halal-)Speiseregeln, und Fillon erweiterte die Kritik damals kurzzeitig auch auf jüdische Koscher-Vorschriften. Beide seien nicht mehr zeitgemäß, und man lasse sich in Frankreich keine Vorschriften machen.

Aber die strategische Ausrichtung des FN-Diskurses auf einen dick aufgetragene soziale Demagogie, während die Konservativen sich betont wirtschaftsliberal geben (und sich unter ihrem nunmehrigen Präsidentschaftskandidaten François Fillon seit November 2016 gar explizit auf Margaret Thatcher als Vorbild für ein brutales Durch„reformieren“ eines Landes berufen), sorgt für eine anhaltende tiefe Spaltung zwischen beiden Lagern. Auch wenn der Front National selbst seine eigene wirtschaftspolitische Programmatik in diesem Jahr wieder stärker auch an Kleinunternehmerinteressen angepasst und die sozialdemagogische Dimension etwas abgeschwächt hat. Denn der vormalige Sozial- und Wirtschaftsdiskurs der Partei hatte ihr Angriffe eingetragen: Die Konservativen griffen den FN seit 2015 massiv wegen seines angeblich „linksradikalen“, für eine Rechtspartei „unveranwortlichen“ Wirtschaftsdiskurses an. Auch intern gab es Streit, weil die Interessen der Walkämpfer des FN in Nordostfrankreich – wo die rechtsextreme Partei vor allem in die Arbeiterwählerschaft eindringen konnte – sich von denen einer stärker durch Kleinunternehmer und wohlhabende Rentner in Süd- und Südostfrankreich geprägten Basis unterscheiden.

Programmatik

Am Sonntag, den 05. Februar 2017 verkündete Marine Le Pen im Kongresszentrum von Lyon, wo ihre Partei rund 5.000 Anhänger/innen versammelt hatte, ihre 144 Programmpunkte zur Präsidentschaftswahl. Diese waren zwar formal bei mehreren „Runden Tischen“ im Laufe des Wochenendes erarbeitet worden, unterscheiden sich aber inhaltlich in Wirklichkeit kaum vom bereits 2012 verwendeten Wahlprogramm. An den Grundlinien hat sich nichts geändert – den erwarteten „wirtschaftlichen Aufschwung“ unter einer rechtsnationalen Regierung sollen das Ausland und die Ausländer bezahlen: durch Ausschluss von Arbeitsmigranten aus den Sozialkassen, „Inländerbevorzugung“ bei Sozialleistungen und Arbeitsleistungen und einen Rückzug aus den EU-Verpflichtungen, welcher angeblich Frankreich sanieren würde.

In Sachen Behandlung von Eingewanderten hat sich der Tenor der Vorschläge sogar noch verschärft. Nicht-französische Staatsbürger/innen sollen beim Eheschluss mit einem oder einer Staatsangehörigen kein einklagbares Recht auf Einbürgerung mehr haben, „illegale Ausländer“ sollen auf keinerlei gesetzlichen Grundlage mehr „legalisiert“ werden können und von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen sein. Allerdings hat sich der Tonfall leicht geändert: Marine Le Pen betonte in ihrer Rede, sie wolle „10.000 Aufenthaltstitel im Jahr“ erteilen – statt derzeit jährlich rund 200.000 -, und der früher vertretene Slogan „Null Zuwanderung“ wird formal abgemildert.

Erheblich ist eher, was nicht mehr im Programm enthalten ist. So ist erstmals seit Gründung des FN nicht mehr von der Rückkehr zur 1981 in Frankreich abgeschafften Todesstrafe die Rede, deren Wiedereinführung allerdings in Umfragen in den letzten Jahren anders als früher auch keine Mehrheit mehr findet. Der FN nutzt diese Positionierung, um seine relative „Mäßigung“ zu unterstreichen, im Hinblick auf den zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahl, bei dem er Wählerinnen und Wähler aus anderen politischen Lagern herüberziehen möchte. Allerdings hält die Partei sich eine Hintertür offen, denn über eine „Volksinitiative für ein Referendum“ – nach Vorbild von schweizerischen Abstimmungen - soll eine Wiedereinführung dennoch möglich sein.

In sozioökonomischer Hinsicht gibt es ebenfalls ein paar Verschiebungen. Im Präsidentschaftswahlkampf 2012 hatte der FN noch eine Erhöhung aller tiefen Löhne um je 200 Euro versprochen, was allerdings vor allem durch den Abbau von Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-„Sozialabgaben“ und also ein Austrocknen der Sozialkassen finanziert werden sollte. Nichts dergleichen findet sich mehr im Wahlprogramm. Dort bleibt allein eine Sondersteuer in Höhe von drei Prozent auf alle Importprodukte bestehen. Diese soll angeblich dazu führen, dass eine „Kaufkraftprämie“ von achtzig Euro monatlich an gering verdienende Lohnabhängige ausbezahlt werden kann.

