Schwere Ausschreitungen in Nordirland
Polizei nach Hausdurchsuchungen attackiert

von Irish Republican Correspondent

03/09

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DREI Männer der britischen Sicherheitskräfte in Irland wurden  bei zwei Angriffen in der letzten Woche getötet. Die Continuity IRA tötete den britischen Polizeibeamten Stephen Carroll in einem Schussattentat in Craigavon, Co. Armagh, am 10. März.

In einer verschlüsselten Nachricht, laut Medienberichten an die  Associated Press in Nordirland, wurde erklärt, dass das Attentat vom North Armagh-Battalion ausgeführt wurde. Es wurde erläutert: "Solange es die britische Einmischung in Irland gibt, werden diese Angriffe weitergehen."

Die fatale Erschießung von Stephen Carroll geschah um 21 Uhr Ortszeit im Stadtteil Lismore, nur rund 48 Stunden nach der Erschießung von zwei britischen Soldaten in Antrim. Zu dem Attentat am 7. März bekannte sich die Real IRA. Die Tötung des britischen Polizeibeamten in Craigavon geschah, nachdem dieser am Ort eines angeblichen Unfalls angekommen war.

Zwei Tage zuvor waren zwei britische Soldaten bei der Massereene-Kaserne ermordet worden. Ein männlicher Anrufer, der das für die Organisation bestimmte Code-Wort verwendete, erklärte der in Dublin ansässigen Zeitung Sunday Tribune, die Real IRA sei für das erste Attentat verantwortlich.

Die beiden getöteten britischen Soldaten sollten noch in der  Nacht des Anschlages nach Afghanistan fliegen, um in der Provinz Helmand ihren Einsatz zu beginnen. Sie waren Mitglieder des 38. Engineering-Regimentes der britischen Armee. Es waren die ersten britischen Soldaten die seit 1997 in sechs besetzten Counties Irlands ermordet wurden. Der letzte getötete britische Soldat war Stephen Restorick, der von einem  Scharfschützen der Provisional IRA in South Armagh erschossen wurde.

Die beiden britischen Soldaten, sowie ihre zwei verletzten Kollegen, wurden von Kugeln getroffen, als sie beim Eingang zu der Kaserne gegen 21.20 Uhr die von ihnen bestellten Pizzas abholen wollten. Zwei Männer eröffneten das Feuer mit halb-automatischen Waffen. Die beiden verletzten Soldaten konnten zurück in die Kaserne flüchten. Die Pizzalieferanten wurden ebenfalls von Kugeln verwundet.

Die in dem Überfall getöteten britischen Soldaten waren Mark  Quinsey, 23, aus Birmingham und Patrick Azimkar, 21, aus Wood Green in London.

Hausdurchsuchungen & Verhaftungen

Das Gebiet, in dem das zweite Schussattentat stattfand, ist eine  bekannte republikanische Hochburg. Am Tag nach dem Attentat kam es zu den  ersten Hausdurchsuchungen Craigavon und dem Nahe gelegenen Lurgan. Dabei  kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Anrainern und der Polizei. Die Polizei wurde laut Berichten mit Steinen und Flaschen beworfen und Mistkübel angezündet.

Aufgrund der Ausschreitungen kam es immer wieder zu Verhaftungen  der Protestierenden, vor allem von Jugendlichen.

Craigavon ist eine republikanische Hochburg, eine der so genannten No-Go-Areas, bei deren betreten sich die britische Polizei über Jahre in Lebensgefahr brachte. Die nationalistische Bevölkerung ist enttäuscht von der Führung von Provisional Sinn Féin, denn vor allem sozial hat sich die Situation seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 dramatisch verschlechtert. Der Einfluss der Provisionals ist dadurch rapide  gesunken und heute nur noch marginal. Craigavon grenzt an das republikanische Lurgan und das loyalistische Portadown.

Die ersten Verhaftungen im Zusammenhang mit dem Attentat in Craigavon waren ein Jugendlicher, 17, und Brendan McConville, 38.

