Woher kommt die kapitalistische Krise?
Wie der Kapitalismus regelmäßig die ganze Gesellschaft in den Abgrund reißt

von
Stephan Kimmerle, Berlin

03/09

trend
onlinezeitung

Die aktuelle Krise wirft für Milliarden die Frage auf, wie sie in Zukunft über die Runden kommen werden. Damit bekommt aber auch die Debatte über das Profitsystem und mögliche Alternativen neue Dynamik. Selbst die Herrschenden greifen zu Verstaatlichungen und werfen sich wechselseitig „Sozialismus“ vor. Der Marxismus und sein Verständnis von den wirtschaftlichen Zusammenhängen im Kapitalismus sind erneut gefragt. Der hier vorliegende Text kann dabei nur ein Einstieg sein und die grundlegenden Zusammenhänge aus marxistischer Sicht anreißen. Frei nach Karl Marx, nicht um die Welt verschieden zu interpretieren, sondern um den Kapitalismus abzuschaffen.

Der Motor des Kapitalismus ist der Profit. Kapital ist Geld, das eingesetzt wird, um zu mehr Geld zu werden. Hört ein Kapitalbesitzer auf, sein Vermögen immer wieder als Kapital einzusetzen, so droht seinem Reichtum die Entwertung: Seine Fabrik veraltet, die Konkurrenz verdrängt ihn, sein Geld verliert an Wert.

Der Prozess, aus Geld mehr Geld zu machen, ist nie abgeschlossen und hat kein Ziel, außer eben der Selbstverwertung des Kapitals. Die Grenzenlosigkeit dieses Kreislaufs erzeugt die „Gier“ der Kapitalisten. Es ist keine persönliche Charaktereigenschaft von schlechten Investment-Bankern und auch nicht nur der Größenwahn einzelner Marktteilnehmer. Es ist der Zwang des Kapitals, der die Herrschenden antreibt. Mensch und Umwelt sind nur noch Mittel zu diesem Zweck. Damit treten die Kapitalisten verschiedene widersprüchliche Prozesse los, die sich periodisch in Krisen entladen.

Gesellschaftliche Produktion und private Aneignung

Die Kapitalisten sehen ihr Geld als Quelle sprudelnden Reichtums. Doch es ist banal: Noch nie hat jemand Geld arbeiten sehen. Der Reichtum einer Gesellschaft entspringt menschlicher Tätigkeit und der vorgefundenen Ressourcen der Umwelt. Neue Werte entstehen nur durch Arbeit. Je höher der Stand der Produktivkräfte (Entwicklung der Maschinen, Ausbildungsgrad der ArbeiterInnen...), umso effizienter geschieht das.
In weltweiter Arbeitsteilung greifen viele einzelne Tätigkeiten heute ineinander, um die Herstellung von Gütern zu bewerkstelligen. Diese Produktion erfolgt nicht mehr individuell, sondern gesellschaftlich und für die Gesellschaft: Niemand kann diese Produkte allein herstellen. Niemand braucht 100.000 mal das gleiche Produkt; erst durch die gesellschaftliche Arbeitsteilung und die gesellschaftlichen Verteilung macht das Sinn.
In der Klassengesellschaft des Kapitalismus gehören die Produktionsmittel (Fabriken, Rohstoffe...) den Kapitalisten. Die große Masse der Bevölkerung besteht aus Menschen, die aus wirtschaftlicher Sicht nichts anderes haben, als ihre Arbeitskraft. Durch deren Verkauf erhalten sie Lohn oder Gehalt, um ihre Arbeitskraft zu regenerieren.

Die Arbeiterklasse bekommt also ihre Arbeitskraft bezahlt. Das Produkt ihrer Arbeit gehört jedoch dem Kapitalisten. Er eignet es sich an. Darin liegt die Ausbeutung: Die Differenz ergibt einen Mehrwert für die Kapitalisten. Jeder einzelne Unternehmer ist bestrebt, diesen Mehrwert zu vergrößern und dafür die Produktion und die Produktivität immer weiter zu steigern.

Ob die Kapitalisten diesen Mehrwert zu ihrem Profit machen können, hängt davon ab, ob sie die so entstandenen Waren auf dem Markt verkaufen können. Das geht nur, wenn kaufkräftige Nachfrage vorhanden ist.

