Ukraine – Nieder mit allen Oligarchen
Weder Putin, noch die EU

von Max Brym am 23.02.2014

03-2014

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Gestern besichtigten viele Bewohner von Kiew den verlassenen Präsidentenpalast von Vitor Janukowitsch - Im ummauerten Anwesen schmiegen sich luxuriöse Villen an gepflegte Rasenwege. Es gibt weitläufige Parks zu sehen, Teiche mit Brunnen und wilden Enten, ein Tennisplatz, ein Golfplatz und einen Säulenpavillon. Ein Besucher sagte völlig zurecht: „ Hier wurde der Reichtum des Landes verprasst“. In der Tat, der Sohn von Janukowitsch- ein gelernter Zahnarzt- tauchte kürzlich im Forbes Magazin auf, mit einem Vermögen von 500 Millionen Euro. Die Oligarchen um Janukowitsch plünderte das Land schamlos aus. Die Oligarchen um Janukowitsch gerieten ab einem gewissen Punkt in Widerspruch zu anderen Oligarchenbanden, die sich eher auf die EU als an Russland orientieren wollten. Seit Jahresanfang hat die ukrainische Landeswährung Hrywnja mehr als zehn Prozent im Verhältnis zum Euro eingebüßt. Die ukrainischen Devisenreserven schmelzen dahin. Mit der Folge, dass die Staatsschulden rapide steigen, weil ein Großteil der Kredite in ausländischen Währungen aufgenommen wurden. "Ein Bankrott ist absolut wahrscheinlich", sagt Theocharis Grigoriadis, Wirtschaftswissenschaftler vom Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin. Bis dato wurde dies verhindert durch russische Milliardenkredite. Diese Kreditzusage gab es von Wladimir Putin im Dezember 2013 . Herr Putin tat dies nicht um dem Volk zu helfen, sondern um die Ukraine im geopolitischen Machtpoker bei Russland zu halten. Dennoch war die Bewegung gegen Janukowitsch nicht mehr aufzuhalten. Zuviel musste das Volk erdulden. Zur Bewegung hier zwei kurze Anmerkungen. 1 Die Proteste gegen Janukowitsch und letztendlich sein Sturz waren und sind gerechtfertigt. Die Ukraine ist nach Moldawien und Kosova das dritt ärmste Land in Europa. Dieses Regime zu stürzen war gut und nicht schlecht. Jeder deutsche Pseudolinke, der Janukowitsch mit seinen Oligarchen und die KP der Ukraine schönredet hat nicht verstanden: Die KP unterstützte Armut, Unterdrückung und Ausbeutung, damit ebnete sie den Weg für sehr starke Faschisten in der Protestbewegung.. Jeder der auf der Seite Putins steht hat mit linker Politik nichts am Hut. 2. Die Opposition wird momentan geführt von einem neoliberalen bis faschistischen Haufen. Diese Führung der Kämpfe gilt es zurückzudrängen und wahre linke Politik zu betreiben. Diese Politik muss den Massen ein wirklich linkes Politikangebot unterbreiten. Nieder mit sämtlichen Oligarchen Nein zur EU - Nein zu Putin.

Warum nein zur EU

Im Machtpoker um die Ukraine bietet die EU und speziell das deutsche Kapital den Menschen in der Ukraine nur weitere Armut und Ausbeutung an. Die „DW“ schreibt : Insgesamt acht Prozent der ukrainischen Importe kommen aus Deutschland, sagt Thomas Baumann von der DIHK. "Wir schätzen , dass mehr als 2000 deutsche Unternehmen in der Ukraine aktiv sind". Dabei sei das Land vor allem wegen seiner geringen Lohnkosten für die deutschen Automobilhersteller von großem Interesse. "In der Westukraine werden Monatslöhne von unter 200 Euro bezahlt. Das ist natürlich extrem günstig", sagt Baumann. Aber auch als Absatzmarkt sei das osteuropäische Land interessant. "Zuletzt waren es 5,5 Milliarden Euro, die in die Ukraine exportiert worden sind. Das ist ja keine kleine Summe." Das genau sind die Interessen des EU Kapitals oder des deutschen Kapitals. Die Ukraine soll ein Billiglohnland bleiben. Die Ukraine soll weiteren Sozialabbau betreiben. Diese Forderungen stellte der IWF in der Vergangenheit an das Land. Nötig ist eine reaktivierte Arbeiterbewegung in der Ukraine, die sich scharf von bürgerlichen und faschistischen Kräften, in der völlig gerechtfertigten Protestbewegung gegen Janukowitsch abgrenzt. Auch Klitschko, Timoschenko und die faschistischen „ Swoboda“ vertreten nicht die Interessen der einfachen Leute. Die Revolution muss über diese Figuren hinweggehen und für eine freie und soziale Ukraine kämpfen.

Ein Dokument von wirklichen Linken aus der Ukraine

Der Zehn-Punkte-Plan
10 Punkte Sofort-Programm der linken Opposition in der Ukraine


1. Regieren durch das Volk, nicht durch die Oligarchen
Es muss ein Übergang von der präsidialen Republik zu einer parlamentarischen geben, in der die Macht des Präsidenten auf repräsentative Funktionen auf der internationalen Bühne beschränkt ist. Die Behördenmacht sollte von staatlichen Verwaltungen auf regionale gewählte Komitees (Sowjets) übertragen werden. Behörden sollten das Recht zur Absetzung von Delegierten haben, die den Erwartungen nicht genügen; Richter und Polizeileiter sollten gewählt und nicht ernannt werden.

