Das Philosophische Wörterbuch  BAND 2

hrg. von Georg Klaus & Manfred Buhr

03/10

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Pragmatismus [griech / lat] - Name für eine vor­nehmlich in den angelsächsischen Ländern ver­breitete subjektiv-idealistische und agnostizistische Weltanschauung, die im Anschluß an peirce vor allem von james entwickelt und von F. C. S. Schiller und Dewey ausgestaltet wurde.
Die von Dewey dem Pragmatismus gegebene Form wird auch als Instrumentalismus bezeichnet. Der Pragmatismus kann als angelsächsische Er­scheinungsform der Lebensphilosophie angesehen werden. Er weist viele Übereinstimmungen mit der Weltanschauung Nietzsches auf. In vielen Fragen geht er mit dem Positivismus konform, von dem er stark beeinflußt ist.

Nach Ansicht der Pragmatisten sind alle unsere Vorstellungen, Begriffe, Urteile, Anschauungen usw. nur Regeln für unser Verhalten (Pragma). Ihre «Wahrheit» liegt allein in ihrer praktischen Nutzanwendung für das Leben begründet.

Das Kriterium der Wahrheit ist die Nützlichkeit, der Nutzen, der Erfolg - nicht die Übereinstimmung mit der objektiven Realität.

«Wahr ist das, was sich durch seine praktischen Konsequenzen be­währt.» Oder anders: «Eine Vorstellung ist ,wahr', solange es für unser Leben nützlich ist, sie zu glau­ben» (james). Die Frage nach der Wahrheit ist für den Pragmatismus überhaupt nur eine Frage, die sich in der «Logik», im «Hörsaal» oder in «Predigten bewährt». Im praktischen Leben ist nicht nach der Wahrheit zu fragen, sondern da­nach, welchen «Barwert» (cash-value) eine Vor­stellung hat, welchen Nutzen, Profite (profits), welche Erfolge (results) sie unseren jeweils wech­selnden und spezifischen Interessen bringt. Diese Wahrheitsauffassung läßt der Pragmatismus nicht nur im Bereich der Erkenntnistheorie gelten, sondern wendet sie auch auf moralische Probleme an. Moral ist für ihn ein uns überkommenes Vor­urteil: im praktischen Leben gibt es keine für alle Menschen verbindlichen moralischen Normen. Mit der Wahrheits- und Moralauffassung des Pragmatismus hängt eng der ihn weiter kennzeich­nende ausgeprägte Relativismus und Pluralismus zusammen.

Die Reduzierung der Wahrheit und Moral auf den vom Interesse des einzelnen oder einer Gruppe von Menschen her bestimmten Nutzen und Erfolg ist das entscheidende weltanschauliche Moment des Pragmatismus. Vor allem dadurch wurde er zu einem integrierenden Bestandteil der Ideologie des amerikanischen Imperialismus. Im Namen des Pragmatismus kann jede Maßnahme des amerikanischen Imperialismus, sofern sie für ihn von Nutzen ist und Erfolg verspricht, sowohl als wahr wie auch als moralisch ausgegeben werden: innenpolitisch der Abbau der bürgerlich-demokra­tischen Rechte und Freiheiten und die Durchset­zung diktatorischer Herrschafts- und Unter­drückungsformen, außenpolitisch jedwede Aggres­sion gegen andere Staaten sowie alle Unterdrückungsmaßnahmen gegenüber anderen Nationen.

Editorische Anmerkungen

Der Text wurde entnommen aus:

Buhr, Manfred, Klaus, Georg
Philosophisches Wörterbuch Band 2, Berlin 1970, S.864

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