Marx erläuterte die Entstehung von Mehrwert und Profit in einem Vortrag ausführlich und recht gut verständlich, der als Broschüre, „Lohn, Preis und Profit“, bekannt wurde.
Die Verteilung der Produkte findet auf eine durch die Klassengesellschaft diktierte widersprüchliche Art statt:

1. Die Masse der Bevölkerung erhält als Lohn- und GehaltsempfängerInnen möglichst wenig, um die Profite zu steigern. Sie kann immer nur einen Teil der Waren kaufen, die sie produziert. Der gesunkene Lebensstandard der Arbeiterklasse durch die Offensive der Kapitalisten in den letzten Jahren hat dies weiter reduziert.

2. Der Luxusbereich drückt die Ungleichheit zwar am Krassesten aus. Er spielt von der Gesamtsumme her auf alle Waren bezogen jedoch keine große Rolle.

3. Die Kapitalisten investieren in die Produktion. Das geschieht aber nicht konstant. Sie müssen auf der einen Seite ihr Kapital anlegen, um es zu erhalten und zu vermehren. Auf der anderen Seite machen sie das nur dann und dort, wo es für sie attraktive Profitraten gibt. „Die Profitrate ist die treibende Macht in der kapitalistischen Produktion, und es wird nur produziert, was und soweit es mit Profit produziert werden kann“ (Karl Marx, „Das Kapital“).

Friedrich Engels ordnet die kapitalistische Entwicklung in „Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“ historisch ein. In dieser Schrift werden einige Grundlagen des Marxismus recht übersichtlich und verständlich erläutert. Den Zusammenhang zwischen diesem Grundwiderspruch und dem Kapitalismus selbst beleuchtet Engels bei der Entstehung des Kapitalismus: „Die Scheidung war vollzogen zwischen den in den Händen der Kapitalisten konzentrierten Produktionsmitteln hier und den auf den Besitz von nichts als ihrer Arbeitskraft reduzierten Produzenten dort. Der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapitalistischer Aneignung tritt an den Tag als Gegensatz zwischen Proletariat [Arbeiterklasse] und Bourgeoisie [Kapitalistenklasse].“

Ungeplante, anarchische Produktion

Wirtschaftliche Entscheidungen werden im Kapitalismus unabhängig voneinander, ungeplant und daher nicht aufeinander abgestimmt gefällt. Dieses System ist anarchisch. Das allein löst immer wieder Krisen im Sinne von Ungleichgewichten aus.
Erscheint zum Beispiel die Produktion in einem Bereich besonders lukrativ, so wird von verschiedenen Kapitalisten unabhängig – und möglichst geheim – entschieden, hier Produktionskapazitäten aufzubauen. Erst nachdem produziert wurde, also nachdem Ressourcen in den Bau der Maschinen, die Förderung und Produktion der Rohstoffe, die Fertigung der Waren geflossen sind, erst ganz am Ende wird beim Verkauf festgestellt: Von diesen Produkten gibt es viel zu viele! Die Preise werden gesenkt, Kapital wandert ab, andere Bereiche werden gefördert.

Diese ungeplante Produktion steht einer für alle vorhergehenden Gesellschaften unvorstellbare Planung im einzelnen Konzern gegenüber. In Engels’ Worten, wieder aus „Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“: „Der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapitalistischer Aneignung stellt sich nun dar als Gegensatz zwischen der Organisation der Produktion in der einzelnen Fabrik und der Anarchie der Produktion in der ganzen Gesellschaft.“

Die Entwicklung von Überproduktion und Überkapazitäten (der Möglichkeit, viel mehr zu produzieren) wird systematisch verstärkt. Beispiel Autoindustrie: Obwohl schon im letzten Jahrzehnt weltweit rund 70 Millionen Autos im Jahr produziert werden konnten und nur rund 50 Millionen verkauft wurden, investierten die Konzerne ständig in neue Fabriken. Weitere Überkapazitäten wurden aufgebaut. Der Zwang dahinter: Kann ein Kapitalist mit Hilfe von Maschinen produktiver, das heißt günstiger produzieren, so kann er einen Extraprofit für sich gewinnen und seinen Konkurrenten Marktanteile abnehmen. Macht das jedoch ein Konzern, so zwingt die Konkurrenz alle anderen mitzuhalten. Verpasst ein Konzern den Einsatz solcher Produktionsmethoden, wird er vom Markt verdrängt.