2. Nationalisierung erstrangiger Industrien
Metallverarbeitende, Bergbau- und chemische Industrien sollten ebenso wie Unternehmen der Infrastruktur (Energie, Transport und Kommunikation) Geld für das soziale Wohl [des Volkes] abgeben.

3. Arbeiter sollten alle Formen von Produktionseigentum kontrollieren
Erfolgreichen Beispielen in Europa folgend sollten wir ein weites Netzwerk von unabhängigen Gewerkschaften der Arbeiter aufbauen, die das Management kontrollieren und die Wahrung der Arbeiterrechte sicherstellen. Arbeiter sollten das Streikrecht besitzen (und die Arbeit verweigern dürfen, wenn die Lohnzahlungen ausbleiben). Die Arbeiter sollten auch das Recht haben, Kredite zu Lasten der Eigentümer aufzunehmen, wenn die Lohnzahlungen verzögert werden (dem Beispiel Portugals folgend). Die Produktions-, Buchhaltungs- und Managementdaten aller Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder mit einem Kapitalumsatz über 1 Million Dollar sollten im Internet veröffentlicht werden (müssen).

4. Einführung einer Luxus-Steuer
Wir sollten eine 50%-ige Steuer auf Luxusgüter erheben - Yachten, Autos der obersten Klasse und andere Güter, die mehr als 1 Million Griwna kosten. Eine progressive individuelle Einkommenssteuer sollte ebenso eingeführt werden. Einzelpersonen mit einem jährlichen Einkommen von mehr als 1 Million Griwna sollten - dem Beispiel Dänemarks folgend - mit 50% besteuert werden (in einem solchen System würde [der Oligarch] Renat Achmajtow allein 1,2 Mio. Griwna an das Bundesbudget abgeben müssen - dreimal soviel wie die von ihm 2013 auf Grund der jetzigen 17%-igen Steuer gezahlten 400 Mio.).

5. Verbot von Kapital-Transfers ins Ausland
Die Verordnungen, die derzeit ukrainische Unternehmen in einer ganzen Anzahl von anderen Ländern von Steuerzahlungen befreien, sollten abgeschafft werden, um den Transfer von Kapital zu Anlagezwecken ins Ausland zu verhindern. Die Kapitalanlagen von ausländischen Gesellschaften in der Ukraine sollten eingefroren werden und für eine bestimmte Zeit sollte eine Verwaltung für sie ernannt werden bis die Rechtmäßigkeit der Investments überprüft werden konnte.

6. Trennung von Unternehmensführung und Regierung
Bürger mit einem Einkommen über 1 Mio. Griwna sollten von der Übernahme von Positionen in der Zentralregierung und von Sitzen in lokalen Regierungen ausgeschlossen werden. In Übereinstimmung mit dieser Regel sollten landesweit Neuwahlen durchgeführt werden.

7. Reduzierung der Ausgaben für die Bürokratie
Die Ausgaben der Regierung sollten kontrolliert werden und transparent sein. Es sollte Verwaltungsreformen geben, deren Ziel eine Verringerung der Zahl der Verwaltungsangestellten ist. Heute könnten bereits ganze Abteilungen durch Computer ersetzt werden. Stattdessen ist in den letzten 8 Jahren die Zahl der Bürokraten in der Regierung um 10% und in absoluter Zahl um 372.000 Personen gewachsen (in der Ukraine haben wir 8 Büroangestellte auf 1.000 Menschen der Bevölkerung - in Frankreich z.B. sind es nur 5 auf 1.000).

8. Auflösung von BERKUT und anderen Spezialeinheiten
Von 2014 an sollte es folgende Reduktionen der Ausgaben für den Sicherheitsapparat des Staates geben: beim Innenministerium, dem Sicherheitsdienst, dem Büro des Generalstaatsanwalts und bei besonderen Polizeikräften. Es ist nicht hinnehmbar, dass das allein das Innenministerium 2013 Gelder in Höhe von mehr als 16,9 Mio. Griwna erhielt - 6,9 Mio mehr als die Ausgaben für die öffentliche Gesundheitsvorsorge!

9. Kostenlose Ausbildung und Gesundheitsfürsorge
Geldmittel für diese Initiative sollte aus der Nationalisierung von Industrien und durch verringerte Ausgaben für die Sicherheits- und Bürokratenapparate gewonnen werden. Um die Korruption in Ausbildung und Medizin zu eliminieren, müssen wir die Gehälter der Ärzte und Lehrer anheben und das Ansehen dieser Bereiche der Gesellschaft wieder anheben.

10. Keine Zusammenarbeit mit repressiven internationalen Finanzinstitutionen
Wir unterstützen die Beendigung der weiteren Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfond (IWF) und anderen internationalen Finanzinstitutionen. Wir sollten dem Beispiel Islands folgen, das sich weigerte, die von Bankern und Bürokraten (mit Staatsgarantien) zum Zwecke der persönlichen Bereicherung und 'sozialer Almosen' statt für die Entwicklung der Industrie angesammelten Schulden zu bezahlen.

Anm.: 1 EUR entspricht etwa 12,2 Griwna, 1 Griwna entspricht 0,082 EUR
Text: hth / Quelle: Lefteast, Veröffentlich in Russisch unter -> http://openleft.ru/?p=1157

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