Betrieb & Gewerkschaft
Offener Brief an die
Mitglieder des Ortsvorstands der IG Metall Nordhessen

von Wilma Meier (ver.di FB Medien Kassel), Peter Gerstmann (GEW Kassel), und weiteren UnterzeichnerInnen

03/11

trend
onlinezeitung

Kassel, den 6.3.2011


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir wenden uns an Euch als Mitglieder des Ortsvorstands der IG Metall Nordhessen. Ihr seid diejenigen, die mit darüber befinden, ob Michael Fuchs, Mirko Berger und Udo Pusceddu aus der IG Metall ausgeschlossen werden.

Am 11. Februar 2011 hat uns Kollege Uli Messmer vor dem DGB-Haus erklärt, dass ihr auf Antrag eines Mitgliedes ein Verfahren durchführen werdet, in dem auf – Grundlage der Satzung der IG Metall – geprüft wird, ob es sich im Falle der 3 Kollegen um gewerkschaftsschädigendes Verhalten handelt.

Uns ist bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht 1999 ein solches Vorgehen der IG Metall-Führung bestätigt hat. Wir geben Euch zu bedenken, dass seit Anfang der 90er Jahre Mitglieder der Alternativen Metaller bei Daimler/Mercedes Benz wichtige Beiträge zur Interessenvertretung der Kollegen geleistet haben. Deshalb wurden sie auch immer wieder in den Betriebsrat gewählt. Sie repräsentieren einen Teil der Belegschaft, der sich nicht abfinden will mit einer Politik des Verzichts und auch Kritik an Entscheidungen der Betriebsratsmehrheit formuliert. Konflikte über Gewerkschaftspolitik und -strategien erfordern eine offene Diskussion und nicht alle Kontroversen lassen sich mit Mehrheitsentscheidungen aus der Welt schaffen. Meinungsvielfalt und demokratische Streitkultur sind grundlegende Voraussetzungen für die Einbeziehung und Beteiligung vieler. Deshalb haben auch IG Metall-Mitglieder und -Gremien an anderen Orten Übereinkünfte zur Zusammenarbeit mit Alternativen Listen getroffen.

Rainer Einenkel, Betriebsratsvorsitzender bei Opel in Bochum, sagte nach der BR-Wahl 2010 in einem Interview dazu: „Wir haben das erfreuliche Ergebnis erzielt, dass die IG Metall 100 Prozent erreicht hat. Das heißt aber nicht, dass nur eine IG Metall-Liste dieses Ergebnis zustande gebracht hat. Wir haben hier eine sehr offene Struktur, in der jeder, der es für erforderlich hält mit einer eigenen IG Metall-Liste antreten kann. Die Liste, der ich vorstehe, hat beträchtlich gewonnen und 58 Prozent bekommen. Die anderen Listen, die sich teilweise als oppositionell verstehen, binden wir in die Betriebsratsarbeit ein. Das bedeutet natürlich Diskussionen und auch heftige Kontroversen, aber es funktioniert und bereichert letztlich die Betriebsratsarbeit. Das machen wir jetzt schon seit acht Jahren so, seit ich Betriebsratsvorsitzender bin, und solange ich das bleibe, wird es hier keinerlei Feststellungs- oder gar Ausschlussverfahren geben. Mit den Ergebnissen der Betriebsratswahlen gehen wir gestärkt in die kommenden Auseinandersetzungen.“ (Rainer Einenkel im Gespräch mit Dietmar Düe „Jetzt wird`s ernst – jetzt geht`s um`s Überleben“ in: Z, Nr. 82, Juni 2010, S. 37/38)

Diese Alternative zur wiederholten Praxis von Ausschlüssen in Kassel würde aktiven Kolleginnen und Kollegen mehr Beteiligungsmöglichkeiten eröffnen und zur Stärkung der IG Metall beitragen. Deshalb fordern wir Euch auf, alle Verfahren einzustellen und die in der Vergangenheit  Ausgeschlossenen wieder aufzunehmen.

Mit solidarischen Grüßen
Wilma Meier (ver.di FB Medien Kassel)
Peter Gerstmann (GEW Kassel)
und weitere UnterzeichnerInnen

 

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den offenen Brief vom Forum Betrieb und soziale Kämpfe.