Profitraten

Überproduktion und -kapazitäten entstehen auf der Jagd nach höheren Gewinnen. Sie drücken jedoch gleichzeitig auf die Profitraten (das ist der Profit im Verhältnis zum eingesetzten Kapital):

Erstens stellt sich das angesprochene „Abwandern“ von Kapital in andere Bereiche komplizierter dar: Es wurden Fabriken gebaut, Maschinen gekauft, Verträge abgeschlossen. Kurz: Ein Teil des Kapitals ist stofflich gebunden. Es minimiert den Schaden aus Sicht eines Einzelkapitalisten, wenn er niedrigere Profite akzeptiert – Hauptsache, es gibt überhaupt einen Teil wieder.

Zweitens greift der Einsatz von mehr Kapital für bessere Maschinen und Fabriken grundlegend in die Produktion von neuen Werten ein: Nur aus der Arbeit der Beschäftigten entstehen neue Werte. Ausgaben für Maschinen und Rohstoffe übertragen sich nur anteilig auf die produzierten Waren. Hier entsteht kein neuer Wert. Der Einsatz von immer besseren, größeren und teureren Maschinen dient zunächst dazu, günstiger als die Konkurrenten zu produzieren und damit einen Extraprofit zu ermöglichen. Gleichzeitig senkt das aber den Anteil der Arbeit an der Produktion. Nur hier entsteht jedoch Mehrwert. Die Profitrate sinkt.

Da es hier auch entgegen wirkende Faktoren gibt, handelt es sich nicht um einen geradlinigen Niedergang (Marx spricht vom „tendenziellen Fall der Profitrate“). Im Gegenteil: Der Konjunkturzyklus des Kapitalismus hängt eng mit dem Schwanken der Profitrate zusammen.

Regelmäßig wiederkehrende Krisen

Modellhaft beschrieben: Im Aufschwung sinken die Profitraten. Das kann unterschiedliche Ursachen haben: In ihr drückt sich zum Beispiel die eben angesprochene Tendenz aus. Ein Faktor können aber auch, wie am Ende des Nachkriegsaufschwungs sichtbar, höhere Löhne sein, die eine relativ starke Arbeiterklasse in den führenden kapitalistischen Ländern auf Kosten der Profite erkämpfen konnte. (Der Fehler war hier nicht, höhere Einkommen durchzusetzen, sondern das Problem war, dass der Kapitalismus mit seinen Mechanismen nicht abgeschafft wurde, obwohl es immer wieder revolutionäre Bestrebungen dazu gab.) Heute sind es vor allem Überproduktion und -kapazitäten, die bei einer durch die neoliberale Politik gedrückten Nachfrage der Masse der Arbeiterklasse zu sinkenden Profiten führt.

Diese sinkende Profitrate führt zu einer Zurückhaltung der Kapitalisten bei der Re-Investition ihrer Profite. Sie suchen nach anderen Verwertungsmöglichkeiten. Es kommt zu einer Überanhäufung (Überakkumulation) von Kapital. Das senkt die Nachfrage nach Waren (zunächst: Investitionsgüter) und leitet die Krise ein. Die Arbeitslosigkeit steigt (was die Nachfrage auch nach Konsumgütern zusätzlich beschneidet). Die Profitraten schwinden weiter, die Krise weitet sich aus. In dieser Krise zeigt sich, dass die „Höhe der Profitrate über Ausdehnung oder Beschränkung der Produktion entscheidet, statt des Verhältnisses der Produktion zu den gesellschaftlichen Bedürfnissen“ (Marx, „Das Kapital“).
In der Krise wird Kapital vernichtet und entwertet. Werke werden geschlossen, Konzerne gehen pleite. Überkapazitäten werden „beseitigt“. So kann – bezogen auf das übriggebliebene Kapital – wieder mehr Profit produziert werden. Es lohnt sich wieder, zu investieren und ein neuer Investitionszyklus bringt auch einen neuen Sprung an Produktivität. Die Profitraten steigen. Eine neuer Konjunkturzyklus kann beginnen.