Gegen die Verhaftung des Jugendlichen protestierten seine Eltern  heftig. Die Mutter erklärte der britischen Tageszeitung The Independent: "Mein Sohn ist unschuldig. Die einzige Waffe, die er in seinem Leben in der hat hatte, war eine Spielzeugpistole. Ich bin mir daher sicher, dass er bald wieder freigelassen wird. Aber dann wird für uns das ganze noch  nicht zu Ende werden. Ich habe Angst, dass wir Ziel von Loyalisten werden. Wir leben nahe an einem loyalistischen Gebiet, ich habe eine 16-jährige Tochter, die eine Freundin dort hat. Aber nun kann sie dort nicht mehr hin. Vor einigen Jahren wurde ein katholisches Mädchen ermordet, nur weil sie mit einem protestantischen Jungen ausgegangen war. Wir leben noch immer in einer gefährlichen Zeit und ich habe sehr große Angst."

Der Stiefvater des Verhafteten betonte: "Sie haben meinen Sohn festgenommen, nur weil er einmal bei einem der Oster-Gedenken [zur Erinnerung an den irischen Aufstand von 1916] teilgenommen hat und dort haben sie sein Autokennzeichen aufgeschrieben. Alles, was er getan hat, ist republikanische Lieder zu hören. Aber er war nie politisch aktiv, er war nie Mitglied der IRA."

Die zweite Verhaftung führte zu großem Aufsehen in der  Bevölkerung und den Medien. Seit Jahren wird berichtet, dass große Teile der nationalistischen Bevölkerung mit der Führung von Provisional Sinn Féin brechen und republikanische Gruppen, die das Karfreitagsabkommen von 1998 ablehnen, Zustrom genießen.

Dies scheint sich nun zu bestätigen, denn der zweite Verhaftet,  Brendan McConville aus Lurgan, ist ehemaliger Provisional Sinn Féin-Abgeordneter, der aufgrund des politischen Kurs' der Partei diese verlassen hat. Er war Abgeordneter im Gemeinderat von Craigavon in den Jahren 1993-97.

Am 14. März kam es zu Verhaftungen von drei weiteren Männern im  Alter von 21, 32 und 41 Jahren, die im Zusammenhang mit dem Attentat auf die britische Kaserne stehen sollen. Sie wurden in Lurgan und dem Gebiet Bellaghy verhaftet.

Eine der Verhafteten ist der ehemalige IRA-Gefangene und  prominente Republikaner Collin Duffy, 41. Er war in den 1990er Jahren im Gefängnis und galt als einer der bekanntesten Mandanten der irischen Anwältin Rosemary Nelson, die durch eine loyalistische Autobombe 1999 in Lurgan zu Tode kam. Duffy genießt unter der republikanischen Bevölkerung aufgrund seiner sozialen und politischen Aktivitäten sehr großes Ansehen.

Schwere Ausschreitungen

Nachdem die Welle an Straßensperren, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen nicht abzureißen scheint, brachen heute militante Proteste gegen die Polizei im Norden Irlands aus. In mehreren Städten lieferten sich Jugendliche Straßenschlachten mit der Polizei. Sie vermummten sich, bauten Straßensperren und bewarfen die Polizei mit Steinen und
Molotow-Cocktails, um die nationalistischen Gebiete vor weiteren  Hausdurchsuchungen zu schützen.

  In den letzten Tagen wurde von Bewohnern berichtet, dass über den nationalistischen Gebieten von Armagh, Newry, Belfast, Derry und Fermanagh pausenlos Hubschrauber kreisen.

Zu den schwersten Zusammenstößen kam es in Lurgan, das bereits  im August Schauplatz von Ausschreitungen und Schussattentaten, zu denen sich die Continuity IRA bekannte, war. Die britische Zeitung Daily Mail titelte: "Ausschreitungen kehren auf Ulsters Straßen zurück".


  Der gute Kenner des irischen Republikanismus Ed Moloney, Autor  von A Secret History of the IRA, schrieb am 10. März in derselben Zeitung unter der Überschrift "Diese Angriffe waren ein Rekrutierungsruf in der Bogside [in Derry]", wenn man zu all den bestehenden sozialen und  nationalen Diskriminierungen noch die neu entstandenen Problem der
"Rezession, die jeden Tag mehr wie eine Depression aussieht" hinzu gibt, kann verstanden werden, wieso Republikanerinnen und Republikaner meinen, ihr Tag sei gekommen.

Irish Republican Correspondent, 14. Márta / März 2009

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