Kommentare zum Zeitgeschehen
100 Jahre Erster Weltkrieg - eine DKP-Initiative am Aachener Vierländereck: Versiebt und einige Fragen bleiben offen ...

Von Frank Braun, Köln

03-2014

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Der Anlaß für die folgenden Zeilen liegt schon einige Tage zurück. Dennoch, wer nach Gründen dafür sucht, weswegen sich die politische Linke gegen den sich verschärfenden aggressiven Großmachtskurs der deutschen herrschenden Klasse kaum oder nur sehr verhalten zu Wort meldet, mag hier wenigstens eine Teilerklärung finden.

Gauck, Merkel und Gabriel einigten sich auf: ‚Germans to the front !’. Sie beeilen sich, den deutschen Kapitalinteressen in Brüssel auch militärisch auf die Sprünge zu helfen. Prompt waren erste weitere Akzente gesetzt, man brachte nämlich ein neues Afrikakorps zum Einsatz.

Gleichzeitig: Die parlamentarische Opposition in Gestalt der Partei Die Linke.- im Übrigen Gysi im Bündnis mit Wagenknecht ! - meiert auf dem Hamburger Parteitag ihre antimilitaristische Parteilinke ab. Man will kollektiv nicht mehr schreiben, daß die EU undemokratisch, militaristisch und neoliberal ist. Das sei zu plakativ sei, zweitens, soll das so nicht stimmen und, drittens, diese Diktion aus dem vergangenen Jahrhundert sei sowieso nicht brauchbar !

Hundert Jahre nach Beginn des ersten Weltkriegs, ebenso Hundert Jahre nach Bewilligung der Kriegskredite durch die Sozialdemokratie und damit deren Einstieg in eine ganz spezielle Karriere als bürgerlicher Kriegspartei scheinen hierzulande politische Dämme zu brechen, ohne daß nennenswerter Widerstand zu verzeichnen ist.

Noch Anfang Januar diesen Jahres, anläßlich der erfolgreichen Luxemburg-Liebknecht-Lenin-Demonstration in Berlin, schienen einige aus diesem Veranstalterbündnis entschlossen, angesichts der unverblümten imperialistischen Attacken gegen Syrien und aktuell auch gegen die Ukraine sowie gegen Venezuela den Antimilitarismus und Antiimperialismus wieder erfolgreich voran zu bringen.

Die DKP hatte sich trotz heftiger interner Linienkämpfe in Berlin gut vorgestellt, hatte die eigenen Reihen gut mobilisiert und sich kurz vorher auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz gut in Szene gesetzt.

Ebenso verdienstvoll war die Initiative der Parteiführung zum Ende letzten Jahres, als man zusammen mit Belgischen, Niederländischen und Luxemburgischen GenossInnen einen Meinungsaustausch vereinbarte und dabei eben auch dieses Datum ‚Hundert Jahre erster Weltkrieg!’ zum Anlaß nahm, gemeinsam auf der Straße zu gehen.

Aber genau an jener Stelle, wo die deutschen kaiserlichen und bürgerlichen Militaristen eben samt ihrer neu-rekrutierten Dreigroschenjungs aus der Sozialdemokratie ihren Kriegswahnsinn in die Tat umzusetzen begannen, in Aachen am Vierländereck, standen am 15.02. nur dreihundert anwesende Friedensfreunde !

Nun ist gegen eine internationalistiche Perspektive gar nichts zu sagen. Aber vom Resultat her erscheint diese Aachener Aktion eher als praktische Politik des bloßen ‚Symbolismus’! Die bundesdeutsche Friedensbewegung ist doch keineswegs schon so auf den Hund gekommen, wie die Beteiligung an der Aachener Aktion nahelegt: Dreihundert Menschen !

Nur, es war keine Aktion dieser Friedensbewegung und das ist schlecht. Der Vorwurf des bloßen ‚Symbolismus’ richtet sich nämlich an die Führung der DKP: Muß man als Kommunist/in – und das bei diesem Anlaß ! - ausgerechnet heute nicht mehr darauf achten, möglichst viel öffentliche Wirksamkeit für anti-militaristischem Protest zu erreichen ?

„Versiebt !“ Nenne ich deswegen diese Initiative der DKP. Und da man von führenden DKP-GenossInnen mehrfach hören konnte, man wolle ja durchaus unter sich bleiben (!) - zusammen mit den GenossInnen aus Benelux, versteht sich, das sei ja wohl legitim ! - , stellt sich die Frage nach dem politischen Wert solcher Avancen !
 


Bild: F. Braun
 

Erstens, mit der anti-militaristischen Elle der Friedensbewegung gemessen: Für Mobilisierung dieser Art gab es unter der örtlichen Friedensbewegung kein Verständnis (vgl. unter http://www.kraz.ac) und offenbar auch nicht unter den DKP-Mitgliedern der örtlichen oder regionalen Parteiorganisationen und auch nicht unter jenen aus dem Rheinland, denn auch diese waren quasi nicht vertreten.

Zweitens: Es scheint so zu sein, daß die Mehrzahl der DKP-Ortsgruppen hier im Rheinland von jenen Anhängern sozialdemokratischer Politikkonzepte unter der Ägide von Leo Mayer (DKP-München) und seinen Freunden vom alten DKP-Parteivorstand dominiert werden und die haben sowieso kein Interesse an internationalistischen und revolutionären Friedensdemos, v.a. wenn diese vom derzeiten Parteivorstand initiiert werden. Vielleicht konnte der internationalistische Geist dieser Friedensdemo auf der Straße also gar nicht praktisch und deutlich materialisiert werden, sondern wurde schlicht sabotiert ? Da ist sicher auch etwas dran.

Wenn sich die in der DKP derzeit tonangebenden Kräfte eine kommunistische Erneuerung ihrer Partei wie in Aachen vorstellt, dürfte das Brett, welches da gesägt wird, für anspruchsvollere Aufgaben deutlich zu dünn sein, eben nicht tragfähig. Ein Angebot an außerhalb der DKP stehende KommunistInnen mitzuwirken, die Erneuerung mitzugestalten, war die Aachener Aktion nicht.


Editorische Hinweise

Wir erhielten den Kommentar für diese Ausgabe vom Autor Frank Braun aus Köln am 21.02.2014

Kontakt gerne und direkt über frank.braun@netcologne.de