Mehr als eine Konjunkturkrise

Die aktuelle Krise des Kapitalismus ist mehr als eine solche Konjunkturkrise. Der gesamte Rahmen der Kapitalverwertung der letzten 30 Jahre von Globalisierung und Neoliberalismus ist am Zusammenbrechen. Das heißt nicht, dass neoliberale Angriffe oder Privatisierungen vorüber sind. Es bedeutet, dass die Antwort der Kapitalisten auf die tiefe Krise Mitte der siebziger Jahre nun selbst an den von ihr hervorgebrachten Widersprüchen kollabiert.
Mitte der siebziger Jahre kam der Nachkriegsaufschwung zu Ende. Die Entwicklung der Produktivität verlangsamte sich, der Aufschwung hatte zu Arbeitskräftemangel geführt, die Arbeiterklasse konnte eine gewisse Stärke im Klassenkampf erreichen und höhere Löhne durchsetzen. Es gab in der Folge zu viel Kapital, das nicht genug Möglichkeiten fand, Arbeitskräfte profitabel auszubeuten. Die wirtschaftliche Ordnung der Nachkriegszeit brach zusammen. Eine Phase von Stagnation und Depression des Kapitalismus begann.
Bei den Kapitalisten setzte sich daraufhin der Flügel durch, der mit einem neoliberalen Regime versuchte, die Profite zu sichern. Sie starteten eine Offensive gegen die Errungenschaften der Arbeiterklasse und griffen – verstärkt nochmal nach dem Zusammenbruch der stalinistischen Staaten 1989/91 – den Lebensstandard der Arbeiterklasse an. Die Produktivität wurde auch durch eine Intensivierung der Ausbeutung gesteigert. Märkte wurden aufgebrochen. Die Überakkumulation von Kapital drängte auf den Finanzsektor und führte zu dessen Aufblähung.

In den Jahrzehnten nach der Krise der Siebziger gelang den Kapitalisten eine neue Phase von Anhäufung von Profiten, auch wenn bei den folgenden Konjunkturzyklen die zugrunde liegenden Probleme immer wieder sichtbar wurden. In den letzten Jahren übertünchte das doppelte Defizit der USA (Außenhandelsdefizit sowie enorme staatliche und private Verschuldung) die Überkapazitäten durch einen „letzten Abnehmer“: die KonsumentInnen und der Staat in den USA. Nur die USA als wirtschaftlich und politisch stärkste Macht konnten so eine Rolle spielen. Jährlich wurden in den USA fast 900 Milliarden US-Dollar an Schulden beim Rest der Welt über die letzten Jahre hinweg aufgenommen (Lucas Zeise, „Ende der Party“).

„Die Finanzmärkte sind in den letzten Jahren stürmisch gewachsen“, so beschreibt die Deutsche Bundesbank (Monatsbericht 7/2008) einen weiteren Aspekt dieser Epoche. „Nach Angaben des IWF summierten sich die weltweit ausstehenden Finanzaktiva (Bankaktiva, Schuldverschreibungen, Aktien) Ende 2006 auf 194 Billionen US-Dollar, verglichen mit 106 Billionen US-Dollar vier Jahre zuvor. [...] Zudem ist das Verhältnis der globalen Finanzaktiva zum Weltsozialprodukt seit 2002 um mehr als 75 Prozentpunkte gestiegen und lag Ende 2006 bei über 400 Prozent. Das Weltfinanzsystem ist damit deutlich schneller gewachsen als die Weltwirtschaft.“

Diese Aufblähung war notwendig, um überschüssiges Kapital aufzusaugen. Nur mit diesem System konnte ein Anschein von Verwertung geschaffen werden, der auch ganz realwirtschaftliche Entwicklungen auslöste. Um ein Bild davon zu geben: Einige der Hypothekenkredite in den USA waren nur durch die von der Finanzwirtschaft von Tür zu Tür geschickten Drückerkolonnen möglich, die den Leuten solche Kredite richtiggehend aufdrängten. Das schuf aber eine Nachfrage nach realen Gütern, die sonst nicht zustande gekommen wäre.

Ungleichgewichte nicht endlos zu erhalten

- Die Aufblähung der Finanzmärkte bedeutete, dass auf zukünftige Profite spekuliert wurde. Immer größere Summen entsprachen immer größeren Erwartungen an Verzinsung. Doch die reale Produktion von neuen Werten konnte nicht damit Schritt halten. Die Finanzspekulation schien völlig abgehoben. Jetzt wird sie in aller Brutalität auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Dies wirkt sich so aus, dass gerade der Bankensektor als ein Teil der Finanzwirtschaft mit als erstes und bisher am Härtesten von der Krise erfasst ist. Enorme staatliche Interventionen waren bisher nötig, um einen Zusammenbruch der Finanzbeziehungen abzuwenden. Der anhaltende Niedergang und das völlig berechtigte Misstrauen der Banken untereinander konnte trotzdem nicht beseitigt werden.