Gleichzeitig hat der FN sein programmatisches Repertoire um wirtschaftsliberale Vorschläge erweitert. So sollen wohlhabende Personen – die etwa bei der Übertragung einer im Familienbesitz befindlichen Firma Erbschaftssteuern sparen möchten - alle fünf Jahre bis zu 100.000 Euro an Schenkungen an ihre Familienmitglieder gänzlich steuerfrei durchführen können. Derzeit ist dies nur alle fünfzehn Jahre möglich, selbst der rabiat wirtschaftsliberal auftretende bürgerliche Kandidat François Fillon will diese Zeitraum „nur“ auf zehn Jahre senken.

An Lohnabhängige gerichtet wird der Vorschlag unterbreitet, ihnen ein monatliches Mehreinkommen ganz ohne Lohnerhöhungen zu ermöglichen, indem sie Überstunden ableisten. Letztere sollen zu diesem Zweck steuerbefreit werden. Dies ist kein wahnsinnig origineller Vorschlag: Der damals frisch gewählte Präsident Nicolas Sarkozy hat genau diese Idee 2007 gesetzlich festschreiben lassen. In den darauffolgenden Jahren hatte sie jedoch kaum Auswirkungen, da in den Jahren der auf die Subprime-Krise folgenden wirtschaftlichen Rezession und Depression die Arbeitgeber kaum Überstunden abfragten. Die sozialdemokratische Regierung schaffte die Regelung 2012 wieder ab, sie wollte eher Personaleinstellungen als häufige Überstunden bevorzugen. In den letzten Monaten schrieben sowohl der konservative Präsidentschaftsbewerber Fillon als auch der – im Januar 17 bei einer „Vorwahl“ gescheiterte – rechtssozialdemokratische Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur Manuel Valls diese Maßnahme in ihre jeweiligen Programme. Nun also auch der Front National.

Internationale „staatsmännische / staatsfrauliche Reputation“

Unterdessen ging am 20. und 21. Februar 17 eine Art Traum für Marine Le Pen in Erfüllung: Zum ersten Mal überhaupt wurde sie durch einen amtierenden Staatschef empfangen. Vorige Versuche endeten aus ihrer Sicht eher enttäuschend. Am 12. Januar d.J. hielt die Präsidentschaftskandidatin aus Frankreich sich im mittlerweile berühmten Gebäudekomplex „Trump Tower“ in New York auf. Allerdings nicht auf Einladung des Teams rund um den damals bereits gewählten, aber noch nicht amtierenden Präsidenten Donald Trump, sondern dank der Tatsache, dass der Italo-Amerikaner George Lombardi dortselbst seinen Wohnsitz hat. Er vertrat früher die Interessen der italienischen rassistischen Regionalpartei Lega Nord in den USA und zählt zu den dortigen Kontakten der europäischen extremen Rechten. Aus der Umgebung von Donald Trump wollte dagegen niemand mit der französischen Politikerin zusammentreffen, auch wenn es einflussreichen Stimmen um den Berater Stephen Bannon gibt, die den rechtsextremen FN explizit mit Sympathie verfolgen.

Am 20. Februar 17 nun aber war es soweit: Marine Le Pen durfte die internationale Politikerin von Rang spielen und wurde vom amtierenden libanesischen Präsidenten Michel Aoun empfangen.

Dass sie in Beirut relativ offene Türen vorfand, verdankte Marine Le Pen den traditionellen Kontakten des französischen FN in die libanesische christliche Rechte. Deren Hauptpartei, französisch als Falange oder arabisch als Kata’eb bezeichnet, war in den 1970er und 1980er Jahren - während des damaligen konfessionalisierten Bürgerkriegs, der 1990 beendet wurde – eine bewaffnete Miliz. Gegründet hatte sie Pierre Gemayel, nachdem er 1936 begeistert von den Olympischen Spielen aus Nazideutschland zurückkehrte, und bei der Namensgebung lehnte er sich an die spanischen Faschisten an. Seine Miliz war auf regionaler Ebene zugleich ein Hauptverbündeter des Staates Israel, der in den achtziger Jahren militärisch in den Bürgerkrieg im Nachbarland eingriff, und sie war verantwortlich für das berüchtigte Massaker in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila (1982). Die nach wie vor Gemayel-Familie hat sich zwar inzwischen formal gemäßigt. Zum extremen Flügel der libanesischen christlichen Rechten zählt jedoch nach wie vor der frühere maronitische Milizenführer Samir Geagea; mit ihm traf Marine Le Pen am Rande ihres Libanonbesuchs ebenfalls zusammen.

Aus diesem Anlass die FN-Politikerin sich dort auch lautstark dafür ein, dem syrischen Folterregime unter Baschar Al-Assad den Rücken zu stärken: Dieses verkörpere angeblich „die einzige gangbare Lösung“, um „eine Machtübernahme des Islamischen Staates (in Syrien) zu verhindern“. Michel Aoun vertritt heute seinerseits eine pro-syrische Fraktion in der libanesischen Politik.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.