- Die Verschuldung der USA und der US-Konsumenten als letztem Abnehmer schlägt ins Gegenteil um: Nutzten viele ArbeiterInnen Kredite, zum Beispiel mittels Hypotheken auf ihre Häuser, um sinkende Löhne und andere neoliberale Angriffe abzumildern, ist nun Zahltag. Die Immobilienpreise brechen gerade jetzt ein, wo die Sicherheiten für die dafür gewährten Kredite gebraucht würden. Millionen haben bisher ihre Häuser verloren. So wie die Kredite den Konsum in den letzten Jahren aufblähten, so verursachen sie jetzt eine Kontraktion. Ähnliche Entwicklungen wie bei den Hypotheken drohen noch bei Kreditkartenschulden.

- Überkapazitäten verschärften sich: Die Nachfrage der Kapitalisten nach Investitionsgütern bricht ein. Die Steigerung der Profite auf Kosten der Löhne der Arbeiterklasse hat die Nachfrage durch die Arbeiterklasse weiter beschnitten.

- Der Dollar als Leitwährung ist enorm geschwächt und steht unter Druck. Es gibt keine Ersatz-Leitwährung, die an seine Stelle treten könnte. Doch die mit dem Dollar verbundene Instabilität aufgrund der jahrelangen Handelsbilanzdefizite lastet auf der Weltwirtschaft. Ein Einbruch des Dollar ist nach wie vor möglich. Der Wegfall der Nachfrage aus den USA trifft exportorientierte Länder wie China oder Deutschland besonders.

- Finanzprodukte, wie Hedge-Fonds, Private Equity Fonds und andere obskurere Erfindungen, dienten der Sammlung von Kapital und der Ballung finanzwirtschaftlicher Macht. Die damit verbundenen Ansprüche der Finanzwirtschaft auf zukünftige Profite werden jetzt knallhart hinterfragt. Es wird offensichtlich, dass ein Teil davon nie realisiert werden kann. Sie haben aber eine solche Dimension erreicht, dass ein Zusammenbruch zum Beispiel eines Hedge-Fonds nach wie vor das Finanzsystem in weitere, heftige Turbulenzen treiben kann.

Die Krise des Kapitalismus steht erst am Anfang.
Internationale Arbeitsteilung versus Nationalstaaten

Mit der Krise wird auch der Widerspruch des Kapitalismus zwischen internationaler Arbeitsteilung und den Nationalstaaten offensichtlich. Eine international eng verflochtene Wirtschaft ist viel effizienter. Doch kaum wurde die Krise sichtbar, war Schluss mit dem Gerede der letzten Jahre von „transnationalen“ Konzernen. Es war sofort klar, welcher kapitalistische Staat mit seiner Regierung für „seine“ Banken und Unternehmen zu sorgen hatte. Heute ist völlig offensichtlich, dass sich Barack Obama um die US-Autoindustrie zu kümmern hat, während Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier sich für Daimler, BMW und VW stark machen.

Der Staat ist ein Mittel der Kapitalisten, ihre Interessen international gegenüber anderen Kapitalisten und national gegenüber der Arbeiterklasse durchzusetzen.
Das verschärft die Krise weiter: Jeder Protektionismus, jedes Abschotten von Märkten erfolgt mit dem Ziel, die eigenen Interessen zu schützen. Es hat aber zur Folge, dass international günstigere Produktionsmöglichkeiten und Verflechtungen unterbunden werden und die Welt insgesamt ärmer wird - Hauptsache das nationale Kapital profitiert.

Fehler im System

All das unterstreicht: „Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst, ist dies: dass das Kapital und seine Selbstverwertung als Ausgangspunkt und Endpunkt, als Motiv und Zweck der Produktion erscheint; dass die Produktion nur Produktion für das Kapital ist und nicht umgekehrt die Produktionsmittel bloße Mittel für eine stets sich erweiternde Gestaltung des Lebensprozesses für die Gesellschaft der Produzenten sind“ (Marx, „Das Kapital“).

Es ist höchste Zeit, dieses System zu beenden.
 

Editorische Anmerkungen

Der Text  wurde erstveröffentlicht auf der Website der SAV. Wir spiegelten von dort.

sozialismus.info
Die Website der SAV - Sozialistische Alternative

SAV, Littenstr. 106/107, 10179 Berlin, 030 247 238 02, info@sav-online.de  oder per Fax: 030 - 247